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Veröffentlicht am 26.09.2025

Interessante historische Detektivgeschichte, wundervoll illustriert

Greta Grimaldi und der Junge aus dem Schatten
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Greta Grimaldi, 14 Jahre, fast weiße Haare und beinahe ebenso helle Augen, reist mit ihrem Vater nach Nürnberg. Dort hat der geheimnisvolle Kaspar Hauser Briefe mit Morddrohungen erhalten, und man hofft, ...

Greta Grimaldi, 14 Jahre, fast weiße Haare und beinahe ebenso helle Augen, reist mit ihrem Vater nach Nürnberg. Dort hat der geheimnisvolle Kaspar Hauser Briefe mit Morddrohungen erhalten, und man hofft, dass es Doktor Grimaldi, dessen Scharfsinn legendär ist, gelingt, den Jungen zu beschützen.
Autor Davide Morosinotto hat in diesem Roman die fiktive Detektivgeschichte in einen historischen Kontext eingepasst, wobei er die Atmosphäre des frühen neunzehnten Jahrhunderts gut transportiert. Die Stadt mit ihren Straßen und Plätzen, Häusern und Menschen ersteht förmlich vor den Augen der Lesenden.
Kaspar Hauser, auch wenn er mit Ängsten, Vorlieben, Eigenschaften und Fähigkeiten versehen sehr konkret dargestellt ist, behält das Rätselhafte, das seine Figur ausmacht.
Greta ist, was Kombinations- und Beobachtungsgabe angeht, ihrem Vater ebenbürtig. Klug und mutig macht sie sich auf, um soviel in Erfahrung zu bringen wie möglich, während der vom Hotelzimmer aus seine Informationen aus Zeitungen zusammenträgt und Schlüsse zieht. Allerdings gelang es mir nicht immer, sie mit ihrem Alter in Deckung zu bringen. Manchmal erschien sie mir älter, manchmal jünger, was ich mich öfter irritierte.
Obgleich die Geschichte auch dank des klaren und bildhaften Schreibstils gut lesbar ist, hätte man besonders in der ersten Hälfte ein Quäntchen mehr Spannung dankbar angenommen. Die Konstruktion des Handlung mitsamt Motiven und Lösung wirkt etwas verwegen, aber durchaus originell. Es gibt einige Szenen, die für sensible Kinder der empfohlenen Altersgruppe ab zwölf emotional etwas schwierig sein könnten.
Besonders hervorzuheben sind das verzaubernde Cover und die wunderschönen Illustrationen im Buch, in die man am liebsten betrachtend versinken möchte. Wenn ich das richtig verstanden habe, sind ihnen originale Dokumente des Nürnberger Stadtarchivs zugrunde gelegt. Damit unterstützen sie in besonderer Weise das Eintauchen in diese vergangene Zeit.

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Veröffentlicht am 06.07.2025

Wieder einmal Lesevergnügen pur mit dem Totengräber und seinen Freunden

Der Totengräber und die Pratermorde (Die Totengräber-Serie 4)
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1896: In Wien will der berühmte amerikanische Zauberkünstler Charles Banton dem faszinierten Publikum seinen neuen spektakulären Trick vorführen, die zersägte Jungfrau. Doch zu aller Entsetzen verletzt ...

1896: In Wien will der berühmte amerikanische Zauberkünstler Charles Banton dem faszinierten Publikum seinen neuen spektakulären Trick vorführen, die zersägte Jungfrau. Doch zu aller Entsetzen verletzt er dabei die Darstellerin tödlich.
In diesem vierten Band der Reihe stellt Autor Oliver Pötzsch wieder einmal unter Beweis, wie meisterhaft er sein Handwerk versteht. Er jongliert mit gruseligen, augenzwinkernden, spannenden Elementen und verzaubert auf diese Weise beinahe spielerisch sein lesendes Publikum. Die Hauptprotagonisten werden geschickt ins Geschehen gebracht, man erfährt gerade genug über sie, um auch ohne Vorkenntnis gut einsteigen zu können.
Man muss sie ins Herz schließen: den zur Zeit von Liebeskummer geplagten Kriminalinspektor Leopold von Herzfeldt mit seinen neumodischen Untersuchungsmethoden, seine Angebetete Julia Wolf, die gerade ihre journalistischen Fähigkeiten entdeckt, und natürlich den verschrobenen, grantigen Totengräber Augustin Rothmayer, der auf dem Zentralfriedhof lebt und akribisch Fakten aus Untersuchungen an Leichen sammelt.
Als dann in einem Waldstück weitere Frauenleichen entdeckt werden, muss das so furchtbar missglückte Zauberstück zunächst zurückstehen, die Ermittlung verlagert sich in den Prater. Im dortigen Trubel begegnen wir skurrilen Schaustellern, meinen, den geschäftigen Lärm und das Gemenge unterschiedlichster Gerüche wahrzunehmen.
Diese Atmosphäre wird scheinbar ähnlich mühelos erschaffen wie der geschichtliche Kontext, beides greift kontinuierlich ineinander und gerät dadurch zu einem überaus homogenen Setting. Auch die Kriminalhandlung passt sich perfekt ein, verstärkt sogar noch das Gefühl, sich ganz und gar in die Zeit des ausgehenden neunzehnten Jahrhunderts fallen lassen zu können.
Ein weiteres Lob gebührt dem Aufbau des Romans. Komplex, in sich logisch, jedes Detail sitzt. An wechselnden Schauplätzen jagen sich die Ereignisse, agieren echt wirkende Menschen und unterhalten sich in glaubhaften Dialogen.
Erfreulicherweise gibt es Pläne vom Prater, eine Liste der Personen und auf den letzten Seiten das Glossar für diejenigen, denen österreichische Ausdrücke wenig geläufig sind.
Das überzeugt, das macht Spaß. Und fliegt viel zu schnell vorbei.
Aber es wird sicher nicht der letzte Band gewesen sein: Oliver Pötzsch wird weiter zaubern, auf seine Art.

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Veröffentlicht am 17.03.2025

Nette Geschichten um eine liebenswerte Kinderbande

Die Ahoibande
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Sie nennen sich Ahoibande: die Kinder Paule, Willi und Jojo von der Insel. Auch Schulz gehört dazu, obgleich er eigentlich Berliner ist.
Autorin Silke Lambeck hat eine Art Wohlfühlbuch für junge Menschen ...

Sie nennen sich Ahoibande: die Kinder Paule, Willi und Jojo von der Insel. Auch Schulz gehört dazu, obgleich er eigentlich Berliner ist.
Autorin Silke Lambeck hat eine Art Wohlfühlbuch für junge Menschen geschrieben, und für deren Eltern gleich mit, denn die hier geschilderten Geschichten eignen sich perfekt zum Vorlesen und Diskutieren. Die Illustrationen von Lena Hesse, die in Farbgebung und Stil angenehm ruhig, beinahe nostalgisch wirken, ergänzen den Text auf das Beste.
Paule, das kernige Mädchen mit dem Herzen auf dem rechten Fleck, sein kleiner Bruder Jojo, der immerzu irgendwie verschwindet, der beste Freund Willi, dem seit kurzem ein Hund namens Ohdschie gehört, und der etwas großspurige Schulz erleben in jedem Kapitel ein neues Abenteuer. Mal retten sie den alten, verwirrten Hannes, dann kümmern sie sich um eine Robbe. Willi stellt sich seiner Wasserscheu und Jojo mausert sich im Inselwettkampf zum unerwarteten Helden. Es bleibt nicht aus: Man muss sie allesamt mögen.
Wir dürfen die Kinder einmal durch die vier Jahreszeiten begleiten. Da kommen schon mal Erinnerungen an die heile Welt von Bullerbü auf oder an die fünf Freunde längst vergangener Tage. Aber weshalb eigentlich nicht? Weshalb nicht einmal die Seele baumeln lassen in einem weitgehend konfliktfreien Inselrefugium? Und sich von den Personen im Buch, die stets mit gutem Beispiel vorangehen, vorleben lassen, dass Empathie, Mut und Freundschaft vieles möglich und das Leben schöner und bunter machen.
Vielleicht hätte ein roter Faden, der die einzelnen Episoden stärker miteinander verknüpft, den Gesamteindruck noch runder wirken, oder ein, zwei etwas pfiffigere Ideen etwas mehr Witz hineinbringen können. Aber wie gesagt: Auch so werden an diesem Buch sicher viele große und kleine Menschen Gefallen finden.

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Veröffentlicht am 13.03.2025

Liebe zwischen Inspiration und Besessenheit

Bis unsre Seelen Sterne sind. Rilke und Lou Andreas-Salomé
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Die Begegnung des jungen Dichters Rainer Maria Rilkes mit der deutlich älteren, schon etablierten Autorin Lou Andreas-Salomé am 13. Mai 1889 ist für beide schicksalhaft. Es kommt zu einer Liebesbeziehung, ...

Die Begegnung des jungen Dichters Rainer Maria Rilkes mit der deutlich älteren, schon etablierten Autorin Lou Andreas-Salomé am 13. Mai 1889 ist für beide schicksalhaft. Es kommt zu einer Liebesbeziehung, kompliziert und inspirierend, die durch das Ringen um Nähe und Distanz, um Freiheit und Besessenheit charakterisiert ist und als enge Freundschaft bis zu Rilkes Tod Bestand hat.
Maxine Wildner versucht in ihrem biografischen Roman, auch unter Verwendung von Briefen und Textausschnitten, das Leben der beiden so unterschiedlichen Menschen und ihre gegenseitige Bedeutung zu beleuchten. Das gelingt in Maßen.
Der Werdegang Rilkes steht zwar im Vordergrund, über die Entstehung seiner Werke erfährt man einiges, seine Exzentrizität, seine Sensibilität, seine Unsicherheit, seine narzisstischen Züge werden an vielen Beispielen dargelegt. Doch bleibt es schwierig, den so dargestellten Menschen in Einklang zu bringen mit dem Werk des genialen Lyrikers.
Als schwierig erweist sich auch die anscheinend willkürliche zeitliche Einordnung der einzelnen Episoden. Es kann durchaus seine Berechtigung haben, eine Chronologie zu durchbrechen, aber hier ist eine solche nicht auszumachen. Es bleibt eine Verwirrung und ein Sich-Zurecht-Suchen, um die Ereignisse richtig einzugliedern.
Zudem befasst sich ein Großteil des Buches mit Lous Beziehungen zu anderen Männern. Das ist nicht prinzipiell uninteressant, für jene, die sich auf Lou und Rilke konzentrieren möchten, aber schon.
Wie es um den Wahrheitsgehalt geschilderter Fakten steht, ist schwer zu beurteilen. Die Fehldatierung von Rodins Skulptur „Die innere Stimme“ macht zumindest skeptisch.
Auch auf Grund sprachlicher Ausdrucksschwächen erwächst der Eindruck, dass hier arbeitstechnisch eher sparsam ein Buch zusammengetragen wurde, welches mehr verspricht als es einzulösen vermag, insgesamt unrund wirkt und sicherlich so manchen Rilkefan eher enttäuscht als bereichert zurücklässt.

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Veröffentlicht am 27.02.2025

Köstlich schräge Krimikomödie im Altenheim

Crime im Heim
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Während in der Seniorenresidenz Haus Silberblick sich ein Teil der Bewohner auf die Aufführung eines Theaterstückes vorbereitet, wird der Mops einer Bewohnerin tot aufgefunden. Die Obduktion beweist: Es ...

Während in der Seniorenresidenz Haus Silberblick sich ein Teil der Bewohner auf die Aufführung eines Theaterstückes vorbereitet, wird der Mops einer Bewohnerin tot aufgefunden. Die Obduktion beweist: Es war Mord. Und das war erst der Anfang.
Was Autorin Ida Tannert mit diesem Cosy Krimi aus dem Altenheim ins Leben gerufen hat, ist an Wortwitz und Situationskomik kaum zu überbieten. Haarscharf seziert sie das Zusammenleben einer Gruppe alter Menschen, die mit ihren jeweiligen Eigenarten, Gebrechen, Ideen und Interessen aufeinandertreffen. Schrullig und schräg geht es zu, wenn Demenz, Schwerhörigkeit und Bewegungseinschränkungen den Kampf gegen das Verbrechen aufnehmen. Oder sich in ihre Rollen im Theaterstück fügen.
Jedenfalls setzt der kulturbeflissene Friedhelm Kemp es sich in den Kopf, mit diesem Haufen scheinbar unvereinbarer Charaktere eine Aufführung von Shakespeares Hamlet zu inszenieren. Die Yogalehrerin Katia Horenfeld, die er galant umwirbt, sollte ihn eigentlich nach Kräften unterstützen, interessiert sich indes zu seinem Leidwesen vorrangig um dunkle Dinge, die sich im Heim zusammenbrauen.
Wie sich beides miteinander verwebt, Aufklärung des Verbrechens und Vorbereitung der Aufführung, und die Teilnehmenden miteinander agieren und zusammenwachsen lässt, ist einfach nur köstlich zu lesen. Zahlreiche Unwägbarkeiten fließen mit ein, nichts läuft wie erwartet, es bleibt unterhaltsam und - auch wenn das sicher nicht das Hauptanliegen ist - spannend bis zum Ende.
Und ja, man darf über Schwächen lachen, die das Alter so mit sich bringt, wenn Wohlwollen und Respekt zwischen den Zeilen durchschimmern. Und man darf davon träumen, dass mit Toleranz und Nachsicht auch späte Freundschaft und sogar Liebe möglich ist.
Vielleicht noch ein Tipp für alle, denen Hamlet nicht (oder nicht mehr) geläufig ist: Eine kurze Auffrischung könnte sich lohnen. Denn der junge Mann ist im Roman beinahe allgegenwärtig.

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