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Veröffentlicht am 09.12.2025

✎ Selma Noort - Das kleine Haus am Fluss

Das kleine Haus am Fluss
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Ich hatte mich auf die Lektüre des Kinderromans „Das kleine Haus am Fluss“ gefreut, weil der Klappentext eine dichte, gefühlsnahe Handlung versprach.

Der Einstieg liefert die erwartete Wucht. Der LKW-Unfall ...

Ich hatte mich auf die Lektüre des Kinderromans „Das kleine Haus am Fluss“ gefreut, weil der Klappentext eine dichte, gefühlsnahe Handlung versprach.

Der Einstieg liefert die erwartete Wucht. Der LKW-Unfall spielt direkt eine zentrale Rolle, doch die Erwähnung dessen nimmt dem Moment die notwendige Fallhöhe. Die Szene bleibt intensiv, verliert für mich aber sofort ihren Nachhall.

Selma Noort legt zahlreiche gesellschaftliche und familiäre Belastungen übereinander. Die älteren Figuren tragen die Folgen eines langen Lebens, welches sie teilweise zunehmend überfordert. Die nachfolgende Generation navigiert Migration, komplexe Familienstrukturen und psychische Krisen. Juss und Amber stehen als Kinder im Zentrum eines Geflechts aus Verlust, Übergang und stillen Brüchen, das sich in Gegenwart und Vergangenheit spiegelt. Diese thematische Fülle wird handhabbar erzählt, aber der erzählerische Zug bleibt gedämpft, weil es sehr viel auf engem Raum ist.

Die Szenen zwischen Juss und Amber bilden den lebendigsten Teil. Ihre impulsive Art wirkte auf mich stellenweise jünger, aber gerade diese Unmittelbarkeit bringt Energie und erinnert an eine Kindheit, die noch ohne ständige Selbstinszenierung auskommt. Ihre Freiheit wirkt nicht künstlich, sondern wie ein Rückgriff auf ein kindliches Erleben, das heute meiner persönlichen Erfahrung nach in städtischer Umgebung selten geworden ist.

Der Roman vermittelt trotz ernster Themen ein Gefühl von Zusammenhalt. Die leise Hoffnung, die zwischen den Zeilen aufscheint, entsteht nicht aus Dramatisierung, sondern aus der Beobachtung alltäglicher Verletzlichkeit. Verlust und Neubeginn liegen oft nah beieinander …

©2025 Mademoiselle Cake

Veröffentlicht am 04.12.2025

✎ Stefanie Taschinski - Funklerwald

Funklerwald
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Der Klappentext von „Funklerwald“ hat mich direkt angesprochen. Themen wie Toleranz und Anderssein sind allgegenwärtig und genau diese Werte möchte ich meinem Kind mit auf den Weg geben.Mit der Geschichte ...

Der Klappentext von „Funklerwald“ hat mich direkt angesprochen. Themen wie Toleranz und Anderssein sind allgegenwärtig und genau diese Werte möchte ich meinem Kind mit auf den Weg geben.Mit der Geschichte um das Luchsmädchen Lumi und den Waschbärenjungen Rus hat Stefanie Taschinski in meinen Augen etwas sehr Lesenswertes geschrieben. Anfangs war ich skeptisch, weil die Figuren sprechende Tiere sind. Doch das Konzept funktioniert: Die Tiere werden nicht märchenhaft vermenschlicht, sie tragen keine übersinnlichen Kräfte, sondern erleben Konflikte und Gefühle, die nachvollziehbar bleiben.

Lediglich das Ereignis mit den Früchten passt für mich nicht ins Gesamtkonzept. Ich finde, da hat es sich die Autorin ein bisschen leicht gemacht und die Situation etwas zu bequem gelöst. Ansonsten haben Lumi und ihre Freund*innen einfach eine Stimme bekommen.

Die Handlung ist packend: Rus und seine Familie fliehen und hoffen, im Funklerwald eine neue Heimat zu finden. Viele Bewohner lehnen sie ab - Angst, Misstrauen und Vorurteile bestimmen das Zusammenleben. Stefanie Taschinski schafft mit Lumi eine Figur, die neugierig bleibt, sich empathisch zeigt und bereit ist, Unbekanntes zu hinterfragen. Die Reise von Lumi und Rus zum geheimnisvollen Wandelbaum verdeutlicht eindrucksvoll, wie wichtig Mitgefühl und Zusammenhalt sind.

Freundschaft, Respekt und Mut, sich gegen Diskriminierung zu stellen, sind lobenswerte Aspekte. Die Parabel auf Migration und Ausgrenzung ist sehr gelungen. Das Buch erlaubt es Kindern und Erwachsenen gleichermaßen, über Toleranz nachzudenken.

Die Schwarz-Weiß-Illustrationen von Verena Körting wirken stimmungsvoll und fügen sich dezent ein, dennoch hätte ich mir farbige Bilder gewünscht, da manche Details im monochromen Stil verloren gehen.

Die kurzen Kapitel machen das Buch ideal für Kinder im Grundschulalter, gerade wenn sie noch nicht lange am Stück lesen. Die dramatischen und spannenden Szenen fesseln, ohne zu überfordern. Gleichzeitig kann das Werk Anlass zu Gesprächen über Andersartigkeit, Gerechtigkeit und Empathie sein - so wie ich es mir vorgestellt habe. Ich finde, das Buch eignet sich gut für gemeinsames Lesen oder als Klassenlektüre in einer 4. Klasse.

„Funklerwald“ hinterlässt bei mir den Eindruck einer klugen und sensiblen Erzählung: eine Geschichte, die Einfühlungsvermögen weckt, Mut macht, Freundschaft groß schreibt und zeigt, wie wertvoll Offenheit gegenüber Fremden ist. Taschinski hat ein erschreckend genaues Bild unserer Gesellschaft gezeichnet und hält somit allen einen Spiegel vors Gesicht.

©2025 Mademoiselle Cake

Veröffentlicht am 01.12.2025

✎ Yvonne Kuschel - Gelber Hund, grüne Katze

Gelber Hund, grüne Katze
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„Gelber Hund, grüne Katze“ von Yvonne Kuschel ist bei uns eher zufällig gelandet. Eine Freundin brachte es vorbei, es wanderte erst auf den Stapel ungelesener Bücher und wartete dort geduldig auf seinen ...

„Gelber Hund, grüne Katze“ von Yvonne Kuschel ist bei uns eher zufällig gelandet. Eine Freundin brachte es vorbei, es wanderte erst auf den Stapel ungelesener Bücher und wartete dort geduldig auf seinen Moment. Der kam, als meine 7-Jährige vom Cover fasziniert war und endlich die Geschichte hinter dem ungewöhnlichen Duo entschlüsseln wollte. Also Buch geschnappt, ab auf die Couch und lesen im Teammodus gestartet.

Als ich sie am Schluss fragte, wie ihr das Buch gefallen hat, konnte sie - genau wie ich - keine richtige Meinung dazu abgeben. Wir haben versucht, zu analysieren, um was es in und zwischen den Zeilen geht, doch so wirklich ist uns das nicht gelungen. Wir hatten verblüffend wenig Handfestes, um das Gelesene klar einzuordnen.

Was blieb, war vor allem ein Gefühl für den Hund. Zwischendurch tat er uns richtig leid, gegen Schluss war die Stimmung dann deutlich heller - und ja, wir haben uns ehrlich mit ihm mitgefreut, als sein Weg doch noch einen guten Dreh bekam. Die Katze hingegen blieb bis zum letzten Bild eine Figur, zu der wir keinen echten Zugang fanden. Diese Distanz lag weniger am Charakter selbst als daran, dass sie kaum emotionale Brücken baut. Sie ist präsent, aber nicht greifbar.

Inhaltlich steckt zwischen den Seiten eine spannende Botschaft, die gerade für Kinder wertvoll sein kann, auch wenn sie nicht laut ausgesprochen wird. Der Hund zeigt, dass Umwege oft Türen öffnen, die man auf der ursprünglichen Route nie entdeckt hätte. Gleichzeitig erzählte das Buch uns leise, dass Persönlichkeitsentwicklung kein abgeschlossenes Kapitel ist. Man trägt immer ungehobene Facetten in sich, die erst in neuen Momenten sichtbar werden. Ein Bilderbuch, das nicht belehrt, sondern wach macht für Wandel, Einsicht und Wachstum.

Die künstlerische Umsetzung mit Filztiften ist handwerklich interessant, aber bei uns nicht ins Herz gewandert. Die Illustrationen wirken oft wie Collagen, mit sichtbaren Kanten zwischen Bildelementen, einer eher groben Farbharmonie und bewusst einfacher Detailtiefe. Die Seiten bieten optisch wenig Such- oder Entdeckungsanlässe, arbeiten stark mit Reduktion und skizzenhafter Komposition.

Trotz aller Unschärfe sorgt „Gelber Hund, grüne Katze“ dafür, dass man ins Gespräch kommt. Nicht darüber, was man verstanden hat, sondern darüber, wie Geschichten jenseits klarer Antworten wirken können - auf Kinder wie auf Erwachsene. Genau dieser Effekt könnte das Buch relevant machen, auch wenn es bei uns kein klassischer Lieblingstitel wird.

©2025 Mademoiselle Cake

Veröffentlicht am 25.11.2025

✎ Sara Aeschlimann & Adrian Wullschleger - Hoch hinaus mit Leni

Hoch hinaus mit Leni
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Diversität und Inklusion bilden den Kern jeder sinnvollen pädagogischen Arbeit - und genau hier setzt „Hoch hinaus mit Leni“ von Sara Aeschlimann & Adrian Wullschleger an. Die Geschichte zeigt, wie selbstverständliche ...

Diversität und Inklusion bilden den Kern jeder sinnvollen pädagogischen Arbeit - und genau hier setzt „Hoch hinaus mit Leni“ von Sara Aeschlimann & Adrian Wullschleger an. Die Geschichte zeigt, wie selbstverständliche Offenheit aussehen kann, während sie zugleich sichtbar macht, dass nicht jede Umgebung diese Haltung teilt. Die Erzählung vermittelt Mut, Akzeptanz, Rücksicht und die Fähigkeit, sich innerlich zu strecken, wenn Neues irritiert oder Widerstand auftaucht.

Die Figur Leni dient als Beispiel dafür, wie Unterschiedlichkeit nicht zum Hindernis wird, sondern zu einem Ausgangspunkt für Kooperation. Kinder bekommen ein Gefühl dafür, warum Veränderungen manchmal auf Skepsis stoßen und warum genau das Raum für Empathie schafft.

Der Übungsteil für Kinder vertieft das Thema, wirkt jedoch stellenweise konstruiert. Besonders die Aufgabe, gemeinsame Vorlieben aller Kinder zu benennen, erzeugt ein methodisches Problem: Bedürfnisse sind universell, Vorlieben nicht. Diese Aufgabe suggeriert in meinen Augen implizit Vereinheitlichung und damit verfehlt somit das eigene Inklusionsziel.

Mit den meisten Übungen jedoch werden Kinder gestärkt. Das Augenmerk wird meist auf das Positive gelegt. Doch auch andere Gefühle finden in den Übungen ihren Platz.

Der Abschnitt für Erwachsene erläutert die pädagogischen Absichten. Inhaltlich wäre eine Zusammenführung mit dem Kinderteil stringenter gewesen, da beide Teile sich inhaltlich stark überschneiden und junge Kinder ohnehin Begleitung brauchen.

Die Platzierung der letzten Bilderbuchseite nach dem Fachteil wirkt strukturell unpräzise. Für mich gehört sie zum Bilderbuch dazu und hätte an der entsprechenden Stelle ihren Platz finden sollen.

Trotz dieser Schwächen bleibt der Gesamtinhalt wertvoll. Das Buch zeigt (Kindern) klar, was Diversität und Inklusion im Alltag bedeutet und liefert Erwachsenen eine nachvollziehbare Grundlage, um Kindern den Zugang zu erleichtern. Die online verfügbaren Materialien machen den Einsatz in Gruppen unkompliziert und erweitern den praktischen Nutzen.

©2025 Mademoiselle Cake

Veröffentlicht am 24.11.2025

✎ Stefanie Reich & Madlen Ottenschläger - Otto fährt los 3 Weihnachten in Finnland

Otto fährt los – Weihnachten in Finnland
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Wir waren im Oktober das erste Mal in Finnland und hatten diesen Urlaub fest mit den Eindrücken verknüpft, die der Klappentext verspricht. Zur Einstimmung wollte ich eigentlich das Buch lesen, doch der ...

Wir waren im Oktober das erste Mal in Finnland und hatten diesen Urlaub fest mit den Eindrücken verknüpft, die der Klappentext verspricht. Zur Einstimmung wollte ich eigentlich das Buch lesen, doch der Zugang blieb schwierig. Also kam das Hörbuch dazu.

Diese Version klärt den Ablauf deutlicher. Die Familie holt erst den geliehenen Camper ab, was der Printtext nicht erläutert. Da wir die Vorgänger nicht kennen, war uns dies nicht bewusst. Beide Formate verzichten darauf, die sprechende Funktion von Otto vorher anzudeuten. Die Familie erfährt das zufällig, als Otto das erste Mal spricht, obwohl er ja auch ein „Gesicht“ hat.

Das Hörbuch liefert generell breitere Kontextflächen. Figuren wie Saunawichtel erhalten dort eine nachvollziehbare Einbettung. Die gedruckte Ausgabe hält sich dagegen knapp und erzeugt Lücken. Der Handlungssprung von Helsinki in den Norden bleibt textlich ungeklärt, obwohl die Strecke einen wesentlichen Teil der Reise bestimmt. Im Hörbuch erfährt man zudem, dass sich das Weihnachtsmanndorf in Rovaniemi befindet. Mein Kind hat sich total über diese Information gefreut, denn wir waren selbst dort. Eine kleine Karte oder Reiseroute am Ende des Buches hätte dem Ganzen mehr Orientierung gegeben.

Unstimmigkeiten zwischen Illustrationen und Text treten ebenfalls auf. Aufforderungen zum Umblättern treffen auf Figuren, die bereits sichtbar sind.

Die Sprache richtet sich klar an sehr junge Zuhörende (Altersempfehlung vom Verlag ist 4), was den erzählerischen Spielraum einschränkt. Eine etwas höhere Altersausrichtung mit der Informationsfülle des Hörbuchs hätte der Geschichte gutgetan.

Das Buch bleibt dadurch distanziert, während das Hörbuch durch klare Struktur, zusätzliche Informationen und eine stimmige Umsetzung trägt.

©2025 Mademoiselle Cake