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Veröffentlicht am 05.10.2021

Ein Mord in den Vier- und Marschlanden?

Deich Mortale
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Rein zufällig bin ich auf die Bücher der Autorin gestoßen (wofür es gut ist, wenn die Kasse ausfällt und man warten muss). Tatsache ist, dass es Unmengen von Hamburg-Krimis gibt, die zumeist in bekannten ...

Rein zufällig bin ich auf die Bücher der Autorin gestoßen (wofür es gut ist, wenn die Kasse ausfällt und man warten muss). Tatsache ist, dass es Unmengen von Hamburg-Krimis gibt, die zumeist in bekannten Stadtteilen angesiedelt sind. Jedoch ist dies der erste Krimi, der quasi direkt vor meiner Haustür spielt. Allein diese Tatsache war für mich das must read des ersten Teils.

Karlo Kohlberg ist Inhaber des Vierländer Hofes - ein kleines Hotel, dass er gemeinsam mit der wuseligen Erne führt. Während Karlo ein Zugezogener - also ein Stadtmensch - ist, ist Erne in den Vierlanden aufgewachsen. Erne ist ein quirliger, liebenswerter Mensch. Sie hat das Herz auf dem rechten Fleck, auch wenn sie Karlo hin und wieder mal nervt - eben mit dieser Art. Ich mochte Erne und wahrscheinlich wäre sie eine Figur, die noch viel mehr über die Vier- und Marschlande erzählen könnte. Für mich passt sie in diese Region und ich hatte ein ziemlich genaues Bild vor Augen.

Auch Karlo ist ganz eindeutig ein Sympathieträger, allerdings hätte ich ihn mir älter vorgestellt. Irgendwo wurde erwähnt, dass er Mitte 30 sei und dieses Alter passt auch zur Geschichte. Vielleicht liegt es an seinem Hobby im Chor zu singen oder in seiner doch recht guten Freundschaft zum Pastor der Gemeinde, dass ich ihn älter geschätzt hätte. Karlo ist ein gutmütiger Mensch, der sehr darauf bedacht ist, sich “auf dem Dorf” einzuleben. Das gelingt ihm auch, finde ich, aber bisweilen sind es genau seine Fragen oder die Dialoge mit den Dorfbewohnern, die dem Buch sein Amüsement geben.

Eines Tages kehrt im Vierländer Hof ein italienischer Gast ein. Man nimmt ihn zunächst kaum wahr, aber Erne ist total aufgeregt, als er nach einigen Tagen nicht zum Frühstück erscheint. Schließlich war er jeden Morgen pünktlich. Und so redet Erne so lange auf Karlo ein, bis dieser sich breitschlagen lässt und auf eigene Faust versucht herauszufinden, wo Flavio Mantova abgeblieben ist.

Und hier beginnt eine Geschichte, die gespickt ist mit viel Lokalkolorit. Der Kriminalfall mag dabei eher nebensächlich sein, eben wie in einem guten Cosy üblich, aber der Leser erfährt unglaublich viel über diese Gegend und die Menschen darin. Die Autorin zeichnet ein wunderschönes Bild und ich habe sogar teilweise die Örtlichkeiten wiedererkannt, von denen sie schrieb. Sie versteht es wirklich gut zu beschreiben, statt zu sagen, das ist da und da. Und selbst wenn der Vierländer Hof ein fiktives Hotel ist, so glaube ich schon, dass es ein Haus in der Realität gibt, in dem dieses Hotel untergebracht sein könnte.

Besonders gefallen hat mir ihre Art, die Menschen reden zu lassen. Es ist eine Mischung aus Platt und Hochdeutsch. Der Charme dessen ist, dass jeder versteht, was gesprochen wird, man sich aber dennoch vorstellen kann, wie es sich anhört, wenn die Menschen miteinander reden. Es macht Spaß ihnen zuzuhören.

Ebenfalls eine gelungene Mischung ist der Umstand, dass die Autorin nicht nur einen Kriminalfall aufklärt, sondern gleichzeitig Geschichte und Gegenwart miteinander verbindet. So erzählt sie aus der Zeit des 3. Reiches und bleibt dann wieder in der Gegenwart. Inwieweit die Erzählungen der Vergangenheit in der Historie recherchiert sind, vermag ich nicht zu beurteilen, aber es klingt authentisch und könnte so gewesen sein.

Ein bisschen schade fand ich, dass Kommissar Spannich gar nicht so schrecklich ist, wie es der Klappentext vermuten lies. Er mag vielleicht ein bisschen träge sein und vielleicht hat er auch ein gewisses Maß an Überheblichkeit, aber wirklich unsympathisch ist er mir nicht. Vielleicht liegt diese Einschätzung aber auch nur daran, dass ich selbst ein Stadtmensch bin. Gern hätte ich etwas mehr über ihn erfahren, aber er bleibt mehr oder weniger außen vor, taucht nur hin und wieder mit dem erhobenen Zeigefinger auf, mehr leider nicht. Insofern lernt man ihn eigentlich auch nicht wirklich kennen.

Durch die Kürze des Romans ist es vielleicht auch nicht so einfach, den Figuren besonders viel Tiefe zu verleihen. Jedoch reicht es auf jeden Fall, dass ich mir den zweiten Teil besorgen werde um herauszufinden, ob es noch einmal so weiter geht und ich dann eventuell noch etwas mehr über liebgewonnenen Protagonisten erfahre.

Fazit: Alles in allem ein lockerer Roman, der dem Leser - auch ohne Ortskenntnis - die wunderschönen Vier- und Marschlande näher bringt, der sympathische Charaktere und eine nicht all zu schnell zu durchschauende Story mitbringt. Mir hat die Geschichte Spaß gemacht und ich kann sie durchaus empfehlen. 4 von 5 Sternen

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Veröffentlicht am 25.09.2021

Packender Auftakt der neuen Trilogie von Heike Wolf

Der Freiheit Kraft
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Die Geschichte beginnt in Frankfurt an einem Tag im Jahr 1805. Es hätte wohl ein schöner Tag sein können, wenn er nicht der Beginn von Magdalenes Martyrium an Theodor Wallenfels Seite wäre. Genauso habe ...

Die Geschichte beginnt in Frankfurt an einem Tag im Jahr 1805. Es hätte wohl ein schöner Tag sein können, wenn er nicht der Beginn von Magdalenes Martyrium an Theodor Wallenfels Seite wäre. Genauso habe ich die ersten Zeilen des Romans wahrgenommen und mit ihnen hat mich Heike Wolf sofort eingefangen. Die ersten Dialoge lassen bereits auf viele spannende Konflikte zwischen den Charakteren schließen und der Leser kann nicht anders, als neugierig weiterzulesen um heraus zu finden, was passiert.

Magdalene ist eine junge, hübsche Frau, die ich mir gut an der Seite eines ebenso jungen und erfolgreichen Mannes hätte vorstellen wollen. Statt dessen wird sie von ihrer Familie an den zwar reichen, aber überaus hartherzigen Theodor Wallenfels verheiratet. Zunächst empfand ich Theodor gar nicht als so grausam, vielmehr hatte ich das Gefühl, er würde einfach nur nicht zu Magdalene passen und ihr eine Welt zu Füßen legen, in der sie sich unwohl fühlt. Im Laufe der Zeit jedoch bemerkt man sehr deutlich, wie grausam Theodor tatsächlich ist. Aus einer wagen Sympathie entwickelt sich so eine wirkliche Abneigung gegen ihn. Er wird immer mehr zu dem Charakter, den man einfach nicht mögen will. Trotzdem hat Theodor auch eine andere Seite, die seine Figur vielschichtig und nicht vorhersehbar sein lässt.

Ganz anders dagegen ist sein Sohn Leopold. Dieser ist im etwa gleichen Alter wie Magdalene und wäre der deutlich passendere Heiratskandidat gewesen. Die Anziehung zwischen den beiden ist auch sehr deutlich fühlbar und ich wünschte mir so sehr, dass es einen Weg für sie geben möge, dass sie zusammenfinden würden. Leopold ist ein eher weicher Typ, der sich dafür begeistern kann, mit Magdalene im Garten zu sitzen, wenn sie malt. Gerade dieser krasse Gegensatz zum eigenen Vater macht ihn mir dann auch so überaus sympathisch. Verweichlicht ist er jedoch überhaupt nicht. Im Verlauf der Geschichte wird klar, dass Leopold ein Gespür für Diplomatie hat und die Menschen nicht verurteilt. Mit dieser Eigenschaft habe ich Leopold immer wie einen ruhenden Pol der Geschichte empfunden.

Am Beispiel von Johanna, Theodors Tochter, zeigt die Autorin ein grausames, für Frauen überaus demütigendes Kapitel dieser Zeit. Dabei führt ihre gründliche Recherche zu einem wahren Strom von Gänsehaut auf dem Rücken des Lesers. Zunächst ist Johanna ein fröhliches, aufgeschlossenes Kind und später eine lebensfrohe junge Frau. Bei den jungen Männern ist sie begehrt – nur leider trifft sie eine falsche Wahl und damit ändert sich alles. Auch Johanna! Sie ist nach wie vor eine starke Frau – ohne jede Frage – aber ihr Lebensinhalt verändert sich. Mit dieser Figur wandert die Autorin durch die Armenviertel Frankfurts und zeigt, dass es neben Reichtum auch sehr viel Armut gab. So lernt der Leser auf leichte Art und Weise ganz nebenbei das Frankfurt dieser Zeit besser kennen und sie zeigt wie schnell ein sozialer Abstieg erfolgen konnte.

Konstanze und Carl, Leopolds Kinder, sind die nächste Generation Wallenfels. Auf ihnen und ihrem besten Freund Justus liegt der Fokus in der zweiten Romanhälfte. Die 3 jungen Leute sind recht unterschiedliche Charaktere und gehören dennoch zusammen. Jeder von ihnen ist mir ans Herz gewachsen – auf seine eigene Weise. Ich mag Carl, der eher zurückhaltend bleibt, ebenso wie Justus, der eindeutig der Rebell ist. Da der Roman politisch geprägt ist, bleibt es natürlich auch nicht aus, dass Justus mit dem Gesetz in Konflikt kommt. Und Konstanze gehört wie selbstverständlich in ihre Mitte. Sie ist eine recht emanzipierte junge Frau, die die Demütigungen durch das andere Geschlecht nicht ohne weiteres hinnimmt. Am Beispiel dieser 3 Figuren zeigt Heike Wolf die Veränderungen der Zeit sehr prägnant. Es ist eine Freude mit ihnen einen Streifzug durch die Zeit zu machen. Und sie berühren den Leser durch ihre Schicksale.
Wie immer ist Heike Wolf keineswegs zimperlich mit ihren Figuren. Sie zeigt das Leben, wie es eben ist – authentisch und sauber recherchiert, zu viel verklärende Romantik ist einfach nicht ihr Ding. Die Stadt Frankfurt in dieser Zeit erwacht zu seiner vollen Blüte. Besonders gefiel mir hierbei z.B., dass die einfachen Leute in ihrer Mundart sprechen. Beim Lesen musste ich zwar manchmal die Sätze ein zweites Mal und sehr langsam lesen, aber es macht Spaß, sich darauf einzulassen und ihnen dabei zuzuhören.

Heike Wolf schreibt bildgewaltig, verliert sich aber nicht in Details. Sie schreibt lebendig und authentisch, kreiert glaubwürdige, vielschichtige Charaktere, die man lieben oder verabscheuen kann, mit denen man mitfiebert und hofft, dass es gut gehen möge. Heike Wolf schürt Hoffnungen stilsicher, obwohl – wie jedem, der ihre Geschichten kennt, klar sein dürfte - sie bisher noch jede Hoffnung wieder zerstört hat. So schickt sie den Leser durch ein Meer aus Emotionen, aus dem er erst wieder auftaucht, wenn die letzte Seite gelesen ist. Und als sei das noch nicht genug, liefert sie einen Cliffhanger, der eine weitere Hoffnung schürt: Der 2. Teil möge nicht zu lange auf sich warten lassen.

Die Geschichte der Autorin ist ein Pageturner. Ihr Schreibstil ist leicht zu lesen, obwohl sie sich eines großen Wortschatzes bedient. Und auch wenn die politische Zeit nicht so bekannt ist wie das dritte Reich, erfährt der Leser wie nebenbei Geschichte, spannende Geschichte. Der Roman ist damit nicht überfrachtet, aber eben diese politische Geschichte beeinflusst das Leben und das Verhalten ihrer Charaktere maßgeblich. Diese Verbindung von Historie und fiktiven Personen ist einmal mehr wunderbar gelungen.

In einem sehr spannenden Nachwort erklärt die Autorin noch so einiges über das Frankfurt jener Zeit, erzählt aus Recherchen und sogar 2 historische Bilder finden sich hier. Es lohnt sich auf jeden Fall das Nachwort zu lesen und wem dies noch nicht reicht, der kann auf der Internetseite von Heike Wolf weitere Informationen finden. All dies zeigt, wie gründlich die Autorin recherchiert - mit dem Resultat, dass sie einen weiteren absolut authentischen Roman vorlegt, der einen einfach in seinen Bann schlägt.

Fazit: Eine andere Zeit, eine andere Stadt und dennoch ein typischer Roman von Heike Wolf. Lesenswert von der ersten bis zur letzten Seite. Must read für Fans historischer Romane, die von ihrer Lebendigkeit und gut recherchierter Geschichte leben. 5 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 25.09.2021

Überaus gelungener Abschluss einer tollen Buchreihe

Die Hafenschwester (3)
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Das Buch:
Es handelt sich beim vorliegenden Buch um den dritten und letzten Teil der Hafenschwester-Trilogie. Das Buch kann zwar ohne Weiteres unabhängig von seinen Vorgängern gelesen werden, allerdings ...

Das Buch:
Es handelt sich beim vorliegenden Buch um den dritten und letzten Teil der Hafenschwester-Trilogie. Das Buch kann zwar ohne Weiteres unabhängig von seinen Vorgängern gelesen werden, allerdings macht es deutlich mehr Freude, wenn man die Vorgeschichten kennt und mit Martha bereits die Gängeviertel und das schwere Leben der Ärmsten kennengelernt hat.

Worum geht’s?
Martha und Paul führen inzwischen ein gutes Leben, selbst wenn sie durch die Hyperinflation Anfang des 20. Jahrhunderts sämtliche Ersparnisse verloren haben. Ihre Kinder können trotz allem ihre Wege gehen. Am Ende der 20er Jahre wird Hitler immer populärer und die Sorge vor einem weiteren Krieg nimmt deutlich zu, die Lebenssituation wird angespannter, der Ton rauher. Aber trotz aller Widrigkeiten finden Martha und ihre Familie immer einen Weg, ihr Leben lebenswert zu halten und ihre Lieben vor dem Tod zu bewahren.

Charaktere:
Diesmal stehen Marthas Kinder Rudi, Fredi und Ella im Vordergrund. Es geht hauptsächlich um deren Entwicklung am Ende der Schulzeit bis hin zu einem eigenständigen Leben, welches durch die Wirren des 2. Weltkrieges alles andere als vorhersehbar sein kann.

Fredi ist hierbei mein absoluter Favorit, was nicht bedeutet, dass ich Rudi und Ella nicht mag. Vielmehr ist es so, dass Fredi einfach eine beeindruckende Figur ist. Als Sandwichkind der Familie war er bisher eher ruhig und unauffällig, ging aber eben seinen Weg. In diesem Teil bekommt er den Raum, der ihm zusteht und den füllt er zur Gänze aus. War es früher Rudi, der stets die große Klappe hatte, ist es heute Fredi, der seinem großen Bruder aus der Patsche hilft – und diese Patsche ist gewaltig und vor allem lebensbedrohlich. Fredi ist einfallsreich und mutig. Während des Krieges bewahrt er die Nerven und durch seine besonnene Art, einige hilfreiche Kontakte – durchaus auch in die zwielichtige Welt Hamburgs – und jede Menge Courage rettet er viele Leben. Dabei scheut er sich nicht, sich selbst in Gefahr zu begeben, nicht zuletzt dadurch, dass ihm sein vermeintlicher Freund Werner Rohrbeck eigentlich jeden Moment auf die Schliche kommen könnte – wenn er intelligent genug wäre. Melanie Metzenthin schreibt Fredi in die Herzen ihrer Leser. Dabei bleibt die Figur absolut glaubwürdig. Zeugnisse dieser Zeit belegen, dass es Menschen wie Fredi wirklich gab, die vorbehaltlos geholfen haben.

Am Anfang des Romans ist Rudi ein Frauenheld, der das Nachtleben liebt und sehr zum Unmut seiner Eltern einen Lebenswandel lebt, der so gar nicht zur Familie Studt passen will. Auch wenn er sich verändert hat, jetzt aufmüpfig ist und beinahe rebellisch, ist Rudi überhaupt nicht unsympathisch. Vielmehr lässt die Autorin ihren Leser beide Seiten – sowohl die des „Kindes“ als auch die der Eltern – betrachten, sodass sich jeder selbst seine Gedanken machen kann, wie er mit den unterschiedlichen Situationen umgehen würde. Ich sah mich oftmals hin- und hergerissen, denn natürlich kann ich mich noch gut daran erinnern, wie ich in diesem Alter war und gleichzeitig bin ich heute selbst Mutter. Die Autorin bewertet hierbei nicht, sondern zeigt die Situationen, sodass man selbst die Freiheit hat, sich ein Urteil zu bilden.

Bei Rudi hat der Leser hin und wieder das Gefühl, dass er nicht die Gemeinschaft der Familie sondern ausschließlich sein eigenes Leben im Blick hat. Da er jedoch häufiger Unterstützung von der Familie braucht und auch bekommt um überhaupt weiterzukommen, ist diese selbstverständlich überaus enttäuscht, was zeitweise auch deutlich zutage kommt. Trotz allem halte ich Rudi nicht für wirklich egoistisch; er ist unbedacht, denke ich, und handelt erst, bevor er die Konsequenzen überdenkt. Die Figur des Rudi ist die Figur, die sich im Laufe des Romans am deutlichsten wandelt und damit lange Zeit unberechenbar bleibt. So überrascht Rudi auch am Ende des Romans, als er endlich die Chance bekommt, Fredi seinen Einsatz am Anfang des dritten Reiches zu danken.

Mit Ella geht der Leser oft durch viele Emotionen, was darin begründet ist, dass sie stets und ständig hinter Rudi zurück zu stehen scheint und darüber hinaus eine Frau ist. Während Fredi mit einer Kommissarslaufbahn zufrieden ist, möchte Ella unbedingt Medizin studieren. Diesen Wunsch hatte sie bereits als kleines Mädchen und ihre Eltern haben sie immer darin bestärkt. Bedingt durch Rudis Leben und Entscheidungen scheint diese Möglichkeit jedoch mehr als einmal auf der Kippe zu stehen. Hier kommt der Moment, in dem Leser wieder zwischen zwei Figuren steht, die im Grunde liebenswert sind und deren Beweggründe man verstehen kann. Und trotzdem wird sich der eine Leser in die eine Richtung und der andere in die andere Richtung gezogen fühlen, schätze ich. Ich glaube, ich war häufiger wütend wie Ella, als dass ich Rudis Unverständnis für die Gefühle seiner Schwester geteilt hätte.

An Ella zeigt Melanie Metzenthin außerdem eindrucksvoll wie weit und wie schnell die Emanzipation der Frau fortschreitet. War es am Ende des 19. Jahrhunderts nicht vorstellbar, dass eine unverheiratete Frau eine Affäre hatte, lebt Ella ihre unverheiratete Beziehung zum Franzosen Phillippe Morel sehr offen. Andererseits zeigt sie aber auch die alten, durchaus noch vorhandenen Strukturen an der Verbindung zwischen Henny und Fredi. Während Ella es sich nicht vorstellen kann, nicht selbst zu arbeiten, richtet sich Henny, mit noch nicht einmal 20 Jahren, ganz darauf ein Hausfrau und Mutter zu sein. Dass sich hinter dieser Frau ein wirklich intelligenter Kopf verbirgt, auf den Fredi ganz sicher nicht verzichten möchte, würzt diese Verbindung zusätzlich.

Auf diese Art und Weise und gepaart mit historischen Hintergründen zeichnet die Autorin ein wunderbar authentisches Bild der Menschen und deren Leben in Hamburg bevor der 2. Weltkrieg ausbricht und danach im Krieg. Dass sie selbst Hamburgerin ist, die ihre Stadt liebt, dürfte kaum zu übersehen sein. Auch zeigt sie eindrucksvoll auf, wie schleichend der Prozess war, als Hitler die Macht in Deutschland übernahm. Insbesondere der Unglaube der Menschen und das Vertrauen darauf, dass die Politik alles richten würde, ließen diesen Prozess überhaupt erst zu. Damit wird der Roman, obwohl er über eine Zeit vor 100 Jahren berichtet, überaus aktuell.

Schreibstil:
Metzenthins Schreibstil ist bildgewaltig, temporeich und emotional. Die Autorin erlaubt sich keinerlei Längen; im Gegenteil, es geht zeitweise Schlag auf Schlag - eben so, wie zumindest ich mir diese Zeit vorstelle - und man kommt kaum zu Atem. Trotz der Länge des Buches wird der Leser es kaum einmal aus der Hand legen wollen.

Das historische Hamburg entsteht beim Lesen so selbstverständlich vor dem inneren Auge, dass der Leser sich in den Straßen von Rothenburgsort wiederfindet und aus einem der Schrebergärten die Bombennächte mit den Protagonisten beobachten wird. Die Geschichte, die die Autorin zu erzählen hat, entwickelt sich in einer furchtbaren Zeit und sie verschont den Leser nicht vor den Grausamkeiten. Der Leser sollte sich also darauf einstellen, dass hier nicht die heile Welt einer vergangenen Zeit präsentiert wird und sie verschont auch die sympatischen Figuren nicht!

Historische Hintergründe:
Wie stets ist der Roman sauber recherchiert. Dadurch erhält er seine Lebendigkeit und Authentizität. Insbesondere die Zeit während des 3. Reiches ist überaus bedrückend, da die Autorin die wahren historischen Fakten mit den Schicksalen ihrer Protagonisten verknüpft. Dabei ist sie sehr eindringlich in ihrem Schreiben. Man kann sich der Stimmung nicht entziehen, man fühlt einfach. Im ersten Teil des Buches gewinnt der Leser den einen oder andren Charakter lieb und muss ihn dann durch den wirklich schweren zweiten Teil des Buches begleiten. So bangt der Leser mit seinem Liebling mit. Und wie bereits in den vorangegangenen Teilen der Reihe ist Melanie Metzenthin nicht zimperlich, ihren Figuren zu Gunsten der Authentizität der Geschichte auch böse Schicksale zu geben. Denn niemand blieb in dieser Zeit verschont!

In einem sehr interessanten Nachwort erzählt sie dann auch, was wahr ist und was Fiktion. Man sollte es unbedingt lesen, denn genau hier wird spätestens klar, wie grausam diese Zeit wirklich war.

Fazit:
Mit diesem Buch gelingt der Autorin der würdige Abschluss einer überaus lesenswerten Familiensaga, das sich durchaus auch ein zweites Mal zu lesen lohnt. Einmal angefangen, lässt einen die Geschichte nicht wieder los. 5 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 22.08.2021

Auftakt im Frankfurt des 19. Jahrhunderts

Die Teehändlerin
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Als erstes, als ich das Buch in der Hand hielt, fiel mir sehr positiv auf, dass es hier viel Ausstattung fürs Geld gibt. Über 500 Seiten Roman, geklappter Einband innen bedruckt mit einer Karte des historischen ...

Als erstes, als ich das Buch in der Hand hielt, fiel mir sehr positiv auf, dass es hier viel Ausstattung fürs Geld gibt. Über 500 Seiten Roman, geklappter Einband innen bedruckt mit einer Karte des historischen Frankfurt vorn und einem möglicherweise originalen Foto von Friederike Ronnefeldt hinten. Der Titel des Buches ist etwas erhaben und glänzend. Solche Bücher kosten normalerweise 15,00 Euro, dieses gibt es für 10,99. Einzig das Cover, welches sich in die Riege der momentan beliebten Cover für historische Romane einreiht und sich somit nicht abhebt, schmälert diesen ersten positiven Eindruck.

Der Auftakt der Geschichte, die auf wahren Begebenheiten beruht, ist gut gelungen. Mir gefiel die Leseprobe, während der die Autorin bereits die wichtigsten Figuren einführt und auch einen ersten Eindruck ihrer Charaktere hinterlässt. Am neugierigsten war ich auf Julius Mertens, denn ihn umfing bereits von Anfang an ein Hauch des Verruchten.

Friederike Ronnefeldt habe ich als eine kluge Frau wahrgenommen. Ich glaube, sie hätte es in der heutigen Zeit mit ihrem kaufmännischem Geschick und ihrer Eloquenz weit bringen können. Im Frankfurt des 19. Jahrhunderts allerdings ist das nicht ganz so einfach. Da ihr Mann Tobias schon bald zu einer langen Reise aufbrechen wird und sich die Dinge in seinem Geschäft ganz anders entwickeln, als von ihm geplant, bleibt Friederike nichts anderes übrig, als die Geschicke selbst in die Hand zu nehmen. Sie behauptet sich darin auch gut, allerdings fand ich es zuweilen einfach zu leicht. Es hatte den Anschein, dass es keine Hürden, keine Probleme, keine Konflikte gäbe. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass Frauen als Geschäftspartner in dieser Zeit gar nicht in Betracht gezogen wurden, gehen ihr die Verhandlungen - ausschließlich mit Männern - überaus leicht von der Hand. Mir fehlte bei dieser Figur das Rebellische und das Durchsetzungsvermögen, welches aus meiner Sicht dringend erforderlich gewesen wäre. Im Nachwort schreibt Popp, dass sie über die Jugendzeit der Protagonistin nur wenig in Erfahrung bringen konnte und so wäre es ja durchaus möglich gewesen, Friederike Ronnefeldt etwas mehr Biss zu verleihen. Viel mehr hinterlässt Friederike bei mir den Eindruck, als sei sie nur allzu brav.

Julius Mertens ist ein Schlitzohr, ein Betrüger und hat meinen ersten Eindruck dahingehend bestätigt. Er wickelt Tobias Ronnefeldt mittels einer Lüge um den Finger und wird sein Prokurist - sehr zum Leidwesen von Friederike, die ihn nämlich nicht leiden kann. Schon recht bald hat Friederike Mertens im Verdacht unlautere Geschäfte im Kontor ihres Mannes abzuwickeln und kommt ihm recht schnell - und leider auch wieder ohne Probleme - auf die Schliche. Hier hätte ich mir gewünscht, dass es zwischen den beiden Kontrahenten ordentlich knallt, sich die Situation über eine Weile zuspitzt, aber bis auf ein Aufeinandertreffen, dass für Friederike einmal mehr sehr glimpflich und ohne wirkliche Schwierigkeiten abläuft, passiert nicht viel in diese Richtung. Überhaupt ist mir Friederike in dieser Situation viel zu ruhig. Zwar wird dem Leser vermittelt, dass sie ob des Betruges wütend ist und Mertens aus dem Laden haben will, aber diese Wut transportiert die Figur selbst nicht. Julius Mertens selbst lernt der Leser nicht wirklich kennen, da seine Auftritte relativ rar sind. Dennoch mochte ich ihn als Bösewicht.

Tobias Ronnefeldt lernt der Leser zunächst eher als Randfigur kennen, da er zunächst mit Reisevorbereitungen beschäftigt ist und dann für ein Jahr verreist. Zwar gewährt die Autorin dem Leser kleine Einblicke in die Geschichte des Tees in China, aber für meine Begriffe passiert dies eher oberflächlich und am Rande. Auch das Friederike mit der Reise eigentlich überhaupt nicht einverstanden ist, kommt nur sehr blass zum Ausdruck. Mit ihrer lieben, netten Art geht sie jeder Diskussion darüber aus dem Weg. Dabei dürfte allein die Vorstellung mit 4 Kindern allein zurückzubleiben und einen Prokuristen im Laden zu haben, dem sie nicht vertraut, jede Menge Konfliktpotential liefern.
Zurück von seiner Reise stellt Tobias fest, dass sich Friederike verändert hat. Mich hat es ziemlich gestört, dass er, anstatt die Leistungen seiner Frau anzuerkennen und ihr Potential zum Fortkommen zu nutzen, eigentlich nur damit beschäftigt war, ihr Vorhaltungen darüber zu machen, was die anderen denken könnten und eifersüchtig zu sein. Insbesondere die ständige Eifersucht war irgendwann nervig. Insofern mochte ich die Figur des Tobias immer weniger. Er hat sich so ein bisschen in die Opferrolle geflüchtet. Am Ende des Romans hatte ich den Eindruck, dass Friederike der deutlich stärkere Charakter ist.

Susanne Popp schafft es ein Gefühl für die Zeit in Frankfurt entstehen zu lassen. Man kann sich im Laufe der Romans gut vorstellen, wie die etwas betuchteren Bürger Frankfurts gelebt haben. Manchmal erzählt die Autorin von diesem Lebensgefühl zwar etwas zu detailreich, aber das ist nicht allzu störend. Insgesamt ist mir der Roman aber zu konfliktarm. Der Weg scheint vorgezeichnet und ohne Schwierigkeiten gegangen zu werden. Da die ganze Situation jedoch im Grunde nach vielen, vielen Konflikten ruft, wirkt die Geschichte für meine Begriffe nicht authentisch genug und hat zu wenig Tempo. Auch ist es schade, wenn Spannungsbögen aufgebaut werden, dann aber abrupt abbrechen, weil ein Zeitsprung die Auflösung des Spannungsbogens unmöglich macht oder die Figur entscheidet Dinge eben doch nicht auszusprechen.

Der Schreibstil der Autorin lässt sich weitgehend gut lesen, hin und wieder empfand ich allerdings stark verschachtelte Sätze als anstrengend, die ich dann noch ein weiteres Mal gelesen habe. Das unterbricht den Lesefluss. Ebenfalls als störend habe ich diverse Rechtschreibfehler empfunden.

Ich bedanke mich an dieser Stelle beim Verlag für das Rezensionsexemplar.

Fazit:
Die Geschichten des Tees und der Stadt Frankfurt im 19. Jahrhundert sind ganz gewiss zwei spannende Geschichten. Die Details mit denen die Autorin “ihr” Frankfurt beschreibt sind vielfältig und sie lässt diese Zeit auferstehen. Mir hat es insgesamt jedoch an Konflikten und Schwierigkeiten gefehlt. Wer gemächliche Geschichten mag, die viel vom Leben zu einer früheren Zeit berichten, der ist hier genau richtig. Wer jedoch den Kampf einer Frau mit viel Einsatz an der Spitze eines Teehandels erwartet, wird bestimmt enttäuscht. Von mir gibt es deshalb 3 Sterne.

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Veröffentlicht am 20.07.2021

Interessante Geschichte mit einigen Schwächen

Ein Sommer mit Percy und Buffalo Bill
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Bei dem hier vorliegenden Buch handelt es sich um ein schwedisches Kinderbuch von Ulf Stark, einem sehr beliebten und hoch dekorierten Kinderbuchautoren, der bereits 1944 geboren wurde. Aus anderen Rezensionen ...

Bei dem hier vorliegenden Buch handelt es sich um ein schwedisches Kinderbuch von Ulf Stark, einem sehr beliebten und hoch dekorierten Kinderbuchautoren, der bereits 1944 geboren wurde. Aus anderen Rezensionen ist abzuleiten, dass das Buch ursprünglich für die Altersklasse ab 6 Jahren empfohlen war. Heute liegt diese Empfehlung bei 9 Jahren. Ich würde sie beinahe noch höher ansetzen, da einige Szenen in diesem Buch aus meiner Sicht nicht für jüngere Kinder zu empfehlen sind.

Ulf und Percy werden Blutsbrüder und pflegen im weiteren Verlauf des Buches eine wirklich erstaunlich innige Freundschaft, obwohl diese nicht immer geradlinig verläuft. Beide Charaktere sind überaus unterschiedlicher Natur. Während Ulf eher der zurückhaltende Typ ist, ist Percy jemand, der vor Selbstvertrauen strotzt und sich durch niemanden einschüchtern lässt - auch nicht durch Ulfs Großvater. Der nämlich ist als knurriger alter Herr bekannt, der Kinder so gar nicht leiden kann und irgendwie auch mit dem Rest seines Lebens alles andere als zufrieden ist. Doch Percy schafft es bereits am Beginn der Geschichte, dem Großvater ein Lächeln zu entlocken. Im Verlauf der Geschichte lernt der Leser alle 3 Figuren gut kennen. So erfährt der Leser nach und nach, warum der Großvater so knurrig ist, weshalb sich eine solche Unzufriedenheit manifestiert hat. Auch hier sorgt Percy unter anderem dafür, dass sich die Lage etwas entspannt.
Ich mochte sie alle drei auf ihre Art und Weise - insbesondere aber Percy, der es mit seiner fröhlichen und offenen Art immer wieder schafft, dass auch andere in seinem Umfeld fröhlicher zu sein scheinen.

So hat es Klas auch nicht unbedingt leicht mit seinem Vater, denn jedes Jahr in den Sommerferien muss er einmal etwas nützliches tun, bevor er Freizeit machen kann. Über die Nützlichkeit dessen, was er tun soll, kann man jedoch geteilter Meinung sein. Dieses Jahr soll er über 30 unterschiedliche Käfer sammeln, diese auf Nadeln aufpieken und beschriften. Das halte ich für die Zielgruppe nicht unbedingt geeignet, ebenso wenig wie die Hilfe, die Percy ihm dann zuteil werden lässt. Und wirklich zurück gezuckt bin ich, als die 3 Jungs begannen mit den übrig gebliebenen Käfern Krieg zu spielen.

Ganz wie im wahren Leben, hat natürlich auch Percy so seine Sorgen und Schwächen. Diese allerdings kann der Leser eigentlich nur erahnen, da sie nie wirklich zum Thema werden. Dafür hat Percy jede Menge Talente, die man einem 10jährigen vielleicht gar nicht so zutrauen würde. Er ist eindeutig der Sympathieträger der Geschichte. Er schafft es nicht nur aus dem grummeligen, fluchenden Großvater einen lieben Opa zu machen, sondern dieser findet sogar zurück zu seinen Träumen.

Ebenso erstaunlich ist es, dass ein Beinahe-Unglück die Großeltern wieder zusammenführt. Es ist eine Kombination, die viel Herzenswärme ausstrahlt, die nicht nur Kinder erreicht. Ganz genau ist es zwar nicht auszumachen, womit Percy den Großvater genau berührt, aber es scheint unter anderem seine freundliche Frechheit zu sein, die niemals wirklich respektlos ist.

Erzählt wird die Geschichte in der Ich-Form aus Ulfs Sicht, was ich für Kinderbücher gut finde, da so die Distanz zum Leser verkürzt wird. Der junge Leser kann sich so besser mit den Figuren identifizieren, ist weniger Zuschauer.

Die behandelten Themen sind vielfältig. So geht es um Freundschaft, erste Liebe, Eifersucht, aber auch darum, warum Menschen so werden wie sie sind. Darüber hinaus gefallen mir die bildlichen Vergleiche, die der Autor benutzt. So ist das Kleid der Lehrerin gelb wie ein Kornfeld oder Zitat S. 43 “... Wo die Spinnen Spitzenvorhänge vor die Fenster gewoben hatten". Diese Bilder kann sich wohl jeder genau vorstellen.

Der Autor legt seinen Protagonisten viele wahre Worte in den Mund, sodass diese Mitteilungen beim jungen Leser sicherlich ankommen, ohne dass es oberlehrerhaft klingt. So sagt z.B. Ulf zu Klas Zitat S. S. 21 "Eltern sind halt verschieden, und wahrscheinlich auf verschiedene Art gut oder schlecht" oder Percy weist Ulf darauf hin, dass er keineswegs abreisen wird, nur weil er gerade sauer auf ihn ist - so funktioniert Freundschaft nicht. Diese Freundschaft funktioniert übrigens in beide Richtungen - ganz wie es sein soll - und beinhaltet eine wirklich gute Botschaft für die Leserschaft, wie ich finde.

Die zentrale Frage, die Percy immer wieder stellt, lautet “Was hast Du gemacht, als Du noch klein warst?”. Und was immer Ulf ihm antwortet, will Percy dann auch ausprobieren. Aus dieser Frage habe ich geschlussfolgert, dass Percy vielleicht Defizite haben könnte, dass er nicht die Kindheit hatte, die er gern gehabt hätte und dies jetzt nachholt.

Die Gleichheit der Namen zwischen Autor und Protagonist - Ulf Stark - lässt den Schluss zu, dass das Buch autobiographische Züge hat und so nehme ich an, dass der Autor vielleicht aus seiner eigenen Kindheit erzählt. In diesem Zusammenhang habe ich mich allerdings auch gefragt, ob es zu jener Zeit üblich war, dass 10jährige Kinder bereits rauchen. Für die heutige Zeit halte ich dies in einem Kinderbuch für überaus fragwürdig, insbesondere weil es nicht nur einmal passiert, weil die Jungs etwas Verbotenes ausprobieren wollten, sondern es mehrfach vorkam und sich beinahe normal anfühlte. Auch die teilweise recht abfälligen Worte gefielen mir nicht.

Die kleinen Illustrationen mitten im Text gefallen mir sehr. Sie sehen sehr liebevoll und kindlich aus und passen zur Zielgruppe. Immer wiederkehrend hierbei sind unterschiedliche Käfer, die zu Klas’ Aufgabe passen. Aber auch andere Situationen werden schön eingefangen. Da macht es Freude einmal mehr hinzuschauen.

Alles in allem mag ich das Buch. Die Geschichte passt in den Sommer und die sympathischen Charaktere nehmen einen mit in ihre Welt, welche durch kleine Illustrationen visualisiert wird. Aber die teilweise recht ungehobelte Aussprache, das Rauchen und Käfermetzeln sind für mich eher abschreckend. Eventuell sollte man hier aber doch mal ein Kind in dem Alter befragen. Es könnte ja sein, dass die Sicht eines Erwachsenen schon zu eingeschränkt ist. Lesenswert ist die Geschichte ganz sicher, jedoch muss sich jeder Leser selbst sein Urteil zu den nicht gänzlich kindgerechten Themen machen.