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Veröffentlicht am 22.10.2017

Eine Wahrheit im Verborgenen

Alice, wie Daniel sie sah
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Alice und ihre beiden Schwestern Cee und Tilly leben in London. Ihre Mutter starb, als Alice vier Jahre alt gewesen. Ihre beiden älteren Schwestern leben in bürgerlichen Verhältnissen, dagegen reist Alice ...

Alice und ihre beiden Schwestern Cee und Tilly leben in London. Ihre Mutter starb, als Alice vier Jahre alt gewesen. Ihre beiden älteren Schwestern leben in bürgerlichen Verhältnissen, dagegen reist Alice sehr gerne in fernen Ländern für einige Wochen und Monate. Als deren Vater schwer erkrankt, bitten Cee und Tilly Alice, dass sie nach Hause kommt. Die drei Schwestern kümmern sich um den Vater, bis dieser stirbt. In dieser Zeit legt eine fremde Person Blüten, Papierschnipsel und andere alltägliche Dinge vor das Haus. Alice wundert sich, warum jemand selbstgebastelte Ketten ihr vor die Tür legen. Als Alice diese fremde Person auf der Beerdigung ihres Vaters sieht, grübelt sie darüber, wer diese Person sein könnte. Eines Tages begegnet Alice dieser Person. Er heißt Daniel, lebt als Obdachdachloser in einem Park zwischen Büschen und kannte Alice Mutter vor langer Zeit. Alice versucht herauszufinden, in welcher Verbindung Daniel zu ihrer Mutter stand.
Sarah Butler schuf eine Geschichte, die teilweise dramatische Elemente beinhaltet. Häufig bleibt die Wahrheit unausgesprochen. Man könnte meinen, dass vor allem die Protagonisten Alice und Daniel Angst vor der Wahrheit haben. Die Geschichte berührt stellenweise, wenn man das Schicksal des Vaters, der drei Schwestern und Daniels genauer betrachtet. Rückblickend wird von der Mutter erzählt in der Geschichte, an die sich Alice am wenigsten erinnern kann, weil sie das Nesthäkchen der Familie ist. Cee stellt die älteste Tochter dar, die mehr über die Wahrheiten Bescheid wissen müsste, aber auch bei und ihrer Schwester Tilly kommt nur Schweigen. Man könnte meinen, dass Cee und Tilly mehr über Daniel wissen könnten, aber es bleibt nebulös.
Diese Geschichte gefiel mir soweit, dass es wichtig ist, dass Menschen über ihre Wurzeln Bescheid wissen sollten. Der Ansatz der Geschichte ist gut, allerdings hätte die Autorin mehr Potenzial in der Geschichte herausholen können, indem Alice und Daniel eine Chance bekommen hätten, ihre Wurzeln offen zu legen. Demnach war ich mit dem Ende der Geschichte eher unzufrieden. Sicherlich wollte die Autorin mit dieser Geschichte eher zum Nachdenken anregen, und nicht eine oberflächliche Familiengeschichte mit einem positiv erhofften Ende publizieren.

Veröffentlicht am 03.10.2017

Ein spanisches Geschichtsabenteuer

Der Gefangene des Himmels
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Es ist das Jahr 1957 mitten im Winter. Ein bisher unbekannter Mann betritt eine Buchhandlung von Fermín und Daniel Sempere mitten in Barcelona. Daniel ist alleine in dem Augenblick als der Unbekannte sich ...

Es ist das Jahr 1957 mitten im Winter. Ein bisher unbekannter Mann betritt eine Buchhandlung von Fermín und Daniel Sempere mitten in Barcelona. Daniel ist alleine in dem Augenblick als der Unbekannte sich in der Buchhandlung umsieht, und dabei auf eine Vitrine stößt, in der der Roman "Der Graf von Monte Christo". Es ist nicht irgendein ein Buch, sondern ein Sammlerstück. Kurz darauf kauft der Kunde das Buch, allerdings möchte er das Buch geliefert bekommen. Als Daniel ihn daraufhin fragt, wohin das Buch geliefert werden soll, meint dieser nur, dass ein Hinweis im Buch steht. Fraglos lässt der Unbekannte Daniel zurück. Später versucht Daniel herauszufinden, wer dieser Unbekannte ist. Das Buch wird zum Mittelpunkt in die Vergangenheit. Ein Krieg, Kriegsgefangenschaft und das Überleben bringen Menschen an ihre Grenzen. Fermín bleibt am Ende nichts anderes übrig, als Daniel die wahre Geschichte hinter dem Buch und den Friedhof der vergessenen Bücher zu erzählen.
In die Geschichte der Protagonisten abzutauchen braucht der Autor Carlos Ruiz Zafón einen Rahmen aus historischen Elementen, eine düstere und liebevolle Atmosphäre sowie Figuren, die zwar Brutalität erleben, aber eine solche Art von Brutalität, die nicht abschrecken. Man erlebt beim Lesen eine Balance von Nähe und Distanz zu den Figuren und Schauplätzen. In der Zeit der 1940er Jahre in der Geschichte möchte man nicht gelebt haben, dennoch gehen die Protagonisten bestärkt aus den Ereignissen heraus, was man ebenso beim Lesen mitnimmt. Eine Achterbahnfahrt von Höhen und Tiefen sowie guten und bösen Menschen. Das Motto des Romans kann man benennen als Leben und Überleben, manchmal mit einem hohen Preis, bei dem auch Opfer fallen. So schlimm manche Szenen erzählt werden, erwartet einen ein positiver Effekt in naher Zukunft; sozusagen eine Belohnung für das Opfern gegen das Böse beim Lesen.
Dem Autor gelingt es anhand des Erzählstils zum Teil eine melancholische und traurig-düstere Stimmung zu schaffen, sondern im Gegenteil, man liest gefesselt und erwartungsvoll von Seite zu Seite weiter. Es stellt keine erdrückende Geschichte dar, sondern eine Balance von den Gegensätzen. Eine Komplexität von historischer Vergangenheit, Gegenwart, wahren Begebenheit, ausgeklügelte Figuren und ein Gegenstand – das Buch – bilden eine rundum unterhaltsame und erlebnisreiche Geschichte.
Dieser Roman ist zwar Teil eines Zyklus, aber dennoch kann man diesen Roman unabhängig der anderen Bücher in diesem Zyklus lesen. Da meine Erkenntnisse über die spanische Geschichte gering sind, konnte ich mich trotzdem in der Romangeschichte gut zurechtfinden. Ein lesenswerter Roman, der anfangs ein wenig verwirrend erscheint, aber dennoch in eine fantastische Welt von Überlebenskampf und Stärke taucht. Dieser Roman wird nicht der letzte von dem Autor sein, den ich gelesen habe.

Veröffentlicht am 29.09.2017

Coming-of-Age-Roman

Und du kommst auch drin vor
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Kim ist fünfzehn Jahre alt und gerade mitten in der Pubertät. Ihre beste Freundin Petrowna – deren Familie aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland kam – geht mit ihr durch dick und dünn. Kim lebt ...

Kim ist fünfzehn Jahre alt und gerade mitten in der Pubertät. Ihre beste Freundin Petrowna – deren Familie aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland kam – geht mit ihr durch dick und dünn. Kim lebt als Einzelkind bei ihrer Mutter. Ihr Vater trennte sich vor einiger Zeit von ihrer Mutter, und lebt mittlerweile mit einer anderen Frau zusammen, die bald ihr erstes Kind erwartet. Eines Tages gehen Kims und Petrownas Klasse zu einer Lesung in der Stadtbücherei. Die gesamte Schülerschaft der Klasse zeigt wenig Begeisterung zu der Lesung, von dem Buch ganz zu schweigen. Als die Autorin aus dem Buch selbst vorliest, und sich den Fragen und Antworten stellt, fällt Kim beim Vorlesen etwas Besonderes auf. Bin ich die Protagonistin in dem Roman, von der die Autorin vorliest? Kim bildet sich ein, dass die Autorin Leah Eriksson Kims Leben und ihr Umfeld in dem Roman schildert. Kim beginnt, die Autorin zu kontaktieren, die wiederum auf Distanz geht, weil sie sich zunehmend von Kim belästigt fühlt. Kim stalkt die Autorin so lange bis Kim ihr erklären muss, warum sie so hartnäckig den Kontakt sucht. In dem Roman spielt auch ein Junge eine Rolle. Ist Kims Mitschüler Jasper in Gefahr, wenn sie der Geschichte Glauben schenken will?
Alina Bronskys schrieb bisher Erwachsenen- und Jugendromane sowie Sachbücher. Diesen Roman kann man getrost als Coming-of-Age-Roman bezeichnen, denn die Hauptprotagonistin Kim steckt mitten in der Pubertät, und weiß aber auch schon, welche Meinungen sie zu den Erwachsenen hat. Kim wird als ein Mädchen dargestellt, das sich ihrem Leben stellen muss zwischen ihren Eltern, ihrer besten Freundin Petrowna und dem Roman. Alina Bronsky zeigt auf, wie eine Geschichte zwischen zwei Buchdeckeln einen Menschen zum Nachdenken, Recherchieren und Zweifeln bringen kann. Für Kim stellt der Roman eine ernsthafte Bedrohung dar, nicht nur für sie, sondern auch für andere Menschen in ihrem Umfeld. Petrowna zeigt dagegen, dass man andere Menschen täuschen kann, weil man in eine eigene Traumwelt abtaucht, die andere wiederum für bare Münze nehmen. Alina Bronsky arbeitet mit der wahren und traumhaften Welt, in die sich gerade Heranwachsende gerne hineinflüchten, wenn sie auf dem Weg der Selbstfindung sich bewegen.
Alina Bronsky zeigt auf, was es heißt, erwachsen zu werden. Dass man sich Emotionen, Widrigkeiten und (Ent-)Täuschungen stellen muss. Eine leichte Lektüre für Jugendlich und Erwachsene, wobei dieser Roman sicherlich auch guter Lehrstoff für den Deutschunterricht sein kann. Ich habe mir vorgenommen, dass ich demnächst einen Erwachsenenroman der Autorin lesen möchte.

Veröffentlicht am 29.09.2017

Komplexe fiktive Geschichte mit wahren Begebenheiten

Die Verschwörung von Shanghai
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Man muss anfangs erwähnen, dass dieser Roman komplex beginnt. Zum einen liegt es an der Vielzahl der Figuren, und zum anderen an den wechselnden Schauplätzen innerhalb des Plots. Die Geschichte beginnt ...

Man muss anfangs erwähnen, dass dieser Roman komplex beginnt. Zum einen liegt es an der Vielzahl der Figuren, und zum anderen an den wechselnden Schauplätzen innerhalb des Plots. Die Geschichte beginnt im Jahr 1931 in Shanghai. In Shanghai agieren Besatzer, die Kommunisten und die Funktionäre der Volksmacht. Im Mittelpunkt steht der Pressefotograf Hsueh, der zum Spielball innerhalb der französischen Konzession – als Polizeispitzel – einer weißrussischen Geschäftsfrau und einer chinesischen Geliebten wird. Wobei anzumerken ist, dass die Weißrussin ebenso Hsuehs Geliebte darstellt. Auslöser der Entwicklungen in dem besagten Jahr ist ein Mordopfer im Hafen von Shanghai. Als Hsueh die Zeitung aufschlägt, stellt er fest, dass er die Witwe des Mordopfers bereits auf dem Schiffsdampfer gesehen hat. Heimlich fotografierte er die Frau. Von ihrer Schönheit vom ersten Augenblick an geblendet, geht er der Frau nach. Es stellt sich heraus, dass sie eine weißrussische Waffenhändlerin mit dem Namen Therese ist. Gleichzeitig ist sie Hsuehs Geliebte, aber nicht nur seine Geliebte. Ihr Zweitname ist Lady Holly. Aufgrund dessen, dass Hsueh bei der Presse arbeitet, bekommt er eher Insiderwissen als andere Bürger Shanghais. Somit wird er von der französischen Polizei indoktriniert, um einerseits hinter den Geschäften von Therese zu kommen, und andererseits gerät er in politische Auseinandersetzungen zwischen der chinesischen Kuomintang – eine revolutionäre Partei – und den Anhängern der Volksmacht. Hsuehs zweite Geliebte ist Leng, die ebenso zwischen die Fronten gerät wegen ihres ersten Ehemanns, der der Volksmacht angehörte. Leng entwickelt sich ebenso als Spielball zwischen den Gruppierungen.
Xiao Bai zeigt einen Teil der asiatischen Geschichte vor Beginn des Zweiten Weltkrieges, der für die Mehrheit der Leserschaft eher unbekannt ist. Französische Konzession, die Briten, die Volksmacht und die revolutionäre Bewegung im damaligen China bilden diesen komplexen Roman. Hauptprotagonist ist der Pressefotograf Hsueh, um den herum das Geschehen aufgewirbelt wird, weil er sich manches Mal mit den falschen Leuten einlässt. Schutz findet er in der Regel bei der französischen Polizei. Momente der Liebe findet er bei Therese, und Momente der Zweisamkeit sind für kurze Dauer bei Leng. Therese stellt eine dominante und nicht ungefährliche Geschäftsfrau dar. Leng dagegen muss zwischenzeitlich mit ihrem Leben kämpfen. Lengs Mann wurde Opfer von Folter und Demütigungen, die auch Leng noch zu spüren bekommt. Nach der ersten Hälfte des Romans wird die Geschichte verständlicher, und zum Ende hin sogar rasant und spannend erzählt.
Man merkt, dass dieser Roman kein leichter Lesestoff ist, und nicht eben nebenher gelesen werden kann. Entweder liest man den Roman in einem Rutsch, oder setzt Pausen zum Nachdanken und Absacken ein. Mit Fragen und Verwirrungen steht man trotzdem am Ende Nach meiner Erfahrung bietet es sich an, diesen Roman nach einiger Zeit nochmal zu lesen, um die geschichtlichen Hintergründe genauer verstehen zu können. Ohne historische Hintergründe, die in einem Anhang im Buch kurz umschrieben werden, kommt man nicht aus. Begrüßenswert ist auch das Personenregister im Anhang, um die einzelnen Figuren einordnen und verstehen zu können. Hilfreich sind auch die Funktionen der Figuren. Da dieser Roman auf wahre historische Begebenheit beruht, die ebenso nicht leicht zu verstehen sind. Dennoch stellt man fest, dass der Autor sich Mühe gibt, einen unterhaltsamen Roman darzubieten. Fazit: anspruchsvoll, lehrreich und nachdenklich.

Veröffentlicht am 18.08.2017

Familienzusammenbruch

Der Psychologe
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In der argentinischen Metropole Buenos Aires lebt die Familie Vanussi. Eines Tages findet man den Familienvater Roberto Vanussi tot auf. In Mordverdacht gerät sein Sohn Javier. Aufgrund des Mordverdachts ...

In der argentinischen Metropole Buenos Aires lebt die Familie Vanussi. Eines Tages findet man den Familienvater Roberto Vanussi tot auf. In Mordverdacht gerät sein Sohn Javier. Aufgrund des Mordverdachts möchte Javiers Schwester Paula, dass ein psychologisches Gutachten über ihn erstellt wird. Somit sucht Paula die Praxis des renommierten Psychoanalytikers Pablo Rouviot auf. Bevor Pablo Rouviot ein Gutachten erstellen möchte, versucht er zunächst, Erkundigungen über die Familie Vanussi einzuholen. Dabei stößt Pablo nicht nur auf eine seelisch zerbrochene Familie, sondern auch auf tiefe Abgründe des Vaters Roberto. Dunkle Geschäfte und Einflüsse in die hohen Gesellschaftsschichten bestimmten den Alltag von Roberto. Pablo versucht, die Wahrheit herauszufinden, ob der Sohn der Familie tatsächlich den Vater ermordet hat.
Der Autor Gabriel Rolón teilte seinen Kriminalroman in vier Teile ein, deren Kapitelbenennung erahnen lässt worüber die weitere Geschichte handelt. Gabriel Rolón ist eher ein weniger bekannter Autor von Kriminalromanen. Seine Berufung ist die Psychologieanalytik, mit der er in Argentinien sehr bekannt ist. Aufgrund seiner Erfahrungen und Erkenntnisse baut er Hintergründe seines Fachgebietes in seinen Krimi ein. Somit gewinnt die Leserschaft ebenso neue Erkenntnisse über die Psychologie. Eher selten werden Kriminalromane aus der Perspektive eines Psychologen erzählt, der gleichzeitig eine kriminalistische Tat lösen soll. Pablo, der Hauptprotagonist in diesem Roman, stellt der Autor von seiner beruflichen und privaten Seite dar. An seiner Seite sind der geschätzte Kollege und Freund José sowie seine ehemalige Studienkollegin Helena, die seine Praxis managt. Er wirkt sympathisch, souverän und liebenswürdig, und ist dem anderen Geschlecht als Liebhaber nicht abgeneigt. Gerade ist er noch von seiner ehemaligen Freundin Alenjandra getrennt, hat er auch schon eine neue Geliebte an seiner Seite. Im Mittelpunkt des Romans und im Umkreis von Pablo spielen ein Polizist, der den Mord behandelt sowie der behandelnde Arzt von Javier eine Rolle. Die Familie Vanussi stellt den Aufklärungspart dar. Allerdings zeigt der Roman kleinere Schwächen auf, die sich auf Vorhersehen von Motiven und Handlungen beziehen. Spannung taucht nur in dem Moment auf, als man noch spekuliert, wer Roberto Vanussi umgebracht haben könnte.
Da dieser Krimi des Autors mein Erstling war, gefiel mir die Figur Pablo gut aufgrund seines Berufes, dessen berufliche Vorgehensweise hier im Mittelpunkt stand. Argentinischer Flair kam nicht auf, denn die südamerikanische Atmosphäre fehlte. Man hätte den Krimi auch in Berlin oder Madrid vermuten können, was an der Fokussierung auf die Figuren und deren Handlungen meines Erachtens liegt.