Der Weg des Ewigen Winters
Der Weg des ewigen WintersIm Rahmen der LR durfte ich das vorliegende Buch lesen. Vielen Dank dafür vorab! Dies hat jedoch keinen Einfluss auf meine ehrliche Rezension.
Der Weg des Winters ist ein Fantasyroman, der historische ...
Im Rahmen der LR durfte ich das vorliegende Buch lesen. Vielen Dank dafür vorab! Dies hat jedoch keinen Einfluss auf meine ehrliche Rezension.
Der Weg des Winters ist ein Fantasyroman, der historische Einflüsse aufweist. Zunächst einmal fand ich dieses Setting sehr spannend, muss jedoch sagen, dass historische Orte, Personen und Ereignisse genannt, aber oft außer Zusammenhang und völlig abweichend zum faktischen Vorkommen eingesetzt werden. Natürlich ist es in erster Linie ein Fantasyroman, deswegen muss man davon ausgehen, dass so gut wie alles erfunden ist. Warum aber dann dieser historische Bezug? Um dem Leser als Referenz zu dienen, damit er sich die Welt besser vorstellen kann – wie aber, wenn das ja nicht verlässlich geht? Für einen „seriöseren“ Anstrich – aber wenn das meiste nicht stimmt? Die Motivation des Autors dahinter ist für mich unklar. Es gibt Werke, bei denen das deutlich besser gelöst wird: Tatsächliche Ereignisse/Personen/Orte werden miteinbezogen, aber das Fantasy-Drumherum so angepasst, dass es nicht komplett alles über den Haufen wirft, sondern sich passend einfügt. Oder man nimmt eine parallele Welt, die unserer nur ähnelt, sich aber anders entwickelt hat... oder gleich eine komplett eigene. Wie gesagt, das ist Geschmackssache, aber mich hat dieses Chaos eher verwirrt. Es wird nur sehr spärlich Worldbuilding betrieben und wenn das einzige, was man hat (aha! Reale Orte, reale Figuren – schon gehört, weiß Infos dazu) aber nicht das tun/sind, wie man es kennt, nützt das nichts als Vorstellungshilfe.
Das Setting ist düster, apokalyptisch und eigentlich schon atmosphärisch-winterlich. Jedoch erfährt man auch hier gar nicht so viel, sondern muss sich selbst „einfühlen“ und die Vorstellungskraft bemühen.
Mythologie unterschiedlichen Ursprungs wird ebenfalls eingeflochten, jedoch nicht kohärent mit den antiken Quellen und auch nur sporadisch. Da hätte ich mir mehr gewünscht und auch mehr Potential gesehen. Das geht aber auch in die Richtung der Störfaktoren im historischen Setting.
Orpheus ist ein interessanter Hauptcharakter, nämlich ein klarer Antiheld. Feige, voller Laster und unverantwortlich, wird er plötzlich in eine entscheidende Rolle gedrängt, bei der er für seine Adoptivnichte sorgen muss. Die Entwicklung ist holprig, voller Fort- und Rückschritte, deswegen jedoch gerade authentisch.
Halla, die Nichte, ist ungewöhnlich und besitzt Kräfte (mehr schreibe ich aus Spoilergründen nicht, aber wirklich viel erfährt man im Buch sowieso nicht dazu); alle sind hinter ihr her (wirklich alle, man weiß gar nicht, wer alles; geschweige denn, warum); teilweise handelt sie altersunüblich mutig und entschlossen, ist aber auch furchtsam. Teilweise ist sie undurchsichtigen Parteien gegenüber aber zu vertrauensselig, das kann ich absolut nicht nachvollziehen und widerspricht dem restlich gezeichneten Charakterbild.
Skadi ist eine Söldnerin, die zunächst auf Halla angesetzt wird. Ihre Motivation, sich einer oder einer anderen Seite zuzurechnen, sind für mich z. T. nicht nachvollziehbar dargestellt. Ihr Charakter wird auch nicht so stark ausgearbeitet und für mich bleibt sie daher eher blass.
Ein zweiter Handlungsstrang, der fast bis ganz zum Schluss mit der Haupthandlung unverbunden bleibt, wird ebenfalls eingeflochten. Die Figuren bleiben hier allesamt recht rätselhaft.
Es gibt ein paar wenige Fehler, die vermutlich der Übersetzung zuzurechnen sind (z.B. Island statt Irland). Der Schreibstil ist jedoch flüssig und einfach zu lesen, die Geschichte ist auch unterhaltsam und nicht langweilig – im Prinzip eine fortwährende Verfolgungsjagd. Jedoch zeichnet sich einiges vorhersehbar ab; anderes hingegen bleibt unklar und wird auch bis zum Ende dieses ersten Bandes nicht enthüllt und noch dazu ist das Ende kein richtiger Abschluss, sondern ein massiver cliffhanger mittendrin.
Nach dem spannenden Einstieg verlangsamt sich zwar nicht wirklich das Tempo, aber es passiert irgendwie gar nicht so viel. Es geschehen Dinge, aber die Handlung wird nicht recht vorangetrieben und wirkt mitunter ziellos, bis hin zum logischen Bruch. Warum fliehen sie nicht direkt als Erstes ins Kloster, das mehrfach im Vorfeld Erwähnung fand als Schutzort – die Antwort, die nicht wirklich überzeugt, ist, dass Orpheus es vergessen/nicht dran gedacht hatte im Sinne von „Achja, warum habe ich nicht früher daran gedacht?“, während man als Leser facepalmt und sich allen Ernstes fragt, ja, warum nicht, das ist offensichtlich, das habe ich doch auch und ich bin dort nicht aufgewachsen.
Zudem wird viel in Fäkalsprache geflucht. Wen das stört, sollte dieses Buch meiden.
Nach anfänglicher Begeisterung und einem mitreißenden Start ließ die Geschichte für mich leider unterwegs stark nach. Ich bin mir nicht sicher, ob der/die Folgeband/-bände das noch für mich aufwerten kann/können, oder ob ich den Weg des ewigen Winters nicht weiter verfolgen werde.