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Veröffentlicht am 08.05.2019

Ein toller Krimi

Der stille Koog
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„Der stille Koog“ heißt dieser Kriminalroman und der Titel ist bedeutsam. Nicht nur weil es in diesem abgeschiedenen Dorf nahe Büsum sehr still und ruhig zugeht, sondern weil es Stille ist, mit der Marlene ...

„Der stille Koog“ heißt dieser Kriminalroman und der Titel ist bedeutsam. Nicht nur weil es in diesem abgeschiedenen Dorf nahe Büsum sehr still und ruhig zugeht, sondern weil es Stille ist, mit der Marlene Louven nun leben muss. Nach einer schweren, lebensbedrohlichen Erkrankung hat sie ihr Gehör vollständig verloren. Zwar hat sie Implantate bekommen, aber die Welt ist anders geworden. Vertraute Stimmen klingen elektronisch verzerrt, wenn mehrere Menschen sprechen, verliert sie den Anschluss, Musik erkennt sie kaum wieder, aber sie weiß, dass sie ihr Schneckenhaus verlassen muss und daran arbeiten muss. Erste Schritte will sie eben in jenem Dorf mache, wo ihre Schwester Johanne mit Familie lebt.

Doch dann wird der angesehene Bauer Brodersen in seinem Haus ermordet. Er hat mit Windkraftanlagen ein Vermögen gemacht, auch als Bürgermeister des kleinen Ortes fungiert und auch polarisiert. Marlene und Johanne sind zufällig am Ort, als eine Nachbarin den Toten findet. Wie automatisch schaltet sie in den Berufsmodus, obwohl sie krankgeschrieben und auch nicht im heimischen Revier ist.

Dass sie den ermittelnden Beamten kennt und sie sich gegenseitig schätzen, erleichtert es Marlene eigene Nachforschungen und Ermittlungen zu betreiben. Das ist ihr sehr wichtig, denn es scheint, dass ihr Schwager Bahne etwas verheimlicht, denn er wohl einer der Letzten, die Brodersen lebend gesehen haben.

Dieser Kriminalroman war etwas ganz Besonderes für mich. Nicht nur die Atmosphäre des Küstenorts und der Menschen, die dort leben, hat mir gefallen, auch die Hauptprotagonistin Marlene ist ein Charakter ganz nach meinen Geschmack. Sie steht im Leben, trotzt den Schwierigkeiten, die auf sie einstürmen und lässt trotzdem auch Schwäche und Zweifel zu. Ihre Ermittlungen bringen einiges zu Tage, was auf den ersten Blick am harmonische Dorfleben zweifeln lässt und die vielen verschiedenen Ansätze haben mich zum miträtseln verleitet. Aber das Geheimnis um den Mord lässt sich nicht so leicht entschlüsseln. Die Autorin hat einige raffinierte Wendungen eingebaut und dadurch durchgängige Spannung erzeugt.

Was mir aber ganz besonders gut gefallen hat, ist wie die Einschränkung von Marlene Eingang in die Geschichte integriert wurde. Sie ist ein wesentlicher Teil der Handlung, denn sie beherrscht die Handlungen und Überlegungen der Kommissarin. Sie muss nun auf Details in Gestik und Mimik achten, wo sie früher allein auf ihr Gehör vertraute. Sie wurde durch die Umstände gezwungen ihre selbst gewählte Isolation schneller und radikaler zu verlassen, als sie vorhatte und dass sie dazu bereit ist, gibt ihr Kraft. Diesen Prozess zu beobachten, darüber zu lesen und auch mich in diese Situation einzufühlen, hat mich an diesem Krimi – neben dem sehr spannenden Plot – besonders überzeugt

Veröffentlicht am 07.05.2019

Vertrauen und Freundschaft

Alte Sorten
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Sally rebelliert gegen eine Umgebung, die sie krank macht. Sie lehnt sich ihrer Eltern auf, die nur das Beste für sie wollen, aber eher das Beste für sich meinen, gegen Psychologen, die ihr sagen, wie ...

Sally rebelliert gegen eine Umgebung, die sie krank macht. Sie lehnt sich ihrer Eltern auf, die nur das Beste für sie wollen, aber eher das Beste für sich meinen, gegen Psychologen, die ihr sagen, wie sie ihr Leben in Griff bekommt, ihre Essstörung und ihre Selbstverletzungen. Deshalb haut sie aus der Klinik ab. Zufällig begegnet sie Liss, eine Frau in mittleren Jahren, die allein auf einem Bauernhof lebt.

Liss nimmt Sally auf, ohne viel zu fragen. Zum ersten Mal begegnet das junge Mädchen einem Menschen, der sie annimmt, wie sie ist ohne ihr zu sagen, wie sie sein sollte. Ganz allmählich und ohne große Worte knüpfen die zwei Frauen ein Band, öffnen sich allmählich und fassen Vertrauen zueinander.

Wenn auch auf den ersten Blick die Beiden grundverschieden scheinen, haben sie doch viele Gemeinsamkeiten. Liss erkennt sich in der rebellischen Sally wieder und erinnert sich schmerzhaft an ihre Kindheit und Jugend voller Enttäuschungen und Zwang.

In einer zarten, einfühlsamen Sprache entwickelt der Autor die Geschichte der beiden Frauen. Wie sie sich in der alltäglichen und harten Arbeit auf dem Hof sich langsam näher kommen, wie Sally plötzlich Verantwortung für sich übernehmen kann und über den Geschmack von reifen Birnen oder einfachen Kartoffeln auch wieder essen lernt, hat mich tief beeindruckt. Farbig und bildhaft beschreibt der Autor die Landschaft oder die Erntearbeit, ich hatte das Aroma der Früchte auf der Zunge und fühlte Wind und Sonne. Es ist eine Leichtigkeit in der Geschichte, trotz des ernsten Hintergrunds von Verlust und Schuld. Eine harte Schale umgibt die Seelen von Liss und Sally, aber sie bricht langsam auf und es ist die schriftstellerische Kunst des Autors den Leser daran teilhaben zu lassen.

Das Buch von Ewald Arenz besticht nicht nur durch die wunderschöne Sprache, sondern auch durch die äußere Gestaltung. Ein zartes Titelbild und ein schöner Einband mit Lesebändchen haben mich sofort eingenommen.

Der Roman gehört zu den Büchern, die mich lange beschäftigen und begleiten werden und den ich nur wärmstens empfehlen kann.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Geschichte
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 06.05.2019

Auf dem Ahrsteig

Johannisglut
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Jana Vogt arbeitet als Tatortfotografin bei der Polizei. Im Augenblick kümmert sie sich um abgelegte Altfälle und recherchiert ob mit der heutigen Technik noch einmal eine Neuaufnahme lohnt. Für das Wochenende ...

Jana Vogt arbeitet als Tatortfotografin bei der Polizei. Im Augenblick kümmert sie sich um abgelegte Altfälle und recherchiert ob mit der heutigen Technik noch einmal eine Neuaufnahme lohnt. Für das Wochenende hat ihre Freundin Meike sie zu einer Wanderung am Ahrsteig eingeladen. Eine Gruppe ehemaliger Kommilitonen hat sich nach dreißig Jahren wieder getroffen und möchte die damalige Wanderung wiederholen und dazu nicht nur Meike als Wanderführerin engagiert, sondern auch noch eine Fotografin zur Dokumentation der Tour.


Jana ist neugierig, sowohl das Ziel der Wanderung, wie auch den Namen des Organisators Rainer Grossmann war in einem ihrer Altfälle erwähnt. Damals verschwand eine junge Frau spurlos. Ermittlungen waren wohl nur recht halbherzig geführt worden, denn Zeugen erklärten, dass die Vermisste Pläne hatte, nach Frankreich oder Spanien zu ziehen.


Schon sehr bald fällt Jana eine seltsame Stimmung unter den Wanderern auf und kurz danach ist eine Teilnehmerin tot. Jetzt kommt Janas Freund Hauptkommissar Clemens Wieland ins Spiel.
Anfangs war ich ein wenig verwundert, dass eine Polizeibeamtin nebenberuflich Fotografenjobs annimmt, aber das ist natürlich eine ideale Ausgangslage für diesen spannenden Krimi. Sie war und ist hautnah dabei und kann ihre Beobachtungen einbringen. Die unterschiedlichen Teilnehmer der Wanderung scheinen alle etwas zu verbergen und es ist sehr spannend, wie ich als Leserin mit Jana gleich in die Rolle der Ermittlerin schlüpfen konnte. Obwohl ich meine Schlussfolgerungen immer wieder berichtigen musste. Das machte das Lesen für mich besonders reizvoll. Viele, ganz unterschiedliche Charaktere, die gut beschrieben sind, lernt man gemeinsam mit Jana zu Beginn der Wanderung kennen, mal mehr oder weniger intensiv.


Polizeiarbeit kann sehr kleinteilig sein, aber im Zusammenspiel von Jana und Clemens entwickelte diese Routine sehr reizvolle Aspekte und war absolut logisch und folgerichtig. Die Schilderungen haben mir gut gefallen und nicht nur, weil sie durch Janas Terrier Usti aufgelockert werden.


Die Ahr und der Wandersteig ist eine wunderschöne Landschaft und sie kam hier auch ausgezeichnet zur Geltung. Die Beschreibung des Wegs und der Ortschaften habe ich sehr genossen. Da kam sofort richtiges Eifel-Feeling auf.


Dass es schon der dritte Band mit Jana als Ermittlerin ist, habe ich nur durch kurze Erwähnungen auf frühere Begebenheiten erkannt. Als neue Leserin der Reihe ist mir der Einstieg überhaupt nicht schwergefallen.

Veröffentlicht am 05.05.2019

Mörderischer Herbst

Mörderisches Lavandou (Ein-Leon-Ritter-Krimi 5)
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Remy Eyssens 5. Kriminalroman führt ins herbstliche Le Lavandou. Die Touristenströme sind versiegt, nur noch Einheimische sind in den Cafés und Bistros zu finden. Auch Dr. Leon Ritter, der deutsche Rechtsmediziner ...

Remy Eyssens 5. Kriminalroman führt ins herbstliche Le Lavandou. Die Touristenströme sind versiegt, nur noch Einheimische sind in den Cafés und Bistros zu finden. Auch Dr. Leon Ritter, der deutsche Rechtsmediziner der seit einiger Zeit in Frankreich lebt und arbeitet, lässt es ruhiger angehen.
Da wird ein blutig abgetrennter Frauenfuß ausgestellt auf der Promenade gefunden. Bald ist klar, er gehört einer seit kurzem vermissten jungen Frau. Sofort gerät ihr Freund, Stuntman bei einer reisenden Autoshow in Verdacht. Als später der Leichnam gefunden wird, ist offensichtlich, dass die junge Frau einem Folterer und abartigem Mörder zum Opfer fiel.
Für Ritter stellt sich der Fall allerdings vielschichtiger dar, da ist er ganz mit seiner Freundin Isabelle Morell, Capitaine bei der örtlichen Polizei, einer Meinung. Unterstützung erhält er auch von Dr. Claire Leblanc, die als Psychologin zufällig in Le Lavandou ist, weil sie Kommunikationsabläufe im Mitarbeiterstab optimieren soll.
Ich habe schon zwei-drei der Provence Krimis von Eyssen gelesen und war in diesem Fall von der Brutalität der Morde überrascht. Das bringt ein ganz neues Spannungselement in die Serie. Ritte muss dieses Mal an allen Fronten kämpfen, gegen den ignoranten Leiter der Polizeidienststelle, der immer gern cholerisch auf schnelle und einfache Lösungen setzt und auch ein wenig gegen die Eifersucht von Isabelle, die in der attraktiven Psychologin nicht ganz zu Unrecht eine Konkurrentin sieht. Je weiter Ritter ermittelt, desto näher kommt er dem wahren Täter und sieht sich plötzlich selbst unter Verdacht.
Mir hat auch dieser Krimi wieder sehr gut gefallen. Die Story ist wendungsreich aufgebaut und die Spannung steigert sich bis zum Schluss. Natürlich darf die wunderschöne Landschaft der Provence eine große Rolle spielen. Das erwarte ich fast schon von den Krimis von Remy Eyssen. Aufgelockert wird die Handlung immer wieder durch den cholerischen Polizeichef Zerna, die Diskussionen mit ihm haben immer ein großes Humorpotential.
Allerdings hat mich dieser Band nicht ganz so überzeugt wie seine Vorgänger. Vielleicht liegt es daran, dass ich die Brutalität dieser Morde nicht so richtig mit dem Provence Feeling von Boule unter Platanen und Pastis im Bistro in Einklang bringen kann. Wobei das allerdings Jammern auf sehr hohem Niveau ist.

Veröffentlicht am 01.05.2019

Holmes ermittelt

Mopsball (Ein-Holmes-und-Waterson-Krimi 7)
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Krimis mit ermittelnden Tieren sind eigentlich nicht so mein Ding. Aber es gibt eine Ausnahme: Die Mops-Krimis von Martina Richter. Es liegt sicher an Holmes, dem klugen und liebenswerten Mops der sich ...

Krimis mit ermittelnden Tieren sind eigentlich nicht so mein Ding. Aber es gibt eine Ausnahme: Die Mops-Krimis von Martina Richter. Es liegt sicher an Holmes, dem klugen und liebenswerten Mops der sich mit seiner Spürnase schon einige Sporen verdient hat.
Es herrscht ein ziemlicher Trubel in Knieslingen, es gibt bald eine große Doppelhochzeit. Mops Holmes menschlicher Ermittlungskollege, der Kommissar Waterson heiratet und auch Frauchens Marlenes Tochter gibt das Ja-Wort. Beim Toben am Fußballplatz – der geheiligte Rasen ist einfach zu verlockend – findet Holmes einen Toten am Tor. Selbstmord? Nein, Holmes ist sich bei der Spurenlage ziemlich sicher, dass da jemand die Hand im Spiel hatte. Aber wie soll er das den beschränkten Menschen mitteilen? Er versteht jedes Wort „Menschlich“, aber sie verstehen halt nur schwer, was er ihnen sagen möchte.
Gut, dass Waterson und sein Kollege inzwischen wissen, was sie Holmes haben und sein Zögern sehr genau interpretieren und so geht es trotz Hochzeitsvorbereitungen auf Mörderjagd.
Ich habe nun schon einige dieser Mops-Krimis gelesen und amüsiere und unterhalte mich aufs Beste damit. Ich liebe Holmes und seine ganze tierische Familie und sein Wissen um die Defizite von menschlichen Wesen, denen er mit großer Geduld und Nachsicht begegnet. Holmes macht seinem großen Kollegen alle Ehre. Seine Spürnase ist im wahrsten Sinn des Wortes hervorragend und auch alte Spuren kann er noch verfolgen, wenn Waterson schon lange kapitulieren muss. So gelingt ihm nicht nur die Lösung dieses Falls, er kommt noch einer ganz üblichen Geschichte auf die Schliche und dem nächsten Meisterschaftsspiel des Knieslinger Fußballvereins steht nichts mehr im Weg. Das ist von der ersten Seite an spannend und dabei auch mit viel Charme erzählt.
Ich bin sicher, dass nicht nur ausgewiesene Hunde- oder Mopsfreunde hier auf ihre Kosten kommen.