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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.08.2017

Märchenhaft

Töte mich
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Eine märchenhafte Erzählung über eine Vater-Tochter Beziehung und über die Entscheidung eines verarmten Adligen Nachteile in Kauf zu nehmen, um seinen Werten treu zu bleiben.
Diese Erzählung ...

Eine märchenhafte Erzählung über eine Vater-Tochter Beziehung und über die Entscheidung eines verarmten Adligen Nachteile in Kauf zu nehmen, um seinen Werten treu zu bleiben.
Diese Erzählung beginnt mit dem Besuch des Vaters bei einer Wahrsagerin – nicht weil er ihren Rat sucht, sondern weil diese seine Tochter in einer kalten Nacht im Wald gefunden hat. Die Tochter war einst glücklich und lebensfroh, aber durch ein dem Leser unbekanntes Ereignis verlor sie die Fähigkeit zu fühlen. Weder Angst noch Freude, Sorgen noch Liebe kann sie spüren. Die Nacht im Wald war ein misslungener Versuch wieder etwas zu fühlen.
Die Wahrsagerin sagt dem Vater, dass er bei seinem nächsten Fest eines seiner Gäste töten wird. Darüber ist der Vater in großer Unruhe, denn Gastfreundschaft ist für ihn ein großer Wert. Er überlegt hin und her ob er wirklich eines seiner Gäste töten soll, da bettelt die Tochter ihren Vater an, dass er sie tötet, denn wegen ihrer fehlenden Emotionen, hat sie keine Freude am Leben. Wird er es tun?
Die schlichte Sprache dieser Erzählung passt sehr gut zur Handlung. Die Charaktere werden lebendig, und der Leser bangt mit, denn wie kann ein Vater seine Tochter töten, selbst wenn es ihr eigener Wunsch ist? Nebenbei erfährt der Leser auch einiges über den Wert wahrer Gastfreundschaft, und dass es sich lohnt seinen Prinzipien treu zu bleiben.

Veröffentlicht am 30.08.2017

Erwachsenwerden

Der Sandmaler
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Zwei junge Menschen begeben sich auf eine besondere Reise. Die Geschichte spielt am Anfang der 70er-jahren. Elisabeth und Stefan sind gemeinsam zur Schule gegangen. Sie hatten eine flüchtige ...

Zwei junge Menschen begeben sich auf eine besondere Reise. Die Geschichte spielt am Anfang der 70er-jahren. Elisabeth und Stefan sind gemeinsam zur Schule gegangen. Sie hatten eine flüchtige Beziehung und sind Freunde geblieben. Elisabeth steht stets im Schatten von Stefan, denn er ist wohlhabend und selbstsicher. Zufällig begegnen sie sich kurz nach Ende der Schulzeit am Flughafen. Beide haben, ohne es vorher gewusst zu haben, das gleiche Ziel – ein Urlaubsparadies in Westafrika. Wegen ihrem Budget in unterschiedlichen Anlagen untergebracht, erleben diese zwei jungen Menschen Afrika in unterschiedlicher Weise. Während Stefan im Mittelpunkt seiner eigenen, kleinen Welt steht und seine Rolle als reicher Weiße ausnutzt, macht sich Elisabeth Gedanken über die Armut der Einheimischen. Sie lernt einige Menschen kennen, und dabei verändert sie sich selbst. Sie wird erwachsen und selbstsicher, dabei entfremdet sie sich auch von Stefan.
Der Autor versteht es in schöner Sprache die fremde Welt Afrikas zu beschreiben. Es ist schön mitzuerleben, wie Elisabeth sich für diese Welt öffnet, und versucht die Verhältnisse zu verstehen. Das Gegenbild des selbstsüchtigen Stefans lässt dieses Bild noch heller erstrahlen.
Eine entspannende Lektüre, die zum Nachdenken einlädt über die Verhältnisse zwischen den armen und reichen Ländern dieser Welt.

Veröffentlicht am 30.08.2017

Sieben Generationen

Heimkehren
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Das Buch macht einen hochwertigen Eindruck, und das Cover passt gut zur Geschichte. Dieses Buch ist eher eine Sammlung von 14 Kurzgeschichten. Es geht um das Schicksal von zwei Frauen aus dem ...

Das Buch macht einen hochwertigen Eindruck, und das Cover passt gut zur Geschichte. Dieses Buch ist eher eine Sammlung von 14 Kurzgeschichten. Es geht um das Schicksal von zwei Frauen aus dem jetzigen Ghana, Halbschwestern, auch wenn sie sich nie begegnen. Eine wird in die Sklaverei nach Amerika verkauft, und die andere heiratet einen Briten, der mit Sklaven handelt. Beide leben eine Zeit lang am selben Ort, einer Festung an der Küste. Die zur Sklaverei bestimmte Frau in einem schrecklichen Verlies, die andere in einer schönen Wohnung. In weiteren Kapiteln geht es um die Kinder, Enkel und weitere Nachkommen dieser Frauen, die alle ein schweres Schicksal haben. Dabei werden viele historische Fakten rund um die Sklaverei mit den Geschichten verwoben.

Mir haben besonders die ersten Kapitel sehr gut gefallen, und ich staune darüber wie überzeugend die noch junge Autorin die Welt aus der Perspektive eines jungen Mädchens aus dem Busch beschreiben kann. Es ist interessant in späteren Kapiteln ein wenig darüber zu erfahren wie es den Hauptcharakteren früherer Kapitel später ergangen ist, auch wenn der Leser an mancher Stelle vielleicht gerne mehr Details hätte.

Darum sehe ich dieses Buch eher als eine Sammlung von in sich abgeschlossenen Kurzgeschichten, die auf sehr anschauliche Weise manche unbekannte Facetten der Sklaverei und deren Folgen aufzeigen.

Veröffentlicht am 30.08.2017

Heitere Gemeindekritik

Anna-Maria und die anderen 99 Schafe
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Das Buch beginnt mit einer Szene, die für sich spricht. Eine hübsche Nachbarin braucht Hilfe, und Jan hilft natürlich gerne. Aber ihre Einladung zum Frühstück, die als Dankeschön gemeint ist, muss er ausschlagen. ...

Das Buch beginnt mit einer Szene, die für sich spricht. Eine hübsche Nachbarin braucht Hilfe, und Jan hilft natürlich gerne. Aber ihre Einladung zum Frühstück, die als Dankeschön gemeint ist, muss er ausschlagen. Zögernd gibt er zu, dass er stattdessen in den Gottesdienst gehen wird. Obwohl die Nachbarin ihn gerne begleiten würde, wimmelt er ab, denn er schämt sich sehr für seine Gemeinde.
Wegen eines Todesfalles kommt eine ehemalige Schulfreundin von Jan zurück an diesen Ort. Sie kann es kaum fassen, dass vieles im Ort und auch in der Gemeinde unverändert geblieben ist. Anna-Lena, eine unangepasste Frau, die schon immer lieber ihren eigenen Weg gegangen ist, öffnet ihrem Schulfreund Jan die Augen dafür, dass seine Gemeinde nicht so unattraktiv bleiben muss. Sie schließt sich seinem Hauskreis an, und gemeinsam werden Pläne zur Veränderung entworfen. Dabei bleibt der Widerstand von einigen anderen Gemeindemitgliedern nicht aus, andere jedoch blühen auf.
Das Ganze spielt vor 30 Jahren, und manche Leser werden sicher die Probleme ihrer ehemaligen oder jetzigen Gemeinden in den Beschreibungen wiederfinden. Das unterhaltsam geschriebene Buch regt zum Nachdenken an und wirft viele Fragen auf. Wofür steht Gemeinde eigentlich? Was ist ihre Aufgabe? Wer darf über die Richtung einer Gemeinde bestimmen? Wie sieht es mit Führungsstrukturen in der Gemeinde und mit Machtmissbrauch aus? Viele Situationen werden mit Humor beschrieben, wobei mir persönlich manches etwas überzogen oder auch zu abschätzig vorkommt.
Ein Vers über Liebe aus dem ersten Korintherbrief zieht sich durch die Gliederung des Buchs, und damit wird dem Leser vor Augen geführt, dass es gerade darin oft in Gemeinden mangelt. Eine ältere Person lebt dies vorbildhaft, aber ich hätte mir mehr positive Impulse in diese Richtung gewünscht.
Fazit: Ein Buch zum Schmunzeln über eine Gemeinde, die viel zu sehr an ihre Traditionen hängt, und gleichzeitig ein Buch zum Nachdenken über den Weg zur Veränderung und Erneuerung, damit Gemeinden auch für Außenstehende attraktiv sind.

Veröffentlicht am 20.07.2017

Kostbarer Inhalt in wertvollem Gefäß

Alabaster
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Schon das Cover ist ein Genuss, und ein Hinweis auf den kostbaren Inhalt. In diesem Buch erzählt Marjam aus ihrem schweren Leben. Sie lebt in einer Kultur, in der um jeden Preis Schande vermieden werden ...

Schon das Cover ist ein Genuss, und ein Hinweis auf den kostbaren Inhalt. In diesem Buch erzählt Marjam aus ihrem schweren Leben. Sie lebt in einer Kultur, in der um jeden Preis Schande vermieden werden muss. Eine Frau ohne Ehre ist wie ein Schmetterling ohne Flügel, nur noch ein Wurm, so wird ihr gesagt. Sie selbst aber trägt ein schlimmes Geheimnis mit sich, dass niemand erfahren darf. Dabei hat sie schon so viel mitgemacht. Schon früh hat sie ihre Mutter verloren. Der Vater, der ihr besonders nahe stand, erkrankt an Lepra und wird aus dem Dorf verwiesen. Und nun ist sie gefangen in einer unglücklichen und ungewollten Ehe. Ihr Dasein ist davon bestimmt, dass sie ihrem Ehemann und seiner Familie dient. Sie besitzt etwas sehr Wertvolles, aber da dieser Schatz ihre Familie so viel gekostet hat, zögert sie es zu verkaufen.
Marjam trifft mutige Entscheidungen, und verbessert so ihre eigene Lebensumstände und die ihrer Schwester. Sie hört Gerüchte von einem besonderen Arzt und Lehrer, und schließlich bekommt sie die Gelegenheit ihn kennenzulernen. Diese Begegnung verändert alles.
Dieses Buch nimmt den Leser mit hinein in eine fremde Zeit und Kultur, die überzeugend aus der Sicht Marjams beschrieben wird. Als Leser fühle ich ihre Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, wenn beispielsweise der erkrankte Vater die Familie verlassen muss, oder der Ehemann mal wieder gewalttätig wird. Ich freue mich über ihren Mut schwierige Entscheidungen zu treffen, und staune mit ihr über diesen Mann, den Arzt und Lehrer, der Liebe und Annahme ausstrahlt und mühelos die verzweifelten Kranken des Dorfs von ihrem Leiden befreit und so ein neues Leben schenkt.
Fazit: Sehr gut und einfühlsam geschrieben, hilft mir dieses Buch vertraute biblische Geschichten mit neuen Augen zu sehen und die jüdische Welt und den Einfluss der Gesetze auf das tägliche Leben besser zu verstehen. Ich kann es nur wärmstens empfehlen!