Cover-Bild Eurotrash
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14,00
inkl. MwSt
  • Verlag: FISCHER Taschenbuch
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 208
  • Ersterscheinung: 28.09.2022
  • ISBN: 9783596705184
Christian Kracht

Eurotrash

Roman | Nominiert für den International Booker Prize 2025

Der Roman »Eurotrash« erzählt von einer Reise mit der seelisch wie gesundheitlich (fragilen) zerstörten Mutter. Im Taxi und mit der Bergbahn geht es durch die einstige Schweizer Heimat. Die Fahrt wird zu einer grausam-zärtlichen Erkundung der Kindheit eines Christian, der der Autor Kracht ist, aber als solcher immer schon ein anderer.

Der schonungslose Blick auf die Geschichte der Familie und ihrer Verstrickung in die Schatten des Zweiten Weltkriegs gibt dem Buch seine unvergleichliche Energie, seinen Humor und seine Intensität, wie sie nur Kunst besitzt.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.05.2025

Roadtrip mit Mutter und Plastiktüte

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"Eine Geschichte, in der absolut gar nichts passiert, außer daß sich eine alte Frau ab und zu mit ihrem Sohn streitet." (S. 195). Das könne doch nun wirklich niemanden interessieren, meint Frau Kracht, ...

"Eine Geschichte, in der absolut gar nichts passiert, außer daß sich eine alte Frau ab und zu mit ihrem Sohn streitet." (S. 195). Das könne doch nun wirklich niemanden interessieren, meint Frau Kracht, die Mutter des Ich-Erzählers Christian, der mit Daniel Kehlmann verwechselt wird und der seine exzentrische, leicht demente Mutter aus der Nervenanstalt Winterthur in Zürich in einer Kurzschlusshandlung in ein Taxi verfrachtet, um mit ihr eine völlig ungeplante Reise zu unternehmen. Bevor die Reise richtig beginnt, wird noch ein kleines Vermögen Bargeld abgehoben, das fortan in einer Plastiktüte mitgeschleppt wird. Zwischendurch ergeht sich der Ich-Erzähler immer wieder in Anfechtungen gegen seine Familie, deren NS-Vergangenheit, gegen die Schweiz und vielerlei andere und anderes. Dabei hätte er seine Überspanntheit bereits vor langer Zeit abgelegt, nämlich damals mit Erscheinen seines Romans "Faserland": "Ich hatte mich nämlich mit fünfundzwanzig entschlossen, einen Roman in der Ichform zu schreiben, erinnerte ich mich, bei dem ich mir selbst und dem Leser vorgaukeln würde, ich käme aus gutem Hause, wäre wohlstandsverwahrlost und hätte etwas von einem autistischen Snob." (S. 62) Das ist immer noch so, es wird vom Haus in Kampen auf Sylt (Fast-Nachbar: Axel Springer), der Villa in Cap Ferrat (Nachbar: Somerset Maugham), dem Appartement in Mayfair, dem Château am Genfer See und weiteren Immobilien gesprochen. Natürlich ist das alles völlig überzogen, ebenso wie die offen zur Schau getragene Affinität zu bzw. Abscheu vor bestimmten Luxus-Marken. Durchwoben wird dies zudem von Geschichten, die Christian seiner Mutter erzählt, die ebenfalls hoch skurril sind, die er aber noch zusätzlich mit einem noch skurrileren, erfundenen Ende versieht, z.B. die Geschichte der Gebrüder Schlumpf. (Irre!). Und was absolut unglaubwürdig klingt, aber so passiert ist: Mary Watson und ihr Baby sind 1881 auf der Flucht vor Ureinwohnern in einem aufgeschnittenen, eisernen Schiffswassertank, in dem Seegurken gekocht wurden, verdurstet. Diese Story bringt sogar die von Medikamenten und Alkohol benebelte Frau Kracht wieder zu Bewusstsein.

Zwischen diesen Geschichten wird der Stomabeutel gewechselt, das Geld verteidigt und man bleibt mit einer Gondel hängen, alles auf 208 Seiten. Also, davon, dass absolut gar nichts passieren würde in diesem Roman, kann man wirklich nicht sprechen.

Ein Buch, das auf der obersten Ebene ziemlich wirr und überzogen wirkt, das aber in der Schicht darunter Kritik übt, an Gesellschaft, Politik und Vergangenheit. Ich kann mir vorstellen, dass der "kunstvolle" Text nicht allen gefällt, mir hat er wirklich Spaß gemacht und ich habe ständig den Kopf geschüttelt, über Christian, seine Mutter und alles andere auch.

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