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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.11.2025

Überwältigend

Da, wo ich dich sehen kann
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Nicht nur ihre beste Freundin, Liv, verliert den Boden unter ihren Füßen, als Emma von ihrem Mann ermordet wird. Auch für ihre neunjährige Tochter und ihre Eltern zerbricht von einem auf den anderen Tag ...

Nicht nur ihre beste Freundin, Liv, verliert den Boden unter ihren Füßen, als Emma von ihrem Mann ermordet wird. Auch für ihre neunjährige Tochter und ihre Eltern zerbricht von einem auf den anderen Tag die Welt.
Das Thema „Femizid“ ist so schwer, so gewaltig, dass es kaum möglich scheint, ihm gerecht zu werden. Doch Jasmin Schreiber wagt es, sie schaut in die Köpfe hinein, mehr noch, sie schaut auch in die Seelen. Dass ihr das bei allen Betroffenen, Tochter, Mutter, Freundin, auf diesem Niveau gelingt, ist ihre Gabe. Und ganz hohe Kunst.
Die Menschen, die hier ums Überleben kämpfen - um nichts Geringeres geht es - sind allesamt lebensklug, freundlich, sensibel. Auch wenn das beste Vorraussetzungen sind, zeigt sich der Weg aus der Schwärze oft aussichtslos.
Jedes Kapitel ist einer Person zugeordnet, der sich die Autorin zur Seite stellt und sie beobachtet. Mit viel Empathie, ungeheurer Feinfühligkeit und ohne Wertung erfasst sie deren Handeln, Denken, Fühlen. Oft finden sich Erinnerungen, die eine ehemalige Leichtigkeit, eine Normalität vermitteln, die um so bitterer wirkt, als dass sie unwiderruflich verloren ist.
Doch ist das wirklich so?
Dass Liv Astrophysikerin ist und die Tochter ihrer Freundin für die Sterne begeistern kann, bringt eine zarte Wende, die Möglichkeit, das Augenmerk - zunächst nur für wenige Momente - auf etwas außerhalb der Trauer zu richten.
Und auch, wie umsichtig alle miteinander umgehen, verständnisvoll, liebevoll, lässt hoffen und ganz inbrünstig wünschen, dass sie gemeinsam einen Heilungsprozess in Gang zu bringen vermögen.
Es werden auch Fakten erwähnt, erschreckende Statistiken, juristische und strafrechtliche Missstände. Am Ende des Buches finden sich Telefonnummern mit verschiedenen Hilfsangeboten.
Dieser Roman will mehr als berühren. Wobei mich selten (oder nie?) ein Roman so berührt hat. Er will informieren, wachrütteln, anklagen. Frauen schützen. Er ist ein Anliegen, verfasst mit Engagement und Herzblut.

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Veröffentlicht am 06.11.2025

Vielschichtig, intelligent, witzig

Fabula Rasa oder Die Königin des Grand Hotels
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Angelika Moser sitzt im Gefängnis: Sie hat ihren Arbeitgeber Julius Frohner den Besitzer des Grand Hotels in Wien, um mehr als drei Millionen Euro betrogen. Die Ich-Erzählerin, eine Journalistin, besucht ...

Angelika Moser sitzt im Gefängnis: Sie hat ihren Arbeitgeber Julius Frohner den Besitzer des Grand Hotels in Wien, um mehr als drei Millionen Euro betrogen. Die Ich-Erzählerin, eine Journalistin, besucht sie insgesamt elf Mal und schreibt ihre Geschichte auf.
Vea Kaiser hat hier einen überaus vielschichtigen Roman geschrieben. Dazu hat sie Personen erfunden, die so wahrhaftig wirken, dass man sie beinahe persönlich zu kennen glaubt. Sie sind keine Helden, sie alle haben ihre Päckchen zu tragen, kämpfen nicht um Sympathie, sondern um kleine oder große Vorteile, die das Leben so bietet. Manchmal geschieht es aus Not heraus, manchmal nicht.
Das führt unweigerlich zur Selbstreflexion, zur Begutachtung des eigenen moralischen Kompasses: Wie weit würde man selbst gehen, wenn sich die Möglichkeit böte, durch strafbares Handeln ein erdrückendes Problem zu lösen? Wo spürt man Verständnis, wo hört es auf? Wo würde man die rote Linie ziehen?
Angelikas Leben ist gespickt voll von überwältigenden Problemen: schwierige Beziehungen, drogengefährdete Freundin, Demenz der Mutter sind nur einige wenige davon. Ihr Beruf als Buchhalterin ist ihr einziger Halt, Zahlen geben ihr Sicherheit, der Rest ihrer Welt ist fragil und unstet. Wie die Autorin über herausfordernde Themen schreibt, zeugt von gigantischem Einfühlungsvermögen. Und sicherlich auch teilweise von eigenen Erfahrungen.
Ein weiteres Talent Kaisers ist ihr Humor. Durch alles, auch durch die tragischsten, verheerendsten Episoden, zieht der sich und verleiht, gemeinsam mit dem wienerischen Klang, dem Ganzen eine überraschende Leichtigkeit. Und wickelt uns auf charmante Art um den Finger, wie am Ende festzustellen bleibt.
Um allen Entwicklungen Raum zu lassen, um aufs Kleinste die verschiedenen Dilemmas auszuarbeiten, braucht es Zeit. Die nimmt sich der Roman. Darauf müssen sich Lesende einlassen.

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Veröffentlicht am 14.10.2025

Rätsel lösen in Venedig

Geheim! Ein Rätselabenteuer - Rette die magische Eis-Akademie
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Ellis Großvater ist verschwunden. Dabei wollte sie in den Ferien noch so einiges von ihm lernen. Und natürlich seine köstlichen Eiskreationen probieren, denn er gehört einer Familie der magischen Eismacher ...

Ellis Großvater ist verschwunden. Dabei wollte sie in den Ferien noch so einiges von ihm lernen. Und natürlich seine köstlichen Eiskreationen probieren, denn er gehört einer Familie der magischen Eismacher an. Eine Gabe, die auch an Elli vererbt wurde.
Autorin Heike Eva Schmidt hat der Reihe „Geheim“ ein wirklich nettes und spannendes Abenteuer beigesteuert. Noch bevor die Geschichte loslegt, findet man ganz vorne im Buch ein versiegeltes Kuvert, adressiert an Ellis Großvater. Es folgt eine kurze Gebrauchsanleitung, dann lernt man auch schon Elli, ihre Familie und ihr Huhn kennen, welches kurioserweise Ente heißt und sich an der Aufklärung des Falles fleißig beteiligt. Die Kombination zwischen Rätseln und Lesen ist für beides von Vorteil, es lockert sich gegenseitig auf und ergänzt sich wunderbar. Die Aufgaben sind nach Schwierigkeitsgrad gekennzeichnet und entsprechend mit ein, zwei oder drei Waffeltüten markiert, doch zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich einmal nachhaltig ausgerechnet an einem Ein-Waffel-Rätsel gescheitert bin. Ich habe es einfach nicht „entschlüsselt“ bekommen.
Bedauerlicherweise haben sich Fehler eingeschlichen. So wird man gleich beim zweiten Rätsel in die Irre geführt mit dem Hinweis auf einen fünfstelligen Code, der aber, wie sich dann heraus stellt, doch nur vier Ziffern enthält. Und leider bleibt es nicht bei diesem einen Fehler. In einem Buch wie diesem ist das natürlich nicht ganz leicht zu verzeihen. Zurück zur Handlung:
Es geht nach Venedig, ein wenig lernt man sogar noch die Stadt kennen, und immer wieder sind italienische Wörter und Ausdrücke eingestreut.
Elli und ihr Freund Fabio müssen ihre Ermittlungen mit viel Köpfchen und fast immer heimlich führen, denn die Erwachsenen versuchen ständig, sie davon abzuhalten, um sie nicht in Gefahr zu bringen. Doch schließlich sind es die Kinder (und das Huhn), die hartnäckig und trickreich den Fall lösen. Natürlich nur mit Hilfe engagierter Leseratten wie euch.

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Veröffentlicht am 12.10.2025

Nettes spannendes Drachenabenteuer

Die geheime Drachenschule - Der goldene Ritter
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Jeremias und sein Drache Feuerschatten lernen unterwegs die hitzköpfige Ash und ihren starken, aber sensiblen Freund Buckel kennen. Sie erfahren, dass ein goldener Ritter im Land unterwegs ist, der gegen ...

Jeremias und sein Drache Feuerschatten lernen unterwegs die hitzköpfige Ash und ihren starken, aber sensiblen Freund Buckel kennen. Sie erfahren, dass ein goldener Ritter im Land unterwegs ist, der gegen Drachen kämpft und sich dafür mit großen Mengen Gold entlohnen lässt.
Emily Skye greift im zweiten Band der Reihe „Die geheime Drachenschule“ ein Konzept auf, welches sich immer wieder bewährt: Einige scheinbar schwache und äußerst ungleiche Freunde müssen sich in Gefahr begeben und es mit einem starken Gegner aufnehmen, um ein Unrecht wieder gut zu machen, bzw. zu vereiteln.
In diesem Fall könnte das sogar Kinder locken, die ansonsten für Bücher wenig übrig haben. Denn die Illustrationen von Pascal Nöldner lehnen sich stark an bekannte Comics und Animatinsfilme an und verstärken somit sicher bei den meisten ein angenehm vertrautes Gefühl. Zudem ist die Gestaltung sehr aufgelockert, immer wieder ergänzen kleine Comicstrips, Sprechblasen oder andere Elemente die Erzählung.
Die Geschichte ist weitgehend gewaltfrei, liest sich spannend und ist lustig. Werte wie Freundschaft, Verlässlichkeit und Mut bilden ihre Basis. Darüber hinaus wird aber auch vermittelt, dass der Schein trügen kann und die Wahrheit mitunter mühsam erkämpft werden muss.
Und dass ein Junge, der groß und stark ist, gleichzeitig auch schüchtern und einfühlsam sein kann und vor allem sein darf.
Erfreulich und leider absolut nicht mehr selbstverständlich ist, dass dieses Buch problemlos für sich gelesen werden kann. Zwar ist es in den Kontext der Reihe eingebunden, und natürlich gibt es darin auch von Band zu Band eine Entwicklung, aber das Abenteuer ist für sich am (guten) Ende wirklich abgeschlossen.

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Veröffentlicht am 06.10.2025

Ganz großes Lesevergnügen

Der Tote im Kamin
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Eigentlich sollte Inspector Frank Grasby ja nur vorübergehend auf ein stilles Gleis geschoben werden, bis Gras über seinen letzten Fehltritt, die versehentliche Freilassung zwanzig wertvoller Pferde, gewachsen ...

Eigentlich sollte Inspector Frank Grasby ja nur vorübergehend auf ein stilles Gleis geschoben werden, bis Gras über seinen letzten Fehltritt, die versehentliche Freilassung zwanzig wertvoller Pferde, gewachsen wäre. Zu diesem Zweck wurde ihm ein neues Betätigungsfeld im beschaulichen Elderby zugewiesen, wo es ein paar Einbruchsdiebstähle in den umliegenden Farmen aufzuklären gilt.
Doch kaum trifft er in dem romantisch verschneiten Dörfchen ein, entdeckt er im Kamin eines Herrenhauses eine Leiche. Und dann geht es Schlag auf Schlag.
Was Autor Denzil Meyrick hier produziert hat, ist ein wirklich köstlicher Krimi englischer Strickart. Angesiedelt ist die Geschichte im Jahr 1952, und zwar so überzeugend, dass man beinahe unmerklich in diese Zeit hineinrutscht. Auch das Flair des idyllischen Ortes, die vorweihnachtliche Stimmung und der bitterkalte Winter übertragen sich wie durch Zauberhand.
Doch man sollte nicht der Vorstellung erliegen, hier ginge es gemütlich und kuschelig zu. Dazu hätte es andere Protagonisten und eine andere Handlung gebraucht. Und weniger von diesem unentwegt schwelenden schwarzen Humor, der das Buch so besonders macht.
Frank Grasby ist ein Mensch, der sich seines Wertes bewusst ist. Mitunter vielleicht etwas zu sehr. Dass ihm allzu häufig etwas misslingt, liegt auch, das muss man ihm zugute halten, am Pech, das ihn öfter mal verfolgt. Doch er ist hartnäckig, manchmal unerwartet mutig und vermag seine Schlüsse zu ziehen. Die sind meistens durchaus folgerichtig, und wenn die Geschichte so einfach wäre, würde er sicher schnell zum Ziel kommen.
Doch so verhält es sich nicht. Diese Geschichte ist verdreht noch und nöcher, und der Inspektor ist nicht der einzige, der, von den vielen Wendungen verwirrt, sich immer wieder in eine neue Ausgangslage manövriert fühlt. Den Lesern ergeht es ebenso.
Ganz zweifellos wäre es ein Gewinn für die Kriminalliteratur, wenn es mehr Romane wie diesen gäbe. Immerhin darf man noch auf die Übersetzung ins Deutsche des zweiten Bandes hoffen.

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