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Veröffentlicht am 15.09.2016

Hexenliebe

Hexenliebe
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Marita Spang hat sich für ihren Debütroman kein neues Thema gewählt: die Hexenverfolgung. Allerdings schuf sie mit "Hexenliebe" ein Werk, dem es gelingt, den Leser in seinen Bann zu ziehen und im Gedächtnis ...

Marita Spang hat sich für ihren Debütroman kein neues Thema gewählt: die Hexenverfolgung. Allerdings schuf sie mit "Hexenliebe" ein Werk, dem es gelingt, den Leser in seinen Bann zu ziehen und im Gedächtnis zu bleiben.

Auf dem Cover ist eine junge Frau zu sehen. Sie hat ein hübsches, offenes Gesicht, doch liegt auch der leichte Schimmer eines Lächelns in ihren Augen. Sie trägt ein prächtiges Kleid im herrschenden Barockstil des ersten Drittel des 17. Jahrhunderts und edlen Schmuck. Also ist sie aus gutem Hause, eine Adlige:

Claudia von Leuchtenberg. Eine außergewöhnliche junge Frau. Intelligent, aufrichtig, mitfühlend, aber durchaus auch scharfzüngig und manchmal etwas unbeherrscht. Sie pflegt eine Freundschaft zur bürgerlichen Barbara Dietz, obwohl beide sowohl unterschiedlichen Standes als auch Charakters sind. Denn während sich Claudia in der Zeit ihres gemeinsamen Klosteraufhaltes auf Grund ihrer Klugheit die Wissenschaften erschließt, sieht Barbara ihre Bestimmung in einem gemütlichen Heim mit Mann und Kindern, weswegen sie hausfrauliche Tugenden beherrscht, für die Claudia keinerlei Geschick aufzubringen vermag. Diese Freundschaft wird auf eine harte Probe gestellt, als 1612 in der Heimat der beiden Frauen, in der Eifelherrschaft Neuerburg, der Hexenwahn beginnt, der vor niemandem, nicht einmal vor Priestern, Halt zu machen scheint...

Die Autorin hat einen ausgefeilten und gekonnten Schreibstil, der so manches bildhaft vor Augen führt und deutlich die Gefühle der Menschen transportiert. Dadurch gelingt es, Sympathien oder Antipathien auf die entsprechend Personen zu verteilen und mit ihnen schnell vertraut zu werden.

Neben der selbstbewussten Claudia, die über einen messerscharfen Verstand verfügt...

"Alles wird besser beim zweiten Versuch. Vielleicht war Adams Rippe das Einzige, mit dem Gott so zufrieden war, dass er sie beider Schöpfung des Weibes ein zweites Mal nutzte. Den Rest erschuf er neu und vollkommener." (Seite 125)

... und damit in der Lage ist, einen religiösen Disput mit dem Burgkaplan Bernhard Josten zu führen, dem es selbst tatsächlich an einer Geistesgabe wie Klugheit mangelt, ihrer Freundin Barbara, die ein gutes Herz und Verhältnis zu ihrem Vater, dem Bürgermeister, hat, mit dem sie Dinge besprechen kann und durch den sie Rat und Unterstützung erfährt, stehen unterschiedliche Menschen im Mittelpunkt des Geschehens:

Sebastian de la Val, der auf Grund eines Arrangements seines Vater mit Barbara verlobt wird, jedoch beginnt, der ihm geistig ebenbürtigen Claudia Gefühle entgegen zu bringen. Ein Mann, der die Rechte studiert und im Laufe seiner Studien die Erkenntnis gewonnen hat, dass es überhaupt keine Hexen und Zauberer gibt. Der der Meinung ist, dass die Geschichten über Hexensabbat und Teufelsbuhlschaft zu gleichen Teilen auf den schmutzigen Phantasien des "Hexenhammers" und den unter der Folter erpressten Geständnissen beruhen.

Magdalena Pirken, die ehemalige Amme von Barbara, die als heilkundige Kräuterfrau den Menschen in ihrem Umfeld so manchen Mal Gutes getan hat, gleichwohl aber nun - verursacht von deren Aberglauben und Missgunst - zur Hexe stigmatisiert wird. Insbesondere bei ihrer ungerechten und demütigenden Behandlung habe ich empfindsam reagiert. So lässt einen die Autorin unter anderem an der entwürdigenden Leibesvisitation durch den lüsternen Hexenkommissar Pergener teilhaben. Nicht nur in diesem Fall sind die Hilf- und Machtlosigkeit der Menschen, sich gegen falsche Vorwürfe zur Wehr zu setzen, spürbar, weil offensichtlich ist, dass hier weniger die Fragen des Glaubens, sondern mehr Fanatismus, Machtausübung, Missgunst und Gier neben der Unwissenheit und ja auch Dummheit des einfachen Volkes eine Rolle spielen. Das verursacht Gefühle wie Aufregung, Empörung, sogar Wut.

Natürlich - so soll es in einer Geschichte sein, wachsen einem die Guten ans Herz. Dabei vergisst Marita Spang jedoch nicht, diese mit Fehlern zu versehen, die sie erst menschlich machen.

Zu den perfiden Gestalten, die die Autorin ersonnen hat, gehören neben dem bereits erwähnten Hexenkommissar Pergener weitere "Typen" wie Caspar Scholer, dessen hinterhältige und brutale Machenschaften viel Leid und Unglück verursachen.

Auch einige weibliche Personen haben es auf die Liste der "Bösen" geschafft, wobei insbesondere die schlaue, intrigante und tatsächlich als Hexe zu bezeichnenden Kusine Claudias, Adela, die größtes Unbehagen nicht nur bei Menschen ihrer Umgebung hervorruft, erwähnt sei.

In ihrem nicht nur vom Aberglauben geprägten Hexenwahn verlieren die Menschen jegliches Unrechtsbewusstsein und lassen es an Mitgefühl mangeln.

Und doch gibt es sie, die selbstlose Liebe der "Hexe". Dafür legt Marita Spang mit diesem Buch ein eindrucksvolles Beispiel vor.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein Buch für jedes Tier

Buchtiere
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Dass es Leseratten und Leseeulen gibt, wusstet ihr sicher schon. Aber kennt ihr "Buchtiere"? Nein? Dann will ich sie euch hier mal vorstellen. Denn Waldemar Mandzel hat es geschafft, einige Buchtiere aufzuspüren. ...

Dass es Leseratten und Leseeulen gibt, wusstet ihr sicher schon. Aber kennt ihr "Buchtiere"? Nein? Dann will ich sie euch hier mal vorstellen. Denn Waldemar Mandzel hat es geschafft, einige Buchtiere aufzuspüren. Was ihnen allen gemeinsam ist, dass sie sich ebenfalls gern mit Büchern beschäftigen. Ihr werdet staunen...

Da haben wir zum Beispiel den Falter Frederik, der ganz angetan von Romanen ist, die ihn zu einem glücklichen Wesen machen. Neben Blütennektar, versteht sich.

Jaguar Jan-Waldemar folgt immer seinem Jagdinstinkt. Und so ein Buch scheint durchaus verlockend zu sein, aber eher zum Lesen als zum Fressen.

Maulwurf Maximilian ist trotz seiner schwachen Augen ein wahrer Schnellleser. Ist ein Buch ausgelesen, wandert es flugs zu den anderen ans Tageslicht. Es hat schon seine Vorteile, wenn das "Haus" unterirdisch liegt...

Klar gibt es auch noch welche, die die Bücher nur zum Fressen gern haben. Alligator Al-Ali, Gänsegeier Guiseppe oder Haushuhn Hilde, das nie lesen gelernt hat, gehören zu diesen eher rabiateren Buchtieren. Doch um sie kennenzulernen, müsst ihr selbst zum "Buchtier" werden und euch das Büchlein besorgen.

Wenn ihr es dann in den Händen haltet, lernt ihr sie alle kennen. Waldemar Mandzel hat für jeden Buchstaben des Alphabets ein Buchtier gefunden, ein paar gereimte Zeilen ersonnen und das passendes Bild gezeichnet (oder vielleicht hat er zuerst gemalt und dann gereimt). Jedenfalls sind die Reime nicht nur humorvoll und verführen zum Schmunzeln, sie bergen auch oft einen tieferen Sinn.

Beispielsweise, wenn sich der Orang-Utan seine Gedanken darüber macht, was das Überleben des Urwalds betrifft und damit auch das seinige.

Die Zeichnungen lassen die Feder eines erfahrenen Illustrators und Karikaturisten erkennen, sind insgesamt fröhlich und geistreich, realitätsnah und wohltuend entfernt von bunten Bildchen. Sie sprechen Kinder und Erwachsene gleichermaßen an und passen bestens zum Inhalt der zum Nachdenken durchaus anregenden Reime.

Ein Buch, das nicht nur Lesenden Spaß macht, sondern das auch Leseanfängern unterhaltsam das ABC vermittelt.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Mit Julius dem Troll im Mittelalter

Julius der Troll im Mittelalter
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"Wer im Mittelalter lebte, war nicht zu beneiden. Die meisten Menschen lebten nicht sehr lange, und wurden oft nicht älter als 40 Jahre alt."

Das weiß Julius der Troll zu berichten. Denn er hat sich für ...

"Wer im Mittelalter lebte, war nicht zu beneiden. Die meisten Menschen lebten nicht sehr lange, und wurden oft nicht älter als 40 Jahre alt."

Das weiß Julius der Troll zu berichten. Denn er hat sich für die kleineren Leser auf eine Reise ins Mittelalter begeben und seine Erfahrungen in einem kleinen Büchlein festgehalten. Besser gesagt: er hat Martin Nyenstad schreiben und zeichnen lassen.

Als Ergebnis der Zusammenarbeit können nicht nur der Adel, Ritter, darunter einige berühmte wie König Artus, und ihre Waffen und Kampfspiele kennengelernt werden. Nein, der junge Leser erhält außerdem Einblicke in das Leben auf einer Burg, die Kleidung und das Essen der damaligen Zeit, begegnet Burgfräulein und Bauern.

Julius der Troll hat den Rittereid aufschreiben lassen, dessen Aussage:"Ich gelobe, die Schwachen zu verteidigen... niemals zu lügen..." wohl immer Gültigkeit besitzt. Dann finden sich im Büchlein die Anleitungen zum Bauen eines Schwertes, Nähen von Kleidung und leckere Rezepte und Kinderspiele. Nach erfolgreichem Abschluss (der Ausbildung) des Lesen gibt's von Julius dem Troll eine Urkunde, mit der Jungen zum Ritter und Mädchen zum Burgfräulein gekürt werden.

Julius ist ein fröhlicher Troll, die Bilder sind es auch. Es ist zu sehen, dass sie mit Liebe gezeichnet wurden. Die Texte sind kindgerecht und einfach aufbereitet, offenherzig, manchmal ein wenig burschikos (wenn zum Beispiel die Rede von den Manieren ist, "nicht bei Tisch zu pupsen oder zu rülpsen). Das ein oder andere Mal hätte am Ausdruck gefeilt werden können, um Wortwiederholungen zu meiden. Aber da Martin Nyenstad gebürtiger Däne ist und die Verständigung mit Julius dem Troll bestimmt nicht so einfach war, sei hier ein Äuglein zugedrückt, auch was einige Rechtschreibfehler betrifft.

Denn es hält einen nicht davon ab, beim Lesen des Büchleins Spaß zu haben, weswegen ich es gern weiter empfehle.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Füreinander da sein - Pferdeabenteuer für Groß und Klein

Zwischen Steppe und Sternenhimmel
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Als Pferdefreundin bin ich ab und an auch für Pferdebücher zu haben, die sich ein wenig von den klassischen Mädchen-Pferde-Träumen abheben. So ein Buch ist: "Zwischen Steppe und Sternenhimmel" von Josefine ...

Als Pferdefreundin bin ich ab und an auch für Pferdebücher zu haben, die sich ein wenig von den klassischen Mädchen-Pferde-Träumen abheben. So ein Buch ist: "Zwischen Steppe und Sternenhimmel" von Josefine Gottwald.

Schon bevor man es aufgeschlagen hat, kann man schlicht sagen: Es ist einfach schön! Nicht nur, weil es hochwertig aussieht und gut in der Hand liegt. Das farbige Cover spricht einen sofort an und macht Laune aufs Lesen. Dazu ist der kleine Button/Knopf auf dem Buchrücken ein besonderes Highlight.

Auch ist das Büchlein ausgezeichnet illustriert. Hier sind der Zeichnerin Sandra Mahn wirklich naturgetreue Bilder gelungen, die hervorragend zum Inhalt der Geschichten passen. Dabei finde ich die Entscheidung, die Bilder in schwarz-weiß zu verwenden, angemessen. Denn dadurch bleibt das Augenmerk auf den Geschichten, die von den Bildern ergänzt werden.

Und so kann der Leser in "Freiwild" mit Jack und Jenny auf die Spuren der australischen Wildpferde begeben. Das "Wüstenrennen" macht deutlich, was alles möglich ist, wenn Vertrauen zwischen Pferd und Reiter besteht. "Eisland" entführt uns nach Island, das Land, das mit Geysiren und Geistern zu faszinieren vermag, und mit den robusten Islandpferden. Auch eine Indianergeschichte fehlt nicht, wir begleiten Kleiner Hirsch in die Weiten der Prärie bei seiner ersten "Büffeljagd". In "Kesselflicker" begegnen wir Fiona, die zum fahrenden Volk gehört, dessen Wesen, Lebensart und Gebräuche bei einigen immer noch Vorurteile entstehen lassen. Eine schöne, naturverbundene Geschichte erleben wir auf der "Fohlenalm", die wie der Titel ahnen lässt, in den Bergen spielt. Dramatisch wird es auf der "Fjordstraße", und Olav, das Norwegerpony, zeigt, was in ihm steckt. Zu guter Letzt folgen wir Pilar in ihre spanische Heimat und können uns mit der Tradition der "Stierkämpfer" und einem feurigen Hengst auseinandersetzen.

Die Geschichte zeigen Abenteuer von unterschiedlichen Kindern und Pferden. Wenn man sich zu Beginn vielleicht noch fragt, in welcher Zeit man sich befindet und wie alt die "Helden" sind, spielt es im Verlauf der Geschichten keine Rolle mehr, weil man sich einfangen lässt von der Lebendigkeit...

Josefine Gottwald gelingt es mühelos, den Leser mit diesen kleinen Geschichten zu begeistern. Sie verwendet eine klare, einfache und doch gefühlvolle Sprache, die für den jungen Leser geeignet ist, gleichwohl aber auch den älteren in den Bann zu ziehen vermag. Zudem trägt jede Figur einen in ihrer Heimat gebräuchlichen Namen, so dass sofort erkennbar ist, auf welchem Fleckchen Erde wir verweilen.

Überdies beschränkt sich die Autorin nicht nur auf das Wiedergeben von zum Teil abenteuerlichen und aufregenden Erlebnissen, sie regt ebenso zum Nachdenken an. Wenn sie beispielsweise das Töten von Tieren und die mögliche frühe Heirat eines Mädchens im fahrenden Volk thematisiert. Hierbei überfordert sie gerade den jungen Leser jedoch nicht und lässt ihn nicht traurig und hoffnungslos zurück. Stattdessen haben ihre Geschichten alle einen positiven Nachhall. Unter dem Motto "Wichtig ist doch, jemanden zu haben, der für einen da ist." (Seite 60)

Am Ende bleibt mir nur noch hervorzuheben, dass zusätzlich ein Lesezeichen und ein Poster das Buch ergänzen und dieses so ausgestattete Gesamtpaket zu einem tollen Geschenk für jede(n) Pferdefreund(in) machen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eine (Zeit)Reise nach Kastilien

Das Vermächtnis von Granada
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Isaura, eine deutsche Journalistin, hat ihr Leben lang schon Visionen und Träume, in denen sie fremden Gestalten aus vergangener Zeit begegnet. Bislang sträubt sie sich allerdings, sich damit intensiv ...

Isaura, eine deutsche Journalistin, hat ihr Leben lang schon Visionen und Träume, in denen sie fremden Gestalten aus vergangener Zeit begegnet. Bislang sträubt sie sich allerdings, sich damit intensiv auseinanderzusetzen. Vielmehr ist sie mit der Frage beschäftigt, ob sie, nachdem sie von ihrer spanischen Großtante ein kleines Anwesen geerbt und sich von ihrem Ehemann nach dessen Untreue getrennt hat, ihren Lebensmittelpunkt ganz nach Kastilien verlegen soll. Denn da gibt es den Arzt Marco, der für sie tiefe Gefühle hegt, die sie - noch etwas unsicher - erwidert. Als sie mit ihm auf eine Reise geht, um für einen lange fälligen Artikel zu recherchieren, häufen sich die unerklärlichen Ereignisse, bis sie mit einem tragischen Unfall enden: Bei der Erkundung des jahrhundertealten Palastes in Cordoba "sieht" sich Isaura von einem Mann bedrängt, stürzt von einer Balustrade in die Tiefe und verliert das Bewusstsein. Nach ihrem Erwachen muss sie erschreckt feststellen, dass sie sich nunmehr in einer anderen Zeit befindet, nämlich im 15. Jahrhundert. Als Hofdame Teresa lebt sie am Hof der Königin Isabel von Kastilien. Gibt es für sie die Möglichkeit, in die Gegenwart und damit zu Marco zurückzukehren?

Wie bereits im ersten Roman der Trilogie, "Das kastilische Erbe", erzählt Ulrike Schweikert auch in "Das Vermächtnis von Granada" die Geschichte abwechselnd auf zwei Zeitebenen.

In der Gegenwart erhält der Leser Einblick in das Leben von Isaura, die von Visionen verfolgt wird und mit Marco nach bitterer Enttäuschung eine neue Liebe gefunden hat. Während sie im Koma liegt, begibt sich ihre Seele auf eine Wanderung in die Vergangenheit.

Im Mittelpunkt des historischen Teils steht das kastilische Königreich in den Jahren von 1476 bis 1504. Isabel von Kastilien ist seit zwei Jahren Königin und hat den Anspruch auf die Krone gegen ihre Nichte Juana La Beltraneja gesichert und kann sich nun der inneren Befriedung des Reiches, unter anderem durch die Einführung der Santa Hermandad, einer Polizei- und Militärorganisation, widmen.

Die Jahre sind daneben geprägt von der Wiedererrichtung der Inquisition unter königlicher Kontrolle und dem entschlossenen Vorgehen gegen bekehrte Juden, die im Verdacht stehen, insgeheim noch ihrem früheren Glauben anzuhängen. Außerdem betreibt Isabel planmäßig die Rückeroberung des letzten muslimischen Reiches der Halbinsel. 1491/1492 fällt Granada, die Reconquista ("Rückeroberung") ist beendet. Tausende Muslimen verlassen das Land. Ebenso werden die Juden erfolgreich vertrieben. Beides bedeutet sowohl einen wirtschaftlichen als auch künstlerischen Aderlass.

Ulrike Schweikert liefert eine Fülle an historischem Hintergrund, beschränkt sich jedoch auf wesentliche Ereignisse und weiß diese für den Leser fesselnd aufzubereiten, ohne ihn zu überfordern. Gleiches gilt für die Einführung historisch belegter Personen. Insgesamt entsteht so ein farbenprächtiges Bild einer Zeit, die mit der brutalen Verfolgung und Vertreibung von muslimischen und jüdischen Menschen im Namen des katholischen Glaubens einen grausamen Höhepunkt aufweist.

Ulrike Schweikert ist eine ausgezeichnete Erzählerin. Sie schildert überzeugend, lebendig, bildreich und emotional menschliche Schicksale, schafft glaubwürdige Figuren.

Allen voran beeindruckt Isaura mit ihrer Fähigkeit und ihrem Willen, sich in der Vergangenheit der neuen Situation zu stellen, gleichwohl nicht alles hinzunehmen. Zwischen Hoffen und Bangen versucht sie, ihren Weg auch im kastilischen Königreich zu finden. An ihrer Seite steht eine bemerkenswerte Person: Jimena, deren im "Kastilischen Erbe" begonnene Geschichte nunmehr hier seine Fortsetzung erfährt. Ihr lebhaftes, freimütiges und aufrichtiges Wesen nimmt den Leser von Beginn an für sie ein. Nicht zu vergessen: Isabel von Kastilien. Sie ist eine energische Frau, gebildet und intelligent, tatkräftig, hat Rückgrat und einen festen Willen. Sie kann ausgezeichnet reiten, was ihr bei den vielen Reisen durch das Land zugute kommt. Zwischen Königin und Hofdamen herrscht ein sehr persönlicher, ja freundschaftlicher Umgang. Isabel ist offen gegenüber Meinungen, die auch Bedenken enthalten und zur Mäßigung raten, nur in der Frage des christlichen Glaubens erscheint sie unnachsichtig. Trotz dieser Widersprüchlichkeit hat sie eine außerordentliche Präsenz, der man sich schwerlich zu entziehen vermag.

In der Gegenwart überzeugt Marco besonders durch seinen Zwiespalt, neben wissenschaftlich Belegbarem auch Unerklärliches zuzulassen. Die Seelenwanderung wird im Großen und Ganzen plausibel und nachvollziehbar geschildert, so dass es dem Leser leicht fällt, sich diesem fantastischen Element zu öffnen.

Das Erscheinungsbild des Buches ist äußerst gelungen. Nicht nur das Cover punktet mit einem passenden Blick auf die Alhambra von Granada. Auch die Karte der iberischen Halbinsel um 1480, ein umfangreiches Personenregister und ein geschichtlicher Abriss runden das Lesevergnügen ab. Erwähnt sei, dass "Das Vermächtnis von Granada" durchaus unabhängig vom Vorgängerroman "Das kastilische Erbe" gelesen werden kann und auf Grund seiner tiefgründigen Darstellung der Geschichte und ihrer Protagonisten die Vorfreude auf den Abschluss der Trilogie erhöht.

4,5 Sterne