Extrem spannend, aber eben auch extrem
Der NachtgängerSie können kein Blut sehen? Und davon lesen geht auch nicht? Dann sollten Sie den neuesten Band aus der Reihe um den Schweden-Ermittler Joona Linna erst gar nicht aufschlagen. Das Blut trieft hier von ...
Sie können kein Blut sehen? Und davon lesen geht auch nicht? Dann sollten Sie den neuesten Band aus der Reihe um den Schweden-Ermittler Joona Linna erst gar nicht aufschlagen. Das Blut trieft hier von vielen Seiten, eine dezente Zurückhaltung in der Beschreibung der Opfer und ihrer verstreuten Einzelteile legt das Autoren-Duo Lars gerade nicht an den Tag.
Der dringend Tatverdächtige junge Hugo wacht beispielsweise zu Beginn sehr verwirrt auf dem abgetrennten Arm des Opfers auf. Um ihn herum ist alles in Blut getaucht und zwei leicht überforderte Polizisten befinden sich am Tatort. Hugo (Hobby: Schlafwandeln) behauptet, sich an nichts zu erinnern.
Wenn dagegen eine spannungsgeladene Atmosphäre (und der Beginn ist nur ein Beispiel hierfür), actionreiche Szenen mit gar nicht so leichtem Hang zur Übertreibung und ein detailreich gezeichnetes Personal ihr Ding sind, dann passt dieser Roman fast auf jeder Seite wie die Faust aufs Auge bzw. die Axt aufs Opfer zu Ihnen.
Der Einzige, der nicht so intensiv gezeichnet ist, ist der Protagonist Joona Linna selbst. Der Selbige erkennt oft mit einem einzigen Blick, was Sache ist, hat – natürlich besonders am Ende bei der Auflösung – plötzlich die richtige Intuition und ist auch körperlich wirklich fit. James Bond und manch anderer Filmheld wären wahrscheinlich blass vor Neid.
So treten die anderen Figuren in den Vordergrund: die Opfer, Zeugen und Verdächtigen nämlich. Es wird ein dichtes Bild des Tat-Umfeldes entworfen. Dies macht es leicht, sich im aktuellen Feld zurechtzufinden, auch wenn man die Vorgänger-Bände nicht kennt. Und dieses Figuren-Personal ist ziemlich groß, da ziemlich viele Menschen durch die Axt des Täters oder der Täterin ihr Ende finden.
Die Motivation zu diesen Taten schält sich für die Leserschaft immer mehr wie aus einem Kokon. Trotzdem bleiben viele Fragen offen, die einen durch die Seiten des Romans treiben. Bewerber für die Täter-Rolle gibt es immer wieder, man kann aber trefflich spekulieren, wer es wirklich ist.
In einem apokalyptischen Finale wird dann alles stimmig, aber doch überraschend aufgelöst.
Fazit: ein blutiges, sehr spannendes Spektakel nach allen Regeln der Thriller-Kunst, das einige Male ins Extreme abgleitet