Cover-Bild Einer reist mit
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24,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Berenberg Verlag GmbH
  • Themenbereich: Belletristik
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 144
  • Ersterscheinung: 11.08.2025
  • ISBN: 9783911327046
Anne Serre

Einer reist mit

Patricia Klobusiczky (Übersetzer)

Kaum etwas produziert so viel Literatur wie das Reisen. Auch Anne Serre ist unterwegs, nach Montauban zum Festival, per TGV erster Klasse. Und schon geht’s los: Die Stille wird gestört von Zugpersonal und plaudernden Sternendeutern. Unverhofft tauchen Familiendramen aus der Erinnerung, wenn der Zug irgendwo hält, wo sich das Leben gegabelt hat. Und dann ist da, nebst toten, lebendigen und eingebildeten Kollegen, die sie umtanzen, ein spanischer Kollege namens Enrique Vila-Matas, den sie gar nicht kennt, nur seine Bücher, die sie liebt. Sitzt er ihr gegenüber? Den Hut im Gesicht? Hat er in Montauban ein Zimmer nebenan bezogen und kommuniziert mit Klopfzeichen? Ist er gar mit einem Mal Herr des Geschehens? Wohin geht diese Reise überhaupt? Allen Ernstes nach Barcelona? Patagonien? Ein federleichter Roman, in dem der Schmerz der Erinnerung mit der Wirklichkeit ein fröhlich surreales Spiel treibt.

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Lesejury-Facts

  • Dieses Buch befindet sich bei MarieOn in einem Regal.
  • MarieOn hat dieses Buch gelesen.

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.08.2025

Klassische Literatur

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Sie folgt einer Einladung zum Literaturfestival. In einem von zehn Fällen sagt sie öffentliche Veranstaltungen kurzfristig ab. Dann quält sie sich mit dem Gedanken an die Aufmerksamkeit, die auf sie fallen ...

Sie folgt einer Einladung zum Literaturfestival. In einem von zehn Fällen sagt sie öffentliche Veranstaltungen kurzfristig ab. Dann quält sie sich mit dem Gedanken an die Aufmerksamkeit, die auf sie fallen wird. Diverse Ausreden hat sie dafür parat. Etwa, dass ihre Mutter gestorben ist und das stimmt auch, es ist nur schon einige Jahre her. Ihr Sohn ist schwerkrank (sie hat keinen). Sie behauptet, sie habe Rückenschmerzen (selten, weil sie abergläubig ist). Sie ist so überzeugend, dass man ihr glaubt, dass sie sich selbst glaubt. Doch ihre Absagen ergeben gar keinen Sinn. Sie ist Schriftstellerin und als solches muss man sich in der Öffentlichkeit zeigen.

Die Zwölf ist ihre Zahl. Ihr Vater starb am 12.12.2012. Am 12. Dezember hat sie sich von ihrer Jugendliebe getrennt. An einem 12. ist sie Thomas begegnet. Ihre Mutter starb, als sie zwölf war. 2012 hat sie ihr zwölftes Buch geschrieben, das ein großer Erfolg war. Immer wenn sie eine Buchveröffentlichung freigegeben hat, überkommt sie eine Leere, zuletzt zwölf Monate lang. Sie liest dann einen ihrer Lieblingsschriftsteller. Seit einiger Zeit wieder den Spanier Enrique Vila-Matas, den am Nachmittag zyklisch Dunkelheit überkommt, so sagte er in einem Interview. Vermutlich wegen der Verrücktheit seines Vaters, Stimmen aus dem Untergrund zu lauschen. Und so tragisch und nachvollziehbar Vila-Matas Schwere ist, so unterhaltsam ist sein Schreiben. Schon oft hat er sie zum Lachen oder doch zumindest zum Lächeln gebracht.

Ihr Vater und auch ihre Schwester konnten aus dem Nichts etwas Ungehöriges tun, zum Beispiel wahnsinnig werden oder Selbstmord begehen. Sie selbst als aufgeräumte, ordnungsliebende Person, die gern ihren Frieden hat, brachte dann alles wieder in Ordnung. Diese Unberechenbarkeit der beiden versetzte sie ständig in Alarmbereitschaft.

Nun wird sie am nächsten Morgen sehr früh aufstehen müssen, um rechtzeitig am Bahnhof zu sein. Sie wird sich nicht noch einmal umdrehen, um die wohlige Bettwärme zu atmen, dann gegen neun Uhr aufstehen, einen Kaffee kochen und ein,- zwei oder drei Zigaretten rauchen, bevor sie sich an den Schreibtisch setzt und das gestern Verfasste auf sich wirken lässt. Sie wird zu einer unchristlichen Zeit das Bett verlassen und in den unwirtlichen Tag hinausziehen.

Fazit: Diese kleinen Geschichten von Anne Serre stecken voller Überraschungen. Ich wohne dieser, vermutlich teils autofiktionalen, Geschichte bei und begleite die Protagonistin auf eine Zugfahrt. Höre ihren sprunghaften Gedanken über andere Autoren und deren Schreibweise zu. Sie beobachtet die Menschen, denen sie begegnet, spinnt daraus Erinnerungen an Orte und erkundet ihr eigenes Dasein. Die Stimmfarbe Anne Serres ist so literarisch wie zeitlos. Ich mochte den Charakter dieser Frau sehr. Sie verkörpert die Selbstsicherheit einer älteren Frau, die spielerisch Innenschau hält und sich gerne amüsiert und dennoch viel Zeit mit sich selbst verbringt. Die Geschichte entstand 2017 und wurde nun vom Berenberg Verlag verlegt, ebenso wie Anne Serres „Die Gouvernanten 2023, das ein riesiges Lesevergnügen für mich war.

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