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WinfriedStanzick

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.08.2017

Man wirft Boris Palmer Populismus vor – aus seinem Buch kann ich das nicht herauslesen

Wir können nicht allen helfen
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Boris Palmer, Wir können nicht allen helfen, Siedler 2017, ISBN 978-3-8275-0107-3

„Ein Grüner über Integration und die Grenzen der Belastbarkeit“, so lautet der Untertitel des vorliegenden Buches, das ...

Boris Palmer, Wir können nicht allen helfen, Siedler 2017, ISBN 978-3-8275-0107-3

„Ein Grüner über Integration und die Grenzen der Belastbarkeit“, so lautet der Untertitel des vorliegenden Buches, das schon lange vor seinem Erscheinen für erregte Diskussionen in der bundesdeutschen Öffentlichkeit gesorgt hat. Wohl auch deshalb, weil sein Autor, der Tübinger Oberbürgermeister in den letzten Jahren sich fast täglich meist über facebook und immer politisch unkorrekt in die Debatte über Flüchtlinge und Integration eingemischt hat.

Doch bei einer genauen Lektüre seines Buches, das er auch mit vielen Tübinger Erfahrungen unterfüttert, kann man die Aufregung nicht recht verstehen, beziehungsweise sie nur als ein weiteres Beispiel für das sehen, was er in seinem Buch kritisiert. Zwischen denen, die nach wie vor unreflektiert an ihrer Willkommenskultur festhalten und denen, die am liebsten jeden Asylsuchenden aus Deutschland fernhalten wollen, gibt es kaum noch einen vernünftigen Diskurs. Diese unser Land zerreissende Spannung zwischen Gesinnungsethik und Verantwortungsethik ist das Subthema , das sich durch das ganze Buch zieht. Palmer will das durchbrechen. Je mehr die berechtigte Kritik an einer ungebremsten Zuwanderung (vgl. auch die Bücher von Katja Schneit, Samuel Schirmbeck und Paul Collier) unter Rassismus- und anderen –verdacht gestellt wird, je mehr wird das Geschäft der wirklichen Populisten betrieben.

Man wirft Boris Palmer Populismus vor – aus seinem Buch kann ich das nicht herauslesen.




Veröffentlicht am 18.08.2017

Ein wunderbares Buch, ein Schatz für die ganze Familie.

Sonne, Mond und Abendstern
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Dorothee Kreusch-Jacob, Quint Buchholz, Sonne, Mond und Abendstern. Das große Liederbuch zur guten Nacht, Hanser 2017, ISBN 978-3-446-25691-0

Kleineren und größeren Kindern fällt es oft schwer, nach all ...

Dorothee Kreusch-Jacob, Quint Buchholz, Sonne, Mond und Abendstern. Das große Liederbuch zur guten Nacht, Hanser 2017, ISBN 978-3-446-25691-0

Kleineren und größeren Kindern fällt es oft schwer, nach all den Aufregungen und Eindrücken des Tages in Kindergarten, Schule oder zu Hause zur Ruhe zu kommen. Folge ist, dass sie nur schwer in den für sie und ihre geistige Entwicklung wichtigen Schlaf finden. Dass immer mehr Erwachsene unter dem gleichen Phänomen leiden, sei hier nur schon einmal erwähnt. Viele Eltern machen die Erfahrung, dass abendliches Vorlesen von Gute-Nacht-Geschichten, das gemeinsame Singen eines Liedes oder auch ein Abendgebet nicht nur ihren Kindern sondern auch ihnen selbst zur Ruhe verhelfen und ihre Kinder besser einschlafen lässt.

Das hier vorliegende Hausbuch ist ein bibliographisches Meisterwerk. An Groß und Klein denkend, hat Dorothee Kreusch-Jacob aus der reichen Tradition der Lyrik, der Spiritualität und der Musik Leises und Lautes, Gereimtes und Ungereimtes, Wunderliches und Rätselhaftes, Vertrautes und Neues ausgewählt und zu einer unvergleichlichen Sammlung für die ganze Familie zusammengestellt.

Auf fast jeder Doppelseite findet sich eine Illustration von Quint Buchholz. Sie alleine schon rechtfertigen den Kauf dieses wertvollen Buches. Von den jeweiligen Texten sich inspirieren lassend, hat er Dutzende seiner ganz spezifischen Bilder gemalt, die einen Kollegen von der Süddeutschen Zeitung einmal begeistert schreiben ließen:
„Buchholz` schwebende, pointilistische Illustrationen sind Meisterstücke des Atmosphärischen, es sind Bilder, die ihre Rätsel bewahren und nichts im Voraus verraten.“

Die Notensätze der ausgewählten Lieder sind einfach und mit Gitarrengriffen versehen. Die reiche Auswahl von Gedichten, Gebeten und Geschichten, die Dorothee Kreusch-Jacob getroffen hat, ist mehr als gelungen.

Ein wunderbares Buch, ein Schatz für die ganze Familie.



Veröffentlicht am 18.08.2017

Wieder eine gelungene Mischung aus Krimi und rabbinischer Theologie mit feinen Bemerkungen über die Konkurrenz zwischen Zürich und Basel und vielen Beschreibungen jüdischen Lebens und Alltags in der Schweiz. Auf den nächsten Fall warte ich mit Spannung.

Ihr sollt den Fremden lieben
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Alfred Bodenheimer, Ihr sollt den Fremden lieben. Rabbi Kleins vierter Fall, Nage & Kimche 2017, ISBN 978-3-31201033-2

Der Professor für Jüdische Literatur- und Religionsgeschichte an der Universität ...

Alfred Bodenheimer, Ihr sollt den Fremden lieben. Rabbi Kleins vierter Fall, Nage & Kimche 2017, ISBN 978-3-31201033-2

Der Professor für Jüdische Literatur- und Religionsgeschichte an der Universität in Basel, der 1965 geborene Alfred Bodenheimer, hat vor einigen Jahren mit der Streitschrift „Haut ab!“ seine Stimme in der damals aktuellen Beschneidungsdebatte erhoben und auf sich aufmerksam gemacht, nachdem seine bisherigen Werke zur jüdischen Literatur nur von einem kleinen Fachpublikum wahrgenommen wurden.

Nachdem er mit „Kains Opfer“ 2014 seinen ersten Roman vorlegte, einen Kriminalroman, in dem er nicht nur nachwies, dass er selbst gute Literatur schreiben kann, sondern in dem er den Leser mitten hinein in das Leben und den Alltag eines Schweizer Rabbis führte und in tiefsinnige theologische Reflexionen über zentrale Fragen der Auslegung des Talmuds, hat er die Reihe mit „Das Ende vom Lied“ (2015) fortgesetzt und im letzten Jahr den dritten Fall für Rabbi Klein veröffentlicht unter dem Titel „Der Messias kommt nicht.“

Rabbi Gabriel Klein steht als orthodoxer Rabbi einer großen Züricher Synagoge vor. Er predigt, unterrichtet und macht liebend gerne Besuche in Krankenhäusern und Altenheimen bei Mitgliedern seiner Gemeinde. Ein sympathischer Theologe mit Grundsätzen ist Klein, doch er ist durchaus offen auch für neue Gedanken.

Die Fälle, die er löst, kommen zu ihm wie die Jungfrau zum Kind, er schlittert geradezu in sie hinein. Wie Alfred Bodenheimer seinen Rabbi die Fälle lösen lässt, hat auch nichts mit klassischer Krimiliteratur zu tun, wo es vor Spannung und Action nur so knistert, auch nicht mit der pastoralen Ermittlungsarbeit etwa eines Pater Brown. Wenn er allerdings mitten in seinem normalen Alltag einem Verbrechen auf die Spur kommt, da springt bei Rabbi Klein etwas an, was ihn bis zur Lösung nicht mehr zur Ruhe kommen lässt.

Im vorliegenden neuen Buch „Ihr sollt den Fremden lieben“ Buch ist Rabbi Klein bei einer beliebten Talkshow des Schweizer Fernsehens zu Gast und wird dort von dem bekannten und beliebten Journalisten Kim Nufener interviewt. Stunden später, Gabriel Klein hat das Studio schoin verlassen als, er wegen eines liegengelassenen Handys noch einmal zurückkehrt und sieht, wie der das Studio verlassende Kim Nufener von einem Auto angefahren und schwer verletzt wird. Rabbi Klein eilt zu Hilfe doch in seinem Arm stirbt der Journalist blutüberströmt.

Kurze Zeit später meldet sich nach langen Jahren der inzwischen als Modedesigner berühmt gewordene Sohn eines orthodoxen jüdischen Gelehrten, Lejser Morgenroth bei ihm, und gesteht ihm, bei diesem Unfall in der Nähe gewesen zu sein. Er hatte eine homosexuelle Beziehung zu Kim Nufener, die jedoch kurz zuvor zerbrach, weil Kim ihn verlassen hat. Im Verlauf des Buches stellt sich heraus, warum, aber zuvor ist Lejser natürlich dringend tatverdächtig. Auch weil er immer wieder Gabriel Klein drängt ihm zu helfen, beginnt dieser nachzuforschen

Wie schon in den ersten drei Bänden verknüpft Bodenheimer genial eine durchaus spannende und verwickelte Handlung, die schlussendlich zur überraschenden Lösung des Falls führt, und eine theologische Debatte, die zunächst parallel läuft, deren Interpretation aber am Ende den Fall lösen hilft.

Trotz seiner orthodoxen Grundhaltung hat der Rabbi viel Verständnis für die Menschen und das allzu Menschliche. Bodenheimer hat ihm mit Rivka eine Ehefrau gegeben, die mit eigenem Profil ihm treu zur Seite steht und auch dieses Mal mit einer klugen Beobachtung den entscheidenden Hinweis zur Auflösung liefert.

Wieder eine gelungene Mischung aus Krimi und rabbinischer Theologie mit feinen Bemerkungen über die Konkurrenz zwischen Zürich und Basel und vielen Beschreibungen jüdischen Lebens und Alltags in der Schweiz. Auf den nächsten Fall warte ich mit Spannung.










Veröffentlicht am 16.08.2017

Eine liebevoll, warmherzig und augenzwinkernd erzählte Geschichte um ein in vielen Familien bekanntes Anziehdrama, das sich dann aber mit Leichtigkeit in Luft auflöst.

Friedemann
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SaBine Büchner, Simone Hennig, Friedemann, Ravensburger Verlag 2017, ISBN 978-3-473-44694-0

Der kleine Friedemann hat es nicht leicht. Die lustige Geschichte von Simone Henning, die SaBine Büchner phantasievoll ...

SaBine Büchner, Simone Hennig, Friedemann, Ravensburger Verlag 2017, ISBN 978-3-473-44694-0

Der kleine Friedemann hat es nicht leicht. Die lustige Geschichte von Simone Henning, die SaBine Büchner phantasievoll in Szene gesetzt hat mit zauberhaften Illustrationen, erzählt von einem kleinen Jungen, den nichts umhauen kann. Fünf Jahre ist er alt und hat vier große Schwestern. Die stehen den ganzen Tag vor dem Spiegel und kümmern sich um ihr Aussehen und ihre Kleidung. Vielleicht hat er deshalb entschieden, gegen den heftigen Protest seiner Eltern, deren Hauptbeschäftigung es ist, sich Sorgen zu machen, außer seinen Turnschuhen nichts anzuziehen.

Mit seinem 89- jährigen Großvater, selbst ein wenig schräg und schrullig, versteht er sich blendend und auf dessen Gartengrundstück unternehmen sie viele tolle und abenteuerliche Dinge, so wie sie ein Junge halt auch mal braucht und bei vier großen Schwestern und vorsichtigen Eltern nicht bekommt. Und irgendwann findet er dort an einem Baum etwas, was sein Anziehproblem löst. Nicht ganz im Sinne seiner Eltern und Schwestern, aber immerhin.

Eine liebevoll, warmherzig und augenzwinkernd erzählte Geschichte um ein in vielen Familien bekanntes Anziehdrama, das sich dann aber mit Leichtigkeit in Luft auflöst.


Veröffentlicht am 16.08.2017

Mit viel Witz und Scharfsinn gelingt es Jon Klassen auch mit seinem dritten Buch über die Anziehungskraft von Hüten mit reduzierten Mitteln eine große emotionale Wirkung zu erzielen.

Wir haben einen Hut
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Jon Klassen, Wir haben einen Hut, NordSüd Verlag 2017, ISBN 978-3-314-10387-2

Die Hüte haben es ihm angetan, dem aus Kanada stammenden und in Los Angeles lebenden Bilderbuchautor Jon Klassen. Nach seinen ...

Jon Klassen, Wir haben einen Hut, NordSüd Verlag 2017, ISBN 978-3-314-10387-2

Die Hüte haben es ihm angetan, dem aus Kanada stammenden und in Los Angeles lebenden Bilderbuchautor Jon Klassen. Nach seinen beiden preisgekrönten Bilderbücher „Wo ist mein Hut?“ (2012) und „Das ist nicht mein Hut“ (2013() legt er nun wieder ein lustiges und hintersinniges Bilderbuch vor, in dem es um einen Hut geht, aber zwischen den Zeilen und hinter den Bildern um noch viel mehr.

Dieses Mal sind es zwei Schildkröten, die die Hauptrolle spielen. Sie finden einen Hut, der ihnen beiden gut gefällt und auch beiden gut steht. Da es aber nur einen Hut gibt, beschließen sie zu vergessen, dass sie ihn jemals gefunden haben.

Das gelingt der einen Schildkröte gut, aber die andere kann den schönen Hut einfach nicht vergessen. Und im Traum findet sie eine Lösung…

Mit viel Witz und Scharfsinn gelingt es Jon Klassen auch mit seinem dritten Buch über die Anziehungskraft von Hüten mit reduzierten Mitteln eine große emotionale Wirkung zu erzielen.