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silvery

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.08.2017

Außergewöhnlich

Die Lieferantin
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London in der nahen Zukunft: seit dem Brexit geht es bergab für Großbritannien. Nun steht ein neues Referendum an: der Druxit, der jegliche Drogen abschaffen soll. In dieser schwierigen Zeit hat Ellie ...

London in der nahen Zukunft: seit dem Brexit geht es bergab für Großbritannien. Nun steht ein neues Referendum an: der Druxit, der jegliche Drogen abschaffen soll. In dieser schwierigen Zeit hat Ellie sich mit dem besten Drogenhandel im Darknet selbstständig gemacht. Sie selber hat ihren Bruder durch eine Überdosis verloren, daher möchte sie eine sichere und anonyme Quelle für Abhängige bieten. Sie hat alles perfekt organisiert: die Drogen kommen werden innerhalb kürzester Zeit per Drohne geliefert. Damit ist sie den anderen Drogenhändlern natürlich ein Dorn im Auge, die schon bald ein Kopfgeld auf sie aussetzen.

Ich fand das Buch wahnsinnig gut geschrieben. Es gibt mehrere Hauptcharaktere, aus deren Sicht abwechselnd erzählt wird. Die Übergänge zwischen den einzelnen Kapiteln ist so gut gemacht, dass eins in das andere über zu fließen scheint. So gut hab ich das selten bei einem Buch erlebt. Meist ist es ja so, dass man sich oft erst mal wieder in den nächsten Charakter einfinden muss. Hier ist das super gelöst.

Die Charaktere sind außergewöhnlich und durchweg sympathisch und nachvollziehbar (sogar die "Bösewichte"). Jeder Charakter hat eine tiefgehende Vorgeschichte, die sein Handeln in der Gegenwart beeinflusst.
Es ist außerdem sehr interessant zu sehen, wie das Großbritannien der Zukunft aussehen könnte. Der Brexit ist sicher, die Zeiten ungewiss und es könnte vielleicht wirklich sein, dass es so kommt wie in diesem Buch beschrieben. Das Buch bietet eine völlig neue Sichtweise auf den Brexit und damit verbundene Konsequenzen. Die Autorin scheint sehr gut recherchiert ihre Idee sehr ausführlich ausgearbeitet zu haben, bevor sie sich auf dieses Projekt eingelassen hat.

Mich hat das Buch durchweg begeistert. Auch wenn ich es nicht unbedingt als "Thriller" bezeichnen würde. Es ist zwar spannend, aber nicht thrillermäßig, womit ich mehr psychischen Nervenkitzel verbinden würde. Es ist trotzdem spannend, interessant und auf jeden Fall lesenswert.

Veröffentlicht am 18.08.2017

Der Traum vom Swing

Swing Time
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Auf "Swing Time" bin ich schon alleine durch das farbenkräftige Cover und Titel aufmerksam geworden. Ich mag es, wenn ein Buch anstatt eines aufwändigen Covers alleine durch Farbe und Wahl des Titels heraussticht. ...

Auf "Swing Time" bin ich schon alleine durch das farbenkräftige Cover und Titel aufmerksam geworden. Ich mag es, wenn ein Buch anstatt eines aufwändigen Covers alleine durch Farbe und Wahl des Titels heraussticht. Das weckt mein Interesse und so war es auch hier.

Zwei Mädchen, die aus ähnlichen Verhältnissen kommen, lernen sich beim Tanzunterricht kennen und werden Freundinnen. Der Traum selber einmal eine berühmte Tänzerin zu werden, verbindet die beiden zunächst, doch nur eine der beiden wird es später schaffen. Die beiden einmal so eng befreundeten Mädchen leben sich auseinander, der Kontakt bricht ab, doch aus den Gedanken der jeweils anderen können sie sich niemals ganz löschen.

Das Buch begleitet beide Mädchen durch ihre Kindheit bishin ins Erwachsenenalter. Mir gefällt es sehr, wie Zadie Smith die Entwicklung der beiden Charaktere so bildhaft in treffenden, kurzen Szenen darstellt. Es fühlt sich an, als würde man als Leser wirklich am Leben der Protagonistin teilhaben, und das über Jahre hinweg.

Die (meist weiblichen) Charaktere sind interessant, einzigartig und tiefgründig. Jede hat ihre eigene Geschichte, die sie zu dem Menschen gemacht hat, die sie heute ist. Das ist interessant nachzuvollziehen und spannend, wenn die Charaktere, die teils extrem unterschiedlich sind, aufeinander treffen und lernen müssen, miteinander zurecht zu kommen. Der Autorin gelingt es wirklich gut, die Charaktere vor dem inneren Auge lebendig zu machen.

Insgesamt ein sehr interessantes Buch, das durch tiefgründige Charaktere besticht und gesellschaftskritische Fragen aufwirft. Im Hintergrund steht immer die besondere Beziehung der beiden Mädchen, die trotz der unterschiedlich eingeschlagenen Lebenswege doch immer bestehen bleibt.

Veröffentlicht am 18.08.2017

Enttäuschend

Teufelskälte
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Ich bin ein bisschen zwiegespalten, was dieses Buch betrifft. "Der letzte Pilger" war eines meiner Favoriten des letzten Jahres, daher war ich auch sehr gespannt auf das zweite Werk von Gard Sveen, doch ...

Ich bin ein bisschen zwiegespalten, was dieses Buch betrifft. "Der letzte Pilger" war eines meiner Favoriten des letzten Jahres, daher war ich auch sehr gespannt auf das zweite Werk von Gard Sveen, doch wirklich überzeugen konnte es mich nicht.

"Teufelskälte" beginnt mit Tommy Bergmanns erstem Fall, die brutale Ermordung mehrerer junger Frauen 1988. Der Fall konnte damals aufgeklärt und der Täter hinter Gitter gebracht werden. Doch Bergmanns neuester Fall weist seltsame Ähnlichkeiten zu den damaligen Morden auf, wodurch die gesamten Ermittlungsergebnisse in Frage gestellt werden müssen.

Was mir an Sveens Schreibweise gefällt, ist die Geschwindigkeit, mit der er erzählt. Schnelle, spannende Szenenwechsel sind typisch für ihn. Bei diesem Buch kommt nun noch die zeitliche Komponente hinzu. Es wird hin und her gesprungen zwischen den damaligen Ermittlungen und der Gegenwart. Dass gleichzeitig immer neue Charaktere eingeführt werden, macht den Überblick mit der Zeit schwierig. Teilweise wirkt die Handlung etwas wirr. Es werden immer neue Fährten gelegt, so dass ich irgendwann den Faden verloren habe.

Die Charaktere sind auch so eine Sache. Einige sind gut ausgearbeitet und werden interessant dargestellt (mir haben besonders die Szenen in der psychologischen Anstalt gefallen), doch andere sind klischeebehaftet, so wie die weibliche Ermittlerin, die zwar alleinerziehend ist, doch trotzdem ihren Alltag und die Ermittlungen ganz wunderbar miteinander vereinbaren kann.

Von dem Ende war ich sehr enttäuscht. Da fiebert man über 400 Seiten mit, erhofft sich eine Auflösung des Falls und wird dann mit einer halbherzigen Lösung abgespeist, die mehr Fragen aufwirft als sie beantwortet. Warum so kompliziert? Etwa damit man noch eine Fortsetzung verkaufen kann? Dem Buch hätte es besser getan, man hätte die Handlung gestrafft und in ein einziges Buch verpackt. So wie es gelöst wurde, wirkt die ganze Handlung absolut nicht rund.

Veröffentlicht am 02.07.2017

Ist Glück teuer?

Glück ist teuer
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Noah ist 22, Student und auf der Suche nach seinem Platz im Leben. Er studiert Wirtschaft, doch das auch nur, da er das für etwas Vernünftiges hält, etwas, worauf man aufbauen kann. Was er damit ...

Noah ist 22, Student und auf der Suche nach seinem Platz im Leben. Er studiert Wirtschaft, doch das auch nur, da er das für etwas Vernünftiges hält, etwas, worauf man aufbauen kann. Was er damit in der Praxis einmal anfangen möchte, weiß er noch nicht. Und gleichzeitig realisiert er, dass er das gesamte Weltwirtschaftssystem in Frage stellt. Er stellt sich die Frage nach dem Sinn des Geldes und des Lebens. Ist Glück wirklich käuflich? Als er herausfindet, dass sein Vater einer der reichsten Geschäftsmänner der Schweiz ist, treibt ihn dies noch mehr in einen Gewissenskonflikt.

Ich fand das Buch sehr interessant. Noah ist ein Charakter, der sich viele Gedanken um die Welt und den Sinn des Lebens macht. Er hat gerade erst seinen leiblichen Vater kennen gelernt und bekommt die Chance in kurzer Zeit sehr viel Geld zu verdienen. Die Gedanken, die er sich macht und wie er auf die neuen Lebensumstände reagiert, macht ihn zu einem interessanten Charakter, der dazu noch sehr sympathisch rüberkommt. Als Leser begleitet man ihn einfach gerne.
Gut gemacht sind die kurzen Episoden aus der Kindheit des Protagonisten, die zwischendurch eingestreut werden. Da diese Episoden wichtig für Noahs spätere Entwicklung sind, fand ich es spannend, ihn auch als Kind zu erleben. Man kann nachvollziehen, wie sich Noahs Blick auf die Welt mit der Zeit verändert (besonders im Hinblick auf das viele Geld, was ihm plötzlich zur Verfügung steht und was er damit erreichen möchte) und wie sich die Wurzeln seines Handelns schon in seiner Kindheit gebildet haben.

Besonders gut gelungen fand ich, dass der kurze Prolog und Epilog die Geschichte perfekt einrahmen. Das lässt die Geschichte rund erscheinen und mich als Leser zufrieden zurück.

Insgesamt hat mir das Buch sehr gut gefallen. Offen gelassen wird die Frage, was denn nun eigentlich Glück ist, denn das muss jeder für sich selber beantworten. Ich würde das Buch definitiv weiter empfehlen.

Veröffentlicht am 04.06.2017

Sehr unterhaltsam geschrieben

So, und jetzt kommst du
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Familie Frank hat das große Geld gemacht. Jedenfalls wird das so den Kindern gesagt, als sie Hals über Kopf mitten in der Nacht nach Südfrankreich zu ihrem "neuen Leben" aufbrechen. Angeblich ...

Familie Frank hat das große Geld gemacht. Jedenfalls wird das so den Kindern gesagt, als sie Hals über Kopf mitten in der Nacht nach Südfrankreich zu ihrem "neuen Leben" aufbrechen. Angeblich steinreich braucht der Vater nicht mehr zu arbeiten, die Familie lebt in Luxus und die Kinder sind glücklich. Doch schon bald müssen sie wieder weiterziehen und weiter und weiter und besitzen bald nicht mehr als das, was sie am eigenen Körper tragen. Die Wahrheit wird vor den Kindern so lange geheim gehalten bis es nicht mehr geht.

Ich finde das Buch hervorragend geschrieben. Mir hat dieser unterschwellige Humor, der sich durch das gesamte Buch zieht, sehr gut gefallen. Die Lektüre war daher sehr unterhaltsam, auch wenn es im Buch selber gerade nicht lustig zuging.

Was ich auch sehr gut gelungen fand, ist die Charakterentwicklung, besonders vom Jungen. Als Leser lernen wir ihn schon sehr jung kennen. Im Laufe des Buches wächst er heran und wird zum Teenager. Da aus seiner Sichtweise geschrieben wird, weiß der Leser immer nur so viel, wie der Junge mitbekommt und verstehen kann. Er ist ein sehr guter Beobachter und so versteht der Leser oft mehr als der kleine Junge, der beschreibt und Dinge noch nicht richtig einzuordnen weiß. Doch während er heranwächst, ändert sich auch der Schreibstil passend dazu und wird erwachsener. Er vertraut nicht mehr blind seinen Eltern, sondern beginnt Zusammenhänge zu erkennen und seine eigenen Schlüsse zu ziehen bis er sich schließlich sogar gegen seine Eltern stellt.

Die Charaktere sind überhaupt durchgehend gut entwickelt mit vielen Facetten und Eigenheiten, die auch konsequent durchgezogen werden. Ich habe selten ein Buch gelesen, bei dem ich alle Charaktere so klar vor Augen sehen konnte wie hier.

Einen Punkt muss ich leider abziehen, da die Handlung im Mittelteil teilweise etwas langatmig wurde. Doch das war wirklich nur stellenweise und dank des ausgeprägten Humors, der immer wieder eingeflochten wird, war das auch kein großer Störfaktor.

Mir hat das Buch insgesamt sehr gut gefallen. Es war eine amüsante Lektüre mit sehr interessanten Charakteren. Ich würde es definitiv weiterempfehlen.