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Veröffentlicht am 29.06.2020

Wenn die Würfel fallen

Der Würfelmörder (Ein Fabian-Risk-Krimi 4)
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"Der Würfel nimmt eine bedeutende Rolle in der Geschichte der Menschheit ein. Er war sozusagen der erste Zufallsgenerator, den der Mensch erfand." (Welt der Würfel)
Seine Opfer wählt er nicht unscheinbar ...

"Der Würfel nimmt eine bedeutende Rolle in der Geschichte der Menschheit ein. Er war sozusagen der erste Zufallsgenerator, den der Mensch erfand." (Welt der Würfel)
Seine Opfer wählt er nicht unscheinbar aus, der neuste Serientäter der den Ermittlern des Helsingborger Kommissariat das Leben schwer macht. Sondern er hat sein ganz eigenes Prinzip, wie er seine Opfer auswählt. Mit ausgeklügelten Würfeln erwählt er sich seine Opfer, den Tatort, die Mordwaffe und vieles andere mehr. Den dieser bizarre Mörder überlässt nichts dem Zufall. So ist Helsingborg auch nicht mehr die idyllische Küstenstadt Schwedens, die sie mal war, sondern die Menschen haben plötzlich Angst der nächste zu sein. Fabian Risk derweil muss sich mit ganz anderen Kämpfen abplagen. Froh ist er, das endlich seine Tochter Matilda aus dem Koma erwacht ist, doch in der Familie liegt nach diesem Zwischenfall vieles in Scherben. Trotzdem er eigentlich um diese kämpfen wollte, widmet sich Fabian um den Selbstmord eines Kollegen, der ihm Rätsel aufgibt. Doch auch Matilda hat sich seit dem Vorfall verändert, Fabian kommt einfach nicht mehr an sie heran. Werden sie den Täter finden, bevor er sein nächstes Opfer erwürfelt hat? Und wird Fabian seine Familie retten können?

Meine Meinung:
Ein helles Cover zum vierten Fabian-Risk-Fall mit Würfel stellt dar, um was es beim Inhalt geht. Das Buch erschien zuvor unter dem Titel "10 Stunden tot" 2019 und wurde nun zusammen mit Band zwei "Die Rückkehr der Würfelmörders" neu aufgelegt. Der Schreibstil ist unterhaltsam, spannend und sehr interessant, selbst wenn es zwischendrin ein paar Szenen gab, die etwas ausladend waren. Besonders als es um das Privatleben Fabian Risks geht. Jedoch der eigentliche Plot kann mich dann wieder mehr als überzeugen. Einen Täter der seine Opfer und dazu noch alles Drumherum auswürfelt, finde ich schon sehr skurril und wahnsinnig interessant. Ich habe förmlich Gänsehaut allein von der Vorstellung, dass es bei dem Täter im Grunde jeden treffen kann. Ob Kind, Frau, Mann, Zeit oder Ort, jeder ist im Grunde in Gefahr. Besonders bei dem kleinen Flüchtlingsjungen, der zum Opfer wird, muss ich schon schwer schlucken. Ich frage mich, wie soll man da als Ermittler ein Profil erstellen, wenn man erst einmal den Zusammenhang der Opfer suchen muss und wieso dieser getötet wurden? Leider dauert es mitunter recht lang, bis der Täter erneut zuschlug. Den es wird immer wieder unterbrochen durch den zweiten Handlungsstrang, bei dem es um Fabian Risk und seine Familie geht. Natürlich beschäftigte sich Fabian auch dieses Mal mit einem Fall, den ganz ohne Arbeit kann dieser Mann einfach nicht. Doch gerade hier empfand ich einige Passagen schon recht langatmig, sodass deshalb bei mir öfters die Spannung wieder abflacht. Hier kam für mich wieder das Typische bei skandinavischen Krimis zum Tragen, die oft recht detailliert und ausschweifend beschreiben. Dennoch war es gut, mitzuerleben, wie es mit Matilda und Fabians Familie weitergeht. Verwirrt war ich nur ein wenig über Matildas Reaktion gegenüber ihrer Familie und im Speziellen ihrem Vater Fabian gegenüber. Sie wirkt da auf mich schon manchmal ein bisschen zu erwachsen. Besonders hier wurde mir wieder einmal bewusst, wie schwierig es für Ermittler ist Beruf und Privates unter einen Hut zu bekommen, ohne das eines auf der Strecke bleibt. Ich muss ehrlich sagen, dies beschreibt der Autor hier sehr gut. Die Charaktere, die ich schon von den Bänden davor kenne, konnten mich hier erneut überzeugen. Insbesondere Fabian Risk der seinen eigenen inneren Kampf ausfechtet, kann ich mitunter sehr gut verstehen. Ebenso gefiel mir sehr gut das Engagement und der Einsatz von Irene Lilja. Trotz, den unnötigen Längen kann mich das Buch größtenteils überzeugen. Lediglich das abrupte, offene Ende hat mich fragend zurückgelassen, doch zum Glück geht es ja mit Band 2 sofort weiter. So hoffe ich nun, dass mir dieser Band noch mehr Klarheit verschafft. Ich gebe diesem Buch besonders, wegen der exzellenten Einfälle des Täters 4 von 5 Sterne.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 31.03.2020

Neuanfang im Ruhrpott und auf der Suche nach dem Glück

Ein Traum vom Glück
1

"Ich lebe lieber in einem Traum von der Liebe als in einer Wirklichkeit, die diesen Traum für immer zerstört." (Elmar Kupke)
Essen 1951:
Der Krieg ist zu Ende und Katharina muss mit ihren Töchtern Inge ...

"Ich lebe lieber in einem Traum von der Liebe als in einer Wirklichkeit, die diesen Traum für immer zerstört." (Elmar Kupke)
Essen 1951:
Der Krieg ist zu Ende und Katharina muss mit ihren Töchtern Inge und Bärbel aus Berlin fliehen. Ein neues Zuhause finden sie bei ihrer Schwiegermutter Wilhelmine (Mine) im Ruhrpott. Mit Nähen von Kleidern hält sie sich über Wasser und kann so zum Unterhalt der Familie beisteuern. Doch Katharina möchte weg vom Kohlenstaub und der Armut des Ruhrpotts, ihr großer Traum ist ein eigenes Modeatelier. Vom Ehemann Karl fehlt bisher jede Spur, da taucht eines Tages Wilhelmines Enkel Johannes aus der Kriegsgefangenschaft zurück. Johannes ist von Katharina angetan und auch sie scheint dem jungen Mann nicht abgeneigt, wäre da nur nicht ihr schlechtes Gewissen gegenüber Karl und Mine.

Meine Meinung:
Das eindrucksvolle Cover mit Blick auf den Förderturm eines Bergwerks passt sehr gut zu der Saga. Der Schreibstil ist flüssig, einfach, informativ, unterhaltsam und realistisch dargestellt. Durch die kurzen Kapitel und den nötigen Ruhrpott Dialekt bekomme ich einen guten Einblick in das Familienleben und das Leben im Ruhrpott. Es ist noch immer die Zeit der großen Kohlebergwerke, die das Ruhrgebiet zu einer riesigen Einnahmequelle macht. Für die heimgekehrten Soldaten gibt es gerade hier viele Arbeitsstellen mit einem guten Verdienst. Viele Soldaten mussten schon in russischer Gefangenschaft in Bergwerke arbeiten, sodass ihre nötige Erfahrung ihnen jetzt hilft eine Stelle im Ruhrpott zu bekommen. So geht es ebenfalls Johannes, der außer Mine niemanden mehr als Familie hat. Eva Völler zeigt hier den Ruhrpott aus ihrer Kindheit, eine Region, die fast nur von den Einnahmen des Kohleabbaus lebt. Bei denen unter anderem auch Zukunftsängste eine große Rolle spielen. Den die Sicherheitsbestimmungen sind zu dieser Zeit nicht immer gut. Bergwerksunglücke durch Explosionen, Kohlendioxidaustritt oder Wassereinbruch kamen immer wieder vor, sowie die Lungenerkrankung Silikose, die viele der Steiger bekamen, die länger im Bergwerk arbeiteten. Selbst neugierige Kinder wie Bärbel waren beim Spielen einigen Gefahren ausgesetzt, vor allem durch die nicht genug gesicherten Werksgelände. Man spürt sehr gut die Armut und Nöte der Menschen, wenn der Vater den Lohn versäuft oder es einfach vorne und hinten nicht ausreicht. Zum Glück hat Mine einen großen Garten, wo sie viel Gemüse anpflanzen kann, um die Familie mit ordentlicher Hausmannskost zu verwöhnen. Katharinas Frust über den ständigen Kohlestaub, der in jede Ritze und vor allem auf ihren genähten Kleidern sitzt, kann ich gut nachvollziehen und ebenso verstehen, dass sie dem Ganzen entfliehen möchte. Und ich erlebe natürlich eine Zeit, bei der die Frauen ihre Liebe nicht so offen zeigen konnten wie heute, den sonst wurden sie als Schickse oder Schlampe verurteilt. Trotz allem hätte ich gerne noch etwas mehr Einblick über die Probleme im Bergbau oder die Kriegsgefangenschaft gehabt und weniger über die Liebelei von Johannes und Katharina. Ob es der eher ruhige, liebenswerte Johannes ist, die ehrgeizige Katharina oder die recht agile aber durchaus auch dominante Mine ist. All diese Charaktere waren zwar gut durchdacht, aber selbst da hätte ich gerne noch etwas mehr Tiefe gehabt. Doch da es für mich das erste Mal war, das ich einen Einblick in die Ruhrpott-Region bekam, konnte mich das Buch dann doch überzeugen. Nach einem tragischen Ende des Buchs würde ich jetzt sehr gerne wissen, wie es in Band 2 weitergeht, und geben 4 1/2 von 5 Sterne.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Geschichte
  • Erzählstil
  • Figuren
  • Atmosphäre
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.03.2020

Probleme im kranken dänischen Gesundheitssystem

Glasflügel
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"Manchmal kann ein kleiner, unschuldiger Fehltritt katastrophale Konsequenzen haben. So ist das Leben nun mal." (Buchauszug)
Jeppe Kørner und sein Team hat es mit außergewöhnlichen Morden zu tun. Ein Serientäter ...

"Manchmal kann ein kleiner, unschuldiger Fehltritt katastrophale Konsequenzen haben. So ist das Leben nun mal." (Buchauszug)
Jeppe Kørner und sein Team hat es mit außergewöhnlichen Morden zu tun. Ein Serientäter geht in Kopenhagen um, der seine Opfer ausbluten lässt und anschließend in den Brunnen Kopenhagen ablegt. Leider muss Jeppe diesmal ohne Anette Werner ermitteln, den diese weilt gerade in Elternzeit und muss sich um ihr Baby kümmern. Doch schnell führen die Verbindungen der Opfer nach Sommerfuglen einem ehemaligen psychiatrischen Behandlungsinstitut von Kindern und Jugendliche. Was ist damals dort geschehen? Rächt sich jemand an den ehemaligen Mitarbeitern? Kørner und Werner, (die im Hintergrund ohne seine Erlaubnis ermittelt) stechen in ein krankes Gesundheitssystem. Ein System das Betroffene und Angehörige zu tickenden Zeitbomben werden lassen und dabei kommen sie selbst in große Gefahr.

Meine Meinung:
Das rote Cover mit dem glänzenden Schmetterling ist für mich etwas Besonderes, da man selten so etwas vom Diogenes Verlag kennt. Dies ist der dritte Band der Kørner /Werner Reihe, für mich allerdings der erste da ich die Autorin bisher nicht kannte. Ich habe ja immer so meine Probleme mit skandinavischen Krimis und auch hier hatte ich zu Anfang Mühe in das Buch zu kommen. Den die Autorin stellt zu Beginn ihre ganzen Charaktere vor, die sie in die Geschichte einfließen lässt. Da ist natürlich jemand, der diese Reihe schon kennt sicher im Vorteil, weil er einige Personen schon kennt. Im dann Plot packt die Autorin ein wirklich heißes Eisen an, den es geht um das dänische Gesundheitswesen, insbesondere um eine psychische Behandlungseinrichtung. Bei dieser kam es damals zu einem mysteriösen Selbstmord einer Jugendlichen und einem Unfall eines Mitarbeiters, ehe sie dann geschlossen wurde. Jahre später werden nun ehemalige Mitarbeiter brutal ermordet aufgefunden. Erschreckt hat mich besonders, wie man mit den betroffenen Jugendlichen umgegangen und heute noch umgeht. Wer weiß, wie es bei uns in manchen psychischen Einrichtungen zugeht? Wenn man die ersten 90 Seiten dieses Buches überwunden und sich auf den Schreibstil mit mehreren Handlungssträngen eingelassen hat, dann wird diese Geschichte immer interessanter. Natürlich schildert die Autorin auch einiges aus dem Privatleben der Ermittler, was mich jedoch nicht gestört hat. Gegen Ende steigert sich dann das Ganze zu einem Showdown und einer Auflösung, die mich wirklich überrascht hat. Jeppe Kørner ist mir sofort sympathisch, seine ehrgeizige, kompetente Art hat mir gefallen, auch wenn sein Privatleben momentan eher etwas kompliziert ist. Die junge Mutter Anette Werner kann sich über ihr Babyglück noch nicht recht freuen, ihr fehlt vor allem ihre Arbeit. Deshalb ermittelt sie trotzdem mit im Fall, was Jeppe und ihrem Mann weniger gefällt. Dann gibt es weitere Charaktere, voll Ernsthaftigkeit und Harmonie, doch auch der Humor kommt bei der Autorin nicht zu kurz, was den ganzen Krimi belebt. Insbesondere die detaillierten Recherchen, die hier betrieben wurden, konnte ich sehr gut in dieser Geschichte spüren. Sätze wie diesen:
"Kann der Flügelschlag eines Schmetterlings auf der einen Seite des Erdballs einen Orkan auf der anderen auslösen.", haben mich zum Nachdenken gebracht. Dieser Band hat mich definitiv neugierig auf die andern beiden Bücher gemacht. Den ich bin mir sicher, dass ich dann manche Personen noch besser nachvollziehen könnte. Ich jedenfalls kann dieses Buch weiterempfehlen und gebe 5 von 5 Sterne.

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Veröffentlicht am 24.02.2020

Brüder sind selten eins

Mordskälte (Ein Fall für Anne Kirsch 4)
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"Eine wahre Verbindung zwischen Geschwistern zeigt sich immer in Zeiten des Zusammenhalts." (deavita)
Nachdem Oberkommissarin Anne Kirsch beim letzten Fall wieder einmal im Alleingang ermittelt hat, muss ...

"Eine wahre Verbindung zwischen Geschwistern zeigt sich immer in Zeiten des Zusammenhalts." (deavita)
Nachdem Oberkommissarin Anne Kirsch beim letzten Fall wieder einmal im Alleingang ermittelt hat, muss sie nun extrem aufpassen. Denn sie kann sich keinen erneuten Fehltritt mehr leisten nach ihrer Abmahnung. Da kommt ein Motorradunfall im Sauerland gerade richtig, um sich zu beweisen. Eigentlich sollte es ja eher ein erholsames Wochenende bei Heiko werden, doch so muss sie wieder mal das Private hinten anstellen. Schnell stellt sich heraus, dass der Unfall jedoch kein Unfall, sondern Mord war. Er führt sie zudem zu den Motorradfreunden Sauerland, einer nicht gerade freundlich gesinnten Clique, die das Ganze für Anne und Olivia Esterhazy ihrer Vorgesetzten gefährlich macht. Als dann auch noch Annes Freund Heiko attackiert wird und sogar selbst unter Verdacht steht mit Drogen zu handeln, geraten Annes Ermittlungen immer mehr aus dem Ruder. Dass Heiko ihr dabei einiges über seine Familie verschwiegen hat, setzt ihr zusätzlich zu. Auf der Suche nach Heikos Unschuld und seiner Hündin Stella, gerät sie wieder einmal selbst in große Gefahr.


Meine Meinung:
Riesig habe ich mich auf den vierten Anne-Kirsch Fall gefreut, der lange auf sich warten ließ. Das Cover mit dem Motorrad und dem Hund passt wieder einmal sehr gut zum Inhalt. Der Schreibstil ist ganz nach Mareike Albrechts Manier wieder flüssig, mitreißend, spannend und unterhaltsam geschrieben. So konnte ich das Buch kaum mehr zur Seite legen, da mich Annes Ermittlungen und der private Zusammenhang ihres Freundes Heiko total in den Bann zogen. Besonders da ich ja alle Bücher dieser Krimireihe kannte und alle mir bisher außerordentlich gut gefielen. Diesmal geht es um Annes Freund Heiko, bzw. um seinen Bruder Markus, der nach längerer Zeit wieder einmal bei ihm auftaucht. Markus ist kein einfacher Bruder, er hat Dreck am Stecken, wie man so schön sagt. Doch Brüder sind eben Brüder, sie halten zusammen, auch wenn es schwierig wird und so ist es kein Wunder, das Heiko mit in Markus Probleme gezogen wird. Dass Anne von ihm nichts wusste, macht die Beziehung der beiden nicht gerade einfacher. Doch dann fehlt von Markus jede Spur und Anne befürchtet, dass er etwas mit dem toten Motorradfahrer zu tun hat. Als man dann noch Heiko attackiert, wird der Fall für sie immer persönlicher. Wieder konnte mich die Autorin mit ihrem Regionalkrimi aus dem Sauerland total überzeugen. Dass die Autorin als Besonderheit das ehemalige Gefriergemeinschafthaus von Dreislar miteinfließen lässt, das vor Kurzem wirklich noch existiert hat, fand ich eine tolle Idee. Interessante und spannende Ermittlungen, gepaart mit einem Fall der Anne an die Nieren geht, weil es Heikos Familie betrifft, macht das ganze recht kurzweilig. So fliegen die Seiten nur so dahin und ich war am Ende überrascht, wie das Ganze ausgeht, nicht nur für Anne. Anne Kirsch als toughe Ermittlerin, die nichts anbrennen lässt, im Gegenteil, die sogar oft über ihrer Grenzen hinaus geht, macht das ganze wie immer interessant. Dazu noch ihre dominante, etwas wortkarge Vorgesetzte Olivia, die nach längerer Krankheit wieder ihren ersten Fall übernimmt und dementsprechend profilieren möchte. Auch der arrogante, chauvinistische Chef dieser Motorradfreunde wurde gut dargestellt, sodass ich mehr als einmal Angst um Anne und Heiko hatte. Wie diese Krimireihe weitergeht, bin ich schon sehr gespannt, nach diesem Ende. Ich jedenfalls kann diesen Regionalkrimi wärmstens empfehlen und gebe 5 von 5 Sterne.

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Veröffentlicht am 04.01.2020

Aufstände und ein brutaler Mord in einer Isolationsfabrik

Juni 53
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"Wer sich den Gesetzen nicht fügen will, muss die Gegend verlassen, wo sie gelten." (Johann W. von Goethe)
Juni 1953:
Bei einem Protest in einer Firma für Isolationen wird der Leiter Martin Baumgart brutal ...

"Wer sich den Gesetzen nicht fügen will, muss die Gegend verlassen, wo sie gelten." (Johann W. von Goethe)
Juni 1953:
Bei einem Protest in einer Firma für Isolationen wird der Leiter Martin Baumgart brutal mit Glaswolle erstickt. Außerdem fehlt von Gerd Kruppa einem weiteren Mitarbeiter jede Spur. Heller und Oldenbusch ermitteln und bekommen zudem den Genossen Bech von der Stasi zur Seite gestellt, der besonders ein Auge auf Max gerichtet hat. Ist Baumgart gar ein Opfer der Protestbewegung oder steckt ein anderer Täter dahinter? Und nicht nur beim Aufbau der DDR geht alles sehr mühsam und langsam voran, sondern ebenso im Haushalt der Familie Heller. Frau Marquarts Demenz verschlimmert sich zusehends, dadurch gerät nicht nur Karin an ihre Grenzen. Währenddessen spitzen sich die Unruhen im Land zu, immer öfters kommt es zu Auseinandersetzungen, weil die Menschen unzufrieden sind. Doch die SED Regierung greift hart durch und so bleibt vielen nur entweder die Flucht aus dem Land oder zu schweigen. Darum denken Karin und Max immer öfters über eine Flucht in den Westen zu Sohn Erwin nach.


Meine Meinung:
Das gelungene Cover gibt Einblick auf eine unruhige Zeit beim Aufbau der damaligen DDR. Der Schreibstil ist flüssig, informativ und unterhaltsam, jedoch diesmal empfand ich es bisschen verworren, was den Plot anbelangt. Vielleicht liegt es daran, da ich mir bis dahin wenig Gedanken zu der DDR Vergangenheit gemacht habe. Dafür machte es das Geschehen umso spannender, weil ich den Täter bis zum Schluss nicht erahnen konnte. Über den damaligen Volksaufstand von 1953, bei dem viele unzufriedene Bürger der DDR auf die Straßen gingen und es zu einer extremen Fluchtwelle kam, wusste ich bis dahin recht wenig. Die Ignoranz der damaligen DDR Führung gegenüber der Arbeiterklasse, die zusehends unter der extremen Erhöhung der Arbeitsnormen, Armut und Hunger leidet, wird immer extremer. Schuld sind sicher die hohen Ausgaben für Reparationsleistungen und dem Aufrüsten des Militärs. Die zusätzlichen Enteignungen von Höfen, Firmen, anderem Eigentum und die Erhöhung der Abgaben setzt dem Volk außerdem zu. Kein Wunder also das es innerhalb der Bevölkerung zu Protesten kommt. Dadurch kommen viele Bürger in Haft, wo man nicht gerade zimperlich mit ihnen umgeht. Die meisten müssen brutale Folter über sich ergehen lassen, bei denen einige sogar sterben. In diesem Krimi wird wieder ein bedeutender Teil der ehemaligen DDR Geschichte aufgezeigt, den man sicher nicht vergessen sollte. Dass der sonst so ehrgeizige und neutrale Heller zusehends darunter leidet, dass er nicht der Partei zugehört, spürt man hier immer stärker. Ich bin gespannt, wie lange er das noch aushalten kann, ohne das es verheerende Konsequenzen für ihn oder seine Familie geben wird. Im Ansatz spürte ich es auch hier schon, was kommen könnte. Zum Glück hält Kollege Oldenbusch weiter zu Max und sie bleiben bisher noch immer ein gutes Team. Genosse Bech hingegen passt so gar nicht in dieses Team, seine Art wie er mit Heller und den Menschen umgeht gefällt mir überhaupt nicht. Besonders, weil man bei ihm nie weiß, wo man dran ist und was er als Nächstes plant. Hier spürt man sofort die extreme Präsenz der Stasi, die anscheinend überall ihre Augen und Ohren hat. Dadurch wird die Diskrepanz zwischen Max und Klaus ebenfalls immer extremer. Klaus, der durch seine Partei eine regelrechte Gehirnwäsche erhalten hat, ist ständig davon überzeugt, dass sie das richtige tun. Durch seine unfreundliche, bestimmende Art entfremdet er sich immer weiter von seiner Familie. Auch die Demenz von Frau Marquart wird hier gut dargestellt und berührt mich sehr, besonders weil sie für mich ein Teil der Familie Heller ist. Für mich war es diesmal eine etwas verwirrende Geschichte, die mich nicht ganz so überzeugen konnte wie die Bände zuvor. Trotzdem bleibt Frank Goldammer weiter ein bemerkenswerter Autor, dem ich gerne 4 1/2 von 5 Sterne gebe.

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