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Veröffentlicht am 04.04.2025

Queer. Sapphic. Intesectional

The Lesbiana's Guide to Catholic School
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Die Geschichte hat mich auf jeden Fall abgeholt! Die verfassende Person schafft es doch recht schwere Themen in einer kurzweiligen Geschichte zu verpacken, denen die Lesenden gut folgen können. Dabei zeigt ...

Die Geschichte hat mich auf jeden Fall abgeholt! Die verfassende Person schafft es doch recht schwere Themen in einer kurzweiligen Geschichte zu verpacken, denen die Lesenden gut folgen können. Dabei zeigt sie die verschiedenen Dimensionen von Marginalisierung auf, mit denen die Protagonistin Yamilet also queere weibliche BIPoC konfrontiert wird. Dieser Umstand wird dadurch, dass Yami zu Beginn der Geschichte auf eine katholische Schule wechselt, noch auf die Spitze getrieben.
Das, was Yami und ihre Familie und Freundinnen im Verlauf der Handlung erleben, mag für nicht Betroffene an der ein oder anderen Stelle „übertrieben“ oder „überzeichnet“ vorkommen („2025 sollte das doch normal sein“), aber ich glaube ein Blick in die USA zeigt, dass das nicht der Fall ist. Im Gegenteil, das könnte erst der Anfang sein.
Aber zurück zum Thema. Ich finde, dass die Autorin inhaltlich mit der Darstellung einen ganz fantastischen Job gemacht hat. Kritisieren würde ich lediglich die Summe an Szenen, die in dieser Geschichte verarbeitet wurde. Zum einen wirkte die Handlung für mich dadurch etwas gerusht. Gleichzeitig hatte ich das Gefühl, dass nicht genug Zeit blieb die einzelnen Situationen richtig zu verarbeiten, auch nicht für die einzelnen Figuren. Ich glaube, dass es der Geschichte ganz und gar nicht geschadet hätte, hier etwas Zündstoff aus der Handlung zu nehmen. Aber wer weiß, vielleicht war genau das auch von der verfassenden Person intendiert. Um aufzuzeigen, dass mehrfach marginalisierte Menschen gar keine Zeit für Atempausen haben, weil diese Themen immer präsent sind.
So oder so würde ich sagen, dass gerade die Fülle an Handlung Menschen abholen dürfte, die ein Fan von „fast-paced-stories“ sind.
Abgesehen davon bin ich begeistert von dem Buch. Die Charaktere waren jede
r auf die eigene Art liebenswert, die Dialoge haben mir gut gefallen und der Humor hat genau meinen Geschmack getroffen.
Ich bin froh, dass das Buch auf Deutsch übersetzt wurde und würde vor allem weißen nicht-queeren Menschen empfehlen mal einen Blick hineinzuwerfen und sich auf Yamilets Perspektive einzulassen.

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Veröffentlicht am 05.06.2024

queere Empfehlung!

Imogen, Obviously
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Imogen versucht der perfekte Ally zu sein, den sie selbst ist natürlich absolut hetero – das denkt sie zumindest, bis sie Tessa trifft. Ein College Wochenende das alles verändert und eine Geschichte über ...

Imogen versucht der perfekte Ally zu sein, den sie selbst ist natürlich absolut hetero – das denkt sie zumindest, bis sie Tessa trifft. Ein College Wochenende das alles verändert und eine Geschichte über Liebe, Sexualität, Selbstfindung und Freundschaft. So könnte man das Buch zusammenfassen.
Die Protagonistin würde ich eher als introvertiert bezeichnen; vieles spielt sich in ihren Gedanken ab, durch die Perspektive werden die Leser*innen hier stets mitgenommen. Die Handlung selbst umfasst nur einen kurzen Zeitraum, weswegen ich anfangs die Sorge hatte, dass Plot und Charakterentwicklung rushed wirken, aber das war nicht der Fall. Viel mehr wirkt gerade Imogens Entwicklung authentisch und nahbar.
Es wird auch deutlich, dass Albertally in Imogen, Obviously persönliche Erfahrungen einbringt, nachdem sie vor ein paar Jahren des Queer-Baitings bezichtigt wurde und sich infolgedessen gezwungen sah, sich zu outen. Mit diesem Hintergrundwissen lesen sich bestimmte Szenen und Entwicklungen nochmal anders. Ich finde es gut und wichtig, dass das Thema thematisiert wurde.
Der einzige kleine Kritikpunkt ist, dass durch die Entwicklung des Plots zumindest bei einzelnen Leuten der Eindruck entstehen könnte, dass Personen, die auf Queerfeindlichkeit hinweisen, „extrem“ sind oder am Ende doch mit ihren Ansichten zu weit gehen. Dort hätte ich mir gerne einen Konterpart gewünscht, obwohl Imogens Reaktionen stets toll sind, weil ich denke, dass es wichtig ist, zu betonen, dass es okay ist, wenn marginalisierte Personen auf so etwas aufmerksam machen, gerade, wenn Personen, die zum Beispiel queernegativ agieren oder sich verhalten, das unbeabsichtigt oder unbewusst tun. Aber das ist wirklich nur eine kleine Anmerkung für ein insgesamt ganz tolles Buch.
Ein weiterer Pluspunkt sind die vielen Facetten von Queerness, die das Buch präsentiert; ich denke, die Figuren bilden viel Potenzial zur Identifikation. Es wirkt zumindest, als wäre das Buch auch für queere Menschen geschrieben, das ist nicht immer der Fall.
Insgesamt kann ich sagen, dass ich ein großer Fan der Geschichte war und dass ich so etwas gerne gehabt hätte, als ich jung war und mich mit meiner Sexualität auseinandergesetzt habe. Umso mehr freue ich mich, dass mit solchen Büchern vielleicht nachfolgenden Generationen geholfen wird.

Happy Pride!

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Veröffentlicht am 27.04.2024

Macht euch gefasst auf eine Geiselnahme. Mit 11.000.000 Zuschauer*innen.

Reality Show
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Wer regiert Deutschland wirklich? Ist es tatsächlich die Regierung? Oder sind es nicht viel mehr die Reichen und Mächtigen, die im Hintergrund bleiben oder am Ende diejenigen sind, die entscheiden was ...

Wer regiert Deutschland wirklich? Ist es tatsächlich die Regierung? Oder sind es nicht viel mehr die Reichen und Mächtigen, die im Hintergrund bleiben oder am Ende diejenigen sind, die entscheiden was passiert? Eine eindrucksvolle Geiselnahme der mächtigsten Personen Deutschlands, die live übertragen liefert, soll Antworten darauf liefern und den Zuschauerinnen gleichzeitig die Möglichkeit bieten nachträglich für Gerechtigkeit zu fordern, denn mit einer weißen Weste ist niemand von ihnen dort gelandet, wo ersie jetzt ist.

Ich hatte das Glück ein Vorablesen-Exemplar zugeschickt zu bekommen, weswegen ich das Buch schon lesen konnte. Und ich muss sagen, es war großartig. Die Geschichte spinnt sich aus einer Vielzahl von Perspektiven, was mich zunächst irritiert hatte, weil ich nicht durcheinanderkommen wollte. Allerdings liest es sich wesentlich entspannter, wenn man es einfach hinnimmt, nicht immer direkt die richtige Assoziation zu einem Charakter parat zu haben. Anfangs fühlt es sich ein bisschen so an, als hätte man zig Enden eines Wollknäuels in der Hand, das sich irgendwann mit jedem Kapitel mehr und mehr zu entwirren scheint – und dabei ein paar ganz fantastische Wendungen gibt.

Dabei ist die Aktualität einiger Themen geradezu erdrückend. Ständig kam mir der Gedanke, wie viel Realität in einzelnen Aspekten der Geschichte stecken kann und steckt. Dabei schreckt die Autorin auch nicht davor zurück die ein oder andere Spitze auszuteilen, wenn man sich den Interpretationsspielraum erlaubt. ;)

Bei der großen Anzahl an vorkommenden Perspektiven war es natürlich nicht möglich bei allen in die Tiefe zu gehen, aber das war auch gar nicht nötig, weil es darauf zum Teil gar nicht ankam. Insgesamt hat es gereicht, um lebhafte und echte Charaktere zu zeichnen, die mir sehr in der Interaktion untereinander gefallen haben. (Zwei von ihnen erinnerten mich definitiv in einzelnen Nuancen an Charaktere aus einem ihrer Jugendbücher.) Dabei liebe ich es, dass Anne Freytag stets Wert auf Diversität legt, ohne den Aspekt dabei in den Vordergrund zu drängen oder konstruiert wirken zu lassen. (Wir brauchen immer noch ganz dringend mehr Autor*innen, die genau das tun!)

Unterdessen bin ich immer wieder überrascht, wie wandelbar Anne Freytag in der Art uns Weise ist, wie sie schreibt und wie sie Geschichten aufbaut, konstruiert und ihnen Ausdruck verleiht, während ihr Stil dennoch jedes Mal erkennbar ist. Ich kann das wirklich nicht besser beschreiben. Das Buch ist, wie gefühlt alle ihre anderen Bücher, grandios und ich muss mich wirklich zusammenreißen hier nur zu rezensieren und nichts über den Inhalt zu verraten, weil ich echt gerne über das Buch sprechen würde.

„Reality Show“ ist das, was der Klappentext verspricht und doch ganz anders. Es zeichnet eine Realität, die sehr wahr sein könnte und dadurch umso fesselnder ist. Spannend bis zur letzten Seite empfehle ich allen einen Blick ins Buch zu werfen und sich drauf einzulassen.

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