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Veröffentlicht am 19.03.2018

Wahnhafte Suche nach der "Wahrheit"

Das Flüstern der Insel
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Alice ist mit ihrer Jugendliebe verheiratet, sie haben eine Tochter und Alice ist hochschwanger mit dem zweiten Kind. Sie führen eine glückliche Beziehung, die geprägt ist durch Vertrauen und dadurch, ...

Alice ist mit ihrer Jugendliebe verheiratet, sie haben eine Tochter und Alice ist hochschwanger mit dem zweiten Kind. Sie führen eine glückliche Beziehung, die geprägt ist durch Vertrauen und dadurch, dass sich die beiden sehr gut kennen. Als Alice eines Nachts einen Anruf bekommt, dass ihr Mann verunglückt ist, stellt dass alles in Frage. Denn zusätzlich zu seinem Tod muss sie sich damit auseinander setzen, dass er sich zur Zeit des Unfalls wo anders aufgehalten hat als er ihr gesagt hatte. Um die bohrenden Fragen loszuwerden und sich auch von ihrem Schmerz abzulenken, beginnt Alice mit Nachforschungen: Woher kam ihr Mann? Was wollte er da? Sie steigert sich in diese Suche nach „der Wahrheit“ hinein, bis es zu einem Wahn wird und die Mittel werden immer extremer. Bald scheint sich ihr ganzes Leben daran auszurichten. Sie verliert dabei zum Teil ihre Pflichten als Mutter aus den Augen und macht sich selber unfähig, soziale Bindungen zu anderen Menschen einzugehen.


Für diese Rezession habe ich lange überlegen müssen, was ich schreiben sollte. Beim Lesen fand ich das Buch sehr langatmig, die wirren Gedankengänge von Alice, die sehr ausführlich beschrieben werden, haben mich gestört und die Charakterbeschreibung von Olivia, der älteren Tochter, war zerrissen und unverständlich. Die Entwicklung von Alice fand ich zunächst noch recht spannend, wie sie sich immer weiter in den Wahn hineinsteigert, doch irgendwann wurde es mir zuviel, zu unglaubwürdig. Teilweise war es echt abstrus und weit von einer künstlerischen Überzeichnung entfernt. Das ging so weit, dass ich während des Lesens richtiggehend genervt war und das Ende herbeigesehnt habe.


Trotzdem hat es Daniel Sánchez Arévalo geschafft, eine Art Sog zu generieren, der es mit der Zeit immer schwerer macht, das Buch aus der Hand zu legen. Man hofft immer auf den großen Moment, die Überraschung. Außerdem hat mich der Roman nachhaltig zum Nachdenken gebracht. Ich werde dieses Buch wahrscheinlich nicht so schnell vergessen, auch wenn das Lesen selbst kein richtiges Vergnügen war.
Das Ende, so schlicht es auch war, fand ich richtig gut gelungen. Ich habe das Buch im Rahmen einer Leserunde gelesen und dort kam oft Kritik zum Schluss, aber ich finde, gerade weil es dann doch so banal war, rückt es die Besessenheit von Alice noch einmal ins Rampenlicht. Auch die emotionale Ausarbeitung fand ich gelungen.

Alles in allem ein Buch, dass mich sehr zwiespältig zurück gelassen hat und bei dem ich es unglaublich schwer finde, eine Sternewertung zu vergeben. Würde ich nur den Stil und das Leseerlebnis bewerten, gäbe es wohl 2 Sterne von mir, für das Thema und die nachdenklichen Töne gäbe es 4, daher habe ich mich auf 3 Sterne festgelegt, obwohl ich finde, dass es dem Roman nicht richtig gerecht wird. Es ist mit Sicherheit kein Buch für jedermann, aber wenn man einmal etwas jenseits der üblichen Themen lesen will und sich auf dieses Buch und den Stil des Autors einlassen kann, ist man mit „Das Flüstern der Insel“ gut beraten.

Veröffentlicht am 18.03.2018

Solider Krimi, der durch leise, eher unblutige Töne und vorallem einer sympathischen Ermittlerin besticht.

Schweigegelübde (Ein Emma-Vaughan-Krimi 2)
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Emma Vaughan ist Ermittlerin bei der Polizei in Sligo, einer irischen Kleinstadt. Sie hat als Frau und alleinerziehende Mutter einige Probleme, sich in ihrem beruflichen Umfeld zu behaupten. Weil bei ihrem ...

Emma Vaughan ist Ermittlerin bei der Polizei in Sligo, einer irischen Kleinstadt. Sie hat als Frau und alleinerziehende Mutter einige Probleme, sich in ihrem beruflichen Umfeld zu behaupten. Weil bei ihrem letzten Fall kein Verdächtiger verhaftet wurde, wurde sie zudem „zwangsversetzt“. Als es im Krankenhaus von Sligo zu einer Häufung von unerklärlichen Todesfällen kommt, ist das ihre Chance, sich zu beweisen. Auch ihr letzter Fall lässt sie nicht ganz los.
Die Aufklärung des Todesengel-Falls stellt sich als nicht sehr spektakulär heraus und leider war schon früh klar, wer nur als Täter in Frage kommt, was die Spannung etwas abflauen lässt. Die Verwicklungen um ihren „alten“ Fall sind da schon etwas weniger durchsichtig und sorgen für einige Überraschungsmomente. Der Roman ist flüssig geschrieben, lässt sich leicht lesen und bietet leichtes Lesevergnügen. Obwohl es sich um den zweiten Band einer Reihe handelt, kann er unabhängig vom Vorgängerroman gelesen werden. Schön sind die Details über Irland, die kleinen, eingestreuten Informationen, die die Besonderheiten des Landes und der Leute einfangen und darstellen.
Emma als Hauptperson ist gut charakterisiert, durch die dargestellten Schwächen wird sie menschlich und ihre Handlungen und Entscheidungen sind nachvollziehbar und rational. Sie wird zwar durchaus als Einzelkämpferin dargestellt, aber die anderen Ermittler in ihrem Team, allen voran ihr Partner, leisten ihren Beitrag zur Ermittlung. Die Nebencharaktere bleiben zwar etwas blass und werden wenig detailreich geschildert, aber sie sind durchgängig und ohne Widersprüche.
Der Krimi hat insgesamt nur knapp 300 Seiten, sodass er schnell durchgelesen ist. Trotz der Kürze und der vielen Themen kommt nicht das Gefühl auf, dass etwas zu kurz kommt oder dass ein Strang vergessen wird oder nicht richtig aufgeklärt ist.
Insgesamt ein solider Krimi für zwischendurch, der durch leise, eher unblutige Töne besticht und dessen größter Pluspunkt die sympathische Ermittlerin Emma ist.

Veröffentlicht am 09.03.2018

Ausführliche Familienbiografie mit einigen Längen

Alles Geld der Welt
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Anders als es Cover und Klappentext vermuten lassen, handelt es sich bei diesem Buch nicht um die literarische Aufarbeitung der Entführung von Jean Paul Getty III, sondern hauptsächlich um die Biografie ...

Anders als es Cover und Klappentext vermuten lassen, handelt es sich bei diesem Buch nicht um die literarische Aufarbeitung der Entführung von Jean Paul Getty III, sondern hauptsächlich um die Biografie der kompletten Familie Getty, ausgehend von Jean Paul Getty Senior. Jean Paul Getty sen. hat sein Vermögen im Ölgeschäft gemacht und war der reichste Amerikaner seiner Zeit, da er aber auf sozialer Ebene Probleme hatte, feste Bindungen einzugehen und so eine unnatürliche Kälte seiner Familien gegenüber an den Tag legt, hilft ihm alles Geld der Welt nicht, um das Unheil, das er damit anrichtet, von seiner Familie fernzuhalten. Im Buch werden die verschiedenen Zweige der Familie Getty beleuchtet und die Werdegänge von Söhnen und Enkeln beschrieben. Die Entführung eines der Enkel (Jean Paul Getty III) durch die Mafia wird dabei nur in einem (längeren) Kapitel aufgegriffen.


Der Titel ist recht gut gewählt, weil Jean Paul Getty tatsächlich „alles Geld der Welt“ zu besessen haben schien, noch besser allerdings gefällt mir der Originaltitel „painfully rich“, der den Grundtenor der ganzen Biografie beschreibt: Der Reichtum scheint nur Schmerz und Tragödien in die Familie zu bringen. Die Hintergründe und Zusammenhänge dieser Tragödien werden in dem Buch ausführlich beleuchtet. Von vielen Personen, allen voran natürlich von Jean Paul Getty I, werden Charakterzüge und Wesenseigenheiten dargelegt und erklärt, sodass man als Leser das Gefühl hat, die Familie ein bisschen zu kennen, wenn man schon viele Handlungen und Entscheidungen nicht direkt nachvollziehen kann als Außenstehender. Es ermöglicht Einblicke in ein "System", das einem als Normalverdienenden Bürger kaum vorstellbar erscheint, sowohl in wirtschaftlicher wie auch in sozialer und persönlicher Art und Weise.


Der Schreibstil ist sehr detailreich und oft sind die Sätze unnötig verschachtelt, sodass das Lesen nicht ganz leicht fällt. Auch viele Aufzählungen kommen vor, vor allem von Namen mehr oder weniger berühmter Persönlichkeiten. Ich weiß nicht, ob es nur mir so gegangen ist, weil das alles doch so sehr deutlich „vor meiner Zeit“ war und mir deshalb die Mehrheit der erwähnten Leute so unbekannt war, aber ich fand es oft ermüdend, mir durchzulesen, wer dieses oder jenes Haus vorher besessen hat oder wer alles zu Besuch war. Bei einigen mag das ja durchaus interessant sein, um den gesellschaftlichen Einfluss ermessen zu können, den die Familie hatte, aber mir war es zu viel.

Woran ich mich auch nicht so richtig gewöhnen konnte, waren die Zeitsprünge. Oft wusste man gar nicht, zu welcher Zeit man sich gerade befand, weil Ereignisse aus der Vergangenheit eingewebt wurden oder Parallelen zu den anderen Familienzweigen gezogen worden sind, die aber zu einer ganz anderen Zeit stattgefunden haben.

Manche Tatsachen und Geschehnisse waren meines Erachtens nach sehr subjektiv dargestellt und irgendwie haben mir Quellenangaben und Zitate (aus Interviews, Presse, ect.) gefehlt, um dem ganzen einen „seriösen Eindruck“ zu geben. Manchmal kamen mir Personenbeschreibungen sehr voreingenommen vor und ich fragte mich, ob der Autor die Sympathien der Leser nicht absichtlich in die eine oder andere Richtung lenkt.


Wichtig war für mich der Stammbaum am Anfang des Buches, um den Überblick wenigstens halbwegs zu behalten, da viele Ehen und Scheidungen und Kinder von verschiedenen Frauen die Verhältnisse verkomplizieren, noch besser hätte es mir gefallen, wenn der Stammbaum ausklappbar gewesen wäre, sodass ich ihn beim Lesen neben dran gehabt hätte. So hab ich halt viel blättern müssen. :)


Alles in allem eine interessante Biografie über eine Familie, die mir überraschenderweise fast gänzlich unbekannt war, die aber einige Längen aufwies und etwas überladen wirkt.

Veröffentlicht am 04.03.2018

Das Geheimnis eines Gemäldes

Das Geheimnis der Muse
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Der Roman „Das Geheimnis der Muse“ von Jessie Burton hat zwei Hauptpersonen, die, so unterschiedlich sie auch sind, durch zwei Dinge verbunden sind: Einmal sind sie Beide Künstlerinnen (Malerin und Schriftstellerin), ...

Der Roman „Das Geheimnis der Muse“ von Jessie Burton hat zwei Hauptpersonen, die, so unterschiedlich sie auch sind, durch zwei Dinge verbunden sind: Einmal sind sie Beide Künstlerinnen (Malerin und Schriftstellerin), die um ihren Durchbruch kämpfen und zweitens müssen sie beide mit den Widrigkeiten ihrer Zeit (London in den sechziger Jahren und Spanien 1936) und den Einstellungen ihrer Zeitgenossen klarkommen.
Einmal ist da Olive, die mit ihren Eltern 1936 ins ländliche Spanien zieht und dort Therese und Isaac Robles kennen lernt. Olive ist, genau wie Isaac, Malerin und fühlt sich zu ihm hingezogen. Doch zu dieser Zeit traute man es Frauen nicht zu, Kunst schaffen zu können.
Die andere Hauptperson ist Odelle, die von Trinidad nach London gekommen ist und dort mit den Vorurteilen zu kämpfen hat. Bei ihrer Arbeit kommt sie in Kontakt mit einem Bild, dass Isaac Robles zugeschrieben wird, wobei ihre Vorgesetzte Quick seltsam auf dieses Gemälde reagiert.
Die Geschichten der beiden, die nach und nach ineinander verwoben werden, entwickeln sich langsam und die Beschreibungen und Handlungen sind unaufgeregt, aber auch etwas distanziert dargestellt, sodass der Zugang nicht ganz leicht fällt. Je länger man liest, desto mehr wird man von der Geschichte und von den Personen gefangen genommen. Zuletzt fällt es schwer, das Buch aus der Hand zu legen, weil man endlich wissen will, wie alles zusammenhängt.
Die Zeitwechsel haben mir, im Nachhinein betrachtet, gut gefallen und sie haben dafür gesorgt, dass die Spannung lange aufrecht erhalten werden konnte, wobei ich beim Lesen manchmal etwas genervt war, weil mitten in einer Geschichte ein Bruch gemacht wird und mich als Leser leicht frustriert zurück ließ. Der Roman ist sehr schön formuliert und die Probleme, die darin behandelt werden – die Rolle als Frau, als Künstlerin in Spanien, die politische Lage Europas, Revolutionäre Gedanken in Spanien, die Vorurteile, mit denen die Einwanderer in den Sixties zu kämpfen hatten, sind gekonnt integriert und verwoben.
Obwohl Odelle in der ersten Person erzählt und über Olive in der dritten Person, war mit Olive etwas näher, sie und ihre Geschichte haben mich mehr berührt. Die Atmosphäre im Spanien der 30er Jahre fand ich etwas gelungener eingefangen. Olives Handlungen und Gedanken konnte ich oft auch nicht komplett nachvollziehen, aber sie war eine Kämpferin. Odelle strebt nach der Veröffentlichung einer ihrer Geschichten, braucht aber den Schubs ihrer Vorgesetzten Quick, um tatsächlich ihrem Ziel nahezukommen.
Alles in allem eine sehr schöne, sehr atmosphärische Geschichte, die am Anfang etwas langsam startet, aber durchhalten lohnt sich definitiv!

Veröffentlicht am 08.02.2018

Mittelspannender Krimi mit schöner nordischer Atmosphäre

Deichfürst
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Inhalt:
Auf der Baustelle zum neuen Sperrwerk wird eine Leiche gefunden. Als feststeht, dass es sich dabei um den ortsansässigen, alten Großbauern Tadeus de Vries handelt, scheint niemand wirklich traurig ...

Inhalt:
Auf der Baustelle zum neuen Sperrwerk wird eine Leiche gefunden. Als feststeht, dass es sich dabei um den ortsansässigen, alten Großbauern Tadeus de Vries handelt, scheint niemand wirklich traurig darüber zu sein. Jeder scheint seinen eigenen Grund gehabt zu haben, den Mann zu hassen, aber reicht das für ein Motiv? Hauptkommissar Stephan Möllenkamp, der in der norddeutschen Provinz noch etwas deplatziert wirkt, macht sich an die Aufklärung des Falls und bekommt dabei unerwartete Hilfe in Form der patenten Journalistin Boekhoff, die sich überall einmischt.
Man merkt als Leser sofort, dass die Autorin der Gegend besonders verbunden ist. Die Atmosphäre, das Wetter, die Leute sind perfekt beschrieben, durch den Einbau von Mundart wird der Eindruck noch verstärkt. Mit etwas Mühe gelingt es sogar, diese zu lesen, auch wenn man sonst gar nichts damit zu tun hat. :) Der dörfliche Charme wird perfekt eingefangen, die Beziehungen der Dorfbewohner untereinander und zum neu hinzugezogenen Kommissar werden sehr authentisch beschrieben. Der Fall ist nicht nervenaufreibend spannend, schafft es aber, die Frage nach dem Täter lange aufrecht zu erhalten. Durch Zeitsprünge werden Hintergründe dargestellt, werden Charaktere besser verständlich, werden aber auch neue Fragen aufgeworfen, ohne dass diese Einschübe langatmig werden oder den Lesefluss behindern. Die Charaktere von Ermittler und Journalistin sind sympathisch, auch Nebencharaktere sind interessant und facettenreich dargestellt. Mir ist allerdings der Täter dann am Ende etwas zu kurz gekommen. Auch der Landrat und der Leiter des Kommissariats sind leider etwas klischeehaft und platt.

VORSICHT SPOILER!!!
Was mir nicht so gut gefallen hat, war das Ende. Irgendwie hätte es meiner Meinung nach besser gepasst, den/die Täter entkommen zu lassen und ihn nicht auf Biegen und Brechen seiner/ihrer „gerechten Strafe“ zuführen zu müssen und dafür extra eine Naturkatastrophe zur Hilfe zu nehmen. Wenn die Polizei ihn/sie schon nicht kriegt, schafft das so auch keine Gerechtigkeit.