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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.09.2019

Schein und Sein - ein sehr guter Thriller!

Ghost
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Vorbemerkung: Das Buch ist bereits 2007 erschienen, mittlerweile gibt es auch einen Film mit Ewan McGregor und Pierce Brosnan (Regisseur: Roman Polanski, 2010) dazu. Eigentlich lautet der Titel des Buches ...

Vorbemerkung: Das Buch ist bereits 2007 erschienen, mittlerweile gibt es auch einen Film mit Ewan McGregor und Pierce Brosnan (Regisseur: Roman Polanski, 2010) dazu. Eigentlich lautet der Titel des Buches schlicht "Ghost", er wurde aber für das Film Tie-In in „The Ghostwriter“ geändert. Bis auf das veränderte Filmcover ist meine Ausgabe inhaltlich absolut identisch mit "Ghost".

"(The)Ghost(writer)" ist eines der atmosphärisch stärksten Bücher, die ich in jüngerer Zeit gelesen habe. Man hat von Anfang an dieses spannungsgeladen-düstere Gefühl dass irgendwas nicht stimmt und im Laufe der Lektüre wird es immer stärker. Die Ich-Erzählperspektive trägt außerdem dazu bei, dass man als Leser auf eine eingeschränkte Sicht der Dinge angewiesen ist, nämlich auf die Sichtweise des Ghostwriters. Dieser ist für den Leser die einzige Informationsquelle, wir verfolgen das Geschehen mit seinen Augen. Das ist vielleicht ein wenig nervenaufreibend, gibt aber auch einen besonderen Kick.
Die Handlung: Ein in London lebender Autor, der für B-Prominente als Ghostwriter arbeitet, wird von einem Verlag angeheuert die Autobiographie von Adam Lang, ehemaliger Premierminister Englands, zu erarbeiten. Dieser hat seinen letzten Ghostwriter Mike McAra kurz zuvor verloren, weil dieser auf Martha‘s Vineyard von einer Fähre ins Wasser gefallen ist (angeblich ein Unfall mit Alkoholeinfluss). Sehr kurzfristig wird der Ich-Erzähler (seinen Namen erfahren wird nicht), dem vertraglich ein großes Honorar zugesichert wird, in die USA abgeordnet. Er soll auf Martha‘s Vineyard mit dem Ex-Premier und seiner Entourage zusammentreffen, um Interviews für die Autobiographie, die er dort auch verfassen bzw. umschreiben soll, zu machen. Alle treffen im düsteren Januar, in dem das Leben auf Martha’s Vineyard einer gespenstischen Stille gewichen ist (man hat das Gefühl nur die Gezeiten geben einen gewissen Rhythmus vor) im Haus des amerikanischen Verlegers von Lang zusammen. In der Zwischenzeit ist in der Presse ruchbar geworden, dass Lang scheinbar während des Irakkrieges Gefangene foltern ließ. Sein ehemaliger Außenminister Richard Rycart untermauert diese Behauptung. Der neue „Ghost“ hat den Verdacht, dass Mike McAra Kontakt zu ihm aufgenommen hatte, kurz bevor er starb…
Was dieses Buch neben der atmosphärischen Dichte so gut macht ist die Charakterisierung, mit der Harris seinen Haupt- und auch den Nebenfiguren der Handlung Leben eingehaucht hat. Lang ist dabei der schöngeistige Dampfplauderer, der eigentlich Schauspieler werden wollte, aber dann wegen seiner Freundin und späteren Frau Ruth in die Politik gewechselt ist und dort ob seines Charismas große Karriere gemacht hat. Interessant ist wie Ruth, die eigentlich der politische Kopf ist, als ausgetrocknet, eigenbrötlerisch und doch zerbrechlich, eine moderne Lady Macbeth (der Vergleich erfolgt auch durch den „Ghost“), dargestellt wird.
Auch der Ghost selbst lässt einen mitfiebern, obwohl er als Person immer ein wenig unangreifbar bleibt, schließlich erfahren wir auch seinen Namen nicht.
"(The) Ghost(writer)" ist ein Buch, das einen nicht kalt lässt. Ein machiavellistischer Thriller über Politik und Moral, über Schein und Sein und natürlich über Wahrheit und Fiktion.

Veröffentlicht am 13.09.2019

Englische Mittelstandsvampire

Die Radleys
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Meine „Auf-Halloween-Einstimm-Grusellektüre“ ist dieses Jahr „The Radleys“ von Matt Haig. Das Buch ist mir schon zur Zeit des Vampir-Twilight-Hypes ins Auge gefallen – ich dachte es handelt sich hier um ...

Meine „Auf-Halloween-Einstimm-Grusellektüre“ ist dieses Jahr „The Radleys“ von Matt Haig. Das Buch ist mir schon zur Zeit des Vampir-Twilight-Hypes ins Auge gefallen – ich dachte es handelt sich hier um eine ironisch-satirische Verarbeitung des Themas mit den Mitteln des von mir so geliebten englischen Humors. Nun ja, was soll ich sagen: ich bin ein wenig enttäuscht. Natürlich spielt „The Radleys“ mit Vampirklischees, die satirisch verarbeitet werden, aber leider geschieht das alles vor dem Hintergrund einer bierernsten Story rund um eine englische Mittelstandsfamilie. Tragik as Tragik can wo ich mir eigentlich etwas Leichtes, Humoriges erwartet hätte. Die Radleys also sind eine nicht ganz so normale englische Familie, der Vater Arzt, die Mutter Mutter und die Kinder pubertär. So weit so unspektakulär. Es kommt für alle erschwerend hinzu dass die Radleys „abstinente Vampire“ sind, also sowas wie die Cullens in etwa. Sie trinken also kein Blut, haben dem ganzen Vampirkram abgeschworen und versuchen seit Jahren wie Normalos zu existieren. Probleme kommen auf als die Tochter Veganerin (die „abstinenten Vampire“ decken ihren Proteinbedarf u.a. über tierisches Eiweiß ab) werden will , stattdessen aber einen mobbenden Schulkameraden ihres Bruders Rowan (ein klassischer Außenseiter, der ziemlich bleich ist und lieber nächtelang Byron liest und Gedichte über seine Angebetete Eve schreibt) angreift und nunja, dabei ihren Geschmack für den Lebenssaft entdeckt. Puh, starker Tobak irgendwie. Das Thema, das alle zu unterdrücken versuchen gelangt wieder an die Oberfläche, Peter ist plötzlich am Duft seiner Nachbarin Lorna mehr als interessiert und auch die Mutter Helen ist zunehmend beunruhigt. Dann taucht auch noch der geheimnisvolle Onkel Will auf, von dem wir erfahren dass er in der Vergangenheit des Ehepaars Radley und für deren Vampirismus eine ziemlich wichtige Rolle gespielt hat…

Also mir hat das Buch leider nicht gefallen L Irgendwie hab ich das Gefühl der Autor weiß nicht was er eigentlich will und ob er Vampire jetzt knorke findet oder nicht. Will er witzig sein, ironisch oder ist das alles doch irgendwie ziemlich schlimm und traurig? Geheimisse aus der Vergangenheit, Identitätskrise und Pubertät - kommt ganz schön viel zusammen.

Ich kann mir aber vorstellen dass der Roman vielen Fantasy-Fans trotz allen meinen Unkenrufen gefallen wird!

In diesem Sinne: gruselt euch schön! Happy Halloween!

Veröffentlicht am 13.09.2019

Weißes Band als roter Faden

Das Geheimnis des weißen Bandes
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25 Jahre nach dem Tod von Sherlock Holmes erzählt sein jahrelanger Weggefährte Dr. John Watson eine Geschichte für die Zukunft, denn zu seinen Lebzeiten soll dieses „letzte“ Abenteuer der beiden nicht ...

25 Jahre nach dem Tod von Sherlock Holmes erzählt sein jahrelanger Weggefährte Dr. John Watson eine Geschichte für die Zukunft, denn zu seinen Lebzeiten soll dieses „letzte“ Abenteuer der beiden nicht mehr veröffentlicht werden.

Es entspinnt sich eine Geschichte – über den Plot will ich für die hoffentlich noch vielen Leser nicht allzu viel erraten – in der es um Bereiche der englischen Gesellschaft geht, die auf düstere Weise miteinander verwoben sind. Watson beschreibt es einmal so, dass es ihm vorkommt als würde es in diesem Fall (der eigentlich mehrere Fälle sind) zwei Geschichten geben, deren Figuren plötzlich miteinander interagieren und bei ihm höchste Verwirrung stiften. Es kommt einem aber auch komisch vor, da geht es am Anfang um den Bereich Kunst, Galerien, teure Bilder, der sich ausweitet zu einer Verfolgungsgeschichte um schließlich ein paar grausame Morde und einen unwirklichen Verdächtigen zu enthüllen, der die Verschwörung, die gegen ihn im Gange ist, aufzudecken versucht. Der rote Faden ist dabei ein weißes Band, das zu dem „House of Silk“ führt. Ich muss sagen, bei der Skandalisierung, die bereits im Prolog angedeutet wurde, habe ich mir schon früh denken können, um was es sich dabei handeln muss. Das hat der Spannung aber keinen Abbruch getan und die letztliche Auflösung der Geschichte mit Überführung der Täter war durchaus überraschend.

Ich finde es einfach toll dass sich Anthony Horowitz an diese berühmte Figur und seinen Biographen herangewagt hat und dem Holmes-Oeuvre ein neues Kapitel hinzugefügt hat – natürlich unter der offiziellen Schirmherrschaft des Arthur-Conan-Doyle-Estate.

Für mich als Leser ist es unglaublich gut, wie sich Horowitz der Schreibweise seines Vorgängers anpasst und auch sonst an keiner Stelle durchblicken lässt, dass er ein anderer, modernerer Schriftsteller ist, der das Ganze etwa an der ein oder anderen Stelle ironisch überhöhen würde um sich von dem viktorianischen Vorbild wenigstens ein bisschen zu distanzieren. Nein, Horowitz hat es zu Recht vermieden einen Holmes aus der Sicht eines Autors des 21. Jahrhunderts zu fabrizieren: er hat die Zeit und ihren Protagonisten schlichtweg wiederaufleben lassen und das ist auch gut so. Die Stimmung des spätviktorianischen London mit seinen Nebeln, seinen Straßenkindern und Prostituierten, seinen mächtigen Clubs und schäbigen Opiumhöhlen hat Horowitz perfekt heraufbeschworen und man fühlt sich als Leser, als sei man mitten drin und werde jeden Moment in viktorianischer Kleidung zum Tee gebeten während draußen auf der Straße ein Zeitungsjunge schreit.

Ein Lob zuletzt an die hochwertige Aufmachung des Buches-eine haptische Sensation! Danke dafür!

Veröffentlicht am 13.09.2019

Grandioser Historienroman!

Die Königin der Weißen Rose
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Seit ich im Theater alle 8 Königsdramen von Shakespeare gesehen habe hat mich eine richtige Begeisterung für das England des 15. Jahrhunderts und die Geschichte der Rosenkriege erfasst. Die Faszination ...

Seit ich im Theater alle 8 Königsdramen von Shakespeare gesehen habe hat mich eine richtige Begeisterung für das England des 15. Jahrhunderts und die Geschichte der Rosenkriege erfasst. Die Faszination für die Auseinandersetzung der beiden verwandten, von Edward III. (Plantagenet) abstammenden Königshäuser York (White Rose im Wappen) und Lancaster (Red Rose im Wappen) ist bis heute geblieben und ich versuche immer wieder historische Romane oder Sachbücher zu lesen, die sich damit befassen. Philippa Gregory ist mit einer Reihe zu dem aus den beiden Häusern hervorgehendem Hause Tudor ("The Other Boleyn Girl" wurde auch verfilmt) bekannt geworden. Aus dieser Reihe hatte ich nur "The Virgin's Lover" gelesen. 2009 erschien dann mit "The White Queen" das erste Buch, das sich mit dem Vorgängergeschlecht, den Plantegentes, auseinandersetzt, besser gesagt mit der ersten Regentschaft des Hauses York.
Edward IV errang seine Königswürde auf dem Schlachtfeld, stieß 1461 den "frommen" und schwächlichen König Heinrich VI. vom Thron und begründete damit die relativ kurze, bis 1485 andauernde Herrschaft des Hauses York auf dem englischen Thron, mit dessen Ende auch die Rosenkriege ad acta gelegt wurden.
Wie immer bei Philippa Gregory befasst sich auch "The White Queen" mit einer zentralen Frauenfigur dieser Zeit, nämlich der "weißen Königin" Elizabeth Woodville, die als eine der faszinierendsten Frauen ihrer Zeit verehrt wird. Elizabeth Woodville stammt aus einer zwar adeligen (ihr Vater war ein Earl Rivers, ihre Mutter von burgundischem Adel), dynastisch aber unbedeuteten Familie. Ihr Mann, John Grey, fiel 1461 für den Lancaster-König kämpfend bei der Schlacht von St. Albans. Aus der Ehe gingen zwei Söhne hervor. Edward IV verliebte sich in sie und heiratete sie 1464 heiratete Edward IV heimlich. Er brachte sie an seinen Hof, wo er zehn Kinder mit ihr haben sollte.
Soweit das historische Grundgerüst. Philippa Gregory macht daraus eine perspektisch individuelle Geschichte, sie erzählt die historischen Begebenheiten aus der Sicht von Elizabeth Woodville: die Heirat mit dem König, die unsichere Situation auf dem Thron, die vielen Schlachten, in denen sich Edward IV stellen und um seine Krone kämpfen muss. Wir erfahren etwas über ihre Beziehung zu den historisch verbürgten Mitgliedern des Hofstaats: Edwards Mutter Cecily, seine Brüder George und Richard, die beide mal für und mal gegen Edward kämpfen und natürlich zu Höflingen wie dem Earl of Warwick, dem "Königsmacher".
Das alles bekommt durch die Erzählperspektive eine Dreidimensionalität, die dem Leser das "als wäre man dabei"-Gefühl gibt. Aus den verbürgten Fakten werden Menschen aus Fleisch und Blut, die ganz eigene Charaktere besitzen. Da sind vor allem die Brüder George of Clarence und Richard (der spätere Richard III) zu nennen, die durch die Sicht von Elizabeth plötzlich ganz anders dargestellt werden als was man über sie im Hinterkopf zu haben meint. Und so wird auch nochmal die obligatorische Frage nach dem Tod der beiden Söhne von Elizabeth und Edward gestellt - der Prinzen im Tower, die 1483, dem Jahr der Machtergreifung Richards plötzlich verschwunden, wahrscheinlich auf seinen Befehl hin ermordert worden sind. Wahrscheinlich, denn auch daran gibt es Zweifel, aber die werden wohl nie mehr ganz geklärt werden. Interessant ist dass Gregory eine alternative Theorie einbringt ohne die historische Lesart ganz zu verwerfen. Es bleibt am Ende der Gedanke: hätte es so nicht tatsächlich sein können. Und das ist es, was Geschichte, so festgeschrieben sie auch scheint, immer spannend macht!
Ich fand das Buch hervorragend, auch Elizabeths familiärer Hang zur Magie hat mich nicht gestört! Gut zu wissen dass das dritte Buch der Reihe ("The Lady of the Rivers") von Elizabeths Mutter handelt und eigentlich chronologisch noch von "The White Queen" gelesen werden müsste. Das nächste Buch der Reihe, das ich schon auf Deutsch hier liegen habe, handelt von Margaret Beaufort, der Erbin des Hauses Lancaster, der "roten Königin"...
"The White Queen" wurde gerade von der BBC als Miniserie verfilmt und soll sehr sehenswert sein!

Veröffentlicht am 13.09.2019

Sentimental und langweilig

Für jetzt und immer und danach
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Das Buch hat einen Aspekt an sich der mir gefallen hat: sein Thema. Es geht um die Verarbeitung der digitalen Möglichkeiten und darum wie sie unser Leben verändern können. Das ist zeitgemäß und längst ...

Das Buch hat einen Aspekt an sich der mir gefallen hat: sein Thema. Es geht um die Verarbeitung der digitalen Möglichkeiten und darum wie sie unser Leben verändern können. Das ist zeitgemäß und längst reif für eine ausführliche erzählerische Behandlung. Am Anfang des Buches gelingt es Laurie Frankel noch das Thema im Vordergrund zu behalten und tatsächlich ein Abbild unser digitalen Zeit mit der Hauptfigur Sam, einem in einem 2.0-Unternehmen erfolgreichen Programmerier, zu erschaffen. Sein Job ist es in einer Agentur für Online-Dating zu programmieren, also Leute zusammenzubringen. Er wohnt im amerikanischen Seattle und ist - bis auf sein besonderes Talent in seinem Job - ein ganz gutaussehender Durschnittstyp & selbst Single. Irgendwann kommt ihm die Idee einen Algorithmus zu schreiben, der es den Usern der Online-Dating-Agentur ermöglicht ihr "perfect match", also den perfekten, für sie eigens errechneten Partner zu finden. Aus diesem Ansatz hätte man sicher ein witziges Buch mit vielen tollen Situationen rund um Online-Dating und Partnersuche und die Abweichung der Errechnten von der realen Person zaubern können. Die Autorin hat sich allerdings anders entschieden. Sie lässt Sam selbst als Versuchsobjekt nach der perfekten Partnerin suchen und sie bereits beim ersten Versuch finden: Meredith, die praktischer Weise im Büro nebenan, der Marketing-Abteilung seiner Firma arbeitet. Sie ist jung, erfolgreich, gutaussehend und es dauert nicht lange bis "Merde" (so nennt er sie scherzhaft) und er ein Paar werden. So weit so schnell. Happy Ends am Anfang eines Buches deuten meist darauf hin dass es nicht so weitergeht. Auch hier nicht. Sam wird gefeuert, weil er die Firma mit dem Algorithmus zwar kurzzeitig reich machen, sie aber letztendlich ruinieren würde (weil, wenn sein Algorithmus zum Einsatz kommt, es bald keine Kunden mehr gibt und jeder einen perfekten Partner hat). Dieses Feuern scheint unlogisch, denn eigentlich würde jede Firma die etwas auf sich hält einen genialen Programmierer behalten und ihm eher mehr bezahlen, damit er weiterhin Gutes für die Firma tut. Nicht so in diesem Buch, Sam wird also - nachdem er in London war und dort die Firma 1a präsentiert hat - gefeuert. Währenddessen stirbt Merediths Großmutter Livvie, zu der sie eine enge Beziehung hatte. Sie ist am Boden zerstört. Um sie aus ihrem Loch zu holen schreibt Sam, der nun viel Zeit hat, einen Algorithmus, der es ermöglicht aus dem digitalen Material (hier Video-Chats und Emails) eine Scheinkommunikation per Computer zu erstellen, bei der es aussieht als würde die verstorbene Person selbst sprechen und Emails verfassen und verschicken. Merediths ist geschockt und wird schnell süchtig nach dem Programm. Zusammen mit Merediths' Cousin Dash kommen die drei auf die Idee, dass das Programm eine gute Geschäftsidee sein könnte und gründen eine Firma, die trotz Negativpresse schnell ein wahrer Kundenmagnet wird. Die Frage, mit der sich der Rest des Buches beschäftigt ist die, ob sie es nicht besser hätten bleiben lassen und "die Toten ruhen lassen" sollen.

Das Buch ist nicht schlecht geschrieben und wie gesagt, auch das Thema hat Potenzial gehabt. Allerdings ist die Art und Weise wie die Geschichte sich entwickelt hat sehr unbefriedigend für mich. Ich mochte den sentimalen Überbau, der kaum durch Humor gebrochen wurde, ganz und gar nicht. Das ganze Buch schreit: traurig, sentimental und nicht witzig (obwohl du es gerne so hättest, du gefühlskalter, unterhaltungssüchtiger Leser). Aber hier macht die triefende Sentimentalität wirklich keinen Sinn, das Thema hätte man anders verarbeiten müssen damit das Buch ein Erfolg wird. Auch sind die Charaktere nicht sympathisch und tiefgründig genug um daraus beim Leser Kapital schlagen zu können. Sam bleibt ein oberflächliches "Genie" und erst recht Meredith schafft es nicht einen lebendigen oder gar sympathischen Eindruck zu machen. Dafür haben diese Figuren zu wenig Ecken und Kanten, sie sind einfach perfekt und genau das hat mich gestört. Zumindest Dash und die verstorbene Großmutter Livvie haben als Figuren annähernd überzeugt.
Außerdem hat extrem gestört dass zu sehr auf das Schema vom Bestseller "Zwei an einem Tag" von David Nicholls geschielt wurde, der allerdings im Gegensatz zu diesem Roman "echte" Figuren mit dreidimensionalen Charakteren zeichnen konnte und bei dem das Ende wie es war dann auch Sinn gemacht hat. Außerdem hat sich dort die Liebesgeschichte der Hauptfiguren langsam - über Jahre - entwickelt, hier war sie von Anfang an da und langweilig.