System im Fokus, Emotion im Schatten – Emotional Female bleibt hinter dem Titel zurück
Emotional FemaleIn Emotional Female schildert Yumiko Kadota ihre Erfahrungen als junge Ärztin im australischen Gesundheitssystem – ein System, das sie physisch und psychisch an ihre Grenzen bringt. Das Buch ist eine schonungslose ...
In Emotional Female schildert Yumiko Kadota ihre Erfahrungen als junge Ärztin im australischen Gesundheitssystem – ein System, das sie physisch und psychisch an ihre Grenzen bringt. Das Buch ist eine schonungslose Abrechnung mit den strukturellen Missständen in Krankenhäusern: Überarbeitung, Hierarchie, Machtmissbrauch und mangelnde Unterstützung für Nachwuchsmediziner:innen sind zentrale Themen, die Kadota eindrucksvoll und mit berechtigter Wut aufzeigt. Sie beschreibt detailliert, wie sie im Hamsterrad aus 24-Stunden-Schichten, unzumutbarem Druck und fehlender Wertschätzung schließlich in ein Burnout schlittert.
Kadota liefert eine schonungslose Abrechnung mit dem Krankenhausalltag, in dem junge Ärzt:innen bis zur völligen Erschöpfung ausgebeutet werden. Besonders deutlich wird die männerdominierte Struktur des Medizinsystems: Führungsetagen, Entscheidungsprozesse und Kommunikationskultur sind vielfach von patriarchalen Mustern geprägt, die es jungen Frauen besonders schwer machen, sich Gehör zu verschaffen oder Unterstützung zu finden.
Trotz des vielversprechenden Titels Emotional Female bleibt die Auseinandersetzung mit den spezifischen Herausforderungen des Frauseins in diesem männlich geprägten Umfeld eher oberflächlich. Die Zuschreibung "emotional" – oft abwertend und geschlechtsspezifisch verwendet – wird zwar erwähnt, aber nicht vertieft analysiert. Auch Kadotas persönliche Geschichte bleibt streckenweise zu distanziert: Ihr individueller Umgang mit Belastung, ihre Gefühle und inneren Konflikte werden nur punktuell beleuchtet.
Emotional Female ist ein wichtiges und mutiges Buch, das strukturelle Missstände in einem patriarchal geprägten System sichtbar macht. Wer sich jedoch eine tiefere Reflexion über weibliche Emotionalität im Berufsalltag oder eine intensivere Auseinandersetzung mit Kadotas persönlichem Erleben erhofft, wird möglicherweise nicht vollständig abgeholt.