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Veröffentlicht am 02.01.2018

Leider nicht überzeugend

Die Stadt des Zaren
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Anfang des 18. Jahrhunderts beschließt Zar Peter, eine neue Stadt zu bauen. Sankt Petersburg soll eine Stadt werden, wie es sie in Russland noch nicht gegeben hat. Der vielseitig gebildete und interessierte ...

Anfang des 18. Jahrhunderts beschließt Zar Peter, eine neue Stadt zu bauen. Sankt Petersburg soll eine Stadt werden, wie es sie in Russland noch nicht gegeben hat. Der vielseitig gebildete und interessierte Zar nimmt sich Europa zum Vorbild und hat große Pläne. Bedenken wischt er vom Tisch und setzt seine Vorstellungen gegen alle Widerstände durch. Doch auch der Zar kann so einen Plan nicht allein in die Tat umsetzen, er braucht hunderte und tausende von Menschen, die ihm helfen, seine Vision Realität werden zu lassen. Er wirbt Freiwillige an, aber auch Kriegsgefangene und Leibeigene müssen ihren Teil dazu beitragen. Zu ersteren gehört die Familie des deutschen Arztes Dr. Albrecht, der mit seiner Familie bereits in Moskau gelebt hat. Sein Sohn und seine beiden Töchter werden ganz unterschiedliche Wege in der neuen Stadt gehen.
Auch viele andere Menschen verschlägt das Schicksal oder ihr Abenteuersinn an die große Baustelle an der Newa. Einigen davon folgen wir in diesem Buch.

Der unangefochtene Protagonist der Geschichte ist jedoch die Stadt selber. Der Leser erlebt die Vision des Zaren und ihre langsame und schwierige Umsetzung quasi hautnah mit. Eine hochinteressante Geschichte und Zar Peter war ganz offensichtliche eine faszinierende historische Figur. Diese Abschnitte lesen sich allerdings relativ trocken. Dennoch waren sie für mich das interessanteste an dem Roman, denn leider blieben die anderen Protagonisten ziemlich blass. Mit keinem von ihnen habe ich wirklich mitgefiebert, sondern ihre Entwicklung relativ distanziert verfolgt, da einfach keine emotionale Nähe aufkam. Am ehesten interessierte mich noch das Schicksal der Arztfamilie, da diese von Anfang an dabei waren und man somit von ihnen am meisten erfuhr. Ihre Handlungen, Gefühle und Gedanken allerdings fand ich wenig spannend Die anderen Personen, die so nach und nach eingeführt wurden, konnten mich noch weniger überzeugen und wirkten mehr wie Staffage, eben um den Aufbau der Stadt anschaulicher zu erzählen – was für mich aber überhaupt nicht gelungen ist. Einige Figuren empfand ich als ziemlich überflüssig. Ich hätte es wahrscheinlich besser gefunden, wenn die Autorin sich auf weniger Figuren konzentriert hätte, deren Schicksal aber tiefergehend beschrieben und vor allem ihre jeweilige Entwicklung glaubwürdiger erzählt hätte. Am Ende dreht sich alles irgendwie zum Guten, das wirkte auf mich recht konstruiert.

Insgesamt für mich ein Buch mit einem tollen Setting, das aber in der Handlung nicht überzeugen konnte. Schade, hier hatte ich mir definitiv mehr erhofft!

Veröffentlicht am 02.01.2018

Mehr als ein Kinderbuch

Das dunkle Herz des Waldes
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Agnieszka lebt in einem kleinen Dorf in einem ruhigen Tal. Doch das Tal grenzt an den Dunklen Wald und dieser ist ein Ort des Grauens, der sich immer weiter ausbreitet. Die Talbewohner wissen um die Gefahren, ...

Agnieszka lebt in einem kleinen Dorf in einem ruhigen Tal. Doch das Tal grenzt an den Dunklen Wald und dieser ist ein Ort des Grauens, der sich immer weiter ausbreitet. Die Talbewohner wissen um die Gefahren, doch manchmal kann sie auch das nicht retten und der Dunkle Wald greift sich ein neues Opfer oder rückt ein Stück weiter ins Tal hinein.
Nur der Zauberer, genannt der Drache, kann dem Dunklen Wald wenigstens teilweise Einhalt gebieten. Alle zehn Jahre wird ihm dafür ein junges Mädchen aus einem der Dörfer gegeben. Niemand weiß genau, was der Drache mit den Mädchen tut, sie sprechen danach nie über ihre Zeit mit dem Zauberer und setzen ihr Leben anderswo fort.
Agnieszka hat sich immer sicher gefühlt, denn ihre beste Freundin Kasia ist so schön und vielseitig begabt, dass schon seit Jahren für alle Talbewohner feststeht, dass der Drache Kasia aussuchen wird. Doch seine Wahl fällt überraschend auf Agnieszka und so muss sie ihm in seinen Turm folgen. Ihr Leben ändert sich damit von Grund auf – und nicht nur ihr Leben!

Ich muss gestehen, ich bin erstaunt, dass das Buch in Deutschland in einem Jugendbuchverlag erschienen ist. Agnieszka ist zwar eine jugendliche Protagonistin, aber die Geschichte an sich entwickelt sich unerwartet komplex und vielschichtig. Ich will damit nicht sagen, dass Jugendliche nicht in der Lage sind, anspruchsvolle Bücher zu lesen (oder mit einer relativ detailliert beschriebenen Liebesszene klarzukommen), aber ich könnte mir vorstellen, dass dieses Buch so einigen erwachsenen Lesern entgeht, die sich vom Label Jugendbuch abschrecken lassen.

Zurück zur Geschichte an sich: Man muss sich auf die Erzählweise der Autorin einlassen können. Es wird nicht viel erklärt, vieles muss als gegeben hingenommen werden, insbesondere was die Magie betrifft und noch viel mehr, wenn es um den Dunklen Wald geht. Hier kann man sich als Leser entweder seine eigenen Gedanken und Interpretationen machen, oder man nimmt eben hin, dass manches einfach so ist und nicht erklärt werden kann und soll. Ich konnte mich darauf einlassen und war sogar zunehmend fasziniert von dieser Welt, so wie sie eben ist.

Allerdings hatte das Buch für mich im Mittelteil einige Längen, hier fiel es mir schwer, am Ball zu bleiben und weiterzulesen. Falls das noch jemandem so geht, empfehle ich aber unbedingt durchzuhalten, denn die Geschichte nimmt wieder mehr Fahrt auf und es wird wieder spannender!

Agnieszka als Protagonistin macht es dem Leser nicht unbedingt leicht, denn sie stellt sich, gerade zu Beginn, streckenweise so dumm und sinnlos widerborstig an, dass ich ihr wirklich gerne einen Schubs gegeben hätte. Aber auch der Drache glänzt nicht gerade durch Kommunikation und er ist immerhin kein verängstigter Teenager! Umso schöner ist Agnieszkas Entwicklung zu beobachten und auch die Entwicklung zwischen ihr und dem Drachen, die glücklicherweise nicht in eine kitschige Twilight-Romanze mündet, sondern ein langsames miteinander Wachsen und Erleben ist.

Insgesamt für mich eine äußerst spannende Entdeckung und ich bin sicher, dieses Buch offenbart bei nochmaligem Lesen noch viele bemerkenswerte Details – wenn man sich darauf einlassen kann!

Veröffentlicht am 02.01.2018

Konnte mich leider nicht überzeugen

Ivory and Bone
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Wir befinden uns in einer Welt weit in der Vergangenheit, als noch Mammuts und Säbelzahntiger die Erde bevölkern. Die Menschen leben in kleinen Clans zusammen, jeder hat seine Aufgaben. Kol und seine Brüder ...

Wir befinden uns in einer Welt weit in der Vergangenheit, als noch Mammuts und Säbelzahntiger die Erde bevölkern. Die Menschen leben in kleinen Clans zusammen, jeder hat seine Aufgaben. Kol und seine Brüder sind die Söhne des Clan-Ältesten und als ältester Sohn ist es Kol bestimmt, eines Tages die Führung des Clans zu übernehmen. Doch in ihrem Clan gibt es keine jungen Frauen und so warten sie schon seit Jahren darauf, einer anderen Gruppe zu begegnen, denn der Fortbestand ihrer Art hängt natürlich von Partnerschaften und daraus entstehendem Nachwuchs ab. Entsprechend groß ist die Aufregung, als eines Tages ein junger fremder Anführer mit seinen beiden Schwestern bei Kols Clan auftaucht. Während sich Kols jüngerer Bruder sofort in die jüngere Schwester verguckt, ist es zwischen Kol und Mya, der älteren Schwester, von Anfang an schwierig. Mya ist zurückhaltend, teilweise geradezu unhöflich, und Kol versteht nicht, warum. Nach und nach erfährt er von Ereignissen aus der Vergangenheit, die Myas Verhalten besser erklären. Doch dann taucht noch ein weiterer Clan auf und die Lage spitzt sich zu.

Schon auf den ersten Seiten macht das Buch es mir nicht gerade leicht. Es ist aus Sicht eines Ich-Erzählers (Kol) geschrieben, der aber eine andere Person (Mya) anspricht und so in der zweiten Person spricht. Diese Du-Perspektive ist gewöhnungsbedürftig und mehr als einmal musste ich mir ins Gedächtnis rufen, wer da mit wem spricht und wie das also zu verstehen ist.

Da das Buch im Original anscheinend sehr erfolgreich war, wurde die deutsche Übersetzung natürlich mit entsprechender Spannung erwartet – ich bin aber leider enttäuscht. Ich fand das Buch unglaublich langweilig. Die Figuren blieben blass und unverständlich. Für mich war überhaupt nicht greifbar, was Kol an Mya finden könnte (mal von der Arterhaltung abgesehen) oder warum sie sich ihm gegenüber so aufführt bzw. was die alle überhaupt wollen und bezwecken. Als der dritte Clan auftaucht, wird die Story völlig verworren und ich habe mehr als einmal überlegt, das Buch endlich abzubrechen. Letztlich habe ich mich doch durchgebissen, aber verpasst hätte ich bei einem Abbruch wohl auch nichts.

Veröffentlicht am 02.01.2018

Die schöne Insel

Die schöne Insel
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Shanghai, im Jahr 1900. Anastassia wächst als Tochter russischer Einwanderer in Shanghai auf. Nach dem Tod ihres geliebten Vaters eröffnet ihr die Mutter, dass sie zurück nach Russland gehen wird, Anastassia ...

Shanghai, im Jahr 1900. Anastassia wächst als Tochter russischer Einwanderer in Shanghai auf. Nach dem Tod ihres geliebten Vaters eröffnet ihr die Mutter, dass sie zurück nach Russland gehen wird, Anastassia aber nicht mitnehmen wird, da diese nicht ihre leibliche Tochter ist. Ana hat nun die Wahl, zu heiraten oder sich selbst durchzuschlagen. Sie wählt letztere Option und hat Glück, eine Anstellung im Laden von Felix Hoffmann zu bekommen, der ihr in vielen Dingen hilfreich zur Seite steht. Ob sich hier noch mehr entwickeln könnte? Doch Felix Hoffmann scheint sich eher für Clio zu interessieren, eine junge Chinesin, die aus einem Bordell geflohen und dabei zufällig Ana über den Weg gelaufen ist. Die beiden ungleichen jungen Frauen tun sich zusammen und trotz aller Unterschiede in Herkunft, Erziehung und Charakter werden sie Freundinnen. Diese Freundschaft geht so weit, dass Ana schließlich gemeinsam mit Clio in deren Heimat, auf die Insel Formosa reist, wo die junge Chinesin einst ihre große Liebe zurückgelassen hat. Dort angekommen, findet auch Ana endlich ein wirkliches Ziel in ihrem Leben.

Das Buch ist die lose Fortsetzung der China-Reihe der Autorin, die bisher die beiden Bände „Das Geheimnis der Jaderinge“ und „Die Rebellin von Shanghai“ umfasste. Man kann „Die schöne Insel“ aber problemlos ohne Vorkenntnisse lesen, denn Ana ist eine neue Protagonistin, die nur kurz in einem der Vorgängerbände erwähnt wurde.

Mir hat das Buch wieder gut gefallen, wenn auch etwas weniger als die beiden Vorgänger. Der Schreibstil der Autorin ist gewohnt angenehm und einfach zu lesen. Die fremde, exotische Welt wird anschaulich beschrieben und es entsteht so ein gutes Bild vor meinen Augen. Etwas Schwierigkeiten hatte ich mit einigen Figuren des Buches, deren Handlungen und Motivation ich nicht so recht greifen konnte. Ana hingegen entwickelt sich glaubwürdig und ist eine sympathische Protagonistin, auch wenn ich nicht jede ihrer Entscheidungen nachvollziehen konnte – das muss aber ja auch nicht sein.
Ein großer Fokus des Buches liegt auf Beziehungen von Menschen aus unterschiedlichen Kulturen und den daraus entstehenden Problemen und Schwierigkeiten. Das fand ich sehr spannend und interessant zu lesen. Auch die Beschreibung der Insel Formosa (heute Taiwan) und ihrer Geschichte war für mich sehr lehrreich, da ich hierüber bisher kaum etwas wusste.

Insgesamt ist der Autorin hier wieder ein schöner historischer Liebesroman vor interessanter Kulisse gelungen – ich bin gespannt, wohin sie uns beim nächsten Mal entführen wird!

Veröffentlicht am 02.01.2018

Spannendes Kapitel der britischen Geschichte

Cambridge 5 - Zeit der Verräter
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Die englische Kleinstadt Cambridge ist den meisten von uns als berühmte Universitätsstadt bekannt. Weniger bewusst war zumindest mir, dass Cambridge auch ein Zentrum der Spionage war und ist. Der berühmteste ...

Die englische Kleinstadt Cambridge ist den meisten von uns als berühmte Universitätsstadt bekannt. Weniger bewusst war zumindest mir, dass Cambridge auch ein Zentrum der Spionage war und ist. Der berühmteste – oder berüchtigt, je nach Standpunkt – Spion dürfte Kim Philby gewesen sein, dessen Leben die Autorin hier nachspürt. Seine Geschichte bettet sie in eine zweischichtige Rahmenhandlung ein, indem sie die junge deutsche Studentin Wera in der Gegenwart ihre Dissertation über Philby schreiben lässt. Weras Doktorvater Hunt ist heute Professor in Cambridge, in den 70er Jahren hat er selbst hier studiert. So ergibt sich die dritte Zeit- und Handlungsebene des Buches. Alle drei Ebenen zusammen zeichnen ein spannendes und vielschichtiges Bild von Cambridge und der Spionage-Thematik im 20. Jahrhundert.

Mir persönlich hat dieses Buch sehr gut gefallen, auch wenn ich zu Beginn vielleicht noch etwas anderes erwartet hatte. Wer hier einen Spionage-Thriller voller Action erwartet, wird wahrscheinlich enttäuscht werden. Wer sich auf eine spannende, vielschichte Handlung in eher ruhigem Erzähltempo einlassen kann und mag, der wird gut unterhalten werden und dabei auch noch so einiges lernen können. Die verschiedenen Zeitebenen und natürlich vor allem die Verknüpfung der Gegenwart mit den Ereignissen aus den 70er Jahren bieten auch einigen Raum zum Miträtseln und Spekulieren. Geübte Krimileser werden hier zwar vielleicht schnell einen Verdacht haben, aber ob und wie sich dieser bestätigt, bleibt bis zum Ende hin offen und die Spannung somit erhalten. Die Geschichte von Kim Philby liest sich wie ein Roman, ist aber der wahre Kern der Geschichte und damit umso interessanter. Ich muss zugeben, mir waren weder er noch die titelgebenden „Cambridge 5“ vorher ein Begriff und ich bin froh, dass diese Wissenslücke nun auf so unterhaltsame Weise geschlossen wurde!