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Veröffentlicht am 12.08.2020

Großartige Novelle

Der alte Mann und das Meer
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Die Novelle bzw. Kurzgeschichte habe ich jetzt, nach vielen Jahren, zum zweiten Mal gelesen – und bin wieder hellauf von der Erzählweise und dem Schreibstil von Ernest Hemingway begeistert.

„Der alte ...

Die Novelle bzw. Kurzgeschichte habe ich jetzt, nach vielen Jahren, zum zweiten Mal gelesen – und bin wieder hellauf von der Erzählweise und dem Schreibstil von Ernest Hemingway begeistert.

„Der alte Mann und das Meer“ ist und bleibt ein Klassiker. Großartig, wie es Hemingway gelingt den Leser zu fesseln, obwohl eigentlich nicht allzu viel geschieht. Er lässt uns die drei Tage und drei Nächte auf dem offenen Meer vor Kuba zusammen mit dem alten Mann kämpfen und leiden, lässt uns bangen und, auch wenn man die Geschichte schon kennt, hoffen, dass es diesmal für Santiago, den alten Fischer, gut ausgehen mag. Am Schluss bleibt man sehr nachdenklich zurück.

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Veröffentlicht am 08.08.2020

Knifflige Polizeiarbeit …

Der Tote auf Amrum
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Hauptkommissarin Lena Lorenzen vom LKA Schleswig-Holstein wird mit zwei Kollegen nach Amrum, die Insel auf der sie aufgewachsen ist, geschickt, um einen neuen Fall zu bearbeiten. Der reiche Immobilienbesitzer ...

Hauptkommissarin Lena Lorenzen vom LKA Schleswig-Holstein wird mit zwei Kollegen nach Amrum, die Insel auf der sie aufgewachsen ist, geschickt, um einen neuen Fall zu bearbeiten. Der reiche Immobilienbesitzer Marten Hilmer wurde dort tot aufgefunden, vergiftet, wie die Gerichtsmedizin am Institut Kiel feststellte. Der Fall scheint zunächst einfach, denn für einen Mord an dem allseits angesehenen Mann kann es nur zwei Gründe geben: Es fühlt sich jemand bei Immobilienkauf betrogen oder der Mord geschah aus Eifersucht und ist auf eine seiner zahlreichen Frauenbekanntschaften zurückzuführen. Dann entdeckt Lena im Haus des Opfers ein Foto ihrer verstorbenen Mutter …

Die Autorin Anna Johannsen wuchs in Nordfriesland auf, wo auch ihre Kriminalromane beheimatet sind. 2017 veröffentlichte sie ihren ersten ‚Inselkrimi‘, auf den jährlich zwei weitere folgten. „Der Tote auf Amrum“ ist der 6. Fall für die Inselkommissarin.

Ein interessanter Plot und eine wunderschöne Kulisse für die Handlung, doch leider wurde dieses Potential nur unzureichend ausgeschöpft. Der Kriminalfall besteht überwiegend aus monotoner Polizeiarbeit mit vielen Besprechungen und immer wiederkehrenden langweiligen Zeugenbefragungen, währenddessen das Privatleben der Kommissarin und ihrer Mitarbeiter ebenso eintönig dahinplätschert. Spannung sucht man vergebens und überraschende Wendungen sind Mangelware.

Obwohl die Geschichte aus der Perspektive der Inselkommissarin Lena Lorenzen erzählt wird, blieb diese mir fremd und ihre privaten Probleme konnten mich nicht berühren. Außerdem vermisste ich sehr stark die Atmosphäre der Insel. Man liest zwar von einigen Strandspaziergängen, doch leider vermisste ich das Rauschen der Wellen, konnte den Wind nicht spüren und das Schreien der Möwen nicht hören, war also nicht wirklich dabei. Anders als zu Anfang vermutet ergab sich für mich dann die Lösung des Falles, die jedoch schon lange vor dem eigentlichen Ende zu erahnen ist.

Fazit: Ein solider, schlüssig gelöster Krimi – wenig Spannung, wenig ‚Inselflair‘.

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Veröffentlicht am 03.08.2020

Die letzte Reise …

Der letzte Satz
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Einsam und alleine sitzt Gustav Mahler an Deck der „Amerika“ und schaut aufs Meer. Er fiebert und friert, man hat ihn in Wolldecken gewickelt – er ist krank, todkrank, und er möchte alleine sein. Es ist ...

Einsam und alleine sitzt Gustav Mahler an Deck der „Amerika“ und schaut aufs Meer. Er fiebert und friert, man hat ihn in Wolldecken gewickelt – er ist krank, todkrank, und er möchte alleine sein. Es ist seine letzte Überfahrt von New York nach Europa. Mahlers Frau Alma und seine kleine Tochter Anne sind mit an Bord, sie sind beim Frühstück. Er sollte bei ihnen sein, doch er hat keinen Appetit, kann nichts mehr essen. Während er so sitzt, lässt er Stationen seines Lebens Revue passieren. Er erinnert sich an Höhen und Tiefen, an Freud und Leid …

Es ist ein bedrückendes Stück geschichtlicher Tatsache, das ergreifende Schicksal eines begnadeten Komponisten und berühmtesten Dirigenten seiner Zeit, was der österreichische Schriftsteller Robert Seethaler ( 1966 in Wien) in seinem neuesten Roman „Der letzte Satz“ beschreibt. Er lässt den Leser teilhaben an den Gedanken, die Gustav Mahler auf seiner letzten Reise bewegen. Wir erfahren von seiner schweren Krankheit und von ständig wiederkehrenden Schmerzen, aber auch von glücklichen und triumphalen Ereignissen in seinem Leben. Wir erleben den Tod seiner ersten Tochter Maria, die ihm oft noch in seinen Träumen erscheint und wir lesen von seiner großen Liebe, seiner Frau Alma, die sich ihm längst entfremdet hat.

Der Schreibstil des Autors ist klar und schnörkellos, dennoch einfühlsam mit sehr viel Tiefgang. Er ist angenehm flüssig und vermittelt mit liebevollen und gut recherchierten Details einen guten Einblick in Gustav Mahlers Gedankenwelt. Das Geschehen ist, mit Rückblicken in die Vergangenheit, chronologisch aufbereitet und vermittelt ein atmosphärisch dichtes Bild über Mahlers Leben und Wirken. Robert Seethaler schafft es, trotz der Schwere des Themas eine gewisse Leichtigkeit und Unbeschwertheit durchdringen zu lassen.

Fazit:* Ein außergewöhnlicher Roman, ein eindrucksvolles Stück Literatur, das vorwiegend auf tatsächlichen Geschehnissen basiert.

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Veröffentlicht am 03.08.2020

Flüchtlingsschicksal

Im Meer schwimmen Krokodile -
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Nachdem ich gerade den neuesten Roman des italienischen Schriftstellers Fabio Geda, „Ein Sonntag mit Elena“, gelesen habe, habe ich das bereits 2010 erschienene Buch „Im Meer schwimmen Krokodile“ Eine ...

Nachdem ich gerade den neuesten Roman des italienischen Schriftstellers Fabio Geda, „Ein Sonntag mit Elena“, gelesen habe, habe ich das bereits 2010 erschienene Buch „Im Meer schwimmen Krokodile“ Eine wahre Geschichte, nochmals gelesen. Die Geschichte hat sich der Autor einige Jahre nach seiner Flucht von Enaiat selbst erzählen lassen und für ihn aufgeschrieben:

Es ist die beinahe unglaubliche Fluchtgeschichte des anfangs 9jährigen afghanischen Jungen Enaiat, der nach einer acht Jahre dauernden dramatischen Irrfahrt nun endlich in Italien eine neue Heimat gefunden hat. Es war die Hoffnung auf ein besseres Leben, auf eine Zukunft ohne Krieg, die seine Mutter veranlasste, ihn heimlich von Afghanistan nach Pakistan zu schmuggeln. Auf seinen weiteren Weg gab sie ihm drei Gebote mit: nie Drogen zu nehmen, nie Waffen zu benutzen und nicht zu stehlen. Vollkommen auf sich allein gestellt, sucht sich der Junge zunächst eine Unterkunft und Arbeit, um seine weitere Flucht in den Iran finanzieren zu können. Es gelingt ihm in den Iran zu kommen, von dort in die Türkei und über Griechenland dann nach Italien. Dass ihm dies letztendlich gelang ist außer großem Glück auch seinem Fleiß und seiner Zähigkeit zu verdanken. Zwischen den einzelnen Stationen liegen oft mehrere Jahre, in denen er arbeitete, Schmuggler bezahlte, über schneebedeckte Berge wanderte, eingepfercht im Lastwagen weiterfuhr und im Schlauchboot übers Meer ruderte. Er erlebte Brutalität und Rücksichtslosigkeit, war dem Tod oft näher als dem Leben – erfuhr aber auch Hilfsbereitschaft, menschliche Wärme und Freundschaft.

Das Buch ist mehr als die reine Erzählung eines Flüchtlingsschicksals, es zeigt einfühlsam, warum Menschen solche Strapazen auf sich nehmen. Es ist auch eine versteckte Anklage gegen korrupte Polizei und Ordnungshüter und prangert die Tätigkeit der Schmuggler an, die aus dem Elend der Menschen ein Geschäft machen und Unternehmer, die ihre Großbaustellen mit billigen „Illegalen“ betreiben. Es sind abenteuerliche Begegnungen und oft sehr gefährliche Erlebnisse die dem Jungen bis zu seinem Happy End in Italien widerfahren sind. Dass das nicht allen Flüchtlingen gelingt, viele werden inhaftiert, kommen in Lager oder sterben, auch davon erzählt dieses Buch.

Fazit: Ein einfühlsam geschriebenes Buch über die abenteuerliche Flucht eines jungen Afghanen nach Italien. Es rüttelt auf und stimmt nachdenklich, denn es ist heute aktueller denn je.

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Veröffentlicht am 31.07.2020

Familiengeschichten

Ein Sonntag mit Elena
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Seit Stunden steht er schon in der Küche, der 67jährige verwitwete Ingenieur, um das Mittagessen für seine älteste Tochter Sonia und ihrer Familie zu kochen, als der Anruf kommt - leider sind sie verhindert, ...

Seit Stunden steht er schon in der Küche, der 67jährige verwitwete Ingenieur, um das Mittagessen für seine älteste Tochter Sonia und ihrer Familie zu kochen, als der Anruf kommt - leider sind sie verhindert, eines der Mädchen hat sich den Arm gebrochen. Enttäuscht verlässt er das Haus, um der drohenden Einsamkeit dieses Sonntags zu entfliehen. Seit seine Frau vor einigen Monaten tödlich verunglückte, ist es still um ihn geworden. Sein Sohn Alessandro lebt und arbeitet in Helsinki, seine Tochter Sonia wohnt mit ihrer Familie eine Autostunde entfernt und zu Giulia, seiner zweiten Tochter die ständig in aller Welt auf Reisen ist, hat er keinen Kontakt mehr. So spaziert er zum nahegelegenen Skatepark, wo ein etwa 11jähriger Junge auf seinem Board in der Halfpipe seine Übungen macht. Bei einem Sturz des Jungen kommt er mit dessen Mutter, die sich als Elena vorstellt, ins Gespräch. Seit ihr Mann verstorben ist, erfährt er, erzieht sie ihren Sohn Gaston alleine. Auch sie ist einsam. Kurzerhand lädt er die beiden zum Essen zu sich nach Hause ein. Eine flüchtige Begegnung und ein Entschluss, der das Leben dieser Menschen in ferner Zukunft nachhaltig verändern wird …

Der italienische Schriftsteller und Journalist Fabio Geda wurde 1972 in Turin geboren. Er studierte Kommunikationswissenschaften, schrieb für Zeitungen und arbeitete als Lehrer im sozialen Bereich, ehe er mit seinem zweiten Roman „Im Meer schwimmen Krokodile“, der auch in Deutschland auf den Bestsellerlisten stand, bekannt wurde. „Ein Sonntag mit Elena“ („Una Domenica“) ist der neueste Roman des Autors, der am 17.08.2020 im Hanser-Verlag München erscheint.

Anders als vielleicht erwartet steht nicht dieser eine Sonntag im Mittelpunkt des Geschehens, sondern das Leben des Protagonisten mit seiner Familie vor und, gegen Ende der Geschichte, auch nach diesem Sonntag. Der Autor lässt Giulia, die zweite Tochter des Protagonisten, die Ereignisse erzählen. Wir erfahren von ihrem derzeitigen Zerwürfnis mit dem Vater, wie es dazu kam und erleben, wie sie sich allmählich wieder annähern. Wir lernen nach und nach auch die anderen Familienmitglieder kennen und können an ihrem Leben teilhaben. Dass der besagte Sonntag jedoch für die Beteiligten eine entscheidende Bedeutung hatte, merkt der Leser erst am Ende des Buches.

Eine beschauliche Geschichte ohne aufregende Ereignisse, dennoch interessant zu lesen. Es passiert wenig und gleichzeitig sehr viel. Der Schreibstil ist äußerst ausdrucksstark und dabei harmonisch und in angenehm ruhigem Plauderton gehalten. Es werden mannigfache Probleme des Zusammenlebens behandelt, was den Leser oft innehalten und das eigene Leben reflektieren lässt. Die Grundstimmung ist eher etwas schwermütig, wird jedoch zum Schluss hin freundlicher und hoffnungsvoller.

Fazit: Ein intelligentes kleines Buch über das Leben mit all seinen Facetten – ich habe es sehr gerne gelesen.

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