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Veröffentlicht am 02.11.2017

Stark beworben, stark geschrieben, schwach herausgestellt

The Ending - Du wirst dich fürchten. Und du wirst nicht wissen, warum
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„The Ending“, in der broschierten Form recht schmal ausgefallen und somit definitiv keiner der Wälzer, der einem Vielleser auf dem Verkaufstisch sofort ins Auge stechen würde, weil „da habe ich dann ordentlich ...

„The Ending“, in der broschierten Form recht schmal ausgefallen und somit definitiv keiner der Wälzer, der einem Vielleser auf dem Verkaufstisch sofort ins Auge stechen würde, weil „da habe ich dann ordentlich viel dran zu lesen“, war als Rezensionsexemplar via der Vorablesen-website zu mir gekommen. Unbedingt hatte ich diesen abwechselnd als Psychothriller oder Psycho-Drama bezeichneten Roman lesen wollen; die im Vorfeld offerierte Leseprobe, die weitgehend dem „Blick ins Buch“ entsprach, aber noch vier weitere Seiten des Inhalts wiedergab, hatte mich vollauf fasziniert und nun war die gedruckte Ausgabe auch nochmals versehen mit dem bereits in der Kurzbeschreibung gebotenen Hinweis, „The Ending“ sei eine ideale Lektüre für Fans von Stephen King oder Alfred Hitchcock.

Dabei fand ich den Schreibstil, die Art der Erzählung und ohnehin diesen kurzen Auszug aus dem Inhalt bereits sehr verdächtig, sich letztlich auf eine ganz bestimmte Weise aufzulösen (die ich sogar schon nach dem Lesen der Leseprobe im daraufhin verfassten Leseeindruck so benannte). Die Erwähnung von King und Hitchcock verstärkte diesen Eindruck noch ebenso wie die Klassifizierung als Psychodrama. Meine Vermutung bezüglich des Endes bestätigte sich schließlich, wodurch ich den Roman zwar literarisch gut erzählt, aber eben doch auch sehr vorhersehbar bzw. einfach stereotypisch fand. An den „Überraschungs-Hit“ glaube ich selbst da auch nicht, da das Thema grad in den letzten Jahren durch diverse Bücher und Filme meiner Meinung nach schon sehr klassisch geworden ist.
Aber grad diese Lobhudeleien haben mich dann bei der Lektüre bleiben lassen: Für mich war, als ich den Roman nur halb ausgelesen hatte, längst klar, dass ich mit meiner Vermutung hinsichtlich der Auflösung völlig richtig liegen müsste und ich war durchaus kurz davor, an dieser Stelle einfach abzubrechen und zu einem anderen Buch zu greifen. Doch ich dachte mir, wenn die Geschichte doch so überraschend sein sollte, müsste sie nun noch auf einen krassen Plot Twist zusteuern und plötzlich völlig anders sein. Dem war aber leider nicht so und ich dachte letztlich, dass ich es mir doch auch hätte sparen können, noch den Rest der Geschichte zu lesen. Wenn diese story „kühn und originell“ ist, wie es die Chicago Tribune verlautbaren sollen lassen hat, dann hat man dort vermutlich bereits seit spätestens Anfang der 90er keinen einzigen Film mehr gesehen (abgesehen von denen, die ich tatsächlich geschaut habe, fallen mir spontan zwei weitere Blockbuster ein, die ich selbst noch nie gesehen habe, über die aber ebenso weithin geredet wurde und von denen bekannt ist, dass sie den Faden verfolgen, der auch in „The Ending“ nun erneut gesponnen wird) und auch in diesem Jahrhundert nun noch keinen Roman gelesen.

Die Auflösung, das Ende, das zentrale Thema ist für mich selbst nun einfach längst wieder „zu durch“ gewesen; ausgelutscht und ausgenudelt. Da hat der Fakt, dass „The Ending“ stilistisch eben mehr zur großen Literatur als zur reinen Unterhaltungsbelletristik neigte, das Ruder für mich leider auch nicht mehr herumreißen können. Sehr, sehr schade! Wenn mir zehn Leute in kurzer Zeit quasi bereits die gleiche Geschichte erzählt haben, ist es mir egal, dass der Elfte sich besser, schöner, gewiefter… ausdrücken kann: Zu diesem Zeitpunkt bin ich definitiv eher gelangweilt – und schließlich froh, dass es sich bei „The Ending“ um keinen dickeren Schmöker handelte.

Drei Sterne, weil ich den Hintergrund von Allem hier so 0815 fand und die gleiche Geschichte mir zuvor halt schon so oft erzählt wurde, weswegen für mich persönlich der Roman nun eigentlich eine Zwei-Sterne-Lektüre war, jedoch: „The Ending“ ist halt ganz anders und in einem erstklassigen Stil gehalten und wäre Ian Reid der Erste gewesen, der mir eine solche story vorgesetzt haben würde, hätte er mich durchaus überrascht. In jenem Fall wäre „The Ending“ für mich nun ein Vier-Sterne-Buch gewesen. Die volle Punktzahl hätte der Roman auch da nicht eingefahren, da ich sämtliche Figuren einfach sehr ermüdend fand und diesen doch sehr gleichgültig gegenüberstand. Wäre es der rote Faden nicht schon gewesen, wären die Charaktere für mich eben immer noch sehr austauschbar geblieben. Also entscheide ich mich einfach zugunsten der goldenen Mitte zwischen zwei und vier Sternen und lasse drei Bewertungssterne an dieser Stelle zurück.

!! Zielgruppe? Achtung – Es folgt ein indirekter Spoiler… (oder auch nicht) !!
Ich werde nicht deutlicher spoilern, diese persönliche Meinung aber mit freundlichen Grüßen in Richtung von M. Night Shyamalan und auch Chuck Palahniuk abschließen – und spätestens nun werden vermutlich bereits vielen einen „Ach so! Schon wieder so eine Nummer!“-Moment erleben, aber insbesondere wer nun tatsächlich noch völlig ahnungslos ist, ja, der kann sich mit „The Ending“ wohl wirklich an „Kühnem und Originellen“ erfreuen und zumindest in dieser Kombination empfehle ich die Lektüre auch sehr gerne weiter.

Veröffentlicht am 17.10.2017

Eine durchschnittliche Lebensgeschichte

Durch alle Zeiten
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„Durch alle Zeiten“ erinnerte mich ein wenig an „Herbstmilch“, die Bäuerinnen-Memoiren der Anna Wimschneider, zumal ich es in diesem Falle eh auch ein wenig unklar fand, in welcher Ära die Hauptperson ...

„Durch alle Zeiten“ erinnerte mich ein wenig an „Herbstmilch“, die Bäuerinnen-Memoiren der Anna Wimschneider, zumal ich es in diesem Falle eh auch ein wenig unklar fand, in welcher Ära die Hauptperson Elisabeth nun eigentlich aufgewachsen war, da ich ihr eigenes Geburtsjahr augenscheinlich überlesen hatte: Später wird als Geburtsjahr eines Nebencharakters, der ihrer Generation angehörte, 1939 benannt, was mich doch auch ein wenig überraschte. Eine meiner Großmütter ist 1919 geboren und ich hatte bis dahin nicht den Eindruck als sei Elisabeth überhaupt jünger als meine Oma gewesen, da ich Elisabeth trotz ihrer Unstetigkeit prinzipiell sogar als sehr viel altbackener empfunden hatte. Mit ihr wurde ich nicht grundsätzlich warm und ich habe sie auch nicht als starke Frau, sondern als recht stereotypisch empfunden, teils sogar als unangenehm fordernd und herablassend bis manipulativ: So heiratete sie ihren ersten Mann hauptsächlich, um kein uneheliches Kind (übrigens von einem anderen Mann) zu gebären. Eine außereheliche Affäre ihrerseits führt zur zweiten Schwangerschaft – und auch zur Scheidung, aber ihrem ersten Ehemann, der sich immer sehr um sie bemüht hat und prinzipiell eher der Prototyp eines tollen Gatten war, gegenüber scheint sie nun völlig gleichgültig zu sein, als habe er für sie einfach nur eine Pflicht erfüllt, die sie ihm erst zugestanden hat.
Der Klappentext spricht von einer Liebe, die sie nie losgelassen hat, ohne dass ich nach dem Lesen des Romans nun wüsste, wer damit eigentlich gemeint ist: der Vater des zweiten Kindes oder der Mann, der zum Schluss der Erzählung bei ihr weilt. Für mich war Elisabeth eine Frau, die sich bereitwillig und ohne zu überlegen und ohne zu reflektieren bzw. ohne sich über mögliche Konsequenzen Gedanken zu machen, auf jeden Mann einließ, dessen Augenaufschlag ihr just gefiel. „Durch alle Zeiten“ zeugt von sehr viel Doppelmoral, sehr viel ländlichem Spießbürgertum, und während mich Klappentext und auch Covermotiv noch ein rebellisches Countrygirl erwarten ließen, welches eine Balance zwischen dem „neuen“ Rock’n’Roll-Bewusstsein und der erzkonservativen Mentalität ihres Umfelds zu finden versucht, fand ich letztlich wohl eher das Mädel vom Lande, welches ihre Rebellionen allenfalls in Form von heimlichen Liebschaften auslebte und sich gleichzeitig lediglich einzureden versuchte, sie hebe sich tatsächlich vom moralinsauren Umfeld der Umgebung ab. Denn offiziell schien sie doch hauptsächlich das gefügige Heimchen am Herd zu mimen. Ich fand Elisabeth da doch reichlich uninteressant.

„Durch alle Zeiten“ war für mich da mehr Lebensbeichte einer deprimierten und nahezu von Anfang an desillusionierten Frau, die von ihrer Nachfahrenschaft sicherlich interessiert aufgefasst werden könnte, aber wirklich „besonders“ schien Elisabeth für mich als Außenstehende und eben Nicht-Angehörige nicht zu sein. Der einzige Aspekt, durch den sie für mich auffiel, war ihr Kuckuckskindergelege, aber selbst der ihr anhaftende schale Beigeschmack von einer „Geschiedenen“ wurde eher nur beiläufig erwähnt, so dass dieser Status auch nichts gewesen zu sein schien, weswegen sie sich besonders hätte durchsetzen müssen.

Ich fand „Durch alle Zeiten“ nicht schlecht zu lesen; kommt man nicht vom Land, mag die Schilderung des Landlebens leidlich interessant klingen. Gleiches gilt generell für die Darstellung der damaligen Lebensumstände, wie sie die Hauptfigur nun erlebt hat, wobei man so oder so hier nur einen Tunnelblick angedeiht bekommt: In „Durch alle Zeiten“ scheint es nicht viel außer Elisabeth und ihrem kargen Landleben zu geben. Als allgemein gültiges gesellschaftliches Abbild fungiert diese Erzählung da also nicht. Aber ich fand es auch nicht allzu interessant, die Figuren reizten mich nicht; mir fehlte das Einzigartige, ein klares Merkmal, was Elisabeths Leben für mich besonders außergewöhnlich und erzählenswert gemacht hätte. „Durch alle Zeiten“ soll ein echtes Leben erzählen; die Figur der Elisabeth ist angeblich stark an eine Freundin der Autorin angelehnt, welche deren Lebensgeschichte nur etwas verfremdet und mit einigen fiktiven Elementen versehen habe: Ja, die Lebensgeschichte klingt realistisch, aber eben auch nach einer Geschichte, wie man sie sich von den Bewohnern des Altenzentrums im Dorf mannigfach erzählen lassen könnte – und wo man ebenso auf alte Menschen mit noch sehr viel spannenderen Lebensberichten stoßen würde. Da ist „Durch alle Zeiten“ für mich irgendwie ein Buch für alle, die wissen möchten, wie das eigentlich beispielsweise damals auf dem Land so gewesen ist, die aber zu faul, zu schüchtern, zu gestresst, wie auch immer sind, um sich einfach mal einen Nachmittag mit alten Menschen zusammenzusetzen, um sich persönlich davon erzählen zu lassen. Persönlich würde ich Letzteres gegenüber dieser Lektüre deutlich vorziehen.

[Ein Rezensionsexemplar war mir unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden.]

Veröffentlicht am 13.10.2017

Definitiv nicht ernstzunehmen, aber gemeinhin zum Lachen!

Mordsmäuschenstill
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Würde man „Mordsmäuschenstill“ ausschließlich aus dem Blickwinkel der kriminalistischen Belletristik heraus betrachten, müsste man den Roman bestimmt als „lächerlichen Klamauk“ abtun. Die Geschichte ist ...

Würde man „Mordsmäuschenstill“ ausschließlich aus dem Blickwinkel der kriminalistischen Belletristik heraus betrachten, müsste man den Roman bestimmt als „lächerlichen Klamauk“ abtun. Die Geschichte ist definitiv eher albern und völlig surreal; die Skurrilität der Geschichte schwingt bereits in der Beschreibung der Schlafstörung Neles wider, die vielmehr sex- als schlafwandelt. Humor ist hier eigentlich fast immer gleichbedeutend mit Situationskomik; an anderer Stelle las ich, dass dieser Roman auch Lesern von beispielsweise Ellen Berg nahegelegt wird, aber die Berg-Romane finde ich da doch „seriöser“, weil weniger überzogen. „Mordsmäuschenstill“ ist da viel mehr kalauernd und die Figuren, nicht zuletzt auch ihre jeweiligen Biografien, sind auch allesamt völlig überzeichnet dargestellt.

Nachdem der Roman als Rezensionsexemplar seinen Weg auf meinen Kindle gefunden hatte, erschrak ich zunächst angesichts des Inhaltsverzeichnisses, was in der von mir zuvor gelesenen Leseprobe nicht enthalten war: Die Perspektive wechselt zwischen so vielen Figuren hin und her, dass ich gleich befürchtete, alsbald völlig den Überblick zu verlieren. Aber diese Kapitelnamen waren letztlich eher Buch-Kosmetik; die Erzählstimme gibt prinzipiell nur eine Geschichte mit diversen Personen wieder. Als rein personale Ich-Erzählerin fungiert eigentlich nur die zunächst zwar schon hirntote, aber noch komatöse Hanna, welche die ganze Szenerie und all die Ermittlungen geisterhaft verfolgt. Dabei hat ihre Figur wohl nur den Sinn, den Lesern die Schlafstörungen der hier involvierten Patienten näherzubringen; ansonsten tragen ihre Ausführungen rein gar nichts zur Aufklärung bei.

Persönlich gestehe ich „Mordsmäuschenstill“ vor Allem deswegen fünf Sterne zu, weil es mir einfach sehr viel Spaß gemacht hat, diesen Roman zu lesen und weniger deswegen, weil ich die Geschichte grundsätzlich so überzeugend gefunden hätte. Der Fall klärt sich letztlich sehr authentisch, diese Lösung könnte auch in einem „seriösen“ Krimi geboten werden, aber: irgendwie passte der schließliche Ernst, das finale Drama, für mich nicht so recht zu „Mordsmäuschenstill“. Das entsprach sehr viel mehr einem Psychothriller als einer Krimikomödie, wie sie „Mordsmäuschenstill“ bis dahin gewesen war. Mir war die Auflösung viel zu wenig schräg für all die vorherigen Merkwürdigkeiten; da flachte für mich die Unterhaltung zum Ende hin doch ein wenig ab, aber der Roman endete da just in dem Moment, in dem ich ansonsten die Freude am Lesen des Romans völlig verloren hätte, so dass das zeitlich doch exakt passend getimed war.
Empfehlen würde ich diese Lektüre aber allen, die Lust haben, mal wieder was eigentlich völlig Lächerliches zu lesen; „so bescheuert, dass es schon wieder gut ist“ ist meiner Meinung nach eine Aussage, die im Falle „Mordsmäuschenstill“ auch auf diesen Roman zutrifft.

Veröffentlicht am 02.10.2017

Gesine, du nervtest!

Wildeule
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Ich war dereinst mit dem zweiten Gesine-Cordes-Krimi „Fuchskind“ in diese Serie eingestiegen und habe sehr gerne zugegriffen, als sich mir nun die Möglichkeit eröffnete, vom dritten Band „Wildeule“ ebenfalls ...

Ich war dereinst mit dem zweiten Gesine-Cordes-Krimi „Fuchskind“ in diese Serie eingestiegen und habe sehr gerne zugegriffen, als sich mir nun die Möglichkeit eröffnete, vom dritten Band „Wildeule“ ebenfalls ein Rezensionsexemplar zu erhalten – und nach absolvierter Lektüre eröffnet sich mir da ein kleines „Problem“. Denn „Fuchskind“ hatte ich bereits sehr angetan mit fünf Sternen versehen und vom Kriminalfall her fand ich „Wildeule“ nun sogar etwas besser; der war in diesem Fall sehr down to earth und ein wenig mehr gen whodunnit ausgerichtet. In der Hinsicht würde ich „Wildeule“ jetzt sogar einen Stern mehr als „Fuchskind“ zugestehen; in diesem Band war nun auch die persönliche Vergangenheit der Gesine Cordes nicht so überpräsent, sondern sie definitiv mehr in der Gegenwart befindlich. Obschon mir „Wildeule“ eigentlich einen Tick mehr zusagte als „Fuchskind“, werde ich für den dritten Band jedoch nicht mehr als vier Sterne vergeben – denn empfand ich Gesine Cordes mit ihren Ecken und Kanten zuletzt noch überaus authentisch und original bis originell, nervte mich ihre Art dieses Mal doch sehr; da war mir die Darstellung der Hauptfigur in diesem Fall irgendwie zu überzogen und nahm mir dadurch auch ein wenig Freude am eben sehr bodenständigen Kriminalfall.
Erschien sie mir in „Fuchskind“ eher ehemalige Polizistin und immer noch sehr neugierige und forsche Friedhofsgärtnerin zu sein, war sie für mich in „Wildeule“ viel zu sehr verhinderte und entsprechend uneinsichtige Ex-Kripobeamtin. Ja, auch dieser Fall schien im persönlichen Umfeld von Gesine Cordes zu kreisen; ihr engster Vertrauter Hannes zählt zumindest schnell zu den dringend Tatverdächtigen und natürlich ist es verständlich, dass sich die Ex-Kommissarin da für ihren Freund einsetzt, aber: Ich fand es mitunter erschreckend, wie sehr die jetzige Ermittlungschefin sie da gewähren ließ und sogar mit ihr mauschelte. Stellenweise äußerte Gesine Cordes gar schmollende Beschwerden, dass sie nicht einbezogen wurde und ich erwartete einfach, dass man ihr nun einmal klar Grenzen aufzeigen würde und ihr mal ganz klipp und klar mitteilen würde, dass sie eben NICHT mehr bei der Kripo arbeiten würde und man ihr da keine Rechenschaft mehr schuldig sei. Selbst mich als Leserin hat sie da genervt und ich habe mir einfach nicht vorstellen können, dass die Ermittler sich nicht von ihrem ständigen Auftauchen, Nachhaken, Dazwischenfunken gestört gefühlt haben sollten. Generell schrie Gesine Cordes für mich hier eigentlich nur nach ihrem alten Job; hätte sie sich etwas mehr zurückgenommen und wäre den Polizisten nicht immer nur mit relativ fordernden Erwartungen entgegengetreten, würde ich „Wildeule“ nun auch eben mindestens so hoch wie „Fuchskind“ eingestuft haben, aber ich fand die Hauptfigur in dieser Geschichte halt so extrem ärgerlich – als klassischer Krimi kann ich die erzählte Geschichte aber dennoch empfehlen und mein Ärger über die Über-/Eingriffigkeit der Protagonistin ist hier definitiv mein einziger Kritikpunkt.

Veröffentlicht am 02.10.2017

Geister der Vergangenheit

Nacht über Frost Hollow Hall
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[Vorab: Ein Rezensionsexemplar war mir unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden.]

Gleich zu Anfang hat es mich sehr positiv überrascht, dass die Illustrationen, die oberhalb jeder Kapitelüberschrift ...

[Vorab: Ein Rezensionsexemplar war mir unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden.]

Gleich zu Anfang hat es mich sehr positiv überrascht, dass die Illustrationen, die oberhalb jeder Kapitelüberschrift zu sehen sind, auch in der eBook-Ausgabe klar ersichtlich aufbereitet sind: Sie sind deutlich zu erkennen und weder verzerrt noch verschwommen. Auch der digitale Satz ist sehr lesefreundlich gestaltet, mit den üblichen Abständen, die es insbesondere Kindern zunächst erleichtern soll, beim Lesen nicht innert der Zeilen zu verrutschen. Da kann man hier definitiv nicht behaupten, das Layout der digitalen Version sei vernachlässigt worden.
Angesichts der Tatsache, dass das eBook aktuell ebenso viel wie die gebundene Ausgabe kostet, würde ich, selbst vor die Wahl gestellt, derzeit aber doch zur Druckausgabe greifen, nur schon aufgrund der Tatsache, dass ein junger Leser das Buch so auch noch frank und frei im Freundeskreis kursieren lassen kann. Denn ich erinnere mich noch daran, wie wir als Kinder/Jugendliche unsere Bücher untereinander immer verliehen und ausgetauscht haben; da ist „ Frost Hollow Hall“ für mich nun definitiv eines der Bücher gewesen, das wir anno dazumal gerne die Runde machen lassen hätten.

„Ab 10 Jahren“ soll der Roman sein, und das würde ich im Großen und Ganzen auch so bestätigen: In der Geschichte kommt es zunächst zu einem Nahtoderlebnis inklusive Geisterkontakt und auch fortan wird relativ stark gespukt. Dabei ist der Spuk zunächst sehr unklar, teils auch leicht aggressiv, und da könnte die Geschichte bei empfindsamen Seelen doch noch für etwas unruhigen Schlaf sorgen, auch wenn das Geistertreiben nie von Grund auf böse oder gar dämonisch wirkt.
Jüngeren Kindern würde ich dieses Buch aber auch aus dem Grund nicht unbedingt überlassen, da die Geschichte letztlich von einem ungeklärten, sich aufgestaut habenden Konflikt erzählt, also nicht oberflächlich bleibt, sondern emotional schon angreift. Klar wird es Kinder geben, die den Inhalt auch schon mit acht Jahren verarbeiten/verkraften können, aber ich meine, für das Gros der jüngeren Leser würde die Erzählung hier einfach noch „zuviel“ sein.

Die Handlung ist klar nachvollziehbar; die Ich-Erzählerin Tilly ein ziemlich kesser Wirbelwind, der aus sehr ärmlichen Verhältnissen stammt und da dieser Roman im Jahre 1881 spielt, mag die 12jährige Protagonistin mitunter für heutige Verhältnisse viel zu erwachsen erscheinen, aber in der damaligen Zeit war es für ein Kind ihres Standes sicher unabdingbar, bereits eine Arbeitsstelle zu haben. Generell bietet „Frost Hollow Hall“ da auch einen direkten, authentischen kleinen Einblick in die Gesellschaft des ausgehenden 19. Jahrhunderts, ohne ein besonders großes Abbild zu bieten: Die Geschichte spielt fast ausschließlich im und am abseits gelegten Frost-Hollow-Hall-Anwesen; nur wenige Szenen ereignen sich innert der Grenzen des nächstgelegenen kleinen Dorfes, aus dem auch Tilly stammt. Die Szenerie ist generell also ausschließlich ländlich.

Ich bin der Zielgruppe auch längst klar entwachsen, fand die Lektüre von „Frost Hollow Hall“ in meinem höheren Alter nun aber ebenfalls noch sehr fesselnd und mitreißend; für mich hat dieser Roman da durchaus das Potential, sich zu einem Kinder-Gruselklassiker zu entwickeln. Toll fand ich auch, dass der Roman nie ins allzu Kitschige und stereotyp Mädchenhafte abdriftete (ich würde dieses Buch definitiv auch nicht klar als Mädchenbuch abgrenzen; mit Tillys „Sidekick“ Will werden sich Jungs da wohl auch nur zu gerne identifizieren wollen), sondern den reiferen Grundtenor beibehielt und auch an keiner Stelle etwas von „das ist ja bloß ein Geisterbuch für Babys!“ hatte. Da wird sich auch der kindliche Leser sehr ernstgenommen fühlen. Insgesamt ein fantastisches Buch vor Geister-Hintergrund und sicherlich (nicht nur) nun zu Halloween eine tolle Lektüre (ebenfalls nicht nur) für den Nachwuchs!