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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.10.2018

Unvorhersehbar und atmosphärisch, leider wenig Spannung und einige Logikfehler!

Mädchen aus dem Moor
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Der Einstieg ins Buch gelang mir äußerst gut. Die Beschreibungen des Dartmoors mit seinen düsteren Landschaften, den regionalen Brauchtümern und der eindrucksvollen Fauna und Flora gelang dem Autoren, ...

Der Einstieg ins Buch gelang mir äußerst gut. Die Beschreibungen des Dartmoors mit seinen düsteren Landschaften, den regionalen Brauchtümern und der eindrucksvollen Fauna und Flora gelang dem Autoren, als preisgekrönter Reisejournalist, hervorragend.

Wir erleben das Geschehen aus verschiedenen Perspektiven: zum Einen aus Kaths Sicht, die nach dem Unfall versucht, das Geschehen zu rekonstruieren. Der Leser erhält einen Einblick in ihre Gefühlswelt und die Wirren ihres posttraumatisch belasteten Verstandes. Dennoch konnte ich ihre Handlungen und Gedanken nicht immer nachvollziehen und wurde im Verlauf des Buches nicht wirklich warm mit ihr.

Zum Anderen begleiten wir ihren Mann Adam, der als Ranger im Dartmoor tätig ist und dieser Arbeit mit größter Leidenschaft nachgeht. Er ist ein Mann der Wildnis und verbringt viele einsame Stunden damit, das Moor zu hegen, Hecken in Schuss zu halten oder verirrten Touristen zu helfen. Nach Kaths Selbstmord ist er zutiefst verletzt und seiner Frau gegenüber äußerst zornig.

Auch Kaths Bruder Dan und seine Frau Tessa, die der Familie nach den Geschehnissen als Psychologin zur Seite steht, sind in die Ereignisse verstrickt und haben - wie man so schön sagt - ganz eigene "Leichen im Keller".

Durch die unterschiedlichen Sichtweisen, wirken die Charaktere vielschichtig und die Handlung unvorhersehbar. Mystische Elemente wie der Wicca-Kult, die Hexensteine aus dem Dartmoor und die vielen offenen Fragen machen es zunächst wirklich spannend.

Leider verliert sich der Autor dann so manches Mal in ausschweifenden Beschreibungen der Landschaft, die anfangs zwar noch atmosphärisch wirken, später aber einigen spannenden Szenen etwas an Fahrt nehmen. Entscheidende Fakten oder Ereignisse werden oftmals nur kurz angerissen und in Nebensätzen erwähnt. Dagegen werden die immer gleichen Gespräche teils mehrfach unter verschiedenen Protagonisten geführt, was unnötig Zeit verschwendet und überflüssig ist.

Das Thema "Asperger-Syndrom" begegnete mir in diesem Buch das erste Mal und obwohl ich natürlich schon von Autismus und seinen Symptomen gehört habe, kann ich nicht sagen, ob diese Erkrankung hier wirklich authentisch dargestellt wurde. Dass Kath und Adam ihrer Tochter kein "Etikett aufdrücken" möchten, indem sie sie untersuchen lassen, ist mir völlig unverständlich. Wollen liebende Eltern nicht stets das Beste und vorallem die bestmögliche Behandlung ihres Kindes? Dennoch konnte ich zu Lyla, die in der Schule keine Freunde hat und von allen nur "Das-Mädchen-das-nicht-da-ist" genannt wird, während des Lesens die beste Bindung aufbauen. Sie gab dem Buch eine gewisse Tiefe und es war herzzerreißend zu lesen, wie schwer sie in der "normalen" Welt, abseits ihres geliebten Moores, zurecht kommt.

Die Tatsache, dass sich in der ersten Hälfte des Buches mehr Fragen als mögliche Lösungsansätze auftun und die Handlung zunehmend rätselhafter wird, ist ein Punkt an dem sich in unserer Leserunde die Geister geschieden haben.

Einerseits bleibt die Handlung tatsächlich bis zum Schluss unvorhersehbar, andererseits wurde - in meinen Augen - die Auflösung hierdurch zu schnell abgehandelt. Die Spannung, die sich zunächst subtil aufbaut, steigt zum Ende des Buches viel zu rasant an. Auf Kosten einer logischen Auflösung.

Malerische Landschaften, eine dichte Atmosphäre und eine undurchsichte, unvorhersehbare Handlung mit interessanten Charakteren treffen hier auf ein Ende, das zwar schlüssig ist, aber leider zu schnell abgehandelt und den vorangegangenen Ereignissen nicht gerecht wird.

Wer diese Abstriche in Kauf nehmen kann, den erwartet mit "Das Mädchen aus dem Moor" ein Psychothriller, der zum Einen viele lehrreiche Facetten des Asperger-Syndroms aufzeigt und gekonnt in die Story verwebt, zum anderen aber auch durch eine düstere Atmosphäre und viele unerwartete Wendungen besticht!

Für Fans undurchschaubarer Psychothriller und für etwas Spannung zwischendurch durchaus empfehlenswert.