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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.09.2025

Unterhaltsame und kluge Reflexionen über das Leben als Frau

Ja, nein, vielleicht
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Die namenlose Ich-Erzählerin ist in ihren 50ern und führt ein gutes, erfülltes Leben zwischen ihrer Stadtwohnung in Wien und einem kleinen Haus auf dem Land. Ihre Zwillinge sind ausgezogen, sie hat einen ...

Die namenlose Ich-Erzählerin ist in ihren 50ern und führt ein gutes, erfülltes Leben zwischen ihrer Stadtwohnung in Wien und einem kleinen Haus auf dem Land. Ihre Zwillinge sind ausgezogen, sie hat einen guten Freundeskreis und arbeitet als Autorin. Dann trifft sie ihren alten Bekannten Friedrich zufällig im Supermarkt. Soll sie ihre Zufriedenheit wirklich riskieren und sich nochmal auf einen Mann einlassen?

Dieses Buch war so eine Wohltat. Wie ein langes, gutes Gespräch mit einer Freundin, ehrlich, tröstlich und witzig. Die Erzählerin lässt uns tief in ihre Gedankenwelt eintauchen. Sie denkt über ihr Leben nach, erinnert sich an vergangene Beziehungen, plant die Hochzeit ihrer Freundin, sucht stundenlang im Internet nach passenden Socken, macht sich Sorgen um ihre Schwester. Sie resümiert über ihr ungesundes Beuteschema und toxische Ex-Partner, baut nebenbei Luftschlösser mit einem Mann, dem sie nach langen Jahren nur kurz im Supermarkt begegnet ist und schämt sich dafür. Sie beleuchtet das Dating– und Beziehungsverhalten vieler Frauen präzise: Wie man sich oft in Beziehungen anpasst oder gar verliert, wie man sich ständig mit den Augen der Datingperson sieht, wie man ständig an eine mögliche Zukunft denkt und dabei 500 Schritte zu weit voran prescht. Genauso treffend schreibt Doris Knecht über das Älter- und damit einhergehende Unsichtbarwerden, Freundschaften und Alleinerziehende. Das alles ist überhaupt nicht selbstmitleidig, sondern reflektiert und witzig.

„Ja, nein, vielleicht“ kommt ohne große Dramen aus, aber zeigt die kleinen, alltäglichen Sorgen, die uns beschäftigen. Ich fand das sehr überzeugend und habe gerne Zeit in dieser Welt und mit dieser Frau verbracht. Große Empfehlung.

Veröffentlicht am 19.09.2025

Welches Leben ist das Richtige?

Im Leben nebenan
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Toni ist Anfang dreißig, lebt zusammen mit ihrem Freund Jakob in Hamburg und arbeitet in einer Werbeagentur. Eines Tages wacht sie in einer Art Parallelversion ihres Lebens auf. In diesem anderen Leben ...

Toni ist Anfang dreißig, lebt zusammen mit ihrem Freund Jakob in Hamburg und arbeitet in einer Werbeagentur. Eines Tages wacht sie in einer Art Parallelversion ihres Lebens auf. In diesem anderen Leben ist Antonia mit ihrer Jugendliebe verheiratet, wohnt im Einfamilienhaus in der Heimatstadt und hat plötzlich ein Baby. Wir begleiten nun beide Lebensstränge für mehrere Monate.

„Im Leben nebenan“ ist ein nachdenkliches, ruhiges und introspektives Buch, das trotzdem sofort einen Sog erzeugt. Und das ganz viel mit mir gemacht, viele Gedanken angestoßen hat. Wie soll man sich bloß für ein Leben entscheiden, wo es doch so viele Optionen gibt? Eine Frage, die mich schon lange umtreibt, tue ich mir doch schon immer schwer mit Entscheidungen und liebe „Was wäre wenn…“-Gedankenspiele.

Anne Sauer gelingt es, beide Lebenswelten mit ihren Höhen und Tiefen und ohne Wertung darzustellen. Eine große Stärke ist die Darstellung weiblicher Erfahrungen und gesellschaftlicher Erwartungen. Außerdem ist das Buch voller schöner Alltagsbeobachtungen. Zwischenmenschliche Töne werden sehr gelungen eingefangen.

Ein absolut lesenswerter Roman, bittersweet, traurig und tröstlich zugleich.

Veröffentlicht am 19.09.2025

Zwischen Schwere und Schwerelosigkeit

Himmel ohne Ende
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Charlie ist 15 und fühlt sich irgendwie verloren in der Welt. In der Schule ist sie eher eine Außenseiterin. Als sich dann auch noch ihre beste Freundin von ihr abwendet und ihre alleinerziehende Mutter ...

Charlie ist 15 und fühlt sich irgendwie verloren in der Welt. In der Schule ist sie eher eine Außenseiterin. Als sich dann auch noch ihre beste Freundin von ihr abwendet und ihre alleinerziehende Mutter einen neuen Partner kennenlernt, scheint alles zu zerbrechen. Doch mit dem Auftauchen von Pommes, der neu in ihre Klasse kommt, beginnt sich etwas zu verändern.

Was kommt heraus, wenn man eine Portion Coming-of-Age, eine Prise "Gilmore Girls" und jede Menge Millennial-Referenzen mischt? „Himmel ohne Ende“. Julia Engelmann fängt dieses typisch jugendliche Lebensgefühl ein – ein ständiges Schwanken zwischen Schwere und Schwerelosigkeit.
Zugegeben, manchmal war’s mir etwas zu viel. Einige Wendungen waren für mich zu vorhersehbar (und nicht notwendig), manche Lebensweisheiten hätten gerne subtiler verpackt sein dürfen.
Und doch hab ich es sehr gerne gelesen. Diese kleinen Details – Kurbelfenster, Soaps, iPods, Tagträumen im Bus oder die Lotto spielende Oma – geben dem Buch ein warmes, nostalgisches Gefühl. Und vor allem: Die wunderbare Freundschaft zwischen Charlie und Pommes, das Herzstück der Geschichte.
Insgesamt ein empfehlenswerter Coming-of-Age-Roman – solide, berührend, stellenweise vielleicht ein wenig kitschig, aber mit Herz. Er erfindet das Genre nicht neu und hat das auch gar nicht nötig.

Veröffentlicht am 25.06.2025

Queeres Weltraumabenteuer

Atmosphere
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Joan Goodwin möchte ins Weltall, und tatsächlich gelingt es ihr, als eine der ersten Frauen bei der NASA zur Astronautin ausgebildet zu werden. Dort lernt sie auch ihre ehrgeizige Mitstreiterin Vanessa ...

Joan Goodwin möchte ins Weltall, und tatsächlich gelingt es ihr, als eine der ersten Frauen bei der NASA zur Astronautin ausgebildet zu werden. Dort lernt sie auch ihre ehrgeizige Mitstreiterin Vanessa kennen, was ihr Leben für immer verändern wird.

Ach, schade, ich hatte so große Hoffnungen in dieses Buch. Taylor Jenkins Reid ist für mich meistens Garantin für sehr gute Unterhaltung. Leider war es diesmal nicht das, was ich mir gewünscht habe. Interessant fand ich das Weltraumsetting, und alles zur Ausbildung der Astronaut*innen, v.a. aus weiblicher Perspektive. Die Liebesgeschichte war ganz gut, ich mochte die queere Repräsentation. Leider konnte ich die Nebencharaktere bis zum Schluss nicht ganz auseinander halten und sie blieben auch zu blass. Und, was für mich am schwersten wiegt: Ich fands einfach zu langatmig.

Veröffentlicht am 27.05.2025

Still und berührend

Halbinsel
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Annett ist Ende 40 und Bibliothekarin in Nordfriesland. Ihre Tochter Linn hat studiert, steht nun am Anfang ihres Berufslebens und lebt in Berlin. Nach einem Schwächeanfall zieht Linn vorübergehend zurück ...

Annett ist Ende 40 und Bibliothekarin in Nordfriesland. Ihre Tochter Linn hat studiert, steht nun am Anfang ihres Berufslebens und lebt in Berlin. Nach einem Schwächeanfall zieht Linn vorübergehend zurück zu ihrer Mutter. Zwei Leben, zwei Generationen, zwei Perspektiven treffen aufeinander. Gemeinsamkeiten und Unterschiede werden sichtbar. Und beide Frauen müssen für sich sortieren, wie es im Leben weitergehen soll.
Ich mochte dieses Buch sehr. Es passiert nicht viel, zumindest vordergründig, und trotzdem entstehen keine Längen. Kristine Bilkau erzählt ruhig, genau und mit einem feinen Blick für das Alltägliche und Beziehungen. Ich mag sehr, wie Landschaften und Jahreszeiten bei ihr ohne ewig lange Beschreibungen lebendig werden.
Wie schon in „Nebenan“ lässt die Autorin Lücken, nicht alles wird auserzählt. Es bleibt Raum für eigene Gedanken und Interpretationen, was bei mir dazu führt, dass ich noch lange an ihre Geschichten zurückdenke.
Ein stilles, schönes Buch, das bleibt.