Profilbild von esb07

esb07

Lesejury Star
offline

esb07 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit esb07 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.02.2022

Vielschichtig, traurig, berührend

Erschütterung
0

Zach Wells... Paläontologe, Geologe, Ehemann, Vater, Dozent. Ein kauziger Mann, der vieles über Fossilen, Knochen und Höhlen weiß, aber keine Gefühle zeigen kann. Sein Leben plätschert zwischen Expeditionen, ...

Zach Wells... Paläontologe, Geologe, Ehemann, Vater, Dozent. Ein kauziger Mann, der vieles über Fossilen, Knochen und Höhlen weiß, aber keine Gefühle zeigen kann. Sein Leben plätschert zwischen Expeditionen, Uni und sein Haus her. Bis seine 12-jährige Tochter Sarah eine tödliche Diagnose erhält und er auf einer Ebay ersteigerten, gebrauchten Jacke eine geheime Nachricht, ein Hilferuf fand...

Der Pulitzer-Preis-Finalist Percival Everett hat ein Roman erschaffen, dass einen beim Lesen wortwörtlich erschüttert. Im Mittelpunkt der Geschichte steht Zach. Er ist einer der wenigen schwarzen Dozenten auf seiner Uni, misstraut fast jeden und verhält sich so weit wie möglich zurückhaltend. Obwohl er seine Frau vom ganzen Herzen liebt, sein Ehe ist für ihn mit der Jahre eine Routine geworden. Allein und einzig gibt seine Tochter ihn Lebensglück. Er unternimmt mit ihr lange Spaziergänge in der Natur und genießt besonders die tägliche Schachpartie. Doch als Sarah die Batten-Syndrom Diagnose erhält, verliert er auch sein Halt im Leben. Was Zach und seine Frau dadurch erleben müssten, war für mich als Mutter tief ergreifend. Deren Angst und Hilfslosigkeit haben mich so sehr mitgenommen, sodass ich mit der kleine Familie gelitten hab.

Obwohl die Geschichte bildhaft aber auch sehr nüchtern erzählt wurde und das Buch mit seinen 288 Seiten thematisch sehr breit war und ich mir ein anderes Ende gewünscht habe, -ich habe gelesen „Erschütterung“ in der USA mit drei verschiedenen Enden erschienen ist- nichtsdestotrotz ist es einer der bewegendsten, traurigsten Bücher die ich gelesen hab.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.01.2022

Unlogisch, unauthentisch, nervig.

Ende in Sicht
0

Die 69-Jährige, ehemalige Schlagersternchen Hella ist mit ihrem alten, klapprigen Passat auf dem Weg Richtung Schweiz, um dort die Sterbehilfe zu beanspruchen. Leider kommt sie nicht weit, denn auf der ...

Die 69-Jährige, ehemalige Schlagersternchen Hella ist mit ihrem alten, klapprigen Passat auf dem Weg Richtung Schweiz, um dort die Sterbehilfe zu beanspruchen. Leider kommt sie nicht weit, denn auf der Autobahn von östlichen Nordrhein-Westfalen fällt plötzlich aus dem Himmel ein Körper vor ihr auf die Fahrbahn. Wohl gezwungen hält Hella an und stellt fest, dass es sich um ein junges Mädchen handelt. Juli, 15, die ihr Leben durch einen Sturz von einer Grünbrücke auf der Autobahn beenden wollte, landet zwar hart auf dem Asphalt, doch kaum verletzt lässt sie sich von Hella ins nächste Krankenhaus fahren. Aus dem Krankenhaus raus, stellt sich fest, dass Juli nicht bereit ist nach Hause zufahren, und Hella nimmt die völlig stille Juli ein Stückchen mit...

Vornweg: ich kenne weder den Blog oder die Fernsehsendung von der Autorin, noch habe ich ihre Kolumnen oder ihre vorherigen Bücher gelesen. Mir war sie völlig unbekannt, bis ich dieses Buch gelesen hab! Mich hat der Klappentext total angesprochen, denn ich habe einen gleichaltrigen Teenager zu Hause und dachte ich mir, es wird interessant und berührend, aber wegen des Roadtrips nicht so beklemmend. Doch bin ich sehr enttäuscht und verstehe den Hype um dieses Buch nicht.

Die Geschichte fängt, für mich jedenfalls, sehr unlogisch an. Denn in Deutschland sind die Brücken auf die Autobahnen min. 4,50 m hoch und ich konnte mir nicht vorstellen, wie ein Mensch von der Höhe auf dem harten Asphalt gestürzt ist, ohne einen einzigen Knochenfraktur davon kommen kann. Und genauso absurd geht es das ganze Buch entlang. Dazu kommt es, für mich, sehr unnatürliche, irgendwie gewollt aufgesetzte Humor, die mir nicht mal ein Lächeln zaubern konnte, dafür aber jede Menge Kopfschütteln verursacht hat. Der Schreib/Erzählstil die Autorin ist Gefühlslos, genauso wie ihre Charaktere emotionslos sind und ich fühlte mich ganze 250 Seiten lang irgendwie betäubt.

Ich bin mir sicher, dass dieses Buch seine Leserschaft finden wird, allerdings ohne mich! Denn ich habe hier eine gefühlsvolle, berührende, lustige Geschichte über die Thematik Depressionen, worunter die Autorin selbst gelitten hat, erwartet und was ich dagegen bekommen hab, ist eine völlig komische, unrealistische Geschichte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.01.2022

Eine ganz andere Coming-of-Age-Geschichte

Das verlorene Paradies
0

„Das verlorene Paradies“ ist die Neuauflage, die bereits 1994 erschienen ist und 2021 mit Literaturnobelpreis ausgezeichnet wurde.

Ende des19-Jahrhundert Ostafrika/Tansania. Sansibar ist einer der wichtigsten ...

„Das verlorene Paradies“ ist die Neuauflage, die bereits 1994 erschienen ist und 2021 mit Literaturnobelpreis ausgezeichnet wurde.

Ende des19-Jahrhundert Ostafrika/Tansania. Sansibar ist einer der wichtigsten Handelspunkten vom indischem Ozean. Yusuf wächst als Einzelkind in sehr einfachen Verhältnissen in einem kleinen Dorf auf, wo auch sein Vater ebenfalls ein kleines Hotel betreibt. Doch das Hotel läuft nicht gut, sodass Yusuf Tag zu Tag hungrig ins Bett geht. Nur ein mal im Jahr, wenn Onkel Aziz zu Besuch kam, gibt es Festessen und obendrauf 10-Anna von seinem Onkel, worauf Yusuf den ganzen Jahr lang ungeduldig wartet. Doch als er zwölf wurde, ändert sich sein Leben von Heute auf Morgen. Dieses Jahr gibt es stattdessen eine glänzende Münze, leise Gespräche zwischen sein Vater und sein Onkel und innige Umarmungen von seiner Mutter. Denn sein geliebter Onkel ist in Wirklichkeit ein reicher Geschäftsmann, an dem sein Vater Geld verschuldet ist. Als Aziz sein Geld zurück haben wollte, welche die kleine Familie sowieso nicht hat, pfändet Aziz Yusuf, bis seinem Vater das Geld zusammenkratzt, um Yusuf zurückzukaufen. Fortan lebt Yusuf fern entfernt von seinem Eltern, arbeitet mit einem etwas älteren Jungen zusammen, welcher ebenfalls gepfändet wurde, in Aziz's Mischwarenladen und hilft bei der Pflege seines paradiesischen Garten. Als Aziz Yusuf auf die Karawanenreise mitnimmt, lässt das ganze Reisen den Jungen vorzeitig erwachsen werden...

Bildgewaltig, detailreich, farbenfroh, doch immer mit der Schatten begleitet erzählt Gurnah das Heranreifen eines Jungen. Die Geschichte fängt sehr berührend an. Wir lernen Yusuf kennen, weinen, hoffen und träumen mit ihm. Doch in der Mitte des Buches verliert, meine Meinung nach, die Handlung seine Intensität. Da Yusuf auf Karawanenreise ist, tauchen viele Männer auf, die rülpsen, pupsen, gegenseitig mit unmöglichen Wörter schimpfen und beleidigen. Es war zwar realitätsnah und authentisch, aber wenn ich ehrlich bin, hat es mich gestört und das Ganze hat Yusufs Geschichte auf Zweitestelle gedrängt, was ich sehr schade fand. Doch das Ende holt Gurnah seine Leser*in wieder ans Bord.

Obwohl das Buch recht anspruchsvoll ist, lässt sich es sehr leicht lesen. Auf einem, mir unbekanntem Land, in einem weit zurück liegenden Zeitpunkt reisen, war sehr interessant. Allerdings, wer kein Vorkenntnisse über die deutsche Kolonialzeit in Ostafrika und etwas Wissen über die Islamgeschichte hat, würde sich hier verloren fühlen. Zum Glück war es für mich nicht der Fall, sodass ich das Buch flüssig und ohne Verständnisprobleme sehr gern gelesen hab.

„Das verlorene Paradies“ ist einer berührende, teilweise mystische, düstere und eine ganz andere Coming-of-Age-Geschichte, welche ich sehr gern gelesen habe.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.01.2022

Urlaub mit Unbekannten

Inmitten der Nacht
0

Stell dir mal vor: Dein heißersehnter Jahresurlaub, vielleicht auch dein letzter Urlaub mit deinen Teenager-Kindern, ist da und du, als New Yorker, freust dich auf die Woche, die du mit deiner Familie, ...

Stell dir mal vor: Dein heißersehnter Jahresurlaub, vielleicht auch dein letzter Urlaub mit deinen Teenager-Kindern, ist da und du, als New Yorker, freust dich auf die Woche, die du mit deiner Familie, weit entfernt vom Stadtrummel verbringen möchtest. Du mietest dein Traumhaus mitten im Wald mit Pool/ Whirlpool und wünschst dir nur Ruhe und Entspannung. Doch schon eurer zweiten Urlaubstag, als du gerade mit deinem Ehemann den Abend ausklingen wolltest, klopft es und mitten in der Nacht steht ein älteres, schwarzes Ehepaar vor der Tür. Die beiden behaupten, sie sind die Vermieter und weil an der gesamten Ostküste Stromausfall gibt, wollen sie in ihrem Ferienhaus Unterschlupfsuchen. Kannst du dieses Pärchen glauben und die ins Haus lassen?

Mit seinem sehr leichten Schreibstil und mit seinen merkwürdigen Figuren hat mich der Autor nach Long Island mitgenommen, um mich zu zwiegespalten zurückzulassen. Denn einerseits hat mich die spannungsgeladene, mystische Story so sehr gepackt, sodass ich das Buch innerhalb 1,5 Tagen inhaliert hab, anderseits hatte ich meine Probleme mit den Charaktere. Hier treffen vier Erwachsene Leute, die erzwungener Weise zusammenleben wollen/sollen/müssen, doch alle sind besser als die pubertierende Jugendliche. Die sind nur am Jammern und Meckern, können keine Entscheidungen treffen, aber was zum Saufen angeht, sind die mit Vollblut dabei. Ehrlich gesagt, die haben mich teils zur Weißglut gebracht, aber gut.

Rumaan Alam greift Themen wie: Rassismus, zusammen knall von sozialen Schichten/Generationen und Angst vor Terrorismus ein, allerdings ohne Tiefgang. Nichtsdestotrotz ist es ein perfekter Unterhaltungsroman, welchen man einfach wegsuchtet.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.01.2022

13 Washington Square North

Zum Paradies
0

Drei Geschichten, drei Leben, drei Jahrhunderte und ein Stadthaus am Washington Square, dass es hunderte Jahrelang all die kommen und gehen mit erlebt hat.

1893: New York ist ein Freistaat, in dem die ...

Drei Geschichten, drei Leben, drei Jahrhunderte und ein Stadthaus am Washington Square, dass es hunderte Jahrelang all die kommen und gehen mit erlebt hat.

1893: New York ist ein Freistaat, in dem die gleichgeschlechtliche Ehe nicht nur erlaubt und gern gesehen ist, sondern sehr gern engagiert werden wird. Auch David, Nachkomme von einer der reichsten Familien, wurde mit einer Status entsprechenden Mann verlobt. Doch als er einen charmanten, aber mittellosen Musiklehrer kennen und lieben lernte, stellt er seinem Leben auf Kopf.

1993: In Manhattan tobt der AIDS und als junge Hawaiianer David zu seinem deutlich älteren Freund einzieht, konnte nicht ahnen, wie viele Freunde sie an der Krankheit verlieren werden. Doch er macht sich nicht wegen AIDS Sorgen, sondern um seinen Geheimnis über seinem Vater.

2093: Die Klimawandeln und die Pandemien herrschen über die Welt. Die Enkelin von einem Wissenschaftler, lebt nicht nur mitten in einer autoritärer Stadt, sie ist auch überlebende einer der Pandemien. Durch Briefe, die ihr Großvater an seinem Freund vor 50-Jahren beginnend geschrieben hat, erfährt sie, warum und wie so weit alles gekommen ist.

Wenn man die kurze Inhaltsangabe vom Verlag liest, merkt man, dass es hier um völlig verschiedene Storys handelt. Doch wenn ich ehrlich bin, genau deswegen habe ich ein Roman erwartet, welcher aus drei Epochen erzählt wird, aber die ganzen irgendwie zusammengehören. Ich lies und lies und lies... Fast 900 Seiten und zwei Wochen lang, um wenigstens am Ende zu verstehen, warum die „Bestsellerautorin“ drei Geschichten in einem Buch zusammengequetscht hat. Leider ist meine Suche nach der Zusammengehörigkeit und nach dem roten Faden bleibt erfolglos. Die Geschichten wurden nur lose miteinander verknüpft. Gewiss gibt es da ein Stadtteil und ein Haus als Schauspielplatz für die Handlungen dient und die Namen von der Figuren, die gleich sind, doch für mich reicht es nicht als Verbindung.

Sehr detailreich beginnt der Roman in eine Fiktive 19. Jahrhundert und genau so differenziert endet in eine dystopisch weit entfernte Zukunft. Dabei greift Yanagihara auf viele Themen, wie Liebe/Liebe zwischen gleichgeschlechtliche, Familienverhältnisse, Klimawandeln, Rassismus und Menschlichkeit. Doch für mich war es alles zu viel. Zu viele Liebe, Leiden, Leben, die mir konstruiert und künstlich wirkten. Die Thematik, besonders die Grundidee „ein anderes Amerika“ fand ich grandios, doch mit Yanagiharas Schreib/Erzählstil konnte ich nicht viel anfangen. Durch ihre Erzähl-Art und Weise sind mir die Figuren fern geblieben und ich fand das Buch insgesamt unnötig langatmig.

Wenn die drei Geschichten mit fertig erzählten, runden Enden als Reihe erscheinen würden, hätte ich die bestimmt geliebt. Aber so, in einem Buch gepresst, ohne der rote Faden, konnten die mich leider nicht überzeugen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere