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Veröffentlicht am 20.05.2019

Von Höcksken auf Stöcksken

Das Verschwinden der Stephanie Mailer
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Auf der Abschiedsfeier des „Hundertprozentigen“ Jesse Rosenberg, Captain der State Police des Staates New York, wendet sich die junge Journalistin Stephanie Mailer an diesen mit der Behauptung, dass er ...

Auf der Abschiedsfeier des „Hundertprozentigen“ Jesse Rosenberg, Captain der State Police des Staates New York, wendet sich die junge Journalistin Stephanie Mailer an diesen mit der Behauptung, dass er bei seiner ersten Mordermittlung vor 20 Jahren den falschen Täter verfolgt habe. Bei der damaligen Mordermittlung hätten er und sein Partner Derek Scott etwas Offensichtliches übersehen. Sie werde in den nächsten Tagen die Beweise für ihre Behauptung vorlegen.
Danach verschwand Stephanie Mailer, für immer?

Bis jetzt hatte ich noch nichts von Joel Dicker gelesen. Aber ich war neugierig, weil zahlreiche Leser-Rezensionen und die Feuilleton-Kritiker über sein Buch „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“ voll des Lobes waren.

Schon die Leseprobe zog mich in ihren Bann und ich war gespannt wie es weitergeht. Vorweg gesagt, mich hat dieses Buch begeistert.

Joel Dicker dröselt im Rückblick ein zwanzig Jahre altes Verbrechen auf. Regelmäßige Rückblenden ermöglichen uns Lesern Stück für Stück einen Einblick in die damaligen Ereignisse zu bekommen. Die einzelnen, ich nenne sie mal, Rückblick-Puzzleteile werden jeweils aus der Sicht eines der beiden Ermittler erzählt, so dass immer wieder unterschiedliche Sichtweisen und Eindrücke zu Tage kommen.

Jeder einzelne Protagonist der damaligen und der heutigen Mordfälle hat natürlich eine Vorgeschichte. Diese werden uns auch in kleinen Häppchen von dem jeweiligen Beteiligten präsentiert.

Ich finde, Joel Dicker ist ein wundervoller Erzähler. Während der Lektüre hatte ich nicht selten das Gefühl einem alten weißhaarigen Mann auf einem Schaukelstuhl sitzend, zuzuhören, der bei seiner Geschichte von Höcksken auf Stöcksken kommt.

An den spannendsten Stellen wird üblicherweise ein Rückblick eingebaut um das große Ganze auch ja richtig im Blick zu haben und die Hintergründe zu verstehen. Denn es ging nicht nur um ziemlich viele Mordfälle, sondern auch um das amerikanische Kleinstadtmilieu, um starke Gefühle und Begierden.

Ich fühlte mich bestens unterhalten und durch die Geschichte geführt.

Veröffentlicht am 15.05.2019

Gemeinsam unschlagbar?!

Zara und Zoë - Rache in Marseille
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Kommissarin Zara von Hardenberg, Spitzen-Profilerin bei Europol wird mit ihrem schwedischen Kollegen Kommissar Isaakson zu einem grauenhaften Tatort in der Cité La Castellane, Vorort von Marseille gerufen. ...

Kommissarin Zara von Hardenberg, Spitzen-Profilerin bei Europol wird mit ihrem schwedischen Kollegen Kommissar Isaakson zu einem grauenhaften Tatort in der Cité La Castellane, Vorort von Marseille gerufen. Ein junges Mädchen ist bestialisch mit zahllosen Messerstichen getötet worden.

Schnell stellt Zara fest, dass hinter diesem Verbrechen ein weitaus umfangreicheres steckt und dass sie mit ihren korrekten und gesetzestreuen Ermittlungen nicht weiterkommen wird.

Sie sieht keinen anderen Weg als ihre Zwillingsschwester Zoé, die das genaue Gegenteil ihrer Lebensweise darstellt, um Hilfe zu bitten. Zoe arbeitet für die korsische Mafia und zählt zur Besten ihres Faches. Erschwerender Weise trennen Eifersucht, Hass und Misstrauen seit Jahren ihre Beziehung.


Mit Zara und Zoé – Rache in Marseille eröffnet Alexander Oetker eine spannende und mit Action geladene Reihe.

Mit kurzen Kapiteln, Zeitungsartikeln und Breakingnews-Nachrichten sowie ständigen Perspektivenwechseln erzeugt der Autor eine schnell zu lesende und spannungsgeladene Geschichte. Durch die Zeitung,-Fernseh- und Radio-Berichterstattungen erscheint die Story beklemmend real.

Die stetig wechselnden Perspektiven, die Vielzahl an handelnden Personen und die politische wie auch soziale Brisanz wirken aber auch verwirrend. Man muss als Leser höllisch aufpassen um die Hintergründe und Feinheiten richtig einzuordnen und um nichts Relevantes zu verpassen.

Zwischendurch war es mir auch einfach zu viel. Zara und insbesondere Zoé entwickeln sich im Laufe des Romans zu „Super-Women“, haben Ahnungen, Instinkte und eine Schnelligkeit, die mich eher an Comics erinnern.

Trotzdem glaube ich, es ist der journalistischen Qualität des Autors geschuldet, dass wir nicht nur einen spannenden Thriller erleben dürfen, sondern auch einen sozial kritischen Blick auf die Verhältnisse in der Cité, auf die rechtspopulistischen Aktionen sowie auf die französische Polizei werfen können.

Sicher werde ich den Nachfolger dieses Thrillers lesen, denn einige Fragen sind nicht gänzlich beantwortet worden. Wie reagiert Isaakson auf die ständige Wandlung seiner Partnerin? Was unternimmt Navarro zum Schutz seiner Familie? Warum ist Rui Vicente nicht an Details der Ermittlungen interessiert? Wie hat Zoé Mafiaboss Bolatelli davon überzeugen können sie nicht zu töten? Wie, was, warum..........
Ich hoffe doch, dass einige dieser Fragen in der Folge beantwortet werden.

Veröffentlicht am 07.05.2019

Düsteres und brutales Stockholm in 1793

1793
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Klappentext:
Stockholm im Jahr 1793: Ein verstümmeltes Bündel treibt in der schlammigen Stadtkloake. Es sind die Überreste eines Menschen, fast bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Der Ruf nach Gerechtigkeit ...

Klappentext:
Stockholm im Jahr 1793: Ein verstümmeltes Bündel treibt in der schlammigen Stadtkloake. Es sind die Überreste eines Menschen, fast bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Der Ruf nach Gerechtigkeit spornt zwei Ermittler an, diesen grausamen Fund aufzuklären: den Juristen Cecil Winge, genialer als Sherlock Holmes und bei der Stockholmer Polizei für »besondere Verbrechen« zuständig, und Jean Michael Cardell, einen traumatisierten Veteranen mit einem Holzarm. Schon bald finden sie heraus, dass das Opfer mit chirurgischer Präzision gefoltert wurde, doch das ist nur einer von vielen Abgründen, die auf sie warten …


Ich liebe gut recherchierte Historische Romane. Neben den geschichtlichen Hintergrund werden dem Leser die Lebensbedingungen einer längst vergangenen Zeit vor Augen geführt. Aber auf das Jahr 1793 in Stockholm war ich nicht vorbereitet.

Auf 496 Seiten eröffnet sich uns ein düsteres, brutales, eiterndes und alkoholgeschwängertes Szenario.

In einem nach Kloake und giftigen Substanzen stinkendem Gewässer wird eine grausam zerstückelte Leiche gefunden. Alle Gliedmaßen sind dem Mann im lebenden Zustand entfernt worden. Er hat keine Augen und keine Zunge. In diesem außergewöhnlichen Mordfall ermitteln ein todkranker Jurist und ein traumatisierter Kriegsveteran. Ich hatte große Schwierigkeiten das nachzuvollziehen.

Bei soviel Brutalität, Schmutz und krankhaftem Verhalten musste ich Pausen einlegen um das Buch zu Ende lesen zu können.

Niklas Natt och Dag hat lange Zeit umfangreich recherchiert um die Ereignisse so wahrheitsgetreu wie möglich beschreiben zu können. Er hat detailverliebt Wetterbedingungen, Kleidung, Atmosphäre in den Unterkünften und Schänken, Moralvorstellungen, Gerichtsbarkeit, Mimik und Gedankengänge der einzelnen Protagonisten und Gerüche geschildert, beleuchtet und so gut erklärt, dass ich das Buch einfach zu Ende lesen musste. Jetzt weiß ich, wie sich das Leben in Stockholm im Jahre 1793 anfühlte.

Der Kriminalfall zog sich mit einem großen Spannungsbogen durch den ganzen Historischen Roman, hat mich aber leider nicht überzeugt. Beide ermittelnden Protagonisten waren für mich nicht glaubwürdig.



Zum Autor:

Niklas Natt och Dag, geboren 1979, arbeitet als freier Journalist in Stockholm. Der Spiegel-Bestsellerautor entstammt der ältesten Adelsfamilie Schwedens. Nicht zuletzt deshalb hat er eine besondere Verbindung zur schwedischen Geschichte. Sein historischer Kriminalroman »1793« wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Schwedischen Krimipreis für das beste Spannungsdebüt. Wenn er nicht schreibt oder liest, spielt er Gitarre, Mandoline, Geige oder die japanische Bambuslängsflöte Shakuhachi.
(der Piper-Autoren-Biographie entnommen)

Veröffentlicht am 03.05.2019

Schweigen und Lügen in verhängnisvoller Kombination

Lügenmeer
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Magnus Berg kehrt nach neunzehn Jahren in seine Heimatstadt Schwanbek zurück.
In Kiel ist er gescheitert, sowohl mit seiner Familie als auch in seinem Beruf als Anwalt. Das Jurastudium hatte er selbst ...

Magnus Berg kehrt nach neunzehn Jahren in seine Heimatstadt Schwanbek zurück.
In Kiel ist er gescheitert, sowohl mit seiner Familie als auch in seinem Beruf als Anwalt. Das Jurastudium hatte er selbst finanziert und versucht sich ein neues Leben aufzubauen. Er kann offensichtlich mit den Ereignissen vor neunzehn Jahren und der Schmach der Verurteilung durch seine Freunde und Nachbarn nicht zu Recht kommen.
Seiner Zeit verunglückte seine Freundin Milla tödlich durch einen Sturz vom Sprungturm während einer nächtlichen Schwimmbad-Party. Magnus wurde dafür verantwortlich gemacht und von seiner Umgebung als Mörder angesehen. Der Freispruch vor Gericht hat ihn vor der Vertreibung aus dem Ort nicht bewahren können.
Jetzt ist er zurück und will die Wahrheit herausfinden.

Dieser Roman entwickelt sich im Verlauf zum Psychothriller. Ein ruhig aufgebauter Thriller, der den Leser immer wieder nachdenklich inne halten lässt. Es gibt keine brutalen Täter. Niemand will morden oder auch nur verletzen, aber alle Beteiligten sind verletzt.
Sie sind verletzt und getrieben durch Ereignisse in ihrer Kindheit, die mit Lügen und Schweigen gedeckt und überspielt wurden.

Sensibel und doch gestochen scharf beleuchtet Susanne Kiem jeden einzelnen Protagonisten, so dass wir Leser die Veränderungen und Entwicklungen hautnah miterleben können.

Ziemlich schnell wird deutlich, dass die Beziehung zwischen Svenja, Milla und Magnus ungewöhnlich ist. Nachdem Svenja von Magnus’ Rückkehr gehört hat, verhält sich genau so seltsam wie vor neunzehn Jahren. Ihre psychischen Probleme und ungewöhnliche Verhaltensweise werden präzise, aber auch unspektakulär aufgezeigt. Der Leser kann seine eigenen Schlüsse daraus ziehen. Erst ganz allmählich wird das kranke Verhalten den anderen Protagonisten bewusst. Sie ziehen unterschiedliche Schlüsse daraus.

Frau Kliem zeigt hier auf herausragende Weise den Verlauf einer psychischen Erkrankung bis zur unausweichlichen Eskalation. Für den Leser war es schnell offensichtlich, für die nahe Umgebung nicht. Wie so oft im Leben.

Das Schweigen, Lügen und Wegsehen der Freunde und Nachbarn hatte fatale Folgen.

Ein Buch, das hochdramatisch und spannend zum Nachdenken anregt.

Veröffentlicht am 25.04.2019

Raffinierte Story

Alexandra
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Erst einmal herzlichen Dank an Randomhouse für das Rezensionsexemplar.

Die Autorin Natasha Bell war mir nicht bekannt. Aufmerksam auf das Buch wurde ich durch die großformatigen Buchstaben auf dem Cover.

Die ...

Erst einmal herzlichen Dank an Randomhouse für das Rezensionsexemplar.

Die Autorin Natasha Bell war mir nicht bekannt. Aufmerksam auf das Buch wurde ich durch die großformatigen Buchstaben auf dem Cover.

Die Autorin:

„Natasha Bell ist geboren und aufgewachsen in Somerset, England. Sie studierte Englische Literatur, Theater und Menschenrecht an der Universität von York, am Mount Holyoke College und der Universität von Chicago. Nach ihrer langen akademischen Ausbildung fiel es ihr wie vielen Geisteswissenschaftlern schwer, eine Anstellung zu finden, sodass sie den Rest ihrer Zwanziger in York verbrachte, wo sie in verschiedenen Berufen arbeitete. 2015 zog sie nach London und absolvierte dort einen Master in Kreativem Schreiben an der Goldsmith, wo sie ihre Agentin kennenlernte, die beim Penguin-Verlag ein Zuhause für Bell’s ersten Roman „Exhibit Alexandra“ fand. Heute lebt Bell im Südosten Londons, unterrichtet Kreatives Schreiben und schreibt selbst an weiteren Romanen.“ entnommen von LovelyBooks-Lebenslauf.

Zum Buch:

Marc und Alex Southwood leben als glückliche und zufriedene Familie in York. Ihre zwei Töchter Charlotte und Lizzie wachsen in harmonischer Umgebung auf.
Alexandra studierte Kunst in New York, gab aber ihr Studium vor zwölf Jahren auf um mit Marc eine Familie zu gründen. Ihr Leben hätte nicht harmonischer und liebevoller sein können, bis Alex plötzlich auf dem Heimweg von der Universität, wo sie seit einiger Zeit unterrichtete, verschwindet und nicht mehr nach Hause kommt.
Nach Tagen der Ungewissheit findet die Polizei am Flussufer Alex’ Fahrrad, ihre Kleidung und jede Menge Blut.


Raffinierte Story

Wow was für eine Thriller, wieder einmal unblutig!

Von der ersten bis zur letzten Seite ist dieser Thriller spannend, überraschend, rätselhaft, irritierend und teilweise unfassbar. Der Schreibstil ist sehr flüssig und gut lesbar. Das Buch ist schwer aus der Hand zu legen. Bei den traurigen Passagen musste ich manchmal schlucken, aber es war nie kitschig oder klischeehaft.

Die Verzweiflung und Marcs Unglaube, dass seine Frau tot sein könnte, ist immer präsent und kommt glaubhaft rüber. Die Verzagtheit mit der er das Leben seiner Töchter und auch seins versucht wieder in Griff zu bekommen ist gut nachzuvollziehen.

Zu der Geschichte möchte ich eigentlich gar nichts sagen, um nichts von der Dramatik zu nehmen.

Nur soviel: Frau Bell führt uns und auch ihre Protagonisten meisterhaft an der Nase herum und lädt zum Nachdenken und Diskutieren ein.

Ein Buch, das den Leser nicht so schnell loslässt.