Platzhalter für Profilbild

Abenteura54

Lesejury-Mitglied
offline

Abenteura54 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Abenteura54 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.12.2021

Sam, Kirstie, Cameron, Hightower - und ein wenig John McEnroe

Hard Land
0

Das Buch war ein Risiko. Benedict Wells war 1985 ein Kleinkind. Missouri kennt er vom Hörensagen. Und Coming-of-Age-Romane sind, nun ja, nicht neu. Risiko, also. All in. Kann man machen bei gutem Blatt. ...

Das Buch war ein Risiko. Benedict Wells war 1985 ein Kleinkind. Missouri kennt er vom Hörensagen. Und Coming-of-Age-Romane sind, nun ja, nicht neu. Risiko, also. All in. Kann man machen bei gutem Blatt. Wells hat gleich 350 gute Blätter. Alle zusammen ergeben dicht beschrieben einen guten Roman. Nein, einen überragenden.

Der Sam aus Hard Land ist etwas älter als ich. Wells, das Kleinkind von 1985, breitet seine Geschichte über Liebe, Tod, Freundschaft, Partys und Außenseitertum also auf meinem Terrain aus. Er spielt mit seinen Reminiszenzen ein riskantes Spiel. All in. Kann man machen. Der Protagonist als John McEnroe auf einer Saufparty: Ich habe John McEnroe geliebt. Billy Idol auf der Beerdigung: Meine Freunde haben Billy Idol geliebt. Zurück in die Zukunft: Ich muss an dieser Stelle gestehen, dass ich den Film nie gesehen habe. Die leuchtenden Augen derjenigen, die über ihn erzählen, reichen mir aber. Okay, Mario Andrettis große Zeit in der Formel 1 war 1985 schon ein wenig vorbei. Aber die wunderbare Kirstie trägt seinen Namen.

Neben ihr sind da noch Sam, Hightower und Cameron, die für sich genommen schon ohne McEnroe und Idol funktionieren. Es funktionieren auch die Randfiguren: Stevie, Chuck..... Ich spare es mir, an dieser Stelle 350 dicht beschriebene Seiten wiederzugeben. Jeder mag selbst lesen. Das Risiko, enttäuscht zu werden, ist überschaubar.


Bücher bleiben oft in Erinnerung, wenn sie tragisch enden. Wenn sie gut enden oder auch nur glimpflich ausgehen, legt man sie manchmal erleichtert zur Seite und vergisst sie dann schnell. Wells hat sich 349 Seiten lang selbst die Chance gegeben, sein Buch tragisch enden zu lassen. Doch er geht wieder volles Risiko und ist milde mit seinen Protagonisten. Noch mehr: Von allen möglichen guten Enden wählt er eins, das man so schnell nicht vergisst. Sam hat es sich dieses Ende redlich verdient. Kirstie vielleicht noch mehr. So wie McEnroe seine Wimbledonsiege. Und Andretti die Formel-1-WM.

Veröffentlicht am 23.04.2021

Schluss verhindert Bestnote

Der Gesang der Flusskrebse
1

Ich habe den Bestseller kürzlich beendet und bin in die Geschichte wirklich hineingezogen worden. Manchmal habe ich mich dabei ertappt, wie ich absichtlich langsamer oder weniger gelesen habe, um nicht ...

Ich habe den Bestseller kürzlich beendet und bin in die Geschichte wirklich hineingezogen worden. Manchmal habe ich mich dabei ertappt, wie ich absichtlich langsamer oder weniger gelesen habe, um nicht zu schnell fertig zu werden. So soll Literatur sein. Vieles ist da: die Einsamkeit, die Liebe, die Natur, das Verbrechen. Stimmig zusammengeführt.

Dabei gibt es durchaus Schwächen, die aber in der Gesamtschau über mehr als 400 Seiten verzeihlich sind. Dass ein Kind im Grundschulalter allein sein Leben meistert, gibts nur in Büchern. Gelegentlich schippert die Erzählung so knapp am Kitsch vorbei wie Kya an den Ufern des Marschlandes. Doch sie gleitet eben nicht ab. Die Liebesgeschichte (n) sind rührend, die Naturschilderungen gewaltig, wenn auch manchmal zu wissenschaftlich im Duktus. Das aber ist einer Zoologin wie Owens ebenfalls verziehen. Der Gerichtsprozess kommt etwas schablonenhaft daher, ist aber spannend, weil die Jury eines vorurteilsbelasteten Ortes stets unberechenbar bleibt.

Die Kraft der Erzählung glättet also manche Unebenheit, und bis wenige Seiten vor dem Ende war ich bereit für 9,5 von 10 Sternen.

Leider rauscht die Note zum Schluss runter auf ca. 7,5. Das ist für das Buch eigentlich zu wenig. Doch Owens tut sich mit diesem Ende keinen Gefallen. Sie bietet einen unlogischen, fast absurden Plot, der mich kopfschüttelnd zurücklässt und ein Stückweit Verrat an der Hauptfigur übt. Was packt Owens alles in diese letzten Seiten, noch dazu ohne literarische Not. Und man möchte ihr zurufen: Warum das alles?

Ich hadere mit diesem Ende. Aber vielleicht soll Literatur auch so sein.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere