Cover-Bild Zuckende Zeiten
10,00
inkl. MwSt
  • Verlag: epubli
  • Themenbereich: Gesellschaft und Sozialwissenschaften - Pädagogik
  • Genre: keine Angabe / keine Angabe
  • Seitenzahl: 152
  • Ersterscheinung: 15.03.2019
  • ISBN: 9783748520658
Helmut Lauschke

Zuckende Zeiten

Im rot glühenden Wetterleuchten
Das rote Fahnenmeer mit der schwarzen Swastika, den gekreuzten Fragezeichen auf weißem Kreis, wehte über der Stadt, als stünde der Endsieg unmittelbar bevor. Das stampfende Marschieren und Absingen von Helden- und Blut-und-Ehre-Liedern schwirrte hallend durch die Straßen. Probende Hochrufe auf den ‘Führer’ schrillten gegen Türen und Fenster, dass viele ihre Türen und Fenster schlossen, um dem hirnverbrannten braunen Spuk mit seiner raukehligen Schreihysterie, der bodenständig, sonst aber grundlos war und dem gesunden Menschenverstand auf seine elementarste Art grobgemein widersprach, den freien Zugang zu den Wohn- und Schlafzimmern zu verwehren. Der Abschied von Paul Gerhard verlief unter Tränen ab. Selbst Vater und Sohn standen die Tränen in den Augen, die sie mit Taschentüchern wegwischten. Luise Agnes und Anna Friederike vergossen bei der Umarmung des Abschiednehmenden Tränenströme, die nicht zum Stehen kommen wollten. „Ihr werdet von mir hören!“ Mit diesem Ruf aus dem Fenster des Abteils und dem winkenden rechten Arm verließ der Abiturient Paul Gerhard Dorfbrunner nach Anrucken der Waggons im gleitenden Anfahren des Zuges hinter der dampfausstoßenden, polternden Lokomotive mit den großen Rädern den Bahnhof und mit dem Bahnhof die Heimat, um als frischgezogener Rekrut an die blutende Ostfront gebracht zu werden. Luise Agnes und Anna Friederike waren mit ihren Taschentüchern noch am Winken, als das Zugende in der perspektivischen Verkleinerung die Größe einer Streichholzschachtel angenommen hatte und vom winkenden Arm des Sohnes längst nichts mehr zu sehen war.

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