Meet the Fletchers - eine jüdisch-amerikanische Familiengeschichte
Die Fletchers von Long IslandIm Roman „Die Fletchers von Long Island“ von Taffy Brodesser-Akner begegnen wir vier Generationen der jüdisch-amerikanischen Familie Fletcher und erleben mit Ihnen das vielschichtige Panorama ihrer Familiengeschichte, ...
Im Roman „Die Fletchers von Long Island“ von Taffy Brodesser-Akner begegnen wir vier Generationen der jüdisch-amerikanischen Familie Fletcher und erleben mit Ihnen das vielschichtige Panorama ihrer Familiengeschichte, Konflikte zwischen den Generationen und eine ordentliche Portion jüdischen Humor.
Nachdem der Patriarch Zelig Fletcher im 2. Weltkrieg aus Europa geflohen war, gründete er in New York eine Familie und kam mit einer Polysterol-Fabrik zu unerwartetem Reichtum. Als Zelig dann früh verstirbt, übernimmt sein Sohn Carl die Fabrik und wird wenig später im Jahr 1980 mit 33 Jahren entführt.
Erst nach fünf Tagen wird Carl gegen eine hohe Lösegeldsumme freigelassen. Anschließend ist er völlig traumatisiert, doch seine alles dominierende Mutter Phyllis drängt ihn möglichst schnell seinen Alltag wieder aufzunehmen und den Schein zu wahren. Auch Carls Frau Ruth, die schwanger ist, und die beiden Söhne Nathan und Beamer, damals sechs und vier Jahre alt, sind von dem Ereignis schwer mitgenommen. Dennoch wollen die Erwachsenen das Geschehene lieber verdrängen und kehren zu einer scheinbaren Normalität zurück. Doch auch am jüngsten Kind Jenny, die erst nach der Entführung geboren wurde und sich als hochbegabt herausstellt, gehen die Nachwirkungen der Ereignisse nicht spurlos vorüber.
Erst 40 Jahre später, als Phyllis stirbt, brechen die Erlebnisse rund um die Entführung wieder hervor und die Familie muss sich damit auseinandersetzen, jeder auf seine ganz eigene Art und Weise.
Wir erleben zwischenmenschliche Höhen und Tiefen, psychische und finanzielle Abstürze und das Ganze wird gewürzt mit allerhand ironischem Witz.
Die Geschichte, die zunächst als tragische Familiengeschichte daherkommt, behandelt letztlich jedoch noch viel mehr Themen als nur die Verarbeitung von Familientraumata. Hier geht es auch darum was Geld mit den Menschen macht, wie die Generationen die es erarbeitet haben die Generation erleben, die im Reichtum geboren und großgeworden ist. Es geht um Fragen der Moral im Umgang mit Geld und auf dem Weg es zu erlangen. Es geht aber auch um Chancenungleichheit, je nachdem ob man vermögend ist oder eben nicht.
Taffy Brodesser-Akner schafft es all diese Themen in eine fantasievolle und spannende Geschichte zu verpacken, toll übersetzt von Sophie Zeitz.
Wir folgen der Geschichte aus der Sicht der verschiedenen Figuren und es gelingt der Autorin grandios deren Charakter in Ihrem Schreibstil einzufangen. Man fiebert oder leidet teilweise richtig mit beim Lesen. Taffy Brodesser-Akner ist eine großartige Erzählerin.
Gelegentliche Rückblicke helfen dabei das Geschehen besser einzuordnen ohne dabei zu verwirren. Etwas schade ist nur, dass auch der Titel übersetzt wurde denn der Hintergrund des Originaltitels „Long Island Compromise“ wird im Buch erläutert und birgt seinen ganz eigenen Witz.
Insgesamt ein tolles Buch, mit grandiosen Figuren, welches trotz seiner beachtlichen 576 Seiten kurzweilig zu lesen ist. Die Vergleiche mit Büchern wir „Die Korrekturen“ sind durchaus berechtigt. Fans von gesellschaftskritischen amerikanischen Romanen mit teilweise skurrilen Figuren dürften sich hier sehr gut unterhalten fühlen. Für mich wird es nicht das letzte Buch der Autorin gewesen sein und dich empfehle es gerne weiter.