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Veröffentlicht am 24.03.2018

Realistischer Kriminalfall mit sehr detaillierter Beschreibung der Ermittlungsarbeit auf Kosten der Spannung

Kaltes Land
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Ein junger Mann mit Migrationshintergrund wird in einer Wohnung in einem Dortmunder Problemviertel tot aufgefunden. Sein Körper war regelrecht ausgeschlachtet, die Organe des Verdauungstrakts entnommen ...

Ein junger Mann mit Migrationshintergrund wird in einer Wohnung in einem Dortmunder Problemviertel tot aufgefunden. Sein Körper war regelrecht ausgeschlachtet, die Organe des Verdauungstrakts entnommen worden. Die Obduktion ergibt, dass er an einer Überdosis Kokain verstorben ist und vermutlich eine große Anzahl an Päckchen der Droge geschluckt haben muss, die ihm nach seinem Tod entnommen worden sind.

Bei dem Bodypacker handelt es sich um einen Asylsuchenden, der keine Aussicht auf ein Bleiberecht in Deutschland gehabt hätte und der in seiner Verzweiflung bereit war, für einen falschen Pass und genügend Geld zum Leben, sich an einen skrupellosen Drogendealer zu verkaufen.
Die Ermittlungen sind durch die falschen Identitäten und die Angst der Flüchtlinge vor Abschiebung sowie der mächtigen Hintermänner des Drogenkartells erschwert.

"Kaltes Land" ist der dritte Kriminalroman aus der Kommissar Steiger-Reihe von Norbert Horst, in der Kriminalhauptkommissar Thomas Adam, genannt Steiger, ermittelt.

Es ist der erste Krimi des Autors, den ich gelesen habe, was auch ohne Vorkenntnisse der beiden Vorgängerromane problemlos möglich ist.
Norbert Horst ist selbst aktiver Polizist, der in zahlreichen Mordkommissionen ermittelt hat. Seine Kenntnisse der internen Polizeiarbeit lassen den Roman sehr authentisch erscheinen. Der Fall um die für Drogengeschäfte ausgenutzten Flüchtlinge ist nach dem Flüchtlingsstrom nach Deutschland im Jahr 2015 brandaktuell. Laut BKA-Angaben sind derzeit ca. 6.000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Deutschland vermisst. Jeder Asylbewerber sollte bei seiner Einreise nach Deutschland bundesweit registriert und die Fingerabdrücke abgenommen werden. In diesem Kriminalfall wird das System umgangen und die jungen Flüchtlinge bereits vor der erkennungsdienstlichen Behandlung von den Kriminellen mit gefälschten Pässen ausgestattet, die ihnen einen Aufenthaltsstatus in Deutschland garantieren. Auf diese Weise kann ihre wahre Identität nicht zurückverfolgt werden. Sie selbst machen sich erpressbar und sind den Drogendealern hilflos ausgeliefert.

Kommissar Steiger ist für mich ein sehr angenehmer Polizeibeamter, da er nicht - wie in vielen anderen Romanen - als Egozentriker, Held, der sein eigenes Ding durchzieht oder mit zahlreichen privaten Problemen beaufschlagt ist, beschrieben wird. So wirkt nicht nur seine Persönlichkeit, sondern auch der Fall durch die eigenen Erfahrungen des Autors, die zweifellos in den Roman eingeflossen sind, sehr realistisch.
Die sehr detaillierte Beschreibung der Ermittlungen mit vielen Kollegen im Hintergrund von Steiger sind aber schon so normal, dass die Spannung des Roman darunter leidet. Zudem wurde die Problematik des kniffligen Falls um die Scheinidentitäten und die gefälschten Dokumente mehrfach wiederholt.

Durch Horst gewinnt man einen guten Einblick in die Arbeit eines Kriminalhauptkommissars in einem Fall mit einem sehr interessanten Hintergrund. Der Kriminalfall liest sich authentisch wie ein Zeitungsbericht, war mir jedoch in seiner Detailverliebtheit zu langatmig und konnte mich deshalb nicht allumfassend packen. Ich empfand die Umstände der Flüchtlinge und das scheinbar so einfach durchzuführende Verbrechen wesentlich interessanter, als die Lösung des Falls und wer letztendlich hinter des Missbrauchs der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge für die Drogengeschäfte steckte.

Veröffentlicht am 23.03.2018

Wenn Überforderung krank macht - Roman über eine Frau, die ihre Familie verlässt, um wieder zu sich selbst zu finden

Manchmal musst du einfach leben
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Maribeth Klein ist 44 Jahre alt, verheiratet und Mutter von vierjährigen Zwillingen. Die Familie wohnt in New York, wo Maribeth bei einer Zeitschrift arbeitet. Der Alltag aus Beruf, Haushalt und Kinderbetreuung ...

Maribeth Klein ist 44 Jahre alt, verheiratet und Mutter von vierjährigen Zwillingen. Die Familie wohnt in New York, wo Maribeth bei einer Zeitschrift arbeitet. Der Alltag aus Beruf, Haushalt und Kinderbetreuung stresst sie dermaßen, dass sie einen Herzinfarkt erleidet und es selbst gar nicht mitbekommt. Bei der Untersuchung im Krankenhaus kommt es zu Komplikationen, weshalb Maribeth am offenen Herzen notoperiert werden muss. Nach wenigen Tagen wird sie aus der Klinik entlassen und sieht sich mit ihrem alten Trott konfrontiert. Weder ihr Ehemann Jason, noch ihre Adoptivmutter, die sich um die Kinder kümmert, sind ihr eine große Hilfe. Körperlich geschwächt und mit Schmerzen in der Brust wird ihr die psychische Belastung zu groß, dass sie eine Tasche packt und ihre Familie verlässt.

Sie verordnet sich selbst eine Auszeit und mietet sich anonym ein Apartment in Pittsburgh, wo sie zur Ruhe kommen möchte. Dabei versucht sie ihre Adoptiveltern ausfindig zu machen, um mehr über ihre Verwandtschaft und ihre Krankheitsgeschichte in Erfahrung bringen zu können.

Maribeth ist eine Frau, die mittels künstlicher Befruchtung schwanger geworden ist und sich nun, überfordert von Zwillingen und einem Beruf, den sie sie für das finanzielle Auskommen der Familie ausüben muss, im Alltag auftreibt. Sie möchte es allen Recht machen und denkt dabei nie an sich. Selbst als sie den Herzinfarkt erleidet, denkt sie darüber nach, welche Termine die Kinder am Wochenende haben und was sie darüber hinaus noch zu erledigen hat. Ihr Mann Jason ist selbst beruflich eingespannt und ihr keine Entlastung.

Es ist schier unglaublich, was eine Mutter dazu bringen kann, ihre vierjährigen Kinder und ihren Ehemann zu verlassen, ohne dass es einen großen Streit gegeben hätte. Maribeth ist einfach müde und geht. Auch mit dem Abstand von zu Hause hat sie kein schlechtes Gewissen. Sie taucht unter anderem Namen unter und meldet sich weder bei ihrem Mann, noch ihrer Adoptivmutter oder Freundin. So kaputt und hilflos ist Maribeth.

Selbst wenn man Maribeths Verhalten nicht gut heißen kann, kann man ihre Angst vor einem erneuten Infarkt und ihr Gefühl der Ausweglosigkeit nachvollziehen. Wäre der Roman aus Sicht von Jason geschrieben, wäre Maribeth die Rabenmutter, die ihre Familie im Stich lässt. So geht sie einen mutigen, wenn auch sehr extremen Schritt und ist zum ersten Mal in ihrem Leben egoistisch.

Der Roman regt zum Nachdenken an, da das Dilemma einer berufstätigen Mutter unter Strom viele Frauen betrifft. Man fragt sich, was Maribeth und Jason hätten besser machen können, um zu verhindern, dass Maribeth zu so einer drastischen Maßnahme greift. Hatten sie nur ein Kommunikationsproblem?

Abgeschieden von zu Hause beschäftigt sich Maribeth mit ihrer Adoption und verdrängt die Gedanken an Mann und Kinder, auch wenn sie ihren Zwillingen zumindest Briefe schreibt, die sie jedoch nicht abgeschickt. Sie lebt ein ganz anderes, einfaches Leben, das so endgültig wirkt, dass man als Leser lange im Unklaren ist, wie dieser Roman enden wird.

Am Schluss war ich dann jedoch enttäuscht, dass eigentlich keine Lösungsvorschläge formuliert worden sind. Der Roman endet mit vielen offenen Fragen - sei es in Bezug auf Maribeths Alltag, ihre Beziehung zu Jason, das Verhältnis zu ihren Zwillingen, ihren Beruf oder die Suche nach ihrer leiblichen Mutter. Viele Erzählstränge wurden für meinen Geschmack nicht zu Ende geführt, weshalb ich mir bei diesem Roman einen Epilog gewünscht hätte. Davon abgesehen war die Geschichte, in der die Ehefrau einmal nicht diejenige ist, die verlassen wird, sehr interessant zu lesen.

Veröffentlicht am 21.03.2018

Schockierende Geschichte über eine Familie, in der die Kinder unter dem Versagen der Eltern leiden müssen

Marie
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Veronika Kelber ist alleinerziehende Mutter von drei Kindern, dem 12-jährigen Frido, der zehnjährigen Mira und der sechsjährigen Chiara. Ihr Mann hat die Familie wegen einer anderen Frau verlassen, als ...

Veronika Kelber ist alleinerziehende Mutter von drei Kindern, dem 12-jährigen Frido, der zehnjährigen Mira und der sechsjährigen Chiara. Ihr Mann hat die Familie wegen einer anderen Frau verlassen, als sie mit Chiara schwanger war.

Veronika ist als berufstätige Frau mit der Situation in der 65-qm-Wohnung und der Verantwortung, die auf ihr lastet, völlig überfordert. Frido ist jetzt der "Mann im Haus" und derjenige, der sich um seine jüngeren Schwestern kümmert. Chiara erzählt er eine Geschichte, die auf einer wahren Begebenheit beruhen soll. Er habe sie in der Zeitung gelesen. Es geht um einen älteren Mann, den Besitzer des Kiosk auf dem Weg zu seiner Schule, der ein Baby gestohlen haben soll. Chiara ist gebannt von der Geschichte und entsetzt und stellt immer mehr Fragen, bis auch die Mutter die Geschichte hört und ausrastet.

"Marie" erzählt die Geschichte von "Glückskind" weiter, kann aber unabhängig von diesem Roman gelesen werden. Er ist eine Familientragödie, in welcher das Versagen der Eltern in aller Deutlichkeit aufgezeigt wird. Die Mutter schafft es kaum, den Kindern regelmäßig das Abendessen zuzubereiten, geschweige denn, dass sie ihnen Liebe und Geborgenheit vermittelt. Sie ist zwar in der Wohnung anwesend, aber nicht für die Kinder da, weshalb der älteste Frido ganz selbstverständlich die Aufgaben der Mutter übernimmt, so gut er kann.

Der Vater hält sich dagegen aus allem heraus und beschränkt sein Engagement auf die Unterhaltszahlungen, die ihm auch zu viel sind. Notgedrungen holt er die Kinder an einzelnen Wochenenden zu sich, wobei er immer nur zwei Kinder bei sich haben möchte und sich für die umgänglicheren beiden, Frido und Chiara, entscheidet. Veronika lenkt sich in der Zeit mit Alkohol und One-Night-Stands ab.

Die Perspektiven werden schnell gewechselt, so dass man Einblick in die Sichtweise der Mutter, aber vor allem auch in die der Kinder auf ihrem unterschiedlichen Wissensstand erhält. Fassungslos betrachtet man als Leser diese schier ausweglose Situation und leidet mit den Kindern, die keine regelmäßigen Mahlzeiten erhalten und auf sich allein gestellt sind und trotzdem noch brav ihre Hausaufgaben erledigen und zur Schule gehen. Krampfhaft versuchen sie, den Anschein von Normalität aufrechtzuerhalten, um eine Mutter zu schützen, die ihnen so wenig Liebe schenkt.

Man fragt sich, was in der Vergangenheit, von der man nur Bruchstücke erfährt, vorgefallen ist, und wie Ereignisse mit der Geschichte, die Frido erzählt hat und deshalb von einem schlechten Gewissen geplagt ist, in Zusammenhang stehen. Etwas Schreckliches wurde über die Jahre totgeschwiegen und kocht jetzt wieder hoch, woran die Mutter endgültig zu zerbrechen scheint. Man muss zwischen den Zeilen lesen können, da vieles nur angedeutet, nicht aber explizit geschildert wird.

Es ist eine schockierende, einfühlsam erzählte Geschichte über eine Familie, die sich selbst überlassen ist und bei der es erst zur finalen Katastrophe kommen muss, bis Hilfe geleistet wird. Fassungslos ist man bis zum Schluss von der Handlung gefesselt und muss einfach weiterlesen, wie die Kinder den Alltag auf sich gestellt bewältigen.
Besonders erschütternd an der Geschichte ist, dass sie so authentisch anmutet und dass sich solche Familientragödien tagtäglich hinter verschlossen Türen ereignen.

Da ich selbst "Glückskind" nicht gelesen habe, hätte ich mir gewünscht, wenn man als Leser zumindest im Epilog oder einem Nachwort noch mehr über die Vergangenheit erfahren hätte, um die aktuellen Ereignisse besser einordnen zu können.

Veröffentlicht am 19.03.2018

Stereotype Charaktere, zu viele Zufälle, Drama, Klischees und Schmalz - ich verspürte keinen Zauber

Das Leben ist ein Seidenkleid
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Maja arbeitet als Verkäuferin in der Abteilung für Damenoberbekleidung in einem Kaufhaus, wo sie sich von ihrer Vorgesetzten Hanneliese, die nur auf Profit aus ist, schikanieren lässt. Maja glaubt daran, ...

Maja arbeitet als Verkäuferin in der Abteilung für Damenoberbekleidung in einem Kaufhaus, wo sie sich von ihrer Vorgesetzten Hanneliese, die nur auf Profit aus ist, schikanieren lässt. Maja glaubt daran, dass Kleidung zu den Menschen passen muss und ihnen nur dann Glück bringt. Als gelernte Schneiderin näht sie derzeit nur nachts Kleidung für sich selbst, träumt aber davon, von ihrer Leidenschaft leben zu können.

An den Wochenenden fährt sie Essen für Senioren aus und lernt dabei den rüstigen Rentner Leonard kennen, der mit einer Schneiderin verheiratet war, die bereits vor 40 Jahren verstorben ist. Er hat allerdings in ihre, Ankleidezimmer all ihre Sachen aufbewahrt, die er Maja stolz zeigt. Sie ist begeistert von den Kleidern und Schnittmustern und hört sich die gut gemeinten Ratschläge von Leo an, der sie förmlich dazu drängt, mehr aus ihrem Leben zu machen und nicht als Verkäuferin zu versauern.


Von Tanja Wekwerth hatte ich "Madame Cléo und das große kleine Glück" gelesen, ein zauberhafter Roman, der mir sehr gut gefallen hat, weshalb ich an von "Das Leben ist ein Seidenkleid", angelehnt an den Klappentext, ähnliche Erwartungen hatte.


Mir war die Geschichte um Maja, die eingeschüchtert von ihrer Mutter, nie gewagt hat, ihren Traum der schneidernden Modedesignerin zu leben, zu verkitscht.

Maja war mir zu übertrieben selbstlos, wie sie sich für die anonymen Kundinnen im Kaufhaus oder für die Senioren eingesetzt hat. Jeden Tag hat sie sich aufs Neue mit ihrer Chefin bei der Beratung der Kundinnen gestritten, obwohl diese ihr mehrfach mit Kündigung gedroht hatte. Für die Senioren hat sie bereitwillig gekocht, falls das Essen nicht gut war. Selbst Heiligabend hat sie lieber die alten Menschen zu sich in die Wohnung eingeladen, als mit ihrer Mutter zu feiern.

Die Freundschaft zu Leo entwickelte sich schnell sehr innig. Ich empfand es als ein wenig seltsam, dass sie Leo nach wenigen Wochen als ihren "besten Freund" bezeichnete, hätte ihn eher als väterlichen Freund gesehen.

Durch die Begegnung mit seinem Enkel Jack ergab sich unweigerlich eine Liebesgeschichte, die viel zu halbherzig gestaltet war und die der Roman nicht gebraucht hätte. Jack war selbstverständlich seit Jahren in festen Händen, aber unglücklich mit seiner Beziehung und auch Leo hätte sich Maja viel besser als seine Lebensgefährtin vorstellen können. Seine derzeitige Freundin war im Vergleich zu Maja ein oberflächliches Biest, das so gar nicht zu Jack passte.


Die Geschichte war damit sehr vorhersehbar, empfand ich als übermäßig dramatisch, auch wenn die Aussagen wie "Kleider machen Leute", der Ruf nach einem stärkeren Band zwischen den Generationen und dem Mut, seine Träume zu leben, grundsätzlich schöne Vorstellungen sind. Dennoch - weniger Zufälle, Drama, Klischees und Schmalz hätten dem Roman sehr gut getan. Der Zauber der Geschichte kam so einfach nicht bei mir an und auch für den Gutmensch Maja ohne Ecken und Kanten konnte ich nur wenig Sympathien entwickeln. Alle weiteren Personen waren zudem sehr stereotyp, entweder einseitig gut oder böse. Vielschichtigere Charaktere hätten dem Roman zumindest etwas Abwechslung verleihen können.

Veröffentlicht am 17.03.2018

Unterhaltsame, sommerliche Liebesgeschichte mit sympathischen Charakteren

Ein Sommer und ein ganzes Leben
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Katharina ist Mitte 30, verwitwet und Mutter eines neunjährigen Jungen und einer vierjährigen Tochter. Als ihre beste Freundin Kerstin beruflich für drei Jahre nach Barcelona zieht, nimmt Katharina deren ...

Katharina ist Mitte 30, verwitwet und Mutter eines neunjährigen Jungen und einer vierjährigen Tochter. Als ihre beste Freundin Kerstin beruflich für drei Jahre nach Barcelona zieht, nimmt Katharina deren Angebot an, sich in der Zeit um ihre kleine Villa in Braunschweig zu kümmern und zieht mit den Kindern dort ein. Sie ist dankbar, dass sie sich damit die Miete für ihre Wohnung sparen kann, da sie als selbstständige Mediatorin künftig auch nicht mehr die Praxisräume ihrer Freundin und Kollegin Inge nutzen kann.

Schon bald lernt sie Kerstins Nachbarn David kennen, der nach einem Unfall im Rollstuhl sitzt. Er bietet ihr einen Job, bei dem sie sein Chaos aus Unterlagen sortieren und ablegen soll. Da sie damit keine Probleme wegen der Kinderbetreuung hat, nimmt sie den Nebenverdienst im Nachbarbungalow gern an.
Katharina gefällt es, wie selbstbewusst und scheinbar problemlos David mit seiner Behinderung, die für ihn gar keine ist - schließlich behindern nur andere ihn und seinen Rollstuhl - umgeht und empfindet nach anfänglichen Hemmungen schnell mehr für ihn als nur Freundschaft. Zum ersten Mal kann sie sich nach dem tragischen Tod ihres Mannes vorstellen, sich nach all den Jahren wieder an einen Mann zu binden. Und auch David hat die Hoffnung, dass Katharina als alleinerziehende Mutter genau die richtige Frau an seiner Seite sein könnte.

"Ein Sommer und ein ganzes Leben" ist eine Geschichte über Liebe und die Ängste, die einer Beziehung im Weg stehen können.
Katharina und David sind beide Charaktere, die erwachsen sind und mitten im Leben stehen und in der Vergangenheit Einschneidendes erlebt haben, das Konsequenzen hat, die sie ihr Leben lang begleiten werden. Für David ist es die inkomplette Querschnittlähmung und für Katharina der Tod ihres Mannes, der sie zur alleinerziehenden Mutter werden ließ. Katharina trauert nun seit neun Jahren und hatte mit einem Beruf und zwei Kindern bisher zudem keinen Freiraum sich auch noch um eine Beziehung zu bemühen. David hat die Frauen bisher auf Abstand gehalten, da er sie nicht mit seinen Einschränkungen belasten wollte. In diesem Sommer sind jedoch beide mutig genug, einen Schritt weiter zu gehen.

Kristina Valentin hat mit diesem Roman nicht nur eine unterhaltsame, sommerliche Liebesgeschichte mit sehr sympathischen Charakteren geschaffen, sondern auch versucht, die Perspektive eines Menschen mit Behinderung in den Fokus zu rücken. David ist ein Mensch, der sich nicht auf seine Behinderung reduzieren lassen möchte. Er ist erfolgreich im Beruf und im Alltag selbstständig. Nicht er hat ein Problem mit seinem Handicap, sondern die Menschen, die ihm begegnen oder nur flüchtig kennen.
Die Autorin möchte mit der Geschichte zeigen, dass Behinderung nicht immer mit Krankheit, Leid und Drama verbunden sein muss, sondern dass es Menschen - zehn Millionen in Deutschland - sind, die wie alle Menschen Sorgen und Probleme, aber auch Freude und ganz normalen Alltag haben. Das Leben ist so vielseitig und überall gibt es Licht und Schatten. Das Buch setzt ein Zeichen für Toleranz, klärt auf und das auf sehr unterhaltsame Art und Weise ohne belehrend zu sein.