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Veröffentlicht am 24.02.2023

Tod im Schnee

Eisjagd
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Am schwedischen Polarkreis ticken die Uhren anders, die Bewohner hier sind ein ganz besonderer Menschenschlag und trotzen täglich dem arktischen Klima. Im verschlafenen Städtchen Jokkmokk ist es für Polizistin ...

Am schwedischen Polarkreis ticken die Uhren anders, die Bewohner hier sind ein ganz besonderer Menschenschlag und trotzen täglich dem arktischen Klima. Im verschlafenen Städtchen Jokkmokk ist es für Polizistin Anelie wesentlich ruhiger als im turbulenten Stockholm, leider ist das aber auch der Grund, warum die Polizeistation hier eigentlich geschlossen werden soll. Als im März ein berühmtes alljährliches Skirennen stattfindet gibt es rund um die Organisation und Durchführung viel zu tun. Zum selben Zeitpunkt töten Unbekannte auf bestialische Art Rentiere und plötzlich gibt es auch auf der Langlaufstrecke einen Toten.

Ich liebe die besondere Atmosphäre von "Schwedenkrimis" sehr und wenn diese noch in abgelegenen, ursprünglichen Landschaften spielen, um so besser. Das Setting ist dann immer nochmal ein ganz anderes, als eben ein Krimi aus der Metropole Stockholm, oder den Schären.

Eisjagd ist als Titel hier gut gewählt. Einerseits spiegelt er natürlich das Rennen wieder, bei dem das Opfer getötet wird. Andererseits kann man ihn aber auch auf die anschließende Jagd nach dem Mörder beziehen, die sprichwörtlich unter eisigen Bedingungen passiert.

Die Autorin hat hier von Aufbau und Story her einen sehr klassischen Krimi geliefert. Es gibt eine Tat und die akribische, oft frustrierende Suche nach dem Täter. Aufgelockert wird das Alles durch eine sehr intensive Einbringung der privaten Ermittlerfigur Anelie. Oft bemängele ich das an einem Krimi/Thriller, hier ist es aber absolut stimmig und schlüssig, es gibt der Geschichte einen gewissen Rahmen, ohne trivial, oder kitschig zu klingen. Das Konzept könnte ich jetzt am ehesten mit den Büchern von Henning Mankell und seinem Ermittler Wallander vergleichen.

Ich habe das Buch fast in einem Rutsch gelesen. Die Sprache ist fesselnd, die Landschaftsbeschreibungen zeigen ein klares, eisiges Bild. Trotz der mühsamen Ermittlungsarbeit war das Spannungslevel sehr konstant. Mit der Einarbeitung des anderen Falles, rund um die Tötung der Rentiere, geht die Autorin auch auf die indigene Bevölkerungsgruppe der Sami ein, die im beschriebenen Gebiet beheimatet ist und die leider auch heute noch mit Anfeindungen zu kämpfen hat.

Mit seiner unglaublich starken Ermittlerfigur und der atemberaubenden Landschaft hat mich das Buch sehr an die Serie Arctic Circle erinnert. Auch für das Buch kann ich mir eine Verfilmung gut vorstellen, ich wäre aber fürs Erste auch mit einer Fortsetzung zufrieden.

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Veröffentlicht am 24.02.2023

Neue Seite der Autorin

Innigst / Dearly
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Wenn man an Margaret Atwood denkt, denkt man als erstes an wohl ihr bekanntestes Werk, Der Report der Magd. Verständlich, hat dieses Werk von ihr doch in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit bekommen ...

Wenn man an Margaret Atwood denkt, denkt man als erstes an wohl ihr bekanntestes Werk, Der Report der Magd. Verständlich, hat dieses Werk von ihr doch in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit bekommen und nichts an seiner Aktualität verloren. Die Autorin hat aber auch eine andere schriftstellerische Seite und diese zeigt die vorliegende Sammlung.

Nach zehn Jahren sind hier wieder Gedichte der Autorin zu lesen und das zu den unterschiedlichsten Themen. Themen, die man auf den ersten Blick vielleicht merkwürdig findet, die aber, wie so oft in der Literatur als Metapher zu verstehen sind. Die Autorin schreibt so nicht nur über weibliche Wehrwölfe, sondern spürt in ihren Überlegungen auch nicht mehr gebräuchlichen Worten, wie dem titelgebenden "innigst" nach.

Das Buch ist in fünf Abschnitte unterteilt. Es enthält jeweils das englische Original und die deutsche Übersetzung von Jan Wagner. Die Originale habe ich, ehrlicherweise, nur teilweise gelesen. Hier ist mein Englisch einfach nicht gut genug, um den Sinn richtig zu erfassen, gerade wenn es eines der längeren Werke ist. Vieles regt zum nachenken an, es gibt aber auch immer wieder Grund zum schmunzeln, wenn zb die Aliens auf der Erde landen und in neun "Kurzfilmen" die Konsequenz daraus dargestellt wird.

Das Buch zeigt eine mir bis dato vollkommen unbekannte Seite der berühmten Autorin und bringt mich auch genretechnisch in unbekannte Gefilde, habe ich Lyrik doch schon seit meiner Jugend nicht mehr so im Fokus. Ein wirklich schönes Buch, das bei mehrmaligem Lesen sicher immer wieder neue Blickwinkel und Interpretationen ermöglicht.

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Veröffentlicht am 23.02.2023

Schöne neue Welt?

Equilon
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Die Menschheit hat es geschafft und die Erde an den Rand einer Klimakatastrophe geführt. Eine kleine Gruppe Auserwählter lebt abgeschottet in New Valley, einer Glück verheißenden Enklave und versucht mit ...

Die Menschheit hat es geschafft und die Erde an den Rand einer Klimakatastrophe geführt. Eine kleine Gruppe Auserwählter lebt abgeschottet in New Valley, einer Glück verheißenden Enklave und versucht mit allen Mitteln, die die Technologie bietet, zu retten was zu retten ist. Der Rest der überlebenden Menschen versucht in den verbliebenen Gebieten über die Runden zu kommen. Einzige Hoffnung auf ein besseres Leben, Equilon, ein Algorithmus, der diejenigen auswählt, die eine Bereicherung für die Elite in New Valley sein könnten um dort am Vortbestand der Erde mitzuarbeiten. Nur wenige schaffen es diesen Algorithmus zu knacken, eine von ihnen ist Jenna, die vollkommen überwältigt in New Valley ankommt und sich erstmal zurechtfinden muss i dieser schönen bunten Welt.

Neben Jenna begleitet der Leser in einem zweiten Handlungsstrang Dorian, Typ ewiger Looser. Beim geplanten Sprung von einer Brücke wird er von der etwas nervigen Maggie "gerettet" und befindet sich mit ihr im Schlepptau, plötzlich auf der Flucht.

Die Autorin beschreibt in ihrem Roman eine dystopische Zukunftsvision. Große Teile der Erde sind in Folge von Klimawandel und Naturkatastrophen zerstört, teilweise unbewohnbar. Viele Tiere und Pflanzen ausgestorben, Nahrungsmittel, Wasser und andere Ressourcen knapp. Die Bevölkerung viel zu groß, als das die Erde noch in der Lage wäre sie zu ernähren. Rettung verspricht die Technologie, die wenigen Auserwählten den Einzug ins gelobte Land ermöglicht.

Gleich mehrere, derzeit brandaktuelle Thematiken bindet die Autorin in ihr Buch mit ein. Gerade an dem Tag, als ich das Buch beendet habe wurde von einer Art künstlichen Intelligenz berichtet, die das Schreiben auf ein ganz neues Level hebt. Ob Segen, oder Fluch wird sich in der Zukunft zeigen. Auch hier im Buch ist dies zentrales Thema, einerseits der Segen der Technologie, die es ermöglicht das Leben der Menschheit zu sichern, andererseits der Fluch, wenn das Ganze von wenigen Priviligierten missbraucht wird.

Das Buch nimmt große Anleihen an Büchern und Filmen dieses Genres. Man findet die offensichtlichsten Parallelen zu Matrix, zu The Hunger Games, Maze Runner, allerdings ohne die darin enthaltene Gewalt. generell ist das Buch hier fast etwas "weichgespült". Es wird zwar angedeutet, aber wirklich Hart wird es nicht, was natürlich in erster Linie der angestrebten Zielgruppe geschuldet ist. Ich würde das Buch eindeutig zu Young Adult zuordnen, eine Lesergruppe von 14 - 17 Jahren anpeilen. Jüngeren würde ich das Buch weniger empfehlen, Älteren könnte es schnell zu soft werden. Ich mit ü 40 bin einen ganz anderen Umgang mit den angesprochenen Themen gewöhnt. Es war mir stellenweise einfach nicht tief genug, zu vorhersehbar und auch mit einigen Klischees, gerade was die Figuren betrifft, behaftet.

Die Geschichte ist gut geschrieben, lässt sich leicht und flott lesen. Ich denke schon, das die Autorin die richtige Mischung aus Spannung, Emotion und Romantik gefunden hat um die jungen Leser zu packen. Als Einstieg in die Thematik und in das Genre sicher gut geeignet.

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Veröffentlicht am 14.02.2023

Zeitreise

Urwelten
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Jedes Kind mag wohl irgendwann in seinem Leben Dinosaurier. Meist denkt man bei dem Begriff an den berühmten Tyrannosaurus, oder den niedlichen Trizeratops aus dem Trickfilm, der gemächlich durch die üppige ...

Jedes Kind mag wohl irgendwann in seinem Leben Dinosaurier. Meist denkt man bei dem Begriff an den berühmten Tyrannosaurus, oder den niedlichen Trizeratops aus dem Trickfilm, der gemächlich durch die üppige Landschaft der Urzeit tappst. Das dieses Bild allerdings nur wenig mit der Realität zu tun hat zeigt der Autor sehr eindrucksvoll in seinem umfassenden Buch.

Thomas Halliday nimmt den Leser mit in längst vergangene Zeitalter. Er zeichnet in den einzelnen Kapiteln des Buches ein sehr detailreiches Bild der jeweiligen Flora und Fauna in dem er kleine Geschichten erzählt. Um dem Leser die fremdartige Tier- und Pflanzenwelt verständlicher zu machen zieht er Parallelen zu Tieren und Pflanzen, die wir heute kennen und ermöglicht es so, sich das Ganze bildlich vorzustellen. Zu Beginn eines jeden Kapitels gibt es eine Karte, die die Topographie der beschriebenen Zeit darstellt und die Zeichnung eines Tieres, das im jeweiligen Kapitel erwähnt wird.

Es ist für mich sehr interessant zu lesen, wie Wissenschaftler nur anhand von Ausgrabungsfunden ausgestorbene Ökosysteme auferstehen lassen. Natürlich weißt der Autor darauf hin, das Vieles Spekulation ist und durchaus verschieden gedeutet werden kann. Es ist absolut erstaunlich, was uns ein paar versteinerte Knochen alles erzählen können.

Erzählen kann der Autor durchaus gut, leider hat er sich dabei aber manchmal etwas verzettelt und die doch recht langen Kapitel wurden dadurch etwas zäh und ich musste mich des Öfteren etwas durchquälen. Was davon jetzt letztlich auch durch die Übersetzung verloren gegangen ist, keine Ahnung. Auch das es zeitlich keine wirkliche Chronologie gibt hat mich etwas verwirrt. Schade, denn das Thema ist echt mega spannend.

Das Buch ist sehr umfangreich, allerdings bilden etwa die letzten 30/40 Prozent der Anhang und die Quellennachweise. Hier werden zb die mit Fußnoten versehenen Begriffe erklärt.

Für jeden, der sich für die Geschichte unserer Welt interessiert ein empfehlenswertes Buch, allerdings sollte man Geduld mitbringen und sich wirklich Zeit nehmen zum lesen.

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Veröffentlicht am 30.01.2023

Neues Ermittlerteam

Kalt und still
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Amanda steht kurz vor ihrem Abitur, allerdings kann sie sich in letzter Zeit nicht wie gewohnt auf die Schule konzentrieren, das bleibt auch ihrem Mentor nicht verborgen. Als er sie darauf anspricht mauert ...

Amanda steht kurz vor ihrem Abitur, allerdings kann sie sich in letzter Zeit nicht wie gewohnt auf die Schule konzentrieren, das bleibt auch ihrem Mentor nicht verborgen. Als er sie darauf anspricht mauert Amanda, nur ihre beste Freundin Ebba weiß worum es geht. Erstmal wollen die beiden Teenager aber an etwas anderes denken schließlich ist bald Weihnachten und eine große Party steht ins Haus. Leider läuft auf der Party aber nichts so wie Amanda es sich erhofft hat, ihr Schwarm Victor benimmt sich betrunken wie ein Arsch und Ebba sitzt irgendwann vollkommen weggetreten im Badezimmer. Amanda ist stinksauer und macht sich mitten in der Nacht bei Minusgraden auf den Heimweg, kommt aber nie zu Hause an.

Wie viele andere Leser auch kenne ich Viveca Sten durch ihre Sandhamn Krimis. Dort ist die Stimmung fast sommerlich heiter, trotz der Mordfälle. In diesem Buch ist die Grundstimmung von vornherein eine andere. Sie ist düster, bedrohlich und eben, wie der Titel vermuten lässt, kalt. Die Autorin beschreibt sehr eindringlich, was innerhalb einer Familie passieren kann, wenn ein Kind verschwindet. Hier spüre ich als Mutter eine ziemliche Beklemmung.

Irgendwie hatte ich zu Beginn des Buches ein leichtes Gefühl von Deja vu. Ich habe erst vor einigen Tagen einen anderen Schwedenkrimi gelesen, der ein fast identisches Thema hatte und zu dem es einige Parallelen gibt. Das war schon etwas merkwürdig, so hatte ich aber einen guten Vergleich, wie unterschiedlich man ein und das selbe Grundthema erzählen. Viveca Sten webt mehrere Handlungsstränge. Neben dem um das Verschwinden von Amanda, mit Fokus auf der Familie, gibt es den rund um die Ermittler der Polizei. Die Autorin geht hier ziemlich tief ins Privatleben, was letztlich für die Geschichte wichtig ist, will aber damit natürlich auch den Hintergrund ihrer Figuren festigen. Leider liegen hier aber auch ein wenig die Schwächen des Buches, wenn der Trennungsschmerz der Polizistin Hanna immer wieder zelebriert wird, inklusive wiederkehrender Selbstzweifel und dem hadern mit den eigenen Handlungen, ist das manchmal eben zu viel. Was mich ebenfalls stört ist das oft eher unrealistische Verhalten der Figuren. Klar ist so ein Alleingang ein gutes Mittel um Spannung aufzubauen, aber sie naiv ist es denn als ausgebildeter Polizeibeamter einfach loszuziehen und niemandem zu sagen wo man hingeht. Solche haarsträubenden Aktionen ärgert mich immer maßlos.

Insgesamt lässt sich das Buch gut und schnell weglesen, denn Viveca Sten versteht es Geschichten zu erzählen. Wie auch schon in ihren anderen Büchern bringt sie geschickt verschiedenste Themen in einem spannenden Krimi zusammen. Wer sich nicht scheut hier mal eine dunklere Seite von ihr und ihrem sonst so idyllischen Schweden kennen zu lernen, wird sicher eine spannende Lesezeit haben.

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