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Veröffentlicht am 28.10.2017

Gabriel Allon auf seiner letzten Mission?

Die Attentäterin
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Daniel Silva begann seine Reihe um Gabriel Allon, den israelischen Geheimagenten und begnadetsten Restaurator der Welt mit "Der Auftraggeber" im Jahr 2001, und hat ihn über die vielen Jahre zu einer Legende ...

Daniel Silva begann seine Reihe um Gabriel Allon, den israelischen Geheimagenten und begnadetsten Restaurator der Welt mit "Der Auftraggeber" im Jahr 2001, und hat ihn über die vielen Jahre zu einer Legende in Israel werden lassen. Allon hat mehr als andere erlebt, nun soll er der neue Direktor des Geheimdienstes werden. Doch zu Beginn des 16. Bandes "Die Attentäterin" explodiert in der Rue des Rosiers, der prominentesten Straße im jüdischen Viertel von Paris, eine Bombe. Wie die französischen Behörden feststellen, war die Sprengladung in einem Transporter versteckt gewesen. Unter den unzähligen Todesopfern ist auch Hannah Weinberg. Sie leitete das nach ihrem Großvater benannte Isaac-Weinberg-Zentrum, und war eine alte Freundin von Gabriel Allon. Zu dem Anschlag bekennt sich wenig später der IS. Die französischen Sicherheitsbehörden fahnden mit Hochdruck nach den Attentätern und bitten Allon um Hilfe. Nur er kann den Drahtzieher, der sich Saladin nennt, finden und eliminieren. Der Geheimdienst rekrutiert die in Frankreich geborene Israelin und jetzt in Jerusalem arbeitende 26jährige Ärztin Dr. Natalie Mizrahi. Sie soll sich als Spionin dem Islamischen Staat, getarnt als junge palästinensische Ärztin namens Leila Hadawi anschließen, die einen Schlag gegen den Westen führen will. Nur so kann sie in Saladins Nähe kommen und herausfinden, wer er wirklich ist und was seine nächsten Anschlagsziele sind. Saladin auszuschalten, so der Plan, soll das Team um Gabriel Allon übernehmen. Ein lebensgefährliches Unternehmen, das anders als geplant verläuft.
Daniel Silva hat einen brandaktuellen, packenden Spionagethriller geschrieben, der so spannend ist, dass sich seine Seiten von allein umblättern, wie eine Kritikerin meint. Wie gewohnt gibt es eine Vielzahl von Personen, Handlungssträngen und Schauplätzen. Der Leser begegnet alten Bekannten und auch neue Akteure werden eingeführt, die vermutlich in den nächsten Romanen eine größere Rolle spielen werden, Michail Abramow, Dina Sarid und vor allem Dr. Natalie Mizrahi.
Interessant ist, wie der Autor die Verwandlung der jüdischen Ärztin Dr. Mizrahi in Dr. Leila Hadawi, die fanatische Anhängerin des IS, beschreibt. Der Leser spürt förmlich ihre Angst aufzufliegen und enttarnt zu werden. Und er entwickelt große Sympathie für einen Menschen, der sein eigenes Leben aufs Spiel setzt, um möglicherweise Tausende zu retten.
Silva hat als ehemaliger Journalist, der lange im Nahen Osten gearbeitet hat, profunde Kenntnisse der örtlichen Gegebenheiten und Entwicklungen. Er hat kein Interesse an Fantasy, sondern ist fest in der Realität verwurzelt, so fest, dass sein Roman geradezu prophetisch wirkt, nimmt er doch die Ereignisse der Jahre 2015 und 2016 in Paris und Brüssel mit großer Präzision vorweg. Ich liebe Spionagethriller, und dieser düstere und leider so aktuelle hat mir besonders gut gefallen.

Veröffentlicht am 30.09.2017

Harry Hole jagt seine Nemesis

Durst
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Mit "Durst" liegt nun der lang erwartete 11. Band der Harry Hole-Serie von Jo Nesbø vor. In der Schlusssequenz des 10. Bandes "Koma" nimmt Ståle Aunes Tochter Aurora nicht an Harry Holes Hochzeit teil. ...

Mit "Durst" liegt nun der lang erwartete 11. Band der Harry Hole-Serie von Jo Nesbø vor. In der Schlusssequenz des 10. Bandes "Koma" nimmt Ståle Aunes Tochter Aurora nicht an Harry Holes Hochzeit teil. Sie ist bei einem zweitägigen Sportturnier in der Nadderud-Halle. Auf der Mädchentoilette sieht sie einen Schatten. "Und ein paar lange, schmale Schuhspitzen. Wie von Cowboystiefeln." (S. 615) In "Durst" ist der Mann mit den Cowboystiefeln zurück. Er sitzt in der Jealousy Bar, die Mehmet Kalak gehört. An diesem Abend treffen sich Geir und Elise in der Bar. Sie haben sich über die Dating-App Tinder kennengelernt. Das Treffen dauert nicht lange, Elise ist nicht interessiert. Als sie nach Hause kommt, liegt auf ihrem Bett ein Mann mit Cowboystiefeln. Elise Hermansen arbeitet als Anwältin für Vergewaltigungsopfer und kennt ihn von früher. Der Eindringling behauptet, es sei purer Zufall, dass er sie gefunden hat, was nimmt stimmt. Er beobachtet sie mit Geir schon in der Bar und verschafft sich vor ihrer Rückkehr Zutritt zu ihrer Wohnung. Auch er ist auf der Dating-App Tinder unterwegs. Er sucht jedoch keine Frau fürs Leben, er sucht sich über die App seine Opfer aus, die er auf grausamste Weise ermordet. Das Dezernat für Gewaltverbrechen unter der Leitung der Chefermittlerin Katrine Bratt nimmt die Ermittlungen auf. Hinter Harry Hole liegen drei glückliche Jahre mit seiner Ehefrau Rakel und seinem Stiefsohn Oleg, der die Polizeihochschule besucht, an der Harry Hole unterrichtet. Hole ist seit drei Jahren nicht mehr als Spezialfahnder aktiv. Der unsympathische Polizeipräsident Mikael Bellmann braucht schnelle Erfolge bei der Aufklärung des Verbrechens an Elise Hermanson. Deshalb beauftragt er Hole, sich mit einem eigenen kleinen Team an den Ermittlungen zu beteiligen. Harry stimmt zu, auch weil er den gesuchten Mörder und Vergewaltiger Valentin Gjertsen in "Koma" nicht fangen konnte. Neu im Team ist Hallstein Smith, Psychologe und Vampirismus-Experte und Anders Wyller, Kommissar-Anwärter aus Tromsø sowie der langjährige Kriminaltechniker Bjørn Holm.
Jo Nesbøs 11. Band schließt nahtlos an die Vorgängerbände an. Es gibt wenige Autoren in der Kriminalliteratur, die ihrem Ermittler das Leben so schwer machen, ihn so viel leiden lassen. Und wieder überzeugt der Autor mit einem schlüssigen Plot. Es ist eine sehr spannende Geschichte um Verrat und Intrigen. Nichts ist einfach, alles ist komplizierter, als es scheint - bis zum überraschenden Ende, das man nicht errät. Das Personal des Romans ist übersichtlich und gut gezeichnet. Sein unkonventioneller Ermittler geht wie gewohnt seinen Weg, um einen vermeintlichen Vampir zu fangen. So lange Nesbø Harry Hole nicht für immer in die Hölle schickt, hoffe ich auf weitere Bände, und der Schluss des Romans lässt darauf hoffen, dass die Reihe fortgesetzt wird. Ein ganz hervorragendes Buch, das ich uneingeschränkt empfehlen kann.

Veröffentlicht am 06.09.2017

Der Wolf im Schatten

Der Preis, den man zahlt
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Falcó, der Protagonist in Arturo Pérez-Revertes Roman “Der Preis, den man zahlt“, arbeitet als Spion in einer Spezialeinheit der Falangisten. Er selbst ist weder Falangist noch Republikaner. Mit 37 glaubt ...

Falcó, der Protagonist in Arturo Pérez-Revertes Roman “Der Preis, den man zahlt“, arbeitet als Spion in einer Spezialeinheit der Falangisten. Er selbst ist weder Falangist noch Republikaner. Mit 37 glaubt er nach einem bewegten Leben voller Abenteuer und Gefahren an gar nichts mehr, auch nicht an Vaterland, Liebe oder Zukunft. Der Admiral, sein Chef, der die Hand über ihn hält, erteilt ihm den Auftrag, einen prominenten Gefangenen aus der Festung von Alcatraz zu befreien und ihn damit vor dem sicheren Tod zu retten. José Antonio Primo de Rivera ist der Gründer der Falange. Die Befreiungsaktion wird durch die Tatsache erschwert, dass der Süden noch in der Hand der Roten, der Verteidiger der Republik, ist. Falcó muss sich auf feindliches Gebiet begeben und dort mit nur wenigen Mitstreitern, darunter zwei Frauen, eine sehr komplizierte und überaus gefährliche Aktion leiten. Eine der beiden Frauen ist die attraktive, geheimnisvolle Eva Rengel. Falcó und Eva sind Komplizen, kommen sich jedoch zeitweise sehr nahe.

Die fiktive Geschichte spielt im Herbst 1936 nach dem Putsch der Faschisten und zeigt einen weitgehend verdrängten oder sogar vergessenen Krieg in all seiner Grausamkeit. Der Roman beschreibt, in welchem Maße auch die Nazis zum Sieg des Caudillo beitrugen, der Spanien eine fast 40jährige Diktatur bescherte – bis zu seinem Tod im Jahr 1975. Der Held dieses Romans ist ein charismatischer Einzelkämpfer, der vor allem die Frauen für sich einnimmt. Er fühlt sich keiner Ideologie verpflichtet. “Er war ein Mann des Augenblicks, (…). Ein Wolf im Schatten. Gierig und gefährlich.“ (S. 22). Er erledigt seinen Job sehr effizient und hat normalerweise keine Skrupel zu töten. Der Verrat, zu dem ihn seine Vorgesetzten zwingen, geht jedoch sogar ihm gegen den Strich, denn er ist trotz allem auch zu Loyalität fähig.

Der auf eine Fortsetzung hin angelegte Roman liest sich sehr gut. Er ist spannend und vor allem authentisch, was das Porträt Spaniens zur Zeit des Bürgerkriegs angeht. Bei der Darstellung von Gewalt und Folter ist der Autor jedenfalls nicht zimperlich. Insgesamt verdient “Der Preis, den man zahlt“ eine klare Empfehlung.

Veröffentlicht am 26.08.2017

Drogenkrieg in England

Die Lieferantin
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Zoë Beck hat ihren neuen Kriminalroman "Die Lieferantin" in London angesiedelt, und ihr Ausblick in die Zukunft ist düster. Nach dem Brexit haben sich die Fronten verhärtet. Beim nächsten Referendum will ...

Zoë Beck hat ihren neuen Kriminalroman "Die Lieferantin" in London angesiedelt, und ihr Ausblick in die Zukunft ist düster. Nach dem Brexit haben sich die Fronten verhärtet. Beim nächsten Referendum will die konservative Regierung durch Volksentscheid über eine Verschärfung der Drogengesetze abstimmen lassen. Danach würden Drogenabhängige jegliche staatliche Unterstützung verlieren, sie wären nicht mehr versichert und würden obdachlos werden. Die schärfste Druxit-Gegnerin ist Catherine Wiltshire, eine Freundin von Ellie Johnson. Ellie unterstützt Catherines Kampagne mit dem Geld, das sie durch den Verkauf von erstklassigem Heroin übers Internet verdient. Ihr Geschäftsmodell ist gut. Über ihre App bestellt man die Drogen, geliefert wird mit Hightech-Drohnen, die eine enorme Reichweite haben. Das ist effizient, anonym und hervorragend organisiert, bis Ellies Lieferant stirbt, der für den Tod des Schutzgelderpressers Gonzo verantwortlich gemacht wird. Dass der Restaurantbesitzer Leigh Sorsby, der durch die Schutzgelderpressungen kurz vor dem Ruin steht, im wahrsten Sinne des Worte eine Leiche im Keller hat, erfährt der Leser gleich zu Beginn des Romans. Gefährliche Verwicklungen zeichnen sich ab, und auch Ellie muss um ihr Leben fürchten. Zoë Beck hat einen interessanten politischen Kriminalroman geschrieben, den ich gerne gelesen habe.

Veröffentlicht am 04.06.2017

Auf der Flucht

Sie werden dich finden
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Seit langer Zeit bin ich ein Fan von Roger Smiths Romanen mit Schauplatz Südafrika – Kap der Finsternis, Blutiges Erwachen, Staubige Hölle, Stiller Tod usw. – und hatte große Erwartungen an den neuen, ...

Seit langer Zeit bin ich ein Fan von Roger Smiths Romanen mit Schauplatz Südafrika – Kap der Finsternis, Blutiges Erwachen, Staubige Hölle, Stiller Tod usw. – und hatte große Erwartungen an den neuen, unter dem Pseudonym James Rayburn geschriebenen Thriller des Autors. Er bewegt sich in einem völlig anderen Milieu. Es geht um Spionage und die Aktivitäten der Geheimdienste.
Die ehemalige Agentin und Profi-Killerin Kate Swift wurde zur Whistleblowerin, nachdem ihr Mann bei einem Einsatz von der CIA ermordet wurde. Sie deckte die Vorgänge auf, belastete ihren ehemaligen Chef schwer und musste untertauchen, weil sie zu Recht seine Rache fürchtete. Dann fliegt ihre Tarnung auf, und sie muss fliehen, um sich und ihre 6jährige Tochter Suzie zu retten. Nach mehreren Zwischenstationen gelangt sie nach Thailand, wo sie sich Hilfe von ihrem ehemaligen Mentor erhofft, der einst ihr Idol war. Er kann ihr nicht helfen, und sie muss sich etwas Anderes einfallen lassen. Ihre Verfolger sind ihr auf der Spur. Wird sie mit ihrer Tochter entkommen können?
Die Ereignisse werden in kurzen Kapiteln aus wechselnden Perspektiven erzählt und entwickeln zunächst ein großes Tempo. Später lässt die Spannung deutlich nach. Insgesamt wirkt die Geschichte reichlich wirr mit losen Enden und wenig schlüssigen Abläufen. Ich vermisse Tiefgang und sorgfältige Charakterisierung der Figuren, von denen es viel zu viele gibt. Auch sprachlich gefällt mir der Roman nicht. Die Sprache ist sehr derb. Vor allem aber stört mich die exzessive Gewalt, obwohl der Autor natürlich auch bei den in Südafrika spielenden Romanen nicht zimperlich war. Insgesamt war dieser Thriller für mich eine Enttäuschung.