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Veröffentlicht am 23.04.2024

Mitreißender Sommerroman vor malerischer Kulisse - eine Familiengeschichte mit vielschichtigen Charakteren und ihren Geheimnissen

Treibgut
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Ken und Abby Gardner haben ihre Mutter früh verloren. Ken war erst drei Jahre alt und Abby hat ihre Mutter nie kennengelernt. Ihr Vater Adam war anschließend erneut verheiratet, hat seine Kinder aber weitgehend ...

Ken und Abby Gardner haben ihre Mutter früh verloren. Ken war erst drei Jahre alt und Abby hat ihre Mutter nie kennengelernt. Ihr Vater Adam war anschließend erneut verheiratet, hat seine Kinder aber weitgehend allein bei Provincetown auf Cape Cod großgezogen. Abby und Ken haben nicht nur unter der Abwesenheit einer Mutter, sondern auch unter der bipolaren Störung ihres Vaters gelitten, der allerdings beruflich als Meeresbiologe in der Walforschung brillierte.
Nun steht sein 70. Geburtstag bevor und Adam möchte es sich und anderen beweisen, dass er nichts von seiner Genialität verloren hat und nicht in Bedeutungslosigkeit versinken wird. Er setzt seine Medikamente heimlich ab, um noch einen Clou in seiner Forschung zu erreichen.
Als Erwachsene ist das Verhältnis zwischen Abby, der zurückgezogenen Künstlerin und Ken, dem erfolgreichen Geschäftsmann und angehenden Politiker, angespannt. Sie konkurrieren miteinander und hüten ihre eigenen Geheimnisse, während der Geburtstag ihres Vaters näher rückt und die Planung der Feier und Geschenke Gestalt annimmt.
Unterdessen ahnen sie noch nicht, welche Rolle die junge Mutter Steph Murphy, die aufgrund eines Gendefekt ihre Familiengeschichte aufklären möchte, in ihrem Leben spielt.

Der Roman ist abwechselnd aus den Perspektiven der Hauptfiguren geschildert.
Diese sind vielschichtig dargestellt, wobei insbesondere der Gegensatz zwischen den weiblichen und den männlichen Figuren betont wird, ohne allzu klischeehaft zu wirken.

Abby ist die feinsinnige, bodenständige Künstlerin, die unter Bindungsängsten leidet und um ihren Platz in der Familie kämpft. Ihr Bruder Ken, der sich gern in den Mittelpunkt stellt, umgibt eine unverhohlene Arroganz, die seine Unsicherheit verbirgt. Auch wenn er sich gern aufgeschlossen und liberal präsentiert, ist er konservativ geprägt und drängt Frauen in ihre klassische Rolle. Adam sieht sich als genialen Wissenschaftler und fühlt sich in seinen manischen Episoden unantastbar und in seinen Depressionen schwach und verloren.

Trotz ihrer Gegensätzlichkeit verbindet sie eine Sensibilität und die Liebe zur Natur.
Während man in ihre Leben eintaucht und die Charaktere immer besser kennenlernt, werden Konflikte offenbar und es ist spürbar, wie sich die Situation zuspitzt. Gespannt ist der Gipfel der Eskalation bei der Geburtstagsfeier zu erwarten.

"Treibgut" ist ein mitreißender Sommerroman vor malerischer Kulisse. Die Faszination für die Natur wird bildhaft vermittelt, während man die Figuren beim Segeln im Meer, Picknick in den Dünen oder beim Spaziergang am Strand begleitet.
Die Geschichte handelt von privilegierten Personen, die in einem Paradies leben und dennoch problembehaftet sind. Ein Schmerz durchzieht die Familiengeschichte sowie ein Schweigen und Leugnen von Konflikten.
Weder Verdrängung noch die Flucht in den Alkohol oder Therapiesitzungen können verhindern, dass die Geheimnisse in diesem Sommer ans Licht kommen und für klarere Verhältnisse sorgen.

Die Geschichte ist lebendig und authentisch und zeugt von einer feinfühligen Beobachtungsgabe. Sie wird getragen von den facettenreichen Charakteren und den komplexen Beziehungen untereinander. Ihre Entwicklung ist durchgehend spannend zu verfolgen und entpuppt am Ende starke Frauenfiguren, die selbstbewusst ihren Weg gehen.

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Veröffentlicht am 22.04.2024

Ein Roman über Erwachsenwerden, Lebensentscheidungen, zweite Chancen und eine verloren geglaubten Liebe - sehnsüchtig und authentisch erzählt, wenn auch am Ende unnötig dramatisch

Nächsten Sommer am See
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Ferns Mutter ist überraschend bei einem Autounfall gestorben und hat ihrer einzigen Tochter ihr geliebtes Ferienresort vermacht. Fern, die von der Eröffnung eines eigenen Cafés geträumt hat, kehrt notgedrungen ...

Ferns Mutter ist überraschend bei einem Autounfall gestorben und hat ihrer einzigen Tochter ihr geliebtes Ferienresort vermacht. Fern, die von der Eröffnung eines eigenen Cafés geträumt hat, kehrt notgedrungen an den Ort ihrer Kindheit und Jugend zurück, dem sie bewusst den Rücken gekehrt hatte. Dort trifft sie nicht nur ihre Jugendliebe Jamie wieder, sondern auch Will Baxter, den ihre Mutter vor ihrem Tod als Finanzberater engagiert hatte. Mit Will hat Fern vor zehn Jahren einen Tag in Toronto verbracht. Aus einer zufälligen Begegnung wurde ein Tag voll knisternder Spannung mit einem idealistischen Künstler. Ein Jahr später wollten sich die beiden im Resort von Ferns Mutter treffen, doch Will kam nicht. Die Zurückweisung hatte Fern getroffen und zehn Jahre später sind all die verwirrenden Gefühle für Will wieder da.
Fern steht vor schwerwiegenden Entscheidungen. Nimmt sie das Erbe ihrer Mutter an? Gibt sie Will und sich eine zweite Chance?

Der Roman handelt auf zwei Erzählebenen. In der Gegenwart muss sich Fern entscheiden, ob sie dauerhaft an den Ort ihrer Kindheit zurückkehrt und das Lebenswerk ihrer Mutter und Großeltern übernimmt, das inzwischen marode ist. Die Kapitel der Vergangenheit geben einen Rückblick auf den 14. Juni vor zehn Jahren, als Fern Will kennenlernte, nur einen Tag mit ihm verbrachte und sich verliebte. Doch der Zeitpunkt war der falsche, Fern fest liiert und kurz davor, ihre Zelte in Toronto abzubrechen.

Die Vergangenheit ist aufregend geschildert. Die Emotionen zwischen Fern und Will sind spürbar. Man taucht wie sie rauschhaft in einen Strudel aus Kunst und Musik, spürt die zeitweise Unbeschwertheit, an nur einem Tag einfach alles machen zu können, aber auch die Aussicht auf ein bittersüßes Ende.
In der Gegenwart sind Fern und Will erwachsener und haben ihre Erfahrungen mit dem Leben gemacht. Fern trauert um ihre Mutter und spürt die Last ihres Erbes und die Angst vor der Verantwortung. Will steht ihr wegen der Zukunft des Resorts beratend zur Seite, wobei sehr schnell klar wird, dass ihre Beziehung nicht auf einer beruflichen Ebene bleiben wird.
Doch bei all der zaghaften Wiedersehensfreude steht immer noch die Frage zwischen ihnen, warum Will Fern vor neun Jahren so enttäuscht hat und welches Geheimnis er birgt, denn über sein Leben hält er sich bedeckt und gibt nur zögerlich Details preis.

Der Roman handelt vom Erwachsenwerden, von Lebensentscheidungen, von zweiten Chancen und einer verloren geglaubten Liebe. Besonders gut hat mir gefallen, dass die Musik ein Ausdruck des Lebensgefühls von Fern und immer wieder Songs erwähnt werden, die die Geschichte und die Stimmung perfekt untermalen.

Die Geschichte wird gleichförmig ruhig erzählt. Es gibt keine ausgetragenen Konflikte, Gefühlsausbrüche oder lauten Worte. Auf beiden Erzählebenen nähern sich Fern und Will nur sehr allmählich an und halten sich mit Gefühlsbekundungen zurück. Dass Fern sowohl in der Vergangenheit als auch der Gegenwart vor ähnlichen Entscheidungen steht, lässt die Geschichte etwas monoton erscheinen.
Die Trauer um ihre Mutter wird dabei vernachlässigt, ihre Tagebücher spielen eine so untergeordnete Rolle, das sie genauso gut unerwähnt hätten bleiben können und auch den Nebencharakteren wie Ferns Freundin Whitney und ihrem Ziehvater Peter hätte mehr Raum gegeben werden können, um die Geschichte abwechslungsreicher und lebendiger zu gestalten. Für mehr Atmosphäre hätten das Ferienresort und seine Probleme, die schöne Landschaft am See und die Aktivitäten in der freien Natur gerne einen engeren Bezug zur Geschichte haben können. So schöpft "Nächsten Sommer am See" sein volles Potenzial nicht ganz zufriedenstellend aus.

Es ist eine sehnsüchtige Liebesgeschichte, in der die Gefühle der Protagonisten authentisch vermittelt werden, in der ich jedoch die Erklärungen und Entschuldigungen für Will nicht nachvollziehen konnte. Seine Geheimniskrämerei macht die Geschichte unnötig dramatisch, insbesondere da am Ende eine wirkliche Enthüllung ausbleibt. Das Nachwort der Autorin trägt dagegen viel zum Verständnis bei, was der Roman nicht vermittelt.

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Veröffentlicht am 18.04.2024

Abwechslungsreicher Spannungsroman über Geheimnisse in Freundschaften und vier Frauen, die in einer Extremsituation an ihre körperlichen und mentalen Grenzen gebracht werden

The Hike
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Liz, Helena, Maggie und Joni sind seit ihrer Schulzeit beste Freundinnen. Obschon jede von ihnen mit Anfang 30 inzwischen ihr eigenes Leben lebt, verbringen sie jedes Jahr einen Urlaub miteinander, den ...

Liz, Helena, Maggie und Joni sind seit ihrer Schulzeit beste Freundinnen. Obschon jede von ihnen mit Anfang 30 inzwischen ihr eigenes Leben lebt, verbringen sie jedes Jahr einen Urlaub miteinander, den eine von ihnen organisiert. Liz braucht dringend eine Auszeit von ihrem Mann und plant die Wanderung in der Wildnis Norwegens, um weitab der Zivilisation mit ihren Freundinnen vom Alltag abzuschalten. Auch von den anderen hat jede mit persönlichen Problemen zu kämpfen und freut sich auf den Urlaub, ungeachtet davon, dass sie auf die Wanderung nicht gut vorbereitet sind.

Als sie kurz vor ihrem Aufbruch von dem Verschwinden einer jungen Frau vor einem Jahr in den Bergen erfahren, begleitet sie ein ungutes Gefühl in dem unwegsamen Gelände. Zudem kommt es unter ihnen immer wieder zu Konflikten, denn den Alltagsstress können sie nicht ganz hinter sich lassen.

"The Hike" wird in schneller Abfolge aus wechselnden Perspektiven der vier Freundinnen aus England geschildert, die in Norwegen einen Wanderurlaub verbringen. Ein weiterer Erzählstrang, schildert die Suche nach einer vermutlich verunglückten Frau auf der Wegstrecke der Freundinnen aus der Schilderung eines Einheimischen, den die vier vor ihrer Tour kennengelernt hatten.

Der Plot mit einem Urlaub oder Ausflug von Freunden, die Geheimnisse vor einander haben und sich durch unvorhergesehene Ereignisse und schlechte Witterung in eine Extremsituation begeben, ist nicht neu und ist wohl der größte Kritikpunkt an der Geschichte.

So ist auch durch den (reißerischen) Klappentext klar, dass von den vier Freundinnen eine von ihnen bei der Wanderung ums Leben kommen wird.

Dennoch fesselt einerseits die unheilvolle Atmosphäre in der unwegsamen Landschaft, die für Erstaunen durch ihre Schönheit, aber auch für Angst durch die Einsamkeit und das Ausgeliefertsein sorgt. Als Stadtmenschen sind die vier jungen Frauen nicht ausreichend auf die Route vorbereitet und unterschätzen die Gefahr, die von der Natur ausgeht. Andererseits fühlen sich die Frauen durch einzelne Einheimische vor Ort verunsichert, die bedrohlich erscheinen und auch das Schicksal um die vermisste Frau, von der es seit einem Jahr kein Lebenszeichen gibt, bereitet ihnen Sorge.

Neben den äußeren Umständen und den Gefahren der Wanderung lebt die Geschichte mehr von der Dynamik unter den Freundinnen, von den Geheimnissen, die sie vor einander haben und den Problemen, die sie quälen. Durch die Schilderung aus wechselnden Perspektiven erhält man frühzeitig ein Gefühl für jede von ihnen, kann sich in die jeweilige Situation ihres Alltags hineinempfinden und wie sie zu den anderen drei Frauen steht. Im Verlauf der Handlung offenbaren sich dazu immer mehr Details, die das Kleeblatt ins Wanken bringen und zeigen wie brüchig selbst eine langjährige Freundschaft sein kann.

In welchen Strudel aus Kriminalität, Lügen, Schuld und Zerwürfnissen sie hineingeraten, war zu Beginn nicht zu ahnen und lässt den Roman am Ende zu einem Thriller voller Nervenkitzel und ungeahnter Wendungen entwickeln.

"The Hike" ist ein abwechslungsreicher Spannungsroman über Geheimnisse in Freundschaften und vier Frauen, die in einer Extremsituation an ihre körperlichen und mentalen Grenzen gebracht werden. Das Buch ist atmosphärisch und durch schnelle Wechsel von einer Protagonistin zur anderen spannend geschildert und besticht besonders durch die Emotionen und die schwankenden Beziehungen unter den Charakteren, die nicht ganz ehrlich zueinander, aber dennoch durch ein unkaputtbares Band verbunden sind.

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Veröffentlicht am 16.04.2024

Stille Revolte, Zusammenschluss von Frauen, schonungsloser Blick auf Care-Arbeit - ehrlich, aber wenig unterhaltsame feministische Utopie

Und alle so still
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Elin ist Influencerin, die sich mit Hasskommentaren im Netz konfrontiert sieht. Willkürlich schläft sie mit fremden Männern, um ihre innere Leere zu füllen, für die schnelle Befriedigung, aber ohne Liebe.
Nuri ...

Elin ist Influencerin, die sich mit Hasskommentaren im Netz konfrontiert sieht. Willkürlich schläft sie mit fremden Männern, um ihre innere Leere zu füllen, für die schnelle Befriedigung, aber ohne Liebe.
Nuri stammt aus einer Arbeiterfamilie von Migranten, hat rebelliert und die Schule abgebrochen und kämpft sich Tag und Nacht mit diversen schlecht bezahlten, oft entwürdigenden, Jobs durchs Leben, um genügen Geld zu verdienen, um Freiheit zu erlangen.
Ruth arbeitet als Pflegekraft in einem Krankenhaus, leistet unzählige Überstunden und ist trotz körperlicher Erschöpfung mit ihrem Herzen dabei.
Die drei begegnen sich an einem Sonntag im Juni, als eine Vielzahl von Frauen aufhört, die von ihnen als selbstverständlich erachtete Arbeit zu leisten und sich still vor ein Krankenhaus auf den Boden legen.
Kann dieser Akt der Rebellion etwas ändern? Werden Frauen endlich gehört werden? Wird Arbeit in sozialen Berufen und Care-Arbeit endlich gerecht vergütet werden? Wird endlich etwas gegen die Gewalt gegen Frauen getan werden?

Der Roman wirft wichtige Fragen nach der Wertschätzung von sozialer Arbeit auf, die naturgemäß mehrheitlich von Frauen geleistet wird. Die einzelnen Kapitel aus Sicht der drei Hauptfiguren sind unterbrochen durch
interessante Einschübe aus Sicht der Pistole, der Gebärmutter und der Berichterstattung, die personalisiert werden. Diese Ansichten sind pointiert und bitterböse, aber einfach nur ehrlich formuliert.

Die Geschichte handelt von einem spontanen Stillstand. Frauen sind von ihrer Arbeit und sind es leid für ihre Rechte zu kämpfen, die selbstverständlich sein sollten. Es ist ein stiller Protest ohne Forderungen, ohne Plakate und Parolen. Die Frauen machen nicht mehr das, was sie immer machen und stürzen damit die Gesellschaft in Chaos.

Neben der Situation in der Pflege, geht es auch um die Undurchlässigkeit sozialer Schichten auch mit noch so großer Anstrengung und um die (sexuelle) Gewalt an Frauen.

Die prekäre Situation im Gesundheitswesen nimmt dabei eine große Rolle ein. Sehr detailliert werden die Aufgaben von Ruth als Krankenschwester beschrieben, dass phasenweise das Gefühl aufkommt, ein Sachbuch über die Vielzahl an Missständen in Krankenhäusern zu lesen.
Im Gegensatz dazu werden die Auswirkungen der Frauenrevolte auf Politik, Wirtschaft und Medien nur rudimentär thematisiert.

Es fällt mir schwer das Buch zu bewerten, denn ich mag den Schreibstil und die schonungslos ehrlichen Worte. Auch ist die Idee eines stillen Protests und was Frauen bewirken können, wenn sie sich zusammenschließen und in ihrer Gesamtheit gewichtig sind und gehört werden müssen, ist im Vergleich zu einem feministischen Kampf neuartig.
Dass der Roman keine Wohlfühlgeschichte werden würde, ist auch klar. Mir fehlte trotzdem ein wenig Leichtigkeit und ein Ziel, wo die Geschichte hinführen sollte. Chaos und dann?
Darüber hinaus fand ich die Geschichte mit einer Verteufelung aller Männer zu einseitig schwarz-weiß gefärbt.
In dem Buch werden viele Probleme treffend und zurecht angeprangert. Mir fehlte dabei jedoch die für eine Roman nötige Unterhaltung und Spannung und nahbare Charaktere, die die Geschichte lebendiger gemacht hätten. Die Umsetzung ist anstrengend, fast schon aggressiv und endet unbefriedigend ohne einen Ausblick auf eine Lösung, geschweige denn Besserung.

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Veröffentlicht am 14.04.2024

Originelle Idee, aber eine enttäuschende Umsetzung der Geschichte ohne Logik und Spannung

Die Anomalie
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Ein und dasselbe Flugzeug mit den selben Passagieren und der selben Besatzung landet nach Turbulenzen zweimal in New York - im März 2021 und im Juni 2021. Während die Betroffenen zunächst noch ahnungslos ...

Ein und dasselbe Flugzeug mit den selben Passagieren und der selben Besatzung landet nach Turbulenzen zweimal in New York - im März 2021 und im Juni 2021. Während die Betroffenen zunächst noch ahnungslos sind, versucht die amerikanische Regierung zusammen mit hinzugezogenen Wissenschaftlern eine Erklärung für das Phänomen zu finden. Ist die Welt nur eine Simulation? Handelt es sich um einen Programmierfehler? Hat Gott seine Hand im Spiel? Und was passiert, wenn die Doppelgänger sich begegnen? Wo ist Platz für den zweiten von ihnen?

Ein interessanter Plot, der jedoch wenig spannend aufgebaut ist. Da schon durch den Klappentext von Anbeginn klar ist, worauf was die Geschichte hinausläuft, ist gerade der Anfang der Geschichte recht zäh. Man erhält Einblicke in die Leben verschiedener Personen in unterschiedlichen Ländern: ein Auftragskiller aus Frankreich, ein Musiker aus Nigeria, ein alternder Architekt und seine Geliebte, ein französischer Schriftsteller und eine junge, amerikanische Schauspielerin. Am Ende steht in allen Episoden das FBI bei ihnen und ihren Familien vor der Tür. Bei den Personen, die scheinbar nichts miteinander verbindet, handelt es sich um die Passagiere des Flugs von Paris nach New York, die es nach der zweiten Landung im Juni doppelt gibt.

Durch die nur kurzen Einblicke in die jeweiligen Leben bleiben die Charaktere unnahbar und austauschbar. Selbst deren Lebensumstände, die durch Verbrechen, Erkrankung oder gar Kindesmissbrauch, Potenzial für bewegende Geschichten geben, werden halbherzig und oberflächlich ausgeführt, was auch der Vielzahl der Personen geschildert ist.
Die Suche nach einer Erklärung ist nicht einmal annähernd spannend wie ein Kriminalroman. Es folgen Diskussionen von Wissenschaftlern, dem FBI, Regierungsvertretern und Vertretern der (Welt-)religionen, in denen verschiedene Theorien ausgeführt werden. Wissenschaftliche, philosophische und religiöse Thesen werden unterbreitet, aber letztlich ist das Resultat mit zwei Landungen und entsprechenden Doppelgängern so unglaublich, dass es schwer ist eine befriedigende, logische Lösung zu finden - und die kann auch der Autor nicht präsentieren.
Interessanter sind die Begegnungen der Doppelgänger, wie unterschiedlich die Reaktionen sind und was die Doubles mit ihren Leben zukünftig anstellen wollen.

"Die Anomalie" klingt vielversprechend und originell, verliert aber durch den Klappentext, der bereits die gesamte Handlung offenbart, schnell ihren Reiz. Die Geschichte ist zudem zu fragmentarisch erzählt und kann weder in der Art der Darstellung noch bei dem Versuch einer Erklärung des Phänomens Spannung erzeugen oder Emotionen wecken. Während man sich mehr oder minder damit abfinden muss, seine eigene Theorie zu bilden, wie es zur Dopplung kommen konnte, wird die Geschichte am Ende einzig durch die Begegnungen der Doppelgänger und wie sie ihr persönliches Debakel lösen, lebendiger und unterhaltsamer.

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