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SusanneB05

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Veröffentlicht am 06.04.2025

Wie notwendig ist ein Job für ein erfülltes Leben?

Geht so
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Marisa ist Mitte Dreißig und arbeitet seit einigen Jahren als Creative Direktor in einer Werbeagentur in Madrid. "Meine Arbeit besteht darin, freundliche zu sein und heiße Luft zu verkaufen." Sie leidet ...

Marisa ist Mitte Dreißig und arbeitet seit einigen Jahren als Creative Direktor in einer Werbeagentur in Madrid. "Meine Arbeit besteht darin, freundliche zu sein und heiße Luft zu verkaufen." Sie leidet an ihrem Job , schleppt sich dennoch jeden Tag dorthin und versucht die Stunden zu überstehen. Ohne ein Beruhigungsmittel kommt sie nicht aus. Marisa wohnt allein in einer Wohnung, sie hat kaum Freunde. Als sie ihre alte Freundin Elena, mit der sie zusammen studiert hat, wieder trifft, ist sie hoch erfreut und beneidet sie, da sie keinem Beruf nachgehen muss. Dagegen muss sie sich für ein Teambuilding-Wochenende wappnen, für welches sie sicherheitshalber ein paar Drogen mitnimmt.

Der Roman ist super flott geschrieben und hat mich sofort in seinen Bann gezogen. Marisas scharfe Beobachtungen in ihrem Büro sind wundervoll beschrieben und haben mich häufig schmunzeln lassen. Sie schreibt es so abgeklärt, manchmal unaufgeregt, immer auf den Punkt gebracht. "Berufstätig und Mutter zu sein, ist immer ein zweischneidiges Schwert. Ein Kind ist immer eine große Freude, aber die Mutter fängt schnell an zu rosten und hält das ganze System auf."
Unter dem ganzen Sarkasmus steckt eine -zum Teil - einsame Frau, die zutiefst unglücklich ist und überhaupt keine Idee hat, wie sie aus dieser Mühle herauskommen soll. Das fand ich schon sehr traurig und ahnte, dass das Ende eine Wendung herbeiführen würde. Dieses war eine völlige Überraschung und ich hadere immer noch damit. Eine echte "Lösung" scheint es mir nicht zu sein.

Sämtliche Charaktere sind gut beschrieben. Manche Handlungen von Marisa konnte ich nicht nachvollziehen, doch machte es trotzdem Freude, der Autorin darin zu folgen. Sie kritisiert unser Gesellschaftssystem, hält den Männern herrlich einen Spiegel vor und weist auf die nach wie vor bestehende Ungleichbehandlung von Frauen hin. Viele Situationen in der Firma - (die Beruhigung eines verärgerten Kunden, das unbedingte Finden eines Redners für das Teambuilding, jeweiliges Wichtigmachen von Kleinigkeiten) - haben mir sehr gut gefallen. Viele Fragen tun sich auf.
Wie wichtig ist der Beruf? Vergessen Angestellte über die Betriebszugehörigkeit, dass sie eigentlich ausgebeutet werden? Sollten Verdienst und Geld nicht eine andere Rolle spielen?

Absolut lesenswert und für jeden Lesekreis sehr zu empfehlen. Es kann zu vielen Diskussionen anregen!

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Veröffentlicht am 26.09.2024

Außergewöhnlich packend!

Seltsame Sally Diamond
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"Entsorg mich mit dem Müll", sagte er immer. "Wenn ich sterbe, kannst du mich einfach mit dem Müll entsorgen. Ich bin dann ja tot, für mich macht das keinen Unterschied mehr." Diese Worte ihres Vaters ...

"Entsorg mich mit dem Müll", sagte er immer. "Wenn ich sterbe, kannst du mich einfach mit dem Müll entsorgen. Ich bin dann ja tot, für mich macht das keinen Unterschied mehr." Diese Worte ihres Vaters nimmt Sally, 43 Jahre alt, sehr ernst und setzt sie um. Denn wie sollte sie an dem, was ihr geliebter Dad äußerte, zweifeln? Doch als der Tod ihres Vaters doch bekannt wird, wird eine Lawine losgetreten. Es gibt eine polizeiliche Untersuchung, die Beisetzung wird nachgeholt und Sally hat nun mit vielen Menschen zu tun, denen sie lieber aus dem Weg geht. Doch nicht nur Erbe und Vermögen müssen geregelt werden, Sallys Dad hat ihr vier Briefe hinterlassen. In ihnen beschreibt er Sallys Herkunft. Die Geschichte ihrer leiblichen Eltern ist wirklich haarsträubend, hart und brutal. So viel sei verraten: die taugt für ein Medienrummel.
Bis zum Schluss werden Geheimnisse gelüftet, so dass man diesen Roman auch als Thriller bezeichnen könnte.
Atemlos las ich von diesen Verwicklungen. Was mich aber am meisten berührt hat, ist die Figur von Sally selbst. Sie ist blitzgescheit, aber sehr naiv. Weil sie faktisch sehr abgeschieden aufwuchs, kann sie mit Menschen nicht gut umgehen. Sie ist so ehrlich, dabei verletzlich, immer mal wieder wütend. Viele um sie herum meinen es gut mit ihr - eine Therapeutin, Nachbarn, eine Tante. Sie kümmern sich um sie, stehen ihr bei. Doch gerade als man denkt, jetzt steht sie in ihrem neuen Leben, wird sie von ihrer Vergangenheit eingeholt. Der Schluss ist mir zu heftig, zu traurig, aber vielleicht auch folgerichtig.
Absolut lesenswert!

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Veröffentlicht am 06.09.2024

Wie und zu welchem Preis wird aus einem vierblättrigen Kleeblatt ein dreiblättriges?

Blue Sisters
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Vor einem Jahr verstarb Nicky, eine von vier Schwester, die gemeinsam in New York Aufwuchsen. Da ihre Eltern mit eigenen Problemen beschäftigt waren, übernahm es Avery, ihre jüngeren Schwestern zu beschützen, ...

Vor einem Jahr verstarb Nicky, eine von vier Schwester, die gemeinsam in New York Aufwuchsen. Da ihre Eltern mit eigenen Problemen beschäftigt waren, übernahm es Avery, ihre jüngeren Schwestern zu beschützen, ihnen wichtige Dinge wie das Schwimmen beizubringen. Dadurch war das Verhältnis der vier sehr eng und besonders.

Jede ging dann ihren eigenen Weg, der Tod von Nicky hat jede irgendwie aus der Bahn geworfen. Jeweils aus der Perspektive der drei Schwestern erfahren wir aus ihrem Leben. Bonnie gab ihre bislang erfolgreiche Boxerkarriere auf. Lucky ist als Model überall auf der Welt unterwegs, hat aber zunehmend ein Drogenproblem. Avery war am ehesten in ihrem Leben angekommen, hat aber nun doch Schwierigkeiten in ihrer Ehe mit ihrer Frau Chiti.
Das Aufeinandertreffen der drei Schwestern in New York - sie müssen die Wohnung von Nicky auflösen - stellt eine große Herausforderung dar. Es wird gestritten, geredet, sich versöhnt, neu begonnen, wieder gezofft und erneut geweint. "Das ist Familie, dachte sie traurig, Wurzel von Trost und Chaos zugleich."

Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Ich finde, dass der Erzählstil super zu der Geschichte junger Frauen passt. Die Autorin hat vier verschiedene Charaktere geschaffen, die bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Ja, ihre Lebenswege sind nicht so alltäglich (Boxer- + Modelkarriere). Darüber konnte ich gut hinwegsehen. Im Mittelpunkt stand für mich die Familiengeschichte. Wie sehr werden wir geprägt durch unsere Eltern? "Sucht floss durch ihre Adern wie Elektrizität durch einen Stromkreis. " Wie können sich Kinder von diesem Päckchen befreien? Ist eine Versöhnung mit den Eltern möglich? Wirklich nötig? Der Roman regte mich zum Nachdenken über familiäre Bindungen aufs Neue an! und ist dabei eben trotz der zum Teil nicht einfachen Thematik super flüssig geschrieben!

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Veröffentlicht am 09.08.2024

Wunderbar verschlungen!

Die vierte Wand
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Den Roman "Unten" von der Autorin Maja Ilisch habe ich geradezu verschlungen. Als nun ihr zweites Buch erschien, musste ich ihn sofort lesen. Und ja: er ist wieder sehr besonders und außergewöhnlich.
Fox ...

Den Roman "Unten" von der Autorin Maja Ilisch habe ich geradezu verschlungen. Als nun ihr zweites Buch erschien, musste ich ihn sofort lesen. Und ja: er ist wieder sehr besonders und außergewöhnlich.
Fox hat ihr Elternhaus noch nie verlassen, ein Tag vergeht wie der andere. Im Hausunterricht lernt sie lesen, beobachtet ihre Schwester Pony, wie sie mit ihren Puppen spielt und nimmt die Mahlzeiten gemeinsam mit den Eltern und der Großmutter ein. Als sie ein Paket erhält mit einem echten Buch, verändert sich auf einmal alles für sie. In diesem Buch stehen Wörter, ja, ganze Geschichten. Alle anderen Bücher im Haus sind nämlich leer. Stolz zeigt sie Mister Parker, ihrem Lehrer ihren Schatz! Doch dieser ist entsetzt und reißt sogar Seiten aus dem Buch! Endlich will Fox wissen, was sich außerhalb ihrer vier Wände befindet. Was ist das "Draußen"? Kommt sie dahin?
Durch ein Fenster beginnt ihr Abenteuer, welches sie erstmal in ein weiteres Haus führt, welches genau so ausschaut wie ihr eigenes. Nur wohnt dort ein Junge: Corey. Und zwar ganz allein.

Zu viel möchte ich nicht verraten, es würde zu viel gespoilert. Ja, es ist eine nicht-reale Welt. Aber wissen wir wirklich, wer wir sind? Ob wir sind? Oder befinden auch wir uns nur in den Gedanken anderer?
Wunderbar philosophische Fragen, zu denen dieser Roman einlädt.

Ich mochte Fox sofort und konnte mich mit ihren Gedanken absolut identifizieren. Ihre Neugier, zum Teil ihre Wut, ihre Verbundenheit mit der Familie; alles ist so glaubhaft geschildert. Sämtliche andere Personen sind stark erzählt, bleiben bei mir haften. Toll!

Maja Ilisch hat ein "Kinderbuch" für alle ab ca. 10 Jahren geschrieben, die gern etwas völlig anderes kennenlernen möchten!

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