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Veröffentlicht am 15.10.2023

Solider 2. Teil

Die Geister von Triest
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Der Kriminalroman "Die Geister von Triest. Gaetano Lamprecht ermittelt" stammt aus der Feder von Christian Klinger, umfasst 315 Seiten und erscheint im Herbst 2023 im Picus Verlag Wien.
Protagonist ist ...

Der Kriminalroman "Die Geister von Triest. Gaetano Lamprecht ermittelt" stammt aus der Feder von Christian Klinger, umfasst 315 Seiten und erscheint im Herbst 2023 im Picus Verlag Wien.
Protagonist ist Inspektor Gaetano Lamprecht, der mit seiner Familie in Triest lebt und dort einen rätselhaften Mord aufklären soll. Gar nicht so einfach, denn wir schreiben das Jahr 1914 und der erste Weltkrieg wirft seine Schatten über die Stadt. So sind viele Kollegen von Lamprecht schon einberufen worden und auch seine Einberufung wird nur Dank der komplizierten Mordermittlung hinausgezögert. Um den Personalmangel zu kompensieren, wird Gaetano eine junge Sekretärin zur Seite gestellt. Das verwirrt ihn zusätzlich, nach wie vor schlägt sein Herz für eine junge Frau in Wien, die unerreichbar scheint und für die junge Witwe eine ehemaligen Kollegen. Und so taumelt Lamprecht hin und her zwischen Mordermittlung und Herzensangelegenheiten.
Die Hauptfigur selber ist nachvollziehbar skizziert, seine Lebensumstände werden ausführlichst beschrieben. Es macht Spaß, einen Blick hinter die Fassaden der damaligen Zeit zu werfen. Alle anderen Nebenfiguren im Roman bleiben jedoch blass, werden nur gestreift und nicht näher beschrieben. Dafür nimmt sich der Autor sehr viel Zeit für exakte räumliche Beschreibungen, für die er immer auch die italienischen Titel verwendet. Für mich hat das den Lesefluss etwas unterbrochen, tut dem Roman im Ganzen aber keinen Abbruch.
Der Plot selber nimmt nicht viel Fahrt auf, ein Spannungsbogen ist kaum vorhanden. Trotzdem haben wir hier einen unterhaltsamen Krimi vor uns, den man gut nachvollziehen kann, auch wenn man Teil 1 vielleicht nicht gelesen hat.
Daher bekommt er von mir natürlich eine Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 27.05.2022

Heimliche Trauer

Verheizte Herzen
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Der Gegenwartsroman „Verheizte Herzen“ stammt aus der Feder von Sarah Crossan, liegt hier in einer Übersetzung von Maria Hummitzsch vor und wird im Frühjahr 2022 vom Kiepenheuer & Witsch herausgegeben.
Der ...

Der Gegenwartsroman „Verheizte Herzen“ stammt aus der Feder von Sarah Crossan, liegt hier in einer Übersetzung von Maria Hummitzsch vor und wird im Frühjahr 2022 vom Kiepenheuer & Witsch herausgegeben.
Der Roman erzählt die Geschichte der jungen Anwältin Ana. Sie ist Chefin einer eigenen Kanzlei, hat eine kleine Familie und führt eigentlich ein beschauliches Leben. Bis sie auf Connor trifft, der ihr Dasein gehörig auf den Kopf stellt. Eines Tages jedoch erhält Ana im Büro einen Anruf und erfährt, dass ihre heimliche Affäre gestorben ist. Unfähig, ihre Trauer mit jemandem zu teilen, verliert sich Ana in irrationalem Handeln, stößt ihre eigene Familie von sich und gelangt in einen Strudel der Einsamkeit.
Spannender Weise ist das Buch in Versform geschrieben. Darüber war ich erst verdutzt, denn ich hatte befürchtet, dass so kein Lesefluss zustande kommen würde. Aber da musste ich mich eines Besseren belehren lassen. Der Plot galoppiert regelrecht voran, das hohe Erzähltempo wird von klaren Sätzen und schnellen Szenenwechseln zusätzlich vorangetrieben, bleibt aber jederzeit gut nachvollziehbar. Die klare Sprache macht es zusätzlich möglich, sich auf das Wesentliche der Handlung zu fokussieren, die zwischen der Gegenwart und kleinen Rückblenden auf die gemeinsame Zeit von Ana und Connor springt.
Für mich ist dieser Roman ein gelungenes Stück Gegenwartsliteratur. Die Hauptpersonen ist plastisch dargestellt, ihre Ängste und Nöte kann man als Leser gut nachvollziehen und obwohl der Plot keinen Spannungsbogen hat, ist er mitreißend geschrieben. Von mir gibt es daher eine klare Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 21.04.2022

Ein Polizist zwischen Ermittlung und Flucht

Die andere Schwester
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"Die andere Schwester" ist ein Roman des Autorenduos Mohlin & Nyström, liegt hier in einer Übersetzung von Ursel Allenstein und Max Stadler vor, umfasst 371 Seiten und erscheint im Frühjahr 2022 im harpercollins ...

"Die andere Schwester" ist ein Roman des Autorenduos Mohlin & Nyström, liegt hier in einer Übersetzung von Ursel Allenstein und Max Stadler vor, umfasst 371 Seiten und erscheint im Frühjahr 2022 im harpercollins Verlag.
Der zeitgenössische Roman ist der 2. Teil einer Reihe um den Ermittler John Adderley und spielt im schwedischen Karlstadt. Hier wurde die Geschäftsführerin einer bekannten Dating-Website ermordet und John beginnt mit den Ermittlungen. Diese führen ihn zuerst in Richtung der Schwester der Ermordeten. Beide hatten ein schwieriges Verhältnis zueinander, geprägt von gegenseitiger Beeinflussung und Abhängigkeiten. Doch die Hinweise führen John und sein Team in eine ganz andere Richtung, denn die beiden jungen Frauen tragen ein altes Geheimnis mit sich.
Geschickt schaffen es die Autoren, in ihrem Roman mehrere Handlungsstränge miteinander zu verweben. Da begleiten wir mal die überlebende Schwester Alicia in ihrem Alltag, der geprägt ist von vielen aufschlussreichen Rückblicken. Dann wiederum verfolgen wir John auf seinem Drahseilakt zwischen Ermittlungen und Flucht vor einem Drogenkartell. Und auch wenn es die unterschiedlichen Leben nicht vermuten lassen, finden alle losen Enden am Schluss zu einem fulminalen Höhepunkt.
Für mich war das ein gut erzählter Krimi, mit den erhofften Wendungen und Verstrickungen. Lediglich auf einige grausame Tötungsdetails hätte ich verzichten können. Was mich auch irritiert waren die vielen Hinweise auf den 1. Teil der Reihe. Wer wie ich vor hatte, diesen noch zu lesen, erhält so viele Spoiler, dass die Spannung wohl nicht mehr gegeben ist. Schade eigentlich, denn die Hinweise hätte es für das Verständnisses des 2. Teils nicht gebraucht. Wer also noch warten kann, sollte die Reihenfolge der Romane einhalten.
Unabhängig davon hat mir das Lesen großen Spaß gemacht und daher bekommt der Roman von mir eine klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 21.04.2022

Wähle das Leben

Das Fundbüro der verlorenen Träume
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Der Roman "Das Fundbüro der verlorenen Träume" stammt aus der Feder von Helen Frances Paris, liegt hier in der Übersetzung von Sophie Seitz vor und erscheint im Frühjahr 2022 im dtv Verlag.
Protagonistin ...

Der Roman "Das Fundbüro der verlorenen Träume" stammt aus der Feder von Helen Frances Paris, liegt hier in der Übersetzung von Sophie Seitz vor und erscheint im Frühjahr 2022 im dtv Verlag.
Protagonistin ist die junge Dot, die in einem Londoner Fundbüro arbeitet, dort akribisch ihren Job verrichtet, sich aber sonst aus dem Leben zurückgezogen hat. Ihr ist es eine Herzensangelegenheit, die verlorenen Objekte ihren Besitzern wieder zukommen zu lassen. Der Grund dafür liegt in ihrer eigenen Vergangenheit begraben. Doch das nicht bewältigte Trauma sucht sich, angestoßen durch eine äußere Begebenheit, den Weg in die Gegenwart und fordert von Dot seine schmerzhafte Aufarbeitung. Die junge Frau auf diesem Weg zu begleiten, nimmt den Leser mit in alle Ecken der Gefühlswelt. Dank dem feinen Schreibstil der Autorin, der sich Zeit für Details lässt, bleibt dem Leser nichts anderes übrig, als sich regelrecht mitreißen zu lassen.
Dot zur Seite stellt Paris noch einige andere Hauptfiguren, die sie mit ebenso viel Liebe zum Detail skizziert, sodass diese im Laufe des Romans zu guten alten Bekannten werden.
Abgerundet wird der Roman durch ein wirklich ansprechendes Cover, klassisch verspielt und damit passend zu seinem Inhalt.
Für mich war dieses Buch eine rundum gelungene Reise, die mich ausgesprochen gut unterhalten hat und die ich daher gerne weiterempfehle.

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Veröffentlicht am 28.09.2020

Gesellschaftsanalyse

Die Topeka Schule
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"Die Topeka Schule" ist ein Roman des Autoren Ben Lerner, liegt hier in einer Übersetzung von Nikolaus Stingl vor, umfasst 393 Seiten und erscheint im Herbst 2020 im suhrkamp Verlag.
Der Roman dreht sich ...

"Die Topeka Schule" ist ein Roman des Autoren Ben Lerner, liegt hier in einer Übersetzung von Nikolaus Stingl vor, umfasst 393 Seiten und erscheint im Herbst 2020 im suhrkamp Verlag.
Der Roman dreht sich um die Figur Adam Gordon, ein Jugendlicher, der im Mittleren Westen der 1980 und 1990 aufwächst. Das Elternhaus wird von 2 Erwachsenen dominiert, die jede seiner Regungen therapeutisch zerpflücken, während an der Highschool ein Männlichkeitsbild propagiert wird, dem Adam – ein begnadeter Debattierer und Lyriker – ebensowenig entspricht. Und so macht Adam in die Bekanntschaft mit Darren, was fatale Folgen mit sich bringen soll.
Lerner ist mit seinem Protagonisten eine wirklich geniale Hauptfigur gelungen, die starke autobiografische Züge aufweist. Eingepfercht zwischen dem Gesellschaftsbild seiner Eltern und der Realität seines Sozialisationumfeldes schauen wir ihm dabei zu, seine eigene Rolle zu finden. Adam zur Seite stellt er weitere Figuren, die ebenbürtige Komplizen für einen gelingen Plot sind. Und so werden weitere Gegensätze der US-amerischanischen Gesellschaft unter die Lupe genommen: Feminismus vs. Männerdomäne, würdiges Altern vs. Demenzerkrankung, Bildung & Wissenschaft vs. Phrasendreschen.
Allerdings ist der vorliegende Roman wirklich keine leichte Kost, die man "eben mal im Vorbeigehen liest". Das verhindert schon Lerners Sprachziel, der durchzogen ist von soziologischen, politischen und psychologischen Begriffen wie Phosphene Auslöser, Rorschachtest, Biofeedback... und auch sonst ein fast lyrisches Niveau erreicht. Auch brauchte ich einige Seite, um mich in die Denke des Autoren einzulesen, bei allen Schilderungen seine soziokulturellen Ansichten zugrundezulegen und die Querverbindungen nachzuvollziehen.
Trotz dieser Herausforderungen ein gutes Buch, welches einem sozialkritischen Publikum gewidmet ist.

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