Schwere Vergangenheit
Winterfrau und FrühlingsmädchenDieses Buch ist in zwei Handlungssträngen geschrieben. Zum einen befindet man sich in der Gegenwart und lernt dort Hanna, eine junge Frau, die noch kein wirkliches Ziel im Leben gefunden hat, kennen. Außerdem ...
Dieses Buch ist in zwei Handlungssträngen geschrieben. Zum einen befindet man sich in der Gegenwart und lernt dort Hanna, eine junge Frau, die noch kein wirkliches Ziel im Leben gefunden hat, kennen. Außerdem spielt ihre Familie eine wichtige Rolle, aber im Mittelpunkt stehen ganz klar Hanna und Else, ihre Urgroßmutter, von der sie bis jetzt nichts wusste. Der zweite Handlungsstrang katapultiert den Leser in die NS-Zeit, wo er Else als junge Frau kennenlernt.
Ich fand die Sprünge zwischen den Zeiten sehr gelungen, denn so erfährt man Stück für Stück immer mehr über Elses Vergangenheit und die schlimmen Dingen, die sie während des NS-Regimes erleben musste. Die Autorin hat diese Stücke immer sehr geschickt in die Haupthandlung eingebaut, sodass kleine Cliffhanger entstehen und man einfach weiterlesen muss. Allerdings hätten es für meinen Geschmack noch mehr Zeitsprünge sein dürfen. Ich hätte gerne noch mehr über Elses Leben wissen wollen. Vor allem der Teil, wie sie nach Italien gekommen ist, hat mir gefehlt.
Sehr gut - aber natürlich auch sehr traurig - ist die Thematik der ungewollten Schwangerschaften und der Behandlung, die die Frauen damals über sich ergehen lassen mussten. Zum Glück sind diese vorbei. Jedoch wird dieses Thema heute kaum zur Sprache gebraucht, sondern gerät langsam in Vergessenheit. Dass es an einem Einzelschicksal aufgezeigt wird, macht noch deutlich, dass auch innerhalb des NS-Deutschlands viele Verbrechen begangen wurden. Elses Geschichte ist zwar Fiktion, trotzdem steht sie für viele reale Einzelschicksale.
So sehr mich Else beeindruckt hat, so wenig konnte mich Hanna von sich überzeugen. Zwar ist sie jung, was einiges "entschuldigt", aber trotzdem konnte ich ihr Handeln nicht immer nachvollziehen. An der ein oder anderen Stelle hätte ich mir einfach gewünscht, dass sie etwas geradliniger vorgeht und nicht so viele Hirngespinste hat. Versöhnt habe ich mich dann aber gegen Ende mit ihr, da sie während des Lesens eine tolle Entwicklung durchmacht.
Der Schreibstil war wie von Heike Fröhling gewohnt flüssig und sehr schön zu lesen. Die relativ geringe Menge der auftauchenden Personen wusste ich immer genau, wer wer ist und es gab keine Verwirrungen. Die beiden Hauptcharaktere waren sehr gut gezeichnet und absolut glaubwürdig. Das Ende hat mich zu Tränen gerührt, hat sich aber wunderschön und passend in die Geschichte eingefügt.
Insgesamt hat mir das Buch und vor allem der historische Hintergrund sehr gut gefallen und ich habe das Lesen sehr genossen. Einen kleinen Abzug gibt es, weil die Rückblenden noch ausführlicher hätten sein können: 4,5 Sterne!