Religiöses Leben im Spannungsfeld der jeweiligen Zeit
Der letzte HirteDas Leben des Pastors Bert Winter ist in Unruhe geraten. Der ewige Spagat zwischen den Ansprüchen, die sich aus dem Glauben, seiner Rolle als Pastor, Lehrer für Religionsunterricht, Familienvater und Ehemann ...
Das Leben des Pastors Bert Winter ist in Unruhe geraten. Der ewige Spagat zwischen den Ansprüchen, die sich aus dem Glauben, seiner Rolle als Pastor, Lehrer für Religionsunterricht, Familienvater und Ehemann ergeben, scheint plötzlich zu allen Seiten aus dem Gleichgewicht gekommen zu sein. Seine Frau ist mit den Kindern ausgezogen, der jüngere Sohn macht Probleme und nun droht auch noch die Schließung seiner Kirche, mit all den politischen Ränkespielen, die dazu gehören. Anlässlich einer Bitte seiner Tochter, auf dem Dachboden etwas für eine Hausaufgabe zu suchen, entdeckt Winter einen alten Koffer mit Briefen seines Vorgängers aus der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg. Von diesem Dachbodenfund inspiriert entwickelt sich eine historisch und persönlich ergreifende Geschichte.
Der Autor beschreibt bildreich und seine Figuren wirken authentisch. Er scheut sich nicht, sowohl die Fehler seines Protagonisten als auch die Fehler der anderen nachvollziehbar zu beschreiben. Dabei darf auch mal geschmunzelt werden. Das hält die Geschichte lebendig und man möchte wissen, wie es mit seinem Leben und dem seines Vorgängers weitergeht. Mutig macht sich Bert Winter auf den Weg zu einer historischen Recherche, mit der schrittweise seine eigene Heilung beginnt.
Mich persönlich haben die Briefe und Reisebeschreibungen angesprochen, da der Roman dort weiter in die Tiefe geht, was zum Verlauf der Geschichte passt. Schwer getan habe ich mich mit den historischen Sitzungsprotokollen, das empfang ich eher als etwas für Menschen aus dem inneren Kern der Kirche. Zu plötzlich kam mir das Ende, da ich mir gewünscht hätte, dass der Autor noch mehr über die weitere Entwicklung der Persönlichkeit von Winter schreibt.
Für mich sind Winter und sein Vorgänger Alltagshelden, wie sie in vielen Berufen in schwierigen Zeiten zu finden sind - Gott sei Dank! Daher hoffe ich, dass keiner von beiden "Der letzte Hirte" sein wird.