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Veröffentlicht am 30.11.2025

Ganz schön gruselig

Gespensterjäger auf eisiger Spur (Band 1) - Mit 8 neu illustrierten Farbseiten
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Der Junge Tom hat Angst vor dem dunklen Keller des Mehrfamilienhauses, in dem er mit seinen Eltern und der älteren Schwester Lola wohnt. Wenn seine Mutter ihn hinunterschickt, um etwas aus dem Vorrat hochzuholen, ...

Der Junge Tom hat Angst vor dem dunklen Keller des Mehrfamilienhauses, in dem er mit seinen Eltern und der älteren Schwester Lola wohnt. Wenn seine Mutter ihn hinunterschickt, um etwas aus dem Vorrat hochzuholen, muss er sich mit aller Kraft überwinden. Doch als ihm eines Tages dort ein weiß-grünliches Gespenst begegnet, das klebrigen Schleim absondert und ihm seine kalten Finger um den Hals legt, verfällt er in heillose Panik. Niemand außer seiner Großmutter glaubt ihm. Und die hat vielleicht sogar eine Lösung.
Cornelia Funke hat diese Geschichte schon 1993 geschrieben. Die nun erschienene Neuauflage ist recht gruselig illustriert von Franziska Blinde.
Es ist deutlich zu spüren: Der Zeitgeist war in den Neunzigern des letzten Jahrhunderts ein anderer als heute. Die Erwachsenen gehen recht unsensibel mit ihrem Sprössling um, die Beziehung zur Schwester erscheint nahezu feindselig. Und für die Beschreibungen der übersinnlichen Begegnungen sind starke Nerven hilfreich.
Auch der Schreibstil wirkt leicht veraltet, das hat aber durchaus seinen Reiz und ist äußerst vorlesegeeignet. Wenn Gespenst Hugo seinen Sprechfehler konsequent durchzieht, haben sicher viele jungen Leser und Zuhörerinnen ihren Spaß. Auch das Verzeichnis der Gespensterjäger-Abkürzungen am Ende offenbart die Freude, die die Autorin an der Sprachvermittlung hat.
Natürlich gelingt es Tom, seine Angst zu überwinden, und entwickelt sich damit zu einem kleinen Helden. Er macht vor, wie man über sich selbst hinauswachsen und dadurch Selbstvertrauen gewinnen kann. Und am Schluss teilt man ihm die Schadenfreude über einen besonderen Triumph: Die Schwester, die ihn so gerne drangsaliert und verhöhnt hat, wird auf Grund eines ganz besonderen Erlebnissen ganz kleinlaut.
Dieser erste Band der Reihe „Gespensterjäger“ mag eine feste Größe in der Kinderliteratur erlangt haben, doch sollte man das Kind kennen, dem man es in die Hand drückt oder vorliest, und versuchen einzuschätzen, ob es den Inhalt gut wird verarbeiten können.

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Veröffentlicht am 24.11.2025

Sehr atmosphärisch mit Gruselfaktor und Kälteschauer

Knochenkälte
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Der forensische Anthropologe Dr. David Hunter strandet nach einer Irrfahrt in einer stürmischen Winternacht in einer kleinen, entlegenen Ortschaft in den Cumbrian Mountains. Am nächsten Tag stellt sich ...

Der forensische Anthropologe Dr. David Hunter strandet nach einer Irrfahrt in einer stürmischen Winternacht in einer kleinen, entlegenen Ortschaft in den Cumbrian Mountains. Am nächsten Tag stellt sich heraus, dass das Dorf durch einen Erdrutsch von der Umwelt abgeschnitten ist.
Dieses Setting ist ein wunderbarer Nährboden für eine Handlung, die in düsterer, klaustrophobischer Umgebung stattfindet. Im Dorf herrscht eine misstrauische, gereizte Stimmung, geprägt durch gegenseitige Feindseligkeit und die Herrschaft eines alten Patriarchen.
Simon Beckett lässt seinen Helden im siebten Teil der Reihe ziemlich allein, zudem in einer mehr als misslichen Lage. Als der bei der Suche nach Handyempfang auf ein vom Sturm zutage gebrachtes Skelett stößt, findet er sich in der unfreiwilligen Rolle des Ermittlers wieder. Seine spezielle Ausbildung hilft ihm nur bedingt weiter. Unterstützung gibt es nicht. Die Menschen verhalten sich abweisend.
Der Roman besticht durch lange und intensive Beschreibungen von Landschaft, Wetter und Natur. Das Sich-Verloren-Fühlen, die Kälte, die Ausweglosigkeit der Lage, all das geht Hand in Hand einher und ist unterlegt mit einer Spannung, die spürbar, aber kaum greifbar ist und der man sich nicht entziehen kann.
Die Personen wirken sämtlich von Geheimnissen der Vergangenheit bestimmt und dem Wunsch, Dinge verbergen zu wollen.
Obwohl die Geschichte absolut fesselnd geschrieben ist, könnten Leser, die nackten Thrill erwarten, enttäuscht sein. Hier kommt die Spannung auf leisen Sohlen, bereitet gründlich vor auf eine äußerst komplexe Story, die Überraschungen bereit hält, sicher für die einen mehr, für die anderen weniger. Denn manches lässt sich durch aufmerksames Lesen erahnen.
Dass auch scheinbare Nebensächlichkeiten sich immer in den Gesamtzusammenhang fügen, jeweils ein Steinchen im großen Mosaik bilden, zeugt von routinierter und akribischer Arbeit des Autors.
Dieses Buch ist ein Leckerbissen für Fans atmosphärischer Beschreibungen mit leichtem Gruselfaktor und anspruchsvoller Konstruktionen und kann übrigens problemlos ohne Vorkenntnis der Vorgängerbände gelesen werden.

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Veröffentlicht am 20.11.2025

Sensibel und warmherzig

Der Tag, an dem Barbara starb
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Barbara war mehr als nur Margarets Nachbarin: Sie war auch ihre Freundin. Kurz vor ihrem gewaltsamen Tod vertraute sie ihr ein Geheimnis an und nahm ihr ein Versprechen ab. Nur dumm, dass Margaret sich ...

Barbara war mehr als nur Margarets Nachbarin: Sie war auch ihre Freundin. Kurz vor ihrem gewaltsamen Tod vertraute sie ihr ein Geheimnis an und nahm ihr ein Versprechen ab. Nur dumm, dass Margaret sich so gar nicht mehr erinnern kann, um was es eigentlich ging. Denn sie leidet unter fortschreitender Demenz.
Wie der Autor Richard Hooton diese Thematik mit einem Kriminalfall verknüpft, ist sehr besonders und deutet auf Erfahrung und viel Einfühlungsvermögen hin. Er weiß Symptome der Krankheit erschütternd glaubhaft darzustellen, ohne der Protagonistin ihre Würde zu nehmen. Es gelingt ihm aber ebenso, die Schwäche seiner Heldin als Bestandteil der Konstruktion zu nutzen. Und Margaret, bei der zwar das Gedächtnis nicht mehr verlässlich funktioniert, der Verstand aber noch sehr wohl, gelingt es mitunter, das Bild, das andere sich von ihr machen, in ihrem Sinne einzusetzen.
Zum Glück steht ihr der innig geliebte Enkel James zur Seite. Er ist seiner Großmutter von Herzen zugetan. Mit seinen fünfzehn Jahren kann er einiges kompensieren: Fitness, technisches Verständnis, Erinnerungsvermögen. Vor allem aber glaubt er an seine Granny, ermuntert und ermutigt sie, während der Rest der Familie sich einfach nur ständig Sorgen um sie macht - durchaus zu Recht - und den Ermittlungen der beiden mehr als kritisch gegenüber steht.
Zum Krankheitsbild gehört es vermutlich dazu: die ständige Rückbesinnung auf den verstorbenen Partner. Albert, so hieß er, ist ständig präsent. All die schönen Momente, die wertvollen Erinnerungen, oftmals die Überzeugung, den Geliebten noch lebend neben sich zu wissen, teilt die Ich-Erzählerin mit uns. Leider sehr, sehr ausgiebig. Auch wenn es authentisch sein mag, so strengt es doch auch an. Und gerät manchmal hart an die Grenze zum Kitschigen.
Auf jeden Fall ist die Story ungewöhnlich, übrigens auch sehr britisch, und sie zu schreiben forderte neben allem anderen sicher auch eine gute Portion Mut. Bleibt zu hoffen, dass dem ersten Fall von Margaret Winterbottom und ihrem Enkel weitere folgen werden.

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Veröffentlicht am 20.11.2025

Sensibel und warmherzig

Der Tag, an dem Barbara starb
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Barbara war mehr als nur Margarets Nachbarin: Sie war auch ihre Freundin. Kurz vor ihrem gewaltsamen Tod vertraute sie ihr ein Geheimnis an und nahm ihr ein Versprechen ab. Nur dumm, dass Margaret sich ...

Barbara war mehr als nur Margarets Nachbarin: Sie war auch ihre Freundin. Kurz vor ihrem gewaltsamen Tod vertraute sie ihr ein Geheimnis an und nahm ihr ein Versprechen ab. Nur dumm, dass Margaret sich so gar nicht mehr erinnern kann, um was es eigentlich ging. Denn sie leidet unter fortschreitender Demenz.
Wie der Autor Richard Hooton diese Thematik mit einem Kriminalfall verknüpft, ist sehr besonders und deutet auf Erfahrung und viel Einfühlungsvermögen hin. Er weiß Symptome der Krankheit erschütternd glaubhaft darzustellen, ohne der Protagonistin ihre Würde zu nehmen. Es gelingt ihm aber ebenso, die Schwäche seiner Heldin als Bestandteil der Konstruktion zu nutzen. Und Margaret, bei der zwar das Gedächtnis nicht mehr verlässlich funktioniert, der Verstand aber noch sehr wohl, gelingt es mitunter, das Bild, das andere sich von ihr machen, in ihrem Sinne einzusetzen.
Zum Glück steht ihr der innig geliebte Enkel James zur Seite. Er ist seiner Großmutter von Herzen zugetan. Mit seinen fünfzehn Jahren kann er einiges kompensieren: Fitness, technisches Verständnis, Erinnerungsvermögen. Vor allem aber glaubt er an seine Granny, ermuntert und ermutigt sie, während der Rest der Familie sich einfach nur ständig Sorgen um sie macht - durchaus zu Recht - und den Ermittlungen der beiden mehr als kritisch gegenüber steht.
Zum Krankheitsbild gehört es vermutlich dazu: die ständige Rückbesinnung auf den verstorbenen Partner. Albert, so hieß er, ist ständig präsent. All die schönen Momente, die wertvollen Erinnerungen, oftmals die Überzeugung, den Geliebten noch lebend neben sich zu wissen, teilt die Ich-Erzählerin mit uns. Leider sehr, sehr ausgiebig. Auch wenn es authentisch sein mag, so strengt es doch auch an. Und gerät manchmal hart an die Grenze zum Kitschigen.
Auf jeden Fall ist die Story ungewöhnlich, übrigens auch sehr britisch, und sie zu schreiben forderte neben allem anderen sicher auch eine gute Portion Mut. Bleibt zu hoffen, dass dem ersten Fall von Margaret Winterbottom und ihrem Enkel weitere folgen werden.

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Veröffentlicht am 09.11.2025

Überwältigend

Da, wo ich dich sehen kann
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Nicht nur ihre beste Freundin, Liv, verliert den Boden unter ihren Füßen, als Emma von ihrem Mann ermordet wird. Auch für ihre neunjährige Tochter und ihre Eltern zerbricht von einem auf den anderen Tag ...

Nicht nur ihre beste Freundin, Liv, verliert den Boden unter ihren Füßen, als Emma von ihrem Mann ermordet wird. Auch für ihre neunjährige Tochter und ihre Eltern zerbricht von einem auf den anderen Tag die Welt.
Das Thema „Femizid“ ist so schwer, so gewaltig, dass es kaum möglich scheint, ihm gerecht zu werden. Doch Jasmin Schreiber wagt es, sie schaut in die Köpfe hinein, mehr noch, sie schaut auch in die Seelen. Dass ihr das bei allen Betroffenen, Tochter, Mutter, Freundin, auf diesem Niveau gelingt, ist ihre Gabe. Und ganz hohe Kunst.
Die Menschen, die hier ums Überleben kämpfen - um nichts Geringeres geht es - sind allesamt lebensklug, freundlich, sensibel. Auch wenn das beste Vorraussetzungen sind, zeigt sich der Weg aus der Schwärze oft aussichtslos.
Jedes Kapitel ist einer Person zugeordnet, der sich die Autorin zur Seite stellt und sie beobachtet. Mit viel Empathie, ungeheurer Feinfühligkeit und ohne Wertung erfasst sie deren Handeln, Denken, Fühlen. Oft finden sich Erinnerungen, die eine ehemalige Leichtigkeit, eine Normalität vermitteln, die um so bitterer wirkt, als dass sie unwiderruflich verloren ist.
Doch ist das wirklich so?
Dass Liv Astrophysikerin ist und die Tochter ihrer Freundin für die Sterne begeistern kann, bringt eine zarte Wende, die Möglichkeit, das Augenmerk - zunächst nur für wenige Momente - auf etwas außerhalb der Trauer zu richten.
Und auch, wie umsichtig alle miteinander umgehen, verständnisvoll, liebevoll, lässt hoffen und ganz inbrünstig wünschen, dass sie gemeinsam einen Heilungsprozess in Gang zu bringen vermögen.
Es werden auch Fakten erwähnt, erschreckende Statistiken, juristische und strafrechtliche Missstände. Am Ende des Buches finden sich Telefonnummern mit verschiedenen Hilfsangeboten.
Dieser Roman will mehr als berühren. Wobei mich selten (oder nie?) ein Roman so berührt hat. Er will informieren, wachrütteln, anklagen. Frauen schützen. Er ist ein Anliegen, verfasst mit Engagement und Herzblut.

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