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Veröffentlicht am 07.03.2024

Das Leben der großen Forscherin Rosalind Franklin

Das verborgene Genie
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Ohne Rosalind Franklin wäre die Entschlüsselung DNA, für deren Entdeckung die Forscher Watson, Crick und Wilkens den Nobelpreis erhielten, nicht möglich gewesen.
In ihrem Buch „Das verborgene Genie“ wird ...

Ohne Rosalind Franklin wäre die Entschlüsselung DNA, für deren Entdeckung die Forscher Watson, Crick und Wilkens den Nobelpreis erhielten, nicht möglich gewesen.
In ihrem Buch „Das verborgene Genie“ wird ihr Leben, das sie vollständig der Forschung im Bereich der Naturwissenschaften gewidmet hat, in Romanform einem neuen Publikum zugeführt und der Skandal um das Wettrennen zwischen Labors und Forschern aufgedeckt.
Sie wird diese Aufgabe lösen, in einer von Männern und Machtspielen durchtränkten misogynen Wissenschaftsumfeld, doch erst posthum wird ihrer bahnbrechenden Leistung als Wissenschaftlerin die gebührende Ehre zuteil.

Meine persönlichen Leseeindrücke
Rosalind Franklin war eine beeindruckende Frau, die ihr ganzes Engagement der Forschung im Bereich der Naturwissenschaften gewidmet hat. Ihre bahnbrechenden und brillanten Fähigkeiten als Röntgenkristallographin, ihre penile und präzise Arbeitsweise und ihre uneingeschränkte Hingabe zur Wissenschaft haben aus ihr eine herausragende bereichsübergreifende Forscherin gemacht, ohne die die Entdeckung der DNA mit ihrer helikalen A-Form und B-Form nicht zu jener Zeit gelungen wäre.
Diesen Werdegang hat Marie Benedict unheimlich spannend dargeboten. Ihr kriminalistisches Gespür, mit der sie die Sabotage und die Spionage rund um die Forschungen zur DNA der herausragenden Rosalind Franklin aufdeckt, sind fesselnd erzählt. Eingebunden in einem misogynem Forschungsumfeld, das sich, mit Ausnahme von Paris, toxisch auf Rosalind Franklins Befinden auswirkte und am Ende einen schrecklichen Tribut verlangte, wurde sie durch das Wettrennen der beiden großen britischen Labore, dem Londoner „King’s College“ und dem“ Cavenish Laboratory" der Universität Cambridge, dem ein Bruch eines Gentleman Agreements zur DNA- Forschung vorausgegangen war, ihrer großen Entdeckung beraubt, durch Röntgenstrahlen die Struktur der DNA darstellen zu können. Wenn auch ihr Privatleben im Hintergrund bleibt, sind die weinigen Einblicke geschickt eingebaut und runden das Profil dieser ganz besonderen Frau ab.
Auf Basis des spektakulären Bildes Nr. 51, aufgenommen von ihrem Assistenten Raymond Gossling und mithilfe einer Reihe von mathematischen Berechnungen wollte sie eine perfekte Nachbildung des DNA-Models anfertigen. Doch ihre Forschungsergebnisse werden von machtgierigen männlichen Kollegen gestohlen, die ihr mit der Veröffentlichung des großen Coups zuvor kommen.
Wenngleich ihr Privatleben weitgehendst im Hintergrund bleibt, sind die wenigen Einblicke in ihren persönlichen Lebensbereich geschickt eingebaut und runden ihr Profil ab.
Unbedingt und unerlässlich sind die Informationen im Nachwort, die nochmals auf eine Persönlichkeit aufmerksam machen, die es lohnt, kennen und schätzen zu lernen.
„Das verborgene Genie“ ist für mich das beste Buch der Reihe um „Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte“ des letzten Jahrhunderts.

Fazit
„Das verborgene Genie“ erzählt die Geschichte der großen Rosalind Franklin, die ihr Leben der Naturwissenschaften gewidmet und durch ihre brillanten Fähigkeiten bedeutend zur Entdeckung der DNA beigetragen hat. Es ist ihrer Freundin Anne Sayre zu verdanken, dass die Nachwelt davon erfährt und die Wahrheit über die Nobelpreisträger Watson, Crick und Wilkins bekannt geworden ist.

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Veröffentlicht am 23.02.2024

Großartige Erzählung über das Leben und die Nuanchen einer Ehe.

Hier muss es sein
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Ein gefeierter Hollywoodstar und ein Professor für Linguistik treffen sich in Irland: Beide stehen vor einem Neuanfang, ein bewegtes Leben liegt hinter ihnen. Doch während sich Claudette in ihrer neuen ...

Ein gefeierter Hollywoodstar und ein Professor für Linguistik treffen sich in Irland: Beide stehen vor einem Neuanfang, ein bewegtes Leben liegt hinter ihnen. Doch während sich Claudette in ihrer neuen Welt gut zurechtfindet, kann Daniel mit seiner Vergangenheit nicht abschließen. Ein Interview, das er im Radio hört, bringt sein Leben ins Schwanken und das Trauma zerstört, was er sich in den letzten 10 Jahren aufgebaut hat.

Meine persönlichen Leseeindrücke
Da ist viel los, in diesem mehr als 500 Seiten umfassenden Roman! Komplizierte Familien- und Beziehungsbindungen und ein Leben, das total aus dem Ruder läuft, sind wohl ein Spezialgebiet der irischen Autorin Maggie O’Farrell, weil was sie hier zu Papier bringt, ist nicht nur spannend bis zum Schluß, sondern trotz der vielen Romanfiguren mit ihren zwischenmenschlichen Unterströmungen und den unzähligen Zeiten-,Orts- und Perspektivenwechsel so klar und deutlich aufgebaut, dass es überhaupt nicht schwerfällt, den komplexen Romanhandlungen zu folgen.
Schillernd und kauzig, liebenswürdig und zutraulich, betörend und geheimnisvoll, so könnte man die Romanfiguren zusammenfassen, die ein Porträt einer Ehe zeichnen, das auf Geheimnissen und unbewältigter Vergangenheit aufgebaut ist. Ein unerwarteter Wink aus der Vergangenheit gemischt mit einem unfassbar tragischen Schicksalsschlag, befördert das Leben der direkt und indirekt Beteiligten auf einen Trip Richtung Hölle.
Ich bin durchaus angetan von der Geschichte, die so reell daherkommt, wie manchmal nur das Leben sein kann. Vielleicht trifft das nicht ganz auf das offene Ende des Romans zu, das ein wenig nach amerikanischem Happy End anmutet, doch verliert der Roman dadurch für mich weder an Qualität noch büßt er an Glaubwürdigkeit ein.

Fazit
„Hier muss es sein“ der irischen Autorin Maggie O’Farrell ist ein sehr gelungener Roman über die Wirrungen und Irrungen einer Ehe. „Ein verrücktes Durcheinander, von dem die Autorin genüsslich erzählt, heiter, detailfreudig, fast sinnlich miterlebbar.“ wie es Jutta Duhm-Heitzmann in ihrer Rezension ausdrückt. Der Roman bietet gute Unterhaltung und gleichzeitig gute Literatur – viel Spaß beim Lesen!

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Veröffentlicht am 21.02.2024

Auseinandersetzung mit der Familiengeschichte

Die Postkarte
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Im Januar 2003 fand Anne Berests Mutter unter den Neujahrswünschen eine verstörende Postkarte mit nichts als den Namen ihrer vier Angehörigen, die in Auschwitz ermordet wurden; ohne Absender, ohne Unterschrift. ...

Im Januar 2003 fand Anne Berests Mutter unter den Neujahrswünschen eine verstörende Postkarte mit nichts als den Namen ihrer vier Angehörigen, die in Auschwitz ermordet wurden; ohne Absender, ohne Unterschrift. Anne fragt nach und die Mutter erzählt ihr die tragische Geschichte der Familie Rabinowicz. Aber erst als ihre kleine Tochter in der Schule Antisemitismus erfährt, beschließt Anne, der Sache wirklich auf den Grund zu gehen. Mithilfe eines Privatdetektivs und eines Kriminologen recherchiert sie in alle erdenklichen Richtungen.

Meine persönlichen Leseeindrücke
Dieses Buch als Roman zu bezeichnen, kann richtig sein, ich empfinde es jedenfalls nicht so, sondern viel mehr begleite ich die Autorin auf ihrer Spurensuche nach der Vergangenheit ihrer Familie - den Rabinovitchs.
Geschickt verbindet die Autorin zwei Zeitebenen der Geschehnisse, eine historische und eine gegenwärtige. Sie erzählt zum einen, in weiten Teilen gestützt auf Protokolle und Berichte ihrer Mutter, die Familiengeschichte, zum anderen von ihren eigenen Erlebnissen und der Auseinandersetzung mit der Frage, was es eigentlich für sie und ihre Tochter bedeutet "Jüdin" zu sein.
Es liegt in der Natur der Sache, dass die Auseinandersetzung mit der Familiengeschichte viel Leid ans Tageslicht bringt. Zum Schluss muss Anne Berest erkennen, dass diese Vergangenheit Teil ihrer Gegenwart ist - einer Gegenwart, in der auch in Frankreich der Antisemitismus immer wieder aufflammt.
Wahrscheinlich liegt es am Buchumfang, ich mag selten Bücher mit mehr als 300 Seiten, dass mein Interesse an der tragischen Geschichte der Familie Rabinovitch während der Lektüre abgenommen hat, um erst zum Schluss wieder an Fahrt aufzunehmen.

Fazit
Die Postkarte von Anne Berest ist eine Mischung aus Roman und fast journalistischer Erzählung. Das Buch lebt von der Unmittelbarkeit und der direkten, fast kriminalistischen Erforschung und Auseinandersetzung der Autorin mit ihrer Familiengeschichte.

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Veröffentlicht am 06.02.2024

Mattanza - Siziliens jahrhundertealte Tradition des Thunfischfangs

Mattanza
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Auf Katria (Anm. Favignana), dieser wunderschönen, wilden ägadischen Insel im Mittelmeer vor der Westküste Siziliens, wird seit Jahrhunderten die Mattanza als uralte Regel, und als mit dem Fischfang verbundenen ...

Auf Katria (Anm. Favignana), dieser wunderschönen, wilden ägadischen Insel im Mittelmeer vor der Westküste Siziliens, wird seit Jahrhunderten die Mattanza als uralte Regel, und als mit dem Fischfang verbundenen Brauch, für die Unveränderlichkeit der Abläufe, die das Überleben der Insel sichern, praktiziert. Solange wird Katria weiterbestehen, das ist der Glaube und das Gesetz.
Raìs Matteo Martorana führt jedes Jahr den Fang der Thunfischschwärme an und nur sein Nachfolger, so will es der Brauch, kann diese Tradition fortführen. Als sich kein männlicher Nachfolger einstellt, und als letzte Hoffnung ein Mädchen geboren wird, wird die Kleine in die Obhut ihres Großvaters gegeben.
Sie soll als Raìs das wertvollste Gut der Insel, die jahrhundertealte Tradition der Mattanza, weiterführen und sie für die nächste Generation erhalten.
Die neuen Herausforderungen fordern und überfordern nicht nur den Raìs, sondern die ganze Inselgemeinschaft, die mit aller Kraft versucht, sich gegen die Veränderungen zu stemmen.

Meine persönlichen Leseeindrücke
Ich bin im Bücherjahr 2024 noch gar nicht angekommen, zu viele (gute) Bücher von 2023 warten noch darauf gelesen zu werden. So auch dieser wunderbare Roman Mattanza von Germana Fabiano.
Der vorliegende Roman entstammt der Trilogie „Concerto Siciliano“ (Anm. Sizilianisches Konzert), und „L’ultimo Raìs – Mattanza“ ist der 2. Band daraus. Es ist die Erzählung von Eleonora, abgekürzt einfach Nora gerufen, die mit ihrer Geburt 1960 beginnt. 52 Jahre lang verfolge ich ihr Leben, der Tradition verschrieben, von ihren großen Erfolgen als Raìs und den widrigen Umständen, die ein bitteres Ende erkennen lassen. Denn es kommen nicht nur die japanischen Schleppkähne, die die Meere in industriellen Ausmaßen leerfischen, sondern die Besitzer wollen die Fischfabrik und die Fischerboote verkaufen und der Flüchtlingsansturm aus Nordafrika beginnt.
Das bedeutet den Untergang der seit Jahrhunderten bestehenden Lebensform und Kultur auf der Insel, und die Dorfgemeinschaft, angeführt vom Raìs, setzt sich zur Wehr.
Wer Sizilien kennt und die großen sizilianischen Schriftsteller schätzt, wird in der Erzählung das berühmt berüchtigte unsichtbare Verhaltensmuster der Inselbewohner erkennen, das mich so sehr an Leonardo Sciascia erinnert. Auf die Frage wie viel Tradition wert ist, wie weit man gehen darf, um diese zu erhalten und ob man dem Schicksal ein Schnippchen schlagen kann, gibt es keine klare Antwort. Das Buch endet 2012, wie es weitergehen kann, bleibt offen.
Wieder sehr gelungene ist die Übersetzung, die den besonderen sizilianischen Charakter beeindruckend ins Deutsche überträgt. Barbara Neeb und Katharina Schmidt stehen schon seit langem für mich als Garantinnen exzellenter Literatur.

Fazit
Mattanza aus der Trilogie „Concerto siciliano” ist ein eindrucksvolles Zeitzeugnis der jahrhundertealten Tradition des Thunfischfangs, die einst Siziliens Stolz der Ägadischen Insel Favignana war.

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Veröffentlicht am 01.02.2024

Eindrucksvolle und berührende Geschichte von Spätaussiedlern aus Russland

Bis wir Wald werden
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Ein Hochhaus mit 16 Stockwerken à 5 Wohnungen am Stadtrand, in der Nähe einer Autobahnausfahrt, dahinter ein Wald; hier wohnt Nanushka mit ihrer Familie und Freunden in bescheidenen Verhältnissen.

Babulya, ...

Ein Hochhaus mit 16 Stockwerken à 5 Wohnungen am Stadtrand, in der Nähe einer Autobahnausfahrt, dahinter ein Wald; hier wohnt Nanushka mit ihrer Familie und Freunden in bescheidenen Verhältnissen.

Babulya, ihre Urgroßmutter, hatte sie einst von Sibirien nach Deutschland getragen, um ihr in der neuen alten Heimat ein besseres Leben zu ermöglichen. Während das unter der Aufsicht der Urgroßmutter Mädchen aufwächst, wird diese das emotionale Zentrum der Hausgesellschaft.

Jetzt ist Babulya so alt, dass sie kaum noch ihr Bett verlässt. Nanushka kümmert sich liebevoll um sie, ist sie doch ihre wichtigste Bezugsperson und ihre emotionale Anbindung an ihr Geburtsland. Erinnerungen an Babulyas Leben in Sibirien verbinden sich mit der Gegenwart und Nanushka tritt Babulyas Erbe an.



Meine persönlichen Leseeindrücke

„Bis wir Wald werden“ ist ein besonderes Buch, das mit einem besonderen Ton besticht, und das über das Leben der Russlanddeutschen (oder auch Spätaussiedlern) in Deutschland erzählt, aus erster Hand der Autorin sozusagen. Birgit Mattausch hat als Pastorin viele Jahre diese besondere Minderheit begleitet und erzählt in ihrem Debütroman über das Leben in Deutschland und die Erinnerungen der älteren Generation an Sibirien.

Nanushka kommt als Baby nach Deutschland. Ihre Urgroßmutter hat sie buchstäblich den langen Weg aus der Sibirien getragen, um ihr ein neues Leben zu schenken. So wächst das Mädchen mit ihren Cousinen in der neuen, fremden Heimat auf, denn was nun Heimat ist, scheint sich zu einem kompliziertes Verhältnis zu entwickeln. Die Frage nach der Identität der Spätaussiedler, wie sie zur deutschen Gesellschaft stehen und passen und was die eigene Familiengeschichte ist, wird behutsam und feinfühlend dargelegt.

Immer wieder werden pointierte Alltagsepisoden von Nanushka und ihren Freunden mit Rückblicken der Urgroßmutter an ihr Leben in der Sowjetunion unterbrochen. Besonders die Traumausschnitte, in denen Babulya ihrem geliebten Mann, dem Bären, im Wald begegnet, der verschleppt wurde und nicht mehr zurückkehrte, wird sehr berührend erzählt. In Deutschland ist Babulyas Reich eine Miniküche in einer Wohnung dieses Architekturmonsters, abgeschirmt von der Realität der neuen Heimat, verstrickt mit Erinnerungen und vielen Weisheiten.

Doch das Buch ist auch eine Hommage an Babulya, die für eine Generation von Frauen steht, die in der Sowjetunion keine Zukunft sahen und die Aussiedlung nach Deutschland als einzige Chance für ein gesichertes Leben für sich und die kommenden Generationen.


Fazit

„Bis wir Wald werden“ erzählt von Russlanddeutschen, die nach Deutschland kamen um sich hier in der Heimat eine neue Existenz aufzubauen. Es ist die Geschichte von Nanuschka und ihrer Urgroßmutter Babulya, aus ungewohnter Perspektive.

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