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Veröffentlicht am 21.04.2022

Queeres Wikingerabenteur meets progressive Fantasy

Schildmaid
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Den Roman "Schildmaid: Das Lied der Skaldin" von Judith & Christian Vogt kann man wohl am besten in das Genre Historical Fantasy einordnen, denn er kombiniert Bestandteile eines zur Wikingerzeit spielenden ...

Den Roman "Schildmaid: Das Lied der Skaldin" von Judith & Christian Vogt kann man wohl am besten in das Genre Historical Fantasy einordnen, denn er kombiniert Bestandteile eines zur Wikingerzeit spielenden historischen Romans mit phantastischen Elementen. Heraus kommt eine Art moderne nordische Saga.

Worum es geht

Seit sieben Jahren ist die Einzelgängerin Eyvor in einem entlegenen norwegischen Fjord damit beschäftigt, im Auftrag der Meeresgöttin Rán ein Drachenboot zu erschaffen, das eigentlich nie in See stechen sollte. Die Weberin und Witwe eines Langboot-Bauers wäre mit dieser Aufgabe allein überfordert, wenn sich mit der Zeit nicht immer mehr Außenseiterinnen um sie scharen würden, die sie unterstützen. Niemand traut den Frauen zu, ihr Ziel zu erreichen, denn schließlich verlangt die Tradition, dass sie mit ihren Kindern an Heim und Herd gehören. Zur Gruppe gehören die Skaldin Tinna, die auf Runenmagie angewiesen ist, um anderen als Frau zu erscheinen, die hitzköpfige Skade, die häuslicher Gewalt entflohen ist, und die junge Seherin Herdis, das Krähenkind, die ihren eigenen Tod im Kampf gegen ihren Zwillingsbruder vorhergesagt hat. Weil Herdis von Beserkern gejagt wird, steigt Eyvor unversehens zur Kapitänin des "Skjaldmaer" (Schildmaid) getauften Boots auf, als die Frauen vor den gefährlichen Verfolgern aufs Meer flüchten müssen. Anfangs können sie nur die Küste entlang segeln, doch als in Dänemark die friesische Sklavin Dineke zu ihnen stößt, die sich mit Navigation auskennt, können sie auch auf das offene Meer hinaus. In der Nordsee landen sie schließlich auf dem Meeresboden in einem versunkenen Reich, wo sie den göttlichen Auftrag erhalten, ins Land der Eisriesen zu reisen, um dort den Frostriesen Jökull zu erschlagen. Denn nur so kann Ragnarök, der Untergang der Welt, verhindert werden.

Kritik

Bei Fantasy mit nordischen Versatzstücken fällt mir sofort die in der Welt des Rollenspiels "Das schwarze Auge" spielende, zwölfbändige "Phileasson-Saga" von Berhard Hennen und Robert Corvus ein. Aber mit diesem Epos hat "Schildmaid" eher wenig zu tun. Zum einen spielt der Roman nicht in einer erfundenen Welt sondern eher in einer vergangenen, wenn auch mystischen alternativen Realität und zum anderen stehen Themen wie Emanzipation sowie sexuelle und Gender-Identität neben einem spannenden Abenteuer im Zentrum. Das Buch ist mehr als nur ein ein klassisches Wikingerabenteuer mit weiblicher Besetzung. Man merkt an der detaillierten Beschreibung dieser patriarchisch geprägten Gesellschaft, in der Sklaverei, Menschenopfer und Gewalt, unter der vor allem Frauen und Kinder zu leiden haben, zum Alltag gehören, dass die Autoren ihre historischen Fakten sauber recherchiert haben. Gleichzeitig ziehen sie Parallelen zu heute noch bestehenden Ungleichbehandlungen und Ungerechtigkeiten.

Die Handlung ist, abgesehen von kleineren Längen, spannend und abwechslungsreich, die einzelnen Charaktere vielschichtig. Jede Figur verfügt über Stärken und Schwächen, eigene Ziele und Motivationen. Dabei werden auch die Antagonisten nicht ausschließlich böse gezeichnet. Das World-Building ist gelungen und führt den Leser durch einen Großteil Skandinaviens, vom heutigen Norwegen über Dänemark bis zu den Faröern, aber auch nach England. Hinzu kommen Elemente aus der nordischen Mythologie, die hier natürlich Bestandteil der erzählten Realität sind. Der Stil ist flüssig und packend, teils humorvoll, auch wenn man sich anfangs an die vielen Namen und teils authentischen Schreibweisen gewöhnen muss.

Vielleicht hätte man den Roman an ein paar Stellen etwas raffen können, indem man auf die eine oder andere Figur, respektive Nebenhandlung verzichtet hätte. Auch hat das Ende mich nicht 100%ig überzeugt, ansonsten hätte es fünf Sterne gegeben.

Fazit

Insgesamt bleibt ein überaus empfehlenswertes Buch.

Mein Dank geht an NetGalley und den Piper-Verlag für dieses Rezensionsexemplar.

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Veröffentlicht am 25.11.2021

Der Undertaker ermittelt wieder

Mörderische Geschäfte
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War der Auftaktband "Mörderische Kunst" noch eine überarbeitete Wiederveröffentlichung des bereits 2009 im Wartberg-Verlag erschienenen Romans "One-way Ticket", so ist "Mörderische Geschäfte" von Falk-Ingo ...

War der Auftaktband "Mörderische Kunst" noch eine überarbeitete Wiederveröffentlichung des bereits 2009 im Wartberg-Verlag erschienenen Romans "One-way Ticket", so ist "Mörderische Geschäfte" von Falk-Ingo Klee, der zweite Krimi um den Gießener Bestatter Frank Wilhelm, genannt der Undertaker, eine echte Erstveröffentlichung. Nachdem die geplante Regionalkrimi-Reihe damals nicht realisiert wurde, hat der Verlag Peter Hopf die Aufgabe übernommen, auch die bereits fertiggestellten Fortsetzungen zu veröffentlichen.

Worum es geht

Als eine junge türkische Asylbewerberin und Mutter von zwei kleinen Kindern von einem baufälligen Behördenhochhaus in den Tod stürzt, hat nur der mit der Beisetzung beauftragte Bestatter Frank Wilhem − Sohn eines Pathologen und Ex-Privatdetektiv mit abgebrochenem Medizinstudium − Zweifel an einem Selbstmord. Da es keinerlei Zeichen von äußerer Gewalteinwirkung gibt, haben die Gerichtsmediziner und die Polizei die Ermittlungen eingestellt. Die offizielle Version geht von einer Kurzschlusshandlung aus. Aber der "Undertaker" ist davon überzeugt, dass hier ein Verbrechen vorliegt und beginnt, auf eigene Faust Nachforschungen anzustellen. Doch es ist weder einfach noch ungefährlich, an Hintergrundinformationen zu gelangen. Denn die Täter schrecken nicht vor Gewalt zurück, um mit ihren dunklen Geschäften unentdeckt zu bleiben. Nach und nach kommt Frank Wilhelm einem unglaublichen Geheimnis auf die Spur.

Kritik

Das mittelhessische Gießen ist vielleicht nicht der naheliegenste Schauplatz für einen Kriminalroman. Die Universitätsstadt ist weniger glamourös als Frankfurt und steht nicht gerade in dem Ruf besonders idyllisch zu sein. Umso erfreulicher, dass Autor Falk-Ingo Klee dem Leser seine Heimatstadt hier mit einer gehörigen Portion Lokalkolorit, Humor und Spannung näher bringt. Die Geschichte ist mit viel Tempo, Action und ohne Umschweife erzählt, die Figur des Undertakers sympathisch und originell. Ein lesenswerter Regionalkrimi und eine gelungene Fortsetzung.

Fazit

Mit 230 Seiten ist auch "Mörderische Geschäfte" wieder ideal für ein kurzes Leseabenteuer, das man an ein paar Abenden oder einem trüben Adventwochenende genießen kann.

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Veröffentlicht am 07.10.2021

Auftritt: der Undertaker

Mörderische Kunst
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"Mörderische Kunst" ist der erste, in Gießen spielende Regionalkrimi um den sogenannten Undertaker aus der Feder des vor allem durch seine Science-Fiction-Romane bekannten Autors Falk-Ingo Klee.

Worum ...

"Mörderische Kunst" ist der erste, in Gießen spielende Regionalkrimi um den sogenannten Undertaker aus der Feder des vor allem durch seine Science-Fiction-Romane bekannten Autors Falk-Ingo Klee.

Worum es geht
Bestatter Frank Wilhelm alias der Undertaker gerät plötzlich ins Visier der Mordkommission, als im Gießener Beerdigungsinstitut, dessen Juniorchef er ist, eine unbekannte asiatische Leiche entdeckt wird, die offensichtlich einem brutalen Mord zum Opfer gefallen ist und in einem Sarg liegt, der eigentlich für den Transport ins Krematorium vorgesehen ist. Als ehemaliger Privatdetektiv denkt Wilhelm gar nicht daran, die polizeilichen Ermittlungen gegen sich, seinen Schwiegervater, dem das Bestattungsunternehmen gehört, und seine Mitarbeiter so einfach hinzunehmen, sondern entschließt sich, eigene Nachforschungen in dem Fall anzustellen. Doch das gestaltet sich schwieriger als erwartet. Denn der Versuch, sich von den Verdächtigungen rein zu waschen, erweist sich bald schon als gefährlich, denn die Mörder schrecken nicht vor weiterer Gewalt zurück.

Kritik
Mit einigem Lokalkolorit aus seiner Wahlheimat Gießen erzählt Falk-Ingo Klee hier eine originelle Kriminalgeschichte, wobei die Handlung vor etwas mehr als 20 Jahren spielt, was darauf zurückzuführen ist, dass es sich bei den drei nun im Verlag Peter Hopf veröffentlichten Undertaker-Bänden um Wiederveröffentlichungen handelt. Seine Figur Frank Wilhelm hebt sich als Sohn eines Pathologen, abgebrochener Medizinstudent, Ex-Privatdetektiv und jetziger Bestatter angenehm von den üblichen Ermittlern ab. Ausgestattet mit einer temporeichen Handlung, Witz und Spannung hat der Roman alles, was einen Regionalkrimi zu einem echten Lesevergnügen macht.

Fazit
Mit einer Länge von gerade einmal 234 Seiten ist "Mörderische Kunst" ideal für ein verregnetes Herbstwochenende.

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Veröffentlicht am 05.10.2021

Von Urban Fantasy zu orientalischem Märchen: eine würdige Fortsetzung

Ministry of Souls – Die Schattenarmee
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Mit dem Fantasy-Roman "Die Schattenarmee" schließt Akram El-Bahay seine 2021 mit "Das Schattentor" begonnenen Zweiteiler "Ministry of Souls" ab. Inhaltlich knüpft das Buch unmittelbar an den ersten Band ...

Mit dem Fantasy-Roman "Die Schattenarmee" schließt Akram El-Bahay seine 2021 mit "Das Schattentor" begonnenen Zweiteiler "Ministry of Souls" ab. Inhaltlich knüpft das Buch unmittelbar an den ersten Band an, wobei die Ereignisse aus Teil 1 zu Beginn kurz rekapituliert werden.

Worum es geht

Im viktoriansichen London im Jahr 1850 verfolgen Soulman Jack und die arabische Prinzessin Naima die Spur des geheimnisvollen Schattenspielers, einem Ifriten, der zwischen den Welten hin und her wechseln kann. Als dieser Jack verflucht, wodurch er durchsichtig wird und zunehmend an Kraft verliert, liegt es an der Prinzessin und der sprechenden Katze Oz, eine Lösung zu finden. Die Jagd führt in Naimas Heimat, wo sich in der königlichen Bibliothek ein altes Buch befindet soll, welches den Schlüssel enthalten könnte, um den Fluch zu brechen. Während der Ifrit eifrig Seelen zu einer dunklen Heerschar um sich sammelt, zeigt sich dort, dass das Geheimnis der Schattenarmee eng mit ihrer eigenen Familie verknüpft ist.

Kritik

Das markante Cover hat Wiedererkennungswert. Nach dem furiosen Auftakt von "Ministry of Souls", in dem Akram El-Bahay eine faszinierende Welt erschaffen hatte, deren Reiz nicht nur im historischen Schauplatz, sondern vor allem in der Beschäftigung mit dem Thema Sterben lag, konnte man sich als Leser auf die nun mit "Die Schattenarmee" vorliegende Fortsetzung freuen. Während jedoch in "Das Schattentor" der Fokus der Geschichte auf der Aufgabe der sogenannten Soulmen lag, die Seelen der Verstorbenen über eine Zwischenwelt ins Jenseits zu begleiten, führt "Die Schattenarmee" die Helden der Geschichte aus dem viktorianischen London mit einer abenteuerlichen Reise nach Arabien, der Heimat der Prinzessin Naima. Dieser exotische Schauplatz, der natürlich zu verwendeten Mystik des Ifriten passt, ist einerseits reizvoll und klang auch in ersten Teil an, andererseits wird dadurch der Roman weniger Urban Fantasy und mehr eine Erzählung aus 1001 Nacht. Nicht zum ersten Mal sucht El_Bahay Inspiration bei orientalischen Märchen. Durch Jacks geschwächte, prekäre Lage wird Naima, die schon zuvor als erfrischend mutige und starke Frauenfigur geschildert wurde, zum Hauptprotagonisten. Der Autor bricht hier bewusst mit dem Klischee der Märchenprinzession, die vom strahlenden Helden gerettet werden muss, indem er die Rollen vertauscht. Unterstützt werden die beiden wieder von der sprechenden Katze Oz, die teilweise die Rolle des Comic Relief übernimmt.

Obwohl der Mittelteil des Romans ein paar Längen aufweist, wo man als Leser den Eindruck hat, die Handlung dreht sich kurzfristig im Kreis, ist das Tempo der Erzählung insgesamt ähnlich hoch wie im ersten Band. Es ist nicht immer ganz einfach als Leser den Überblick über die einzelnen, verwobenen Handlungsfäden zu behalten. Der Autor bleibt seinem Stil treu, einen flüssig lesbaren Text abzuliefern, in den immer wieder auch längere, verschachtelte Sätze eingebaut sind. Zum Finale, wenn alle Handlungsstränge zusammenlaufen, setzt der Roman dann noch einmal richtig auf actionreiche Kämpfe und präsentiert eine zufriedenstellende Auflösung.

Fazit

Auch wenn mich der zweite Teil von "Ministry of Souls" nicht ganz so überzeugt hat wie "Das Schattentor", so ist "Die Schattenarmee" für sich genommen ein gelungener Fantasy-Roman und eine würdige Fortsetzung. Gerne würde man mehr aus der Welt der Soulmen erfahren, vielleicht aus anderen Epochen, doch der Autor hat mehrfach betont, dass dieses Thema nun abgeschlossen ist. Schade! Wer Band 1 gelesen hat, sollte sich dieses Buch nicht entgehen lassen.

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Veröffentlicht am 30.09.2021

Urban Fantasy im Berlin der Goldenen Zwanziger

Anarchie Déco
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Das neuste Werk des Autorenduos J. C. Vogt heißt "Anarchie Déco" und ist ein historischer Urban-Fantasy-Roman, der im Berlin der Roaring Twenties des letzten Jahrhunderts spielt.

Worum es geht
Im Jahr ...

Das neuste Werk des Autorenduos J. C. Vogt heißt "Anarchie Déco" und ist ein historischer Urban-Fantasy-Roman, der im Berlin der Roaring Twenties des letzten Jahrhunderts spielt.

Worum es geht
Im Jahr 1927, knapp zehn Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, befindet sich Berlin im Umbruch. Das ausschweifende, sexuell freizügige Nachtleben floriert, die Nationalsozialisten sind auf dem Vormarsch, und aus der Kombination von Kunst und Wissenschaft entsteht Magie, ein bisher kaum erforschtes Phänomen, welches sich aber auch außerhalb der Forschungslabors nicht nur in den Nachtclubs sondern auch auf den Straßen der Stadt ausbreitet. Statuen beginnen plötzlich zu leben, eine verschwundene Frau wird versteinert aufgefunden, und ein kommunistischer Politiker steckt tot in verflüssigtem Beton. Die junge Physikerin Nike Wehner, die gerade an ihrer Dissertation arbeitet, ist Expertin für das neue Phänomen und ist der Lage, auch selbst Magie anzuwenden. Nebenberuflich arbeitet sie für die Berliner Kriminalpolizei, denn mittels Zauberei lassen sich auch hervorragend Verbrechen begehen. Da Magie zusätzlich die Dualität von Mann und Frau braucht, erhalten Nike und die Ermittler Unterstützung durch den Künstler und Anarchisten Sandor Černý. Als sich herausstellt, dass auch unter den aufstrebenden Nazis Magier aktiv sind, droht die Situation Nike und Sandor zu überfordern, zumal immer unklarer wird, wem sie überhaupt noch vertrauen können.
Kritik

"Anarchie Déco" hat viele Aspekte: Einerseits ist es ein sauber recherchierter Roman über das Berlin der 1920er Jahre, in dem auch historische Persönlichkeiten wie Albert Einstein oder der legendäre Leiter der Mordkommission Ernst Gennat auftreten, welcher auch in Volker Kutschers Gereon-Rath-Zyklus vorkommt. Insofern weist das Buch gewisse Parallelen mit "Babylon Berlin" auf. Gennat zur Seite gestellt ist der fiktive Kommissar Seidel, welcher einer inoffiziellen Arbeitsgruppe für Magie vorsteht. Andererseits geht es aber auch um Generationskonflikte, Politik und Verschwörungstheorien. Gender mit LGBTQ+ Aspekten sind − gerade im Mittelteil − ein zentrales Thema. Darin eingebettet ist eine spannende Whodunit-Kriminalgeschichte, in der es auch um Grundstücksspekulationen und den damaligen Bauboom geht. Auch wenn man den Roman ins Genre der Urban Fantasy einordnen kann, spielen die phantastischen Elemente eher untergeordnete Rolle. Wer eine übernatürliche Handlung wie in den Serien "Die Flüsse von London" oder "Lockwood & Co." erwartet wird vielleicht eher enttäuscht sein. Denn erst zum Finale kommen die Fantasy-Elemente verstärkt zum Tragen.

Judith und Christian Vogt erzählen ihre gesellschaftskritische Geschichte mit wechselnden Perspektiven in einem flüssig zu lesenden Stil mit teils bissigem Humor. Der Genremix ist durchaus faszinierend, der Flair den Goldenen Zwanziger, aber auch die teils düstere politische Stimmung werden geschickt eingefangen. Handlung und Protagonisten wird ausreichend Zeit eingeräumt, sich zu entwickeln. Die Verknüpfung von Physik, Kunst und Magie ist ein faszinierendes Konzept. Leider wirkt der Roman thematisch etwas überladen, und Teilaspekte wie eine gendergerechte Sprache passen im Detail nicht in die Epoche. Viele der angerissenen Themen wie Antisemitismus, Wohnungsnot, Bauspekulation, koloniale Raubkunst sowie die Diskriminierung von Frauen und sind auch hundert Jahre nach der Handlungszeit des Romans immer noch aktuell. Insgesamt bricht das Buch eine Lanze für Diversität und individuelle Lebensentwürfe.

Fazit
Zusammenfassend erzählt "Anarchie Déco" eine interessante Geschichte mit vielen wichtigen Themenbereichen, wobei die Fülle dieser Themen etwas zu Lasten der Spannung und der Phanstasik geht. Ob als Einzelroman oder Auftakt zu einer Serie hat der Roman jede Menge Potential, den Leser gut zu unterhalten.

Mein Dank gilt Fischer TOR und NetGalley für dieses Rezensionsexemplar.

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