Cover-Bild Toleranz: einfach schwer
22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Verlag Herder
  • Themenbereich: Gesellschaft und Sozialwissenschaften - Gesellschaft und Kultur, allgemein
  • Genre: Sachbücher / Politik, Gesellschaft & Wirtschaft
  • Seitenzahl: 224
  • Ersterscheinung: 18.06.2019
  • ISBN: 9783451383243
Joachim Gauck

Toleranz: einfach schwer

Die Lebensentwürfe, Wertvorstellungen, religiösen und kulturellen Hintergründe der Menschen werden immer vielfältiger. Manche erleben dies als Bereicherung, nicht wenige aber als Last. Was muss die Gesellschaft, was muss der Einzelne tolerieren und wo liegen die Grenzen der Toleranz? Wie viel Andersartigkeit muss man erdulden und wie viel Kritik aushalten? In seinem neuen Buch streitet Joachim Gauck für eine kämpferische Toleranz. „Ich war und bin bis heute der Meinung, dass es kein Laisser-faire geben darf gegenüber jenen, die Pluralität und Toleranz mit Füßen treten. Toleranz, die Nachsicht und Duldsamkeit preist gegenüber den Verächtern der Toleranz, hilft den Tätern und nicht den Opfern. Intoleranz gegenüber einer Intoleranz, die Menschen unterdrückt und verachtet, ist eine Haltung von Demokraten im Namen der Menschenwürde.“ Aus der entschiedenen Überzeugung heraus, dass die Gesellschaft eine deutlichere und bewusstere Debatte über Toleranz benötigt, spürt er den Fragen nach: Was macht Toleranz aus und was macht sie notwendig? Und warum ist Intoleranz heute so populär und attraktiv?

Die großen Themen der Zeit – wie das Erstarken populistischer Parteien, die Debatten in der Migrationspolitik, die Zunahme des Islam in europäischen Gesellschaften, die drohende Klimakatastrophe und die zunehmende Digitalisierung der Welt – bieten viel Angriffsfläche für das Maß dessen, was ein Einzelner bereit ist zu akzeptieren und zu ertragen. Daraus erwachsen Formen des Extremismus und der Intoleranz, die der ehemalige Bundespräsident als die großen Herausforderungen unserer Zeit bezeichnet, denn zum bereits vorhandenen Links- und Rechtsextremismus gesellt sich der islamische Fundamentalismus. Intoleranz jedoch nur denjenigen vorzuwerfen, die extreme Haltungen vertreten, ist kurzsichtig. Die „Intoleranz der Guten“ kann ebenso die Gemeinschaft schwächen. Diese politische Korrektheit im Sinne einer politischen und ethischen Orientierung trägt zwar zu gegenseitigem Respekt und Verständigung bei, dennoch müssen kontroverse Diskussionen möglich sein. Dies zeigt sich besonders in Migrationsfragen. Die derzeit größte Zerreißprobe für die individuelle und gesellschaftliche Toleranz ist die hohe Zahl von Menschen, die Schutz in Deutschland und Europa suchen. Kritisch hinterfragt Joachim Gauck, wo die Grenzen der Toleranz erreicht werden.

Der große Demokrat schließt mit einem starken Plädoyer für die Erhaltung und Wahrung von Toleranz als Tugend und als Gebot der politischen Vernunft, die gut ist für jeden Einzelnen und unerlässlich für die Gesellschaft. „Es ist nicht die schlichte Vertrautheit mit dem Eigenen, was uns sicher macht, das Richtige zu verteidigen. Sondern die Gewissheit, dass der Verteidigung wert ist, was allen Menschen zukommt: Würde, Unversehrtheit, Freiheit und Recht. Es wird sich immer und immer wieder lohnen, dafür zu streiten mit Verantwortungsbewusstsein, mit Mut und – mit kämpferischer Toleranz.“

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.06.2019

Ein wichtiger Denkansatz von einem Politiker und Theologen, dem das, was die Menschen zusammenhält immer wichtiger war, als das was sie trennt

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Joachim Gauck, Toleranz- einfach schwer, Herder Verlag 2019, ISBN 978-3-451-38324-3

Dass ein Buch des Altbundespräsidenten Joachim Gauck über das Thema Toleranz zu heftigen Debatten führen würde, war ...

Joachim Gauck, Toleranz- einfach schwer, Herder Verlag 2019, ISBN 978-3-451-38324-3

Dass ein Buch des Altbundespräsidenten Joachim Gauck über das Thema Toleranz zu heftigen Debatten führen würde, war in diesen aufgeheizten Zeiten zu erwarten. Zeiten, in denen Gauck und andere von rechts schon lange als Volksverräter denunziert werden und in denen jegliche Differenzierung zu bestimmten Themen sofort in die rechtsradikale Ecke gestellt wird.

Und tatsächlich ist Gauck nach seinen zahlreichen Interviews und Fernsehauftritten zur Promotion seines Buches (das ist eben so üblich) insbesondere in den „sozialen“ Netzwerken viel Hass und Häme entgegengebracht worden.

Dabei hätten sie besser einmal das Buch gelesen um genau zu verstehen, was Gauck eigentlich meint, wenn er von kämpferischer Toleranz spricht, die auch Gespräche und Kommunikationsversuche mit AfD-Anhängern nicht ausschließt, sofern sie nicht kriminelle Haltungen vertreten.

Gauck will der zunehmenden Spaltung unserer Gesellschaft etwas entgegensetzen, was helfen könnte, so etwas wie einen Heilungsansatz zu entwickeln. Dafür, so sagt er, brauchen wir einen erweiterten Begriff und eine erweitere Praxis von Toleranz einerseits und eine reflektierte Pflicht zu einer von aufklärerischen Werten geleiteten Intoleranz, die den Feinden der Freiheit sich in den Weg stellt.

Toleranz ist eben nicht ein Zeichen für „anything goes“ und politische Indifferenz, sondern eine aktive und politisch bewusste Haltung, die uns und andere bereichert und unsere Gesellschaft in Zeiten schwerwiegender Umbrüche wieder zusammenführen kann:
„Wir sollten Toleranz nicht nur als Zumutung begreifen, sondern als beglückende Tugend und zugleich als ein Gebot der politischen Vernunft.“
Ein wichtiger Denkansatz von einem Politiker und Theologen, dem das, was die Menschen zusammenhält immer wichtiger war, als das was sie trennt und der die vorschnelle Unterteilung der Menschen in Böse und Gute mit der anschließenden Ausgrenzung der jeweils als Böse definierten aus dem Diskurs schon immer verurteilt hat.