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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.12.2024

Anders als erwartet

Der Premierminister
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Zitat:

„In Wahrheit hatte ich mich jahrelang geweigert, jegliche Verantwortung für meine eigene Rolle in diesem Netz aus Lügen und Intrigen zu übernehmen.“

Darum geht’s:

Nach einem Bombenanschlag befindet ...

Zitat:

„In Wahrheit hatte ich mich jahrelang geweigert, jegliche Verantwortung für meine eigene Rolle in diesem Netz aus Lügen und Intrigen zu übernehmen.“

Darum geht’s:

Nach einem Bombenanschlag befindet sich Premierminister Marcus Valentine mit seiner Frau und fünf seiner engsten Mitarbeiter im Bunkersystem unter der Downing Street No. 10. Dann passiert es: ein Stromausfall. Als das Licht wieder angeht, ist Valentine tot. Und jeder seiner Untergebenen hätte ein verdammt gutes Mordmotiv gehabt.

So hat es mir gefallen:

Eins vorweg: Meine Erwartungen an das Buch waren völlig anders, als es sich letztlich herausstellte. Ich hatte auf politische Ränkespielchen gehofft und eher einen klassischen Polit-Thriller erwartet. Doch dem war nicht so. Das hat mich zunächst enttäuscht, dennoch habe ich mich richtig gut unterhalten gefühlt. Craig Oliver überrascht mit einem unerwarteten Genre-Mix, der eher in Richtung klassischer „Whodunit-Krimis“ à la Agatha Christie geht. Ich musste mich zwar aufgrund meiner Erwartungen umstellen, doch die Umsetzung war mehr als gelungen.

Die größte Stärke des Buches liegt in der geschickten Figurenzeichnung. Der Autor versteht es, die Gedankenwelt und die Motive der Figuren so zu präsentieren, dass ich mich regelmäßig dabei ertappte, Verdächtigungen anzustellen und sie auch wieder zu verwerfen. Jede Figur hat dabei ihren eigenen kleinen Abgrund, und die Enthüllung dieser Abgründe sorgt für durchgehende Spannung. Die Handlung baut sich mehr durch Dialoge und innere Monologe als durch Action auf – und das tut dem Buch sogar gut.

Wie erwähnt, ist die Charakterzeichnung gelungen, aber richtige Tiefe sollte man nicht erwarten. Ich hätte mir bei der ein oder anderen Figur gewünscht, sie genauer kennenzulernen. Außerdem sollte man sich darauf einstellen, dass man hier keinen rasanten Thriller vor sich hat, sondern ein eher gemächliches Buch.

Insgesamt ist „Der Premierminister“ ein spannender und stimmiger Roman, der gekonnt Elemente eines klassischen Krimis mit einem modernen politischen Setting verbindet. Auch wenn ich mir gewünscht hätte, mehr von dem politischen Anteil zu sehen. Wer sich darauf einlässt, keinen typischen Polit-Thriller zu lesen, sondern eher einen Krimi à la Agatha Christie, wird bestens unterhalten.

8/10

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  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.11.2024

Grandios

#MaspalomasPride
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Zitat:

„Von außen will unsere Community immer akzeptiert werden, Akzeptanz von innen gibt es kaum.“

So hat es mir gefallen:

Es ist schon lange her, dass ich beim Lesen so herzhaft gelacht habe wie bei ...

Zitat:

„Von außen will unsere Community immer akzeptiert werden, Akzeptanz von innen gibt es kaum.“

So hat es mir gefallen:

Es ist schon lange her, dass ich beim Lesen so herzhaft gelacht habe wie bei diesem Buch.

MaspalomasPride ist ein urkomischer und farbenfroher Einblick in unsere queere Welt, der mich nicht nur zum Lachen gebracht hat, sondern auch zum Nachdenken.

Das Buch ist eine wilde Mischung aus schrillen und abgedrehten Erlebnissen, pointiertem Humor und sogar nachdenklicheren Momenten, die zwischen den Zeilen mitschwingen. Die Geschichte rund um vier Freunde, die zum Maspalomas Pride aufbrechen, sprüht geradezu vor Lebensfreude und Energie. Von absurden Missgeschicken bis hin zu herzerwärmenden Momenten der Freundschaft ist alles dabei.

Was dem Autor hierbei besonders gut gelingt, ist, Klischees und Stereotypen gekonnt und immer mit einem Augenzwinkern einzusetzen, um sie gleichzeitig zu bestätigen oder zu hinterfragen. Die Figuren sind zwar skurril, aber authentisch und liebenswert. Jede:r von ihnen bringt ganz eigene Stärken, Schwächen und Eigenheiten mit, die sie zu einem unverwechselbaren Teil des chaotischen Abenteuers machen.

Hinter all dem Glitzer und dem Drama verbirgt sich aber eine tiefere Botschaft, nämlich die der Akzeptanz, Zugehörigkeit und die Bedeutung von echter Freundschaft. Von Genster schafft es, die ernsten Themen in einem witzigen Kontext anzusprechen, ohne die Wichtigkeit dahinter aus den Augen zu verlieren. Diese Balance hat mich sehr beeindruckt und zeigt, dass der Autor sein Handwerk versteht.

Der Schreibstil ist frisch, spritzig und voller Witz. Der Autor setzt die Pointen perfekt, gleichzeitig transportiert er eine spürbare Leidenschaft für unsere queere Community, die dem Roman einen authentischen Touch verleiht.

MaspalomasPride ist ein Muss für alle, die sich beim Lesen mal wieder köstlich amüsieren wollen, ohne aber auf Tiefe zu verzichten. Egal ob queer oder nicht: Dieses Buch bringt alle zum Lachen. Wer sich auf die Reise voller Glitzer, Drama und skurriler Momente traut, sollte unbedingt zugreifen. Ich persönlich freue mich schon auf das nächste Werk von Maximillian von Genster.

10/10 Leseempfehlung

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.11.2024

Wie gute Musik

Im wechselnden Licht der Jahre
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Zitat:

„Scheiße, ich werde bald sterben. Ich habe nicht mehr lange, nur noch ein paar Jahre. Und es sind nicht die besten Jahre, die vor mir liegen, sondern eher die nicht mehr ganz so guten.“

Darum ...

Zitat:

„Scheiße, ich werde bald sterben. Ich habe nicht mehr lange, nur noch ein paar Jahre. Und es sind nicht die besten Jahre, die vor mir liegen, sondern eher die nicht mehr ganz so guten.“

Darum geht’s:

Alexander ist mit seinem Leben recht zufrieden. Doch der anstehende sechzigste Geburtstag bereitet ihm Sorgen. Als ein Songwriter in die Nachbarschaft einzieht, den Alexander bewundert, und dieser ihn sogar auffordert, gemeinsam einen Song zu schreiben, hat Alexander das Gefühl, noch einmal richtig durchzustarten. Doch dann geschieht ein tragischer Unfall, der alles infrage stellt …

So hat es mir gefallen:

Der Klappentext des Buches sagt: „Ein Roman wie ein guter Song über Liebe, Leid und Glück.“ Das würde ich genauso unterschreiben. Denn das Buch fühlt sich wie mein Lieblingssong an: mal leise und nachdenklich, mal kraftvoll und bewegend. Die Geschichte berührt auf eine Weise, die authentisch und nachvollziehbar ist: eben direkt aus dem Leben gegriffen. Liehr gelingt es, Alexander mit einer solchen Tiefe zu zeichnen, dass man ihn nicht nur versteht, sondern mit ihm mitfühlt. In seinen Sorgen, Hoffnungen und auch Zweifeln werden sich vermutlich viele Leser:innen wiederfinden können. Der Songwriter und die Tragödie in Alex' Leben geben der Erzählung eine ungeahnte Tiefe und schaffen den Spagat zwischen Höhenflügen und Tiefpunkten.

Tom Liehrs Schreibstil ist angenehm und leichtfüßig. Trotz der emotionalen Schwere macht dies das Buch zu einem Pageturner. Der Autor weiß einfach, wie man mit Worten Bilder entstehen lässt und Stimmungen einfängt, und genau das hebt den Roman von vielen anderen ab. Einen kleinen Kritikpunkt habe ich aber doch: die Darstellung der Nebenfiguren. Seine Familie wirkt manchmal ein wenig zu glatt. Hier hätte ich mir gewünscht, dass mehr Figuren ihr Päckchen zu tragen haben. Im Roman wirkt alles ein wenig zu perfekt, fast schon harmonisch, was den ansonsten so realistischen Tonfall der Geschichte stellenweise etwas untergräbt. Insgesamt tut dies dem Hauptplot freilich keinen Abbruch, dennoch hätte ich mir bei den Nebenfiguren etwas mehr „Drama“ gewünscht.

Im Gesamten ist das Buch ein wundervoller Roman über Liebe, Verlust und die Frage, was wirklich wichtig ist im Leben. Tom Liehr liefert eine tolle Antwort auf diese Frage. Ein gutes Werk, das nachhallt und sich wie ein Ohrwurm im Herzen festsetzt.

9/10 - Leseempfehlung

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Veröffentlicht am 19.11.2024

Sehr gelungen

Der Tod trinkt Rot
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Zitat:

„Aus den Regenrinnen stürzte das angestaute Wasser in reißenden Bächen und verschwamm mit den Fluten, die sich vom Himmel ergossen, zu einem dichten Vorhang.“

Darum geht’s:

Die Story dreht sich ...

Zitat:

„Aus den Regenrinnen stürzte das angestaute Wasser in reißenden Bächen und verschwamm mit den Fluten, die sich vom Himmel ergossen, zu einem dichten Vorhang.“

Darum geht’s:

Die Story dreht sich um die Eheleute Erika und Roland Milser. Der vielschichtige Plot behandelt verdrängte Traumata, düstere Geheimnisse und einen Mord, der in unmittelbarer Nähe des Paares geschieht und eine Kette schockierender Enthüllungen in Gang setzt. Die beiden Protagonisten sehen sich bald mit emotionalen und psychischen Belastungen konfrontiert, die selbst erfahrene Ermittler in einen Strudel aus Lügen und Konflikten ziehen.

So hat es mir gefallen:

Der Einstieg in das Buch war etwas ungewöhnlich, und ich war mir unsicher, wohin die Reise gehen mag. Doch genau diese Unvorhersehbarkeit hat dem Buch einen gewissen Reiz verliehen. Denn die Autorin versteht es richtig gut, anfängliche Zweifel in Neugier umzumünzen und mit einem gekonnt inszenierten Spannungsaufbau zu überzeugen. Die Figuren sind vielschichtig und nahbar ausgearbeitet, was es mir leicht gemacht hat, mich in die inneren Konflikte hineinzuversetzen. Ganz besonders gut ist die Figur des Hauptkommissars Salvatore Wagner gelungen, dessen berufliche und private Herausforderungen ihn zu einer greifbaren und facettenreichen Figur machen. Die Spannungen innerhalb seiner Familie und die beruflichen Reibereien bieten eine tiefgehende Dynamik, die den Krimi um eine weitere Note bereichern.

Ebenfalls gelungen ist der pointierte und angenehm zu lesende Schreibstil der Autorin, der an den richtigen Stellen mit einem subtilen, sarkastischen Unterton punktet. Dross’ Sprache liest sich flüssig und verleiht den Dialogen sowie Beschreibungen eine gewisse Schärfe, die das typische Krimifeeling aufkommen lässt. Man fiebert mit und versucht, die Puzzleteile selbst zusammenzusetzen, während sich die Wahrheit Stück für Stück offenbart.

Anna Dross liefert ein Krimivergnügen, das nicht nur mit einer spannenden Geschichte punktet, sondern auch mit starken Figuren und einem gelungenen Schreibstil. Ein Krimi, den man nur schwer aus der Hand legen kann – eine klare Empfehlung für alle Krimiliebhaber.

9/10

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Veröffentlicht am 17.11.2024

Ein Thriller, der sich selbst im Weg steht

Genesis
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Zitat:

„Nein, Daten sind das neue Gold. Ihre und meine. Daten sind die harte Währung des Internets. Daten SIND das Internet.“

So hat es mir gefallen:

Wer mich kennt, weiß, dass mein Herz für Polit- ...

Zitat:

„Nein, Daten sind das neue Gold. Ihre und meine. Daten sind die harte Währung des Internets. Daten SIND das Internet.“

So hat es mir gefallen:

Wer mich kennt, weiß, dass mein Herz für Polit- und Tech-Thriller schlägt, und in Genesis steckt sogar beides. Die Ausgangslage des Buches ist hochaktuell und spannend. Schönberger greift Themen auf, die uns täglich umgeben: die Manipulation durch Tech-Giganten, Datenklau und Cybersicherheit. Mit diesem Plot dürfte doch alles für einen Knaller angerichtet sein, oder?

Der erste große Schwachpunkt offenbart sich bereits bei den Figuren. Schönberger füllt seine Geschichte mit einer schieren Anzahl an Figuren, die aber kaum Tiefe entwickeln. Zu viele Namen, zu viele Perspektiven. Obwohl erkennbar ist, dass einzelne Figuren näher beleuchtet werden, bleibt der Versuch meist oberflächlich. Bis zum Ende des Buches war mir das Schicksal der Figuren völlig egal. Thriller leben von der Entwicklung und Tiefe der Figuren – dieser Schwachpunkt ist ein fataler Fehler.

Ein weiterer Schwachpunkt ist das Pacing. Genesis ist in drei Teile aufgeteilt. Der erste Abschnitt ist dynamisch und spannend und macht Lust auf mehr. Doch schon der zweite Teil bremst das Tempo massiv aus. Hier widmet sich der Autor der Vertiefung seiner Figuren und der Hintergrundgeschichte, was für mich aber nur minimal gelang. Der Mittelteil fühlt sich oft langatmig und zäh an, und die Spannung, die der Einstieg aufgebaut hat, verpufft völlig. Mein Interesse ließ spürbar nach. Der dritte Teil bringt das große Finale. Hier zieht der Autor nochmal sämtliche Register, und die Handlung nimmt wieder an Fahrt auf. Doch der Spannungsabfall aus dem mittleren Teil wiegt schwer, und obwohl das Ende einiges rettet, bleibt ein fader Beigeschmack von dem, was hätte sein können. Als Thriller kann Genesis sein Versprechen nicht einlösen.

Genesis ist ein Buch, das viel will – vielleicht auch einfach zu viel. Schönberger scheitert daran, die vielen Handlungsstränge und Figuren zu einer kohärenten und fesselnden Geschichte zu verknüpfen. Der Plot hat enormes Potenzial, aber der Autor verliert sich in der Fülle seiner Ambitionen. Weniger Figuren und ein strafferer Plot hätten dem Thriller gutgetan. Und wer weiß, vielleicht wäre es der Kracher des Jahres geworden. Für die akribische Recherche und auch den gelungenen Schreibstil ziehe ich meinen Hut, doch das allein reicht natürlich nicht aus, um das Buch auf eine höhere Wertung zu heben. Genesis ist lesenswert für Fans des Genres, die sich vor allem rund um die Thematik Cybersicherheit und Datenmissbrauch interessieren, müssen aber an einigen Stellen mit Abstrichen rechnen. Ein solides Buch, das an seinen großen Visionen und Ambitionen stolpert.

6/10

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