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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.03.2025

Extrem spannend, aber eben auch extrem

Der Nachtgänger
5

Sie können kein Blut sehen? Und davon lesen geht auch nicht? Dann sollten Sie den neuesten Band aus der Reihe um den Schweden-Ermittler Joona Linna erst gar nicht aufschlagen. Das Blut trieft hier von ...

Sie können kein Blut sehen? Und davon lesen geht auch nicht? Dann sollten Sie den neuesten Band aus der Reihe um den Schweden-Ermittler Joona Linna erst gar nicht aufschlagen. Das Blut trieft hier von vielen Seiten, eine dezente Zurückhaltung in der Beschreibung der Opfer und ihrer verstreuten Einzelteile legt das Autoren-Duo Lars gerade nicht an den Tag.

Der dringend Tatverdächtige junge Hugo wacht beispielsweise zu Beginn sehr verwirrt auf dem abgetrennten Arm des Opfers auf. Um ihn herum ist alles in Blut getaucht und zwei leicht überforderte Polizisten befinden sich am Tatort. Hugo (Hobby: Schlafwandeln) behauptet, sich an nichts zu erinnern.

Wenn dagegen eine spannungsgeladene Atmosphäre (und der Beginn ist nur ein Beispiel hierfür), actionreiche Szenen mit gar nicht so leichtem Hang zur Übertreibung und ein detailreich gezeichnetes Personal ihr Ding sind, dann passt dieser Roman fast auf jeder Seite wie die Faust aufs Auge bzw. die Axt aufs Opfer zu Ihnen.

Der Einzige, der nicht so intensiv gezeichnet ist, ist der Protagonist Joona Linna selbst. Der Selbige erkennt oft mit einem einzigen Blick, was Sache ist, hat – natürlich besonders am Ende bei der Auflösung – plötzlich die richtige Intuition und ist auch körperlich wirklich fit. James Bond und manch anderer Filmheld wären wahrscheinlich blass vor Neid.

So treten die anderen Figuren in den Vordergrund: die Opfer, Zeugen und Verdächtigen nämlich. Es wird ein dichtes Bild des Tat-Umfeldes entworfen. Dies macht es leicht, sich im aktuellen Feld zurechtzufinden, auch wenn man die Vorgänger-Bände nicht kennt. Und dieses Figuren-Personal ist ziemlich groß, da ziemlich viele Menschen durch die Axt des Täters oder der Täterin ihr Ende finden.

Die Motivation zu diesen Taten schält sich für die Leserschaft immer mehr wie aus einem Kokon. Trotzdem bleiben viele Fragen offen, die einen durch die Seiten des Romans treiben. Bewerber für die Täter-Rolle gibt es immer wieder, man kann aber trefflich spekulieren, wer es wirklich ist.

In einem apokalyptischen Finale wird dann alles stimmig, aber doch überraschend aufgelöst.

Fazit: ein blutiges, sehr spannendes Spektakel nach allen Regeln der Thriller-Kunst, das einige Male ins Extreme abgleitet

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Veröffentlicht am 22.11.2024

Köstliche Verwicklungen

Gregs Tagebuch 19 - So ein Schlamassel!
1

Wenn eine in Gregs Familie weiß, wie man den Rest der Sippe um den Finger wickelt, ist das Gregs Oma. Ihre unangefochtene Machtposition beruht auf ihren legendären Fleischbällchen. Das Rezept dieser Pasta-Beilagen ...

Wenn eine in Gregs Familie weiß, wie man den Rest der Sippe um den Finger wickelt, ist das Gregs Oma. Ihre unangefochtene Machtposition beruht auf ihren legendären Fleischbällchen. Das Rezept dieser Pasta-Beilagen hält sie streng geheim. Was sie kocht, wird gegessen, was sie anschafft wird erledigt. So ist’s kein Wunder, dass sich die Familie ohne Diskussion von ihr dazu dirigieren lässt, einen gemeinsamen Sommerurlaub im Strandhaus zu verbringen. Denn schließlich war das früher bei Gregs Mutter und ihren Schwestern der Standardurlaub. Nostalgie kann nicht verkehrt sein – so bestimmt es Oma.

Dass sich Mama Heffley und ihre Schwester gar nicht verstehen, Greg überhaupt nicht gern am Strand urlaubt und die Zwillinge von Tante Gretchen unausstehliche Plagen sind, bietet beste Voraussetzungen für ein höchst unterhaltsames Buch und Verwicklungen der amüsantesten Art.

Das Cover illustriert dies aufs Beste: Greg steckt in einem Berg Nudeln mit Fleischbällchen und ist darin genauso hoffnungslos gefangen wie in den familiären Verstrickungen während des Verwandtschaftsurlaubs.
Die lustigen Episoden erinnern immer wieder an Situationen, die aus der eigenen Familie bekannt sind – obschon oder gerade weil sie natürlich extrem überzeichnet geschildert und gezeichnet sind.

So muss die gesamte Urlaubsbande auf Anordnung von Gregs Mutter ein gemeinsames Event bestreiten. Ob die Leuchtturmführung, die es am Ende wird, wirklich so vielen Familienmitgliedern Spaß bereitet, bleibt fraglich.
Ein Spieleabend mit einer Monopoly-Version zieht sich über Stunden, die Regeln sind hochkompliziert und zum Teil umstritten und wird schließlich durch Gregs Mama mit einem Randale-Akt beendet.

Erneut trifft Jeff Kinney mit seiner Comic-Erzählung genau ins Schwarze: Er weiß, wie Familie funktioniert oder nicht funktioniert und übersetzt dies in überspitzte Situationen und Bilder. Die einzelnen Episoden fügen sich zu einer flüssig in einem Rutsch zu lesenden Story mit der Garantie zum Dauer-Schmunzeln.
Was am Anfang noch bedauerlich zu sein scheint, dass nämlich Oma selbst nicht am Urlaub teilnimmt, löst die Schlusspointe gekonnt auf
.
Und übrig bleibt: Familie ist das Beste und Schlimmste zugleich!

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Veröffentlicht am 14.09.2024

Ein gelungener Auftakt - aber auch nicht mehr

Im Labyrinth der Rache
0

Francis Ackerman junior, der berühmteste Serienmörder der Welt, wird zum Exportschlager. Nachdem er bisher nur in den USA gemordet und anschließend für das FBI Mörder gefangen hat, wirkt er in diesem Band ...

Francis Ackerman junior, der berühmteste Serienmörder der Welt, wird zum Exportschlager. Nachdem er bisher nur in den USA gemordet und anschließend für das FBI Mörder gefangen hat, wirkt er in diesem Band erstmals außerhalb der USA.

Auch seine Jobbeschreibung ist eine neue: Die Arbeitsstelle als Serienmörder hat er sowieso seit einiger Zeit gekündigt, aber auch die Anstellung beim FBI ist nicht mehr aktuell: Nachdem Demon, sein Gegenspieler aus dem letzten Ackerman-Band, in den Medien enthüllt hat, dass ein Kapitalverbrecher dem FBI zuarbeitet, muss Ackerman jr. flüchten.

Ebendieser Demon, seines Zeichens Vorsitzender eines kriminellen Imperiums, ist nicht mehr am Leben. Er hat jedoch ein heiß begehrtes digitales Büchlein hinterlassen, in dem die Namen und Untaten zahlreicher Verbrecher verzeichnet sind. Francis und Demons Tochter können nur gemeinsam den Zugriff auf die Liste erlangen. Genau das ist das Ziel von Ackermans Reise nach Glasgow, die gleichzeitig den Auftakt der neuen Hüter-Reihe bildet.
Man merkt dem Band durchaus an, dass er ein Auftakt sein soll: Ein ganzes Kaleidoskop von Figuren wird eingeführt oder wieder aufgefrischt. Und als Leser oder Leserin kann man sich nicht sicher sein, wer in den nächsten Bänden eine Rolle spielen wird. Der ominöse Hüter dagegen spielt zunächst kaum eine Rolle. Erst gegen Ende betritt er die Bühne.

Diese Vielzahl von Handlungsfäden und Personen bremst meiner Meinung nach anfangs den Spannungsbogen etwas aus, dann aber entwickelt sich die gewohnte Ethan-Cross-Dynamik. Ackerman und seine Team entwickeln originelle Einfälle, um die kniffligen und meist lebensbedrohlichen Situationen zu lösen. Geschickt eingesetzt werden hier unter anderem ein Ohrring samt einem Teil des Ohrläppchens und ein Bagger, der mit Gaffer-Tape effektiv aufgerüstet wird. Im erwähnten Team befindet sich Markus, Ackermans Bruder im Krankenstand und trotzdem im Einsatz, sowie der zum Teil wie ein Agenten-Praktikant anmutende Jesse Gibson. Von den USA aus arbeitet Nadia Shirazi zu.

Nadia und Francis sind noch nicht lange Zeit ein Paar. In einer Beziehung zu sein, stellt Francis fast vor größere Herausforderungen als sein Job in Glasgow. Die Dialoge zwischen Nadia und dem beziehungsunerfahrenen Francis entlocken einem das eine oder andere Schmunzeln. Generell ist die Sprache eine Stärke des Romans: Der Gegensatz zwischen brutalsten Aktionen und einer sehr gewählten Ausdrucksweise von Francis machen einfach Spaß.

Gewöhnungsbedürftig ist dagegen das in meinen Augen etwas zu offene Ende. Hoffen wir auf ein baldiges Erscheinen des nächsten Hüter-Bandes: Denn dramaturgisches Potenzial für eine Fortsetzung ist mit „Im Labyrinth der Rache“ mehr als angelegt.

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Veröffentlicht am 21.03.2024

Ein Roman zum Mitfühlen und Mitdenken

Zeit der Schuldigen
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Volker März hat eine Siebzehnjährige vergewaltigt und danach bestialisch auf sie eingestochen. Das steht jedenfalls mehrere Jahrzehnte später eindeutig fest. Denn erst da reicht aufgrund des technologischen ...

Volker März hat eine Siebzehnjährige vergewaltigt und danach bestialisch auf sie eingestochen. Das steht jedenfalls mehrere Jahrzehnte später eindeutig fest. Denn erst da reicht aufgrund des technologischen Fortschritts die Auswertung der Spuren am Mordopfer juristisch für eine Verurteilung aus.
Trotzdem bleibt März ein freier Mann. Er wird nicht verurteilt. Da die Beweislage im damaligen Prozess nicht ausreichend war und ein Freispruch erfolgte, kann er nicht ein zweites Mal für denselben Tatbestand vors Gericht zitiert werden.
Ist dies nicht ungeheuerlich? Wird da nicht die Gerechtigkeit mit Füßen getreten? Oder schützt dieser in Deutschland geltende Rechtsgrundsatz einfach alle Bürgerinnen oder Bürger vor einer lebenslangen Verfolgung durch die Justiz für denselben Tatvorwurf? Muss nicht ein einmal erfolgter Richterspruch ein für alle Mal Gültigkeit haben.

Um diese Kernfrage dreht sich Markus Thieles Roman „Zeit der Schuldigen“, der sich am wahren Fall der Frederike von Möhlmann orientiert.
Der Roman ist aber kein Gerichts- und Prozessroman, kein Austauschen von Argumenten und Gegenargumenten, die von Anwälten, Staatsanwälten, Richtern sowie anderen Prozessbeteiligten vorgebracht werden.
Dieser Roman lässt einen in die Gefühle, Gedanken und die Zeit der Betroffenen schlüpfen. Die Achtziger erstehen wieder auf und mit ihnen verschiedene Figuren, welche die Ungerechtigkeit des Rechtssystems nicht dozierend aussprechen, sondern die Leserin und den Leser spüren lassen: der tief getroffene Vater der getöteten Nina, der engagierte Polizist Margraf, der März damals verhaftet hat und seinen Freispruch erleben musste und nicht zuletzt die Polizistin Anne, die in der Gegenwart eine ganz persönliche Rechnung mit dem Täter begleichen will – mehr als 40 Jahre nach der Tat.
Dem Autor gelingt es durchweg, stimmige Details in seine Schilderung der Figuren und Szenen zu verweben. Die kalte, Prozessregeln abarbeitende Gerichtsmaschinerie wird so genauso spürbar wie der Wunsch des Umfeldes von Nina, Gerechtigkeit zu erfahren. Obwohl man ahnt, dass der Roman kein anderes Ende nimmt als der wahre Verlauf der Geschichte, erwischt man sich immer wieder dabei, doch noch auf eine Wendung zu hoffen, das Happy End herbeizusehnen.
Dieser Roman regt zum Mitfühlen und zum Mitdenken an.

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Veröffentlicht am 17.12.2023

Greg in der Schule - sehr witzig und sehr monothematisch

Gregs Tagebuch 18 - Kein Plan von nix
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Zum Inhalt

Auf Greg Heffleys Schule läuft’s nicht rund: Bei einem Test belegte die Bildungsanstalt den letzten Platz im gesamten Bundesstaat. Das verwundert nicht – denn im Unterricht wird der Lehrplan ...

Zum Inhalt

Auf Greg Heffleys Schule läuft’s nicht rund: Bei einem Test belegte die Bildungsanstalt den letzten Platz im gesamten Bundesstaat. Das verwundert nicht – denn im Unterricht wird der Lehrplan nicht sehr penibel umgesetzt. So lässt sich die Bald-Pensionärin Mrs Lacky von der Klasse in Sozialwissenschaften das beste Angebot für ihre Ruhestandskreuzfahrt austüfteln, die Geometrielehrerin diskutiert am liebsten über ihren neuen Hund und der Naturwissenschaftspauker klärt über die Zusammensetzung von Fürzen auf.
Das hat Folgen: Nach dem Testergebnis werden einige neue Ideen umgesetzt. Sponsoren mischen nun im Schulbetrieb kräftig mit. Für erfolgreiche Schüler werden Anreize in Form der Mitgliedschaft im Überfliegerclub geschaffen, was für die Mitglieder zum Beispiel mehr Beinfreiheit im Unterricht zu Folge hat.
Trotzdem droht die Schließung der Schule. Ein neuerlicher Test soll darüber entscheiden. Und Greg fragt sich, was aus ihm und seiner Schulkarriere werden soll.

Meine Meinung

Wieder gelingt es dem Jeff Kinney, aktuelle gesellschaftliche Strömungen durch witzige Pointierungen in eine Geschichte und in Bilder zu fassen.
Aus Geldnot müssen die Schüler Nudeln aus der Mensa statt Bandwürmer zensieren, in der Mensa werden mit Karamell überzogene Tofu-Hotdogs angeboten und der Lateinlehrer bringt eine Fantasiesprache bei, da er eigentlich gar kein Latein kann! Das brachte mich nicht nur zum Schmunzeln, sondern ließ mich manchmal auch mehr als das Fünkchen Wahrheit entdecken: Mangelnde Schulausstattung, die Fokussierung auf Gesundheitstrends und unausgebildete Seiteneinsteiger als Lehrkräfte sind nur manche der Entwicklungen, die nicht nur in den USA zu beobachten sind.
Bei diesem Band der Reihe steht meiner Meinung nach die Thematik Schule im Vordergrund. Sie dominiert fast vollständig die gesamte Handlung. Von der Schule unabhängige Erlebnisse Gregs in der Familie oder mit seinen Freunden sind so gut wie nicht zu finden. Selbst das Date Gregs mit seiner Flamme führt letztendlich zu einschneidenden Folgen für den Schulstandort.
Die Auflösung am Ende kommt bei mir am Ende etwas zu schnell, besonders im Vergleich zur ausführlichen Darstellung der Probleme in Gregs Schule.
Ansonsten aber hat mir dieser Comic-Roman mit seiner Figurenzeichnung und seinem Witz wieder sehr gut gefallen – wenn er diesmal auch ein reines Schul-Special war.

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