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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.09.2024

Klassischer, sehr spannender Noir-Krimi kombiniert mit etwas Sci-Fi

Bis in alle Endlichkeit
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Da mir Fünf Winter außerordentlich gut gefallen hat, war ich ganz erpicht darauf, Kestrels neues Buch zu lesen. Es hat mich auch sehr gepackt, war wahnsinnig spannend und gut geschrieben, aber an Fünf ...

Da mir Fünf Winter außerordentlich gut gefallen hat, war ich ganz erpicht darauf, Kestrels neues Buch zu lesen. Es hat mich auch sehr gepackt, war wahnsinnig spannend und gut geschrieben, aber an Fünf Winter kommt es meiner Meinung nach nicht ganz heran.
In meiner Rezension zu Fünf Winter hatte ich geschrieben: „Der Roman ist nicht nur ein Krimi, er ist auch historischer Roman, Abenteuerroman, Anti-Kriegs-Roman und berührende Liebesgeschichte, er ist nicht einfach ein Thriller, sondern überraschend anders! Interessant auch die exotischen Schauplätze, und die kulturellen Einblicke die dem Leser gewährt werden.“ Und diese Bandbreite gibt es beim neuen Buch nicht. Wobei, neu ist es nicht wirklich, es wurde 2 Jahre vor Fünf Winter veröffentlicht und auch unter anderem Namen, nämlich dem Klarnamen des Autors, Jonathan Moore, das Pseudonym James Kestrel hatte er erstmalig für Fünf Winter verwendet. Ich hoffe, dass er unter diesem Namen auch noch weitere, ähnliche Romane herausbringen wird und wundere mich, dass der deutsche Verlag diesen kleinen Etikettenschwindel vorgenommen hat …
Aber nun zum vorliegenden Roman: Lee Crowe, Anwalt ohne Zulassung, jetzt tätig als Privatdetektiv für den erfolgreichen und skrupellosen Anwalt Jim Gardner, Chef seiner ehemaligen Kanzlei, stößt während eines anderen Auftrags in einem heruntergekommenen Bezirk von San Francisco auf die Leiche der jungen Claire Gravesend, Millionenerbin. Die ist von oben auf ein Luxusauto gestürzt und zu Tode gekommen. Deren Mutter, Olivia Gravesend, ist Jim Gardners Klientin, glaubt nicht an die Selbstmordtheorie der Polizei und beauftragt Crowe damit den Fall aufzuklären. Mehr über die Handlung zu verraten wäre ein Spoiler, jedenfalls ist es ein Medizinwissenschaftsthriller. Und was mir ziemlich science-fictionmäßig vorkam, ist vielleicht gar nicht mehr so weit von der Wirklichkeit entfernt. Der sympathische Protagonist hält sich zwar auch nicht immer an die Regeln, ist aber einer von den Guten und bei seiner Arbeit sehr erfindungsreich. Kestrel (Moore) legt hier einen spannenden Pageturner vor mit einer gut konstruierten Handlung, überraschenden Plot Twists, gut charakterisierten Figuren und humorvollen, schlagfertigen Dialogen. Und einem bemerkenswerten Bösewicht! Je weiter ich las, desto weniger konnte ich das Buch aus der Hand legen. Ein klassischer Noir Krimi und ein großes Lesevergnügen!

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Veröffentlicht am 20.08.2024

Unterhaltsam, sehr gut lesbar ... und doch kam ich den Figuren nicht nahe

Pi mal Daumen
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Ein neuer Roman von Alina Bronsky - darauf hatte ich mich gefreut! "Kaum jemand kann so böse, so witzig und rasant von eigenwilligen und doch so liebenswerten Charakteren erzählen wie Alina Bronsky“ hieß ...

Ein neuer Roman von Alina Bronsky - darauf hatte ich mich gefreut! "Kaum jemand kann so böse, so witzig und rasant von eigenwilligen und doch so liebenswerten Charakteren erzählen wie Alina Bronsky“ hieß es einmal in einem Verlagstext, und z.B. bei Herrn Schmidt in "Barbara stirbt nicht", konnte ich das nachvollziehen und fand diese tragikomische Figur tatsächlich doch liebenswert. Bei "Pi mal Daumen" gelang mir das nicht! Klar, Oskar kann einem schon leidtun, aber ein Sympathieträger ist er nun wirklich nicht ...
Oskar, der 16-jährige, sehr behütete, Überflieger mit autistischen Zügen aus adliger, sehr wohlhabender Familie, interessiert sich ausschließlich für Mathematik, ist im Übrigen aber völlig weltfremd. Er ist jetzt allein zum Studium nach Berlin gekommen und lernt am ersten Studientag in der Uni Moni Kosinsky kennen: über 50, 3fache Großmutter, schrille, eher prollige Aufmachung, zuerst von allen für eine Putzkraft gehalten. So unwahrscheinlich es scheint, entwickelt sich doch zwischen diesen beiden Außenseitern eine Hilfsgemeinschaft, so eine Art Freundschaft. Um die Entwicklung dieser Beziehung zwischen zweien, die sich gegenseitig in diesem akademischen Umfeld zum Überleben brauchen, geht es in diesem Roman.
Das liest sich sehr unterhaltsam, keine Frage, Alina Brody beherrscht ihr Handwerk, aber überzeugt hat mich die Geschichte nicht. Es gibt eine Vorgeschichte aus Monis Leben, die erklären soll, warum sie, trotz ihres familiären Umfeldes, den heimlichen Wunsch entwickelt hat, Mathematik zu studieren, und auch, warum sie Oskar gegenüber so viel Geduld an den Tag legt. Und wie sie das alles schafft, Familienleben und -Pflichten, Teilzeitjobs und Studium! Ein wahrer Übermensch. I don't buy it! Und Oskars Arroganz und Verachtung gegenüber anderen Menschen aufgrund seiner krankheitsbedingt eingeschränkten Weltsicht wurde mir irgendwann unerträglich. Ich lese einfach lieber Bücher, in denen es eine Identifikationsfigur für micht gibt.
Meine Reaktion auf dieses Buch ist daher recht ambivalent. Ich habe mich bei der Lektüre gut amüsiert, aber ich verstehe eigentlich nicht, was dieser Roman mir sagen will.

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Veröffentlicht am 16.07.2024

Spin-Off von "Eine Frage der Höflichkeit"

Eve
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Der Kurzroman "Eve" ist die etwas verspätete Printausgabe einer schon 2013 als E-Book veröffentlichten Geschichte über Evelyn Ross, bekannt bereits aus "Eine Frage der Höflichkeit". Die Figur war dem Autor ...

Der Kurzroman "Eve" ist die etwas verspätete Printausgabe einer schon 2013 als E-Book veröffentlichten Geschichte über Evelyn Ross, bekannt bereits aus "Eine Frage der Höflichkeit". Die Figur war dem Autor wohl so ans Herz gewachsen, dass er ihre Geschichte weiterführen wollte.
Evelyn sitzt nach dem Bruch mit ihrem New Yorker Freund im Zug nach Chicago, um in ihre Heimat zurückzukehren, beschließt dann aber spontan, im Zug zu bleiben und nach Los Angeles weiterzufahren.
Berichtet wird uns das von Charlie, einem pensionierten Cop, der auf der Rückreise von einem Familienbesuch in New York im selben Zug sitzt. Und darin besteht auch ein interessanter Kunstgriff des Autors, dass Evelyns Geschichte aus der Perspektive von unterschiedlichen Menschen erzählt wird, die sie im Laufe der Geschichte kennenlernt, nur hin und wieder auch aus ihrer eigenen.
Sie bezieht Quartier im berühmten Beverly Hills Hotel und ist so gleich mittendrin in der Hollywood Szene. Durch das Versetzen eines wertvollen Schmuckstücks bessert sie ihre Kasse und ihre Garderobe auf. "Typisch für eine Frau auf der Jagd nach einem reichen Ehemann", denkt Finnegan, der Hoteldetektiv. Falsch! Sie lernt Prentice kennen, einen abgehalfterten Star, der zu dick geworden ist, und auch die berühmte Schauspielerin Olivia de Havilland. Diese hat gerade die Rolle der Melanie in "Vom Winde verweht" ergattert, steht aber völlig unter der Knute der Studiobosse. Eve hilft ihr dabei, sich ein paar kleine Freiheiten zu erkämpfen. Dann wird "Dehavvy", wie sie von den Papparazzi genannt wird, mit auf fragwürdige Weise entstandenen Nacktfotos erpresst und Eve kommt ihr mit Unterstützung von Charlie und Prentice zu Hilfe. Auch die Studiobosse haben erkannt, dass Eve über besondere Fähigkeiten verfügt, und bieten ihr einen Job als Problemlöserin für Olivia an.
Wie immer besticht Towles' Schreibstil durch seine elegante Sprache, seine eindrücklichen Charakterisierungen der handelnden Personen, seine atmosphärischen Ortsbeschreibungen und seinen Humor. Durch den Kniff, sie von anderen beschreiben zu lassen, erfahren wir viel über Eve, aber vieles bleibt auch rätselhaft. Auf jeden Fall entspricht sie nicht dem damaligen Frauenbild, sie ist selbstbewusst, unabhängig und intelligent. Sie findet eine Nische für sich im männerbeherrschten Hollywood und verändert das Leben all derer, mit denen sie zusammentrifft. Eine sympathische Hauptfigur, von der man gern noch mehr erfahren würde. Eine Gesellschaftsbeschreibung des Hollywoods der späten 30er Jahre, die sich allmählich zu einem Krimi entwickelt.
Amos Towles hat es wie immer geschafft, mich mit seiner Erzählung in seinen Bann zu ziehen, mich mit seinem Schreibstil zu begeistern und mich bestens zu unterhalten. Nur etwas länger hätte die Geschichte sein dürfen!

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Veröffentlicht am 15.07.2024

Ein unterhaltsamer Coming of Age-Roman aus Irland

Die Sache mit Rachel
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Cork, Irland, 2010 zur Zeit der Finanzkrise: Rachel, 20jährige Tochter aus gutem (verarmten) Hause, muss sich ihr Studium selbst finanzieren, denn die elterliche Zahnarztpraxis läuft zu Zeiten der Rezession ...

Cork, Irland, 2010 zur Zeit der Finanzkrise: Rachel, 20jährige Tochter aus gutem (verarmten) Hause, muss sich ihr Studium selbst finanzieren, denn die elterliche Zahnarztpraxis läuft zu Zeiten der Rezession gar nicht mehr gut.
Sie lernt den versteckt-schwulen James Devlin kennen, die beiden verstehen sich bombig, erkennen sich als Seelenverwandte, werden beste Freunde und teilen sich eine heruntergekommene, billige Wohnung. Rachel schwärmt für ihren Literaturpofessor, und da sie und James in einem Buchladen jobben, beschließen sie, eine Lesung für Professor Byrne mit seinem neusten Buch (einem wissenschaftlichen Werk) zu organisieren, damit Rachel ihm näher kommen kann. Aber alles kommt ganz anders...doch immerhin bittet der seine Frau Deenie, die als Verlagslektorin arbeitet, Rachel als Praktikantin mit Niedrigstlohn einzustellen, denn diese hofft dadurch ihrem Berufsziel ("Irgendwas mit Büchern") etwas näher zu kommen und dann taucht ein weiterer Protagonist auf, James Carey wird Rachels Boyfriend und große Liebe. Zwischen diesen 5 Persone spielen sich größere Dramen ab. Der Roman spielt auf 2 Zeitebenen, 2010 und 2022. In dieser Zeit verändert sich Rachel und wird allmählich erwachsen.
Der Schreibstil liest sich flüssig und unterhaltsam, ist dabei aber nicht seicht. Typisch irische Probleme werden angesprochen, wie die Wirtschaftskrise, die verklemmte Haltung gegenüber Homosexualität bis in die heutige Zeit und die Illegalität von Abtreibungen bis in die Zehner Jahre. Die Sprache ist deutlich deftiger und frecher als in den "Frauen- und Liebesromanen" der Marken Harlequin et.al. und es hat mir Spaß gemacht, Rachels Entwicklug und ihren Gedankengängen zu folgen, auch wenn ich nicht alle ihre Handlungsweisen nachvollziehen konnte. Eine interessante und fesselnde Lektüre!

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Veröffentlicht am 26.06.2024

Krimi um eine dysfunktionale Familie

Toskanisches Verhängnis
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Ich kenne die ersten beiden Bände der Serie noch nicht, bin aber problemlos in die Geschichte dieses Krimis hineingekommen. Hauptfigur ist der New Yorker Ex-Cop Nico Doyle, der sich nach dem Tod seiner ...

Ich kenne die ersten beiden Bände der Serie noch nicht, bin aber problemlos in die Geschichte dieses Krimis hineingekommen. Hauptfigur ist der New Yorker Ex-Cop Nico Doyle, der sich nach dem Tod seiner italienisch-amerikanischen Ehefrau in deren Heimatort in der Toskana niedergelassen hat. Dort arbeitet er inzwischen als Koch in der Trattoria der Cousine seiner Frau, hilft aber auch öfter mal ehrenamtlich seinem Freund, dem Carabinieri-Maresciallo Perillo bei der Aufklärung von kniffligen Mordfällen.
In den neuesten Fall ist eine englische Lady verwickelt, weshalb Nicos Dienste auch als Dolmetscher gefragt sind. Diese Miss Barron weilte auf dem Landsitz von Nora Salviati, die sie dann eines Nachts tot auf ihrem Klavier liegend auffand und die Polizei verständigte. Der Fall ist ziemlich kompliziert, es gibt jede Menge Verdächtige mit teils unklaren Motiven (die Töchter des Mordopfers, deren Partner, alle Mitglieder einer befreundeten Familie, Miss Barron), die Ermittlungen der Polizisten führen immer wieder in andere Richtungen und leider auch meistens ins Leere.
Das wird spannend, humorvoll und unterhaltsam geschildert, außerdem spielt auch das Privatleben von Nico eine Rolle. Dadurch gewinnt man Einblicke in das Dorfleben, seine Beziehungen, seine Arbeit und damit verbunden auch viel Lokalkolorit, speziell hinsichtlich von Essen und Wein. Also genau das Richtige für Fans von Cosies und Regionalkrimis.

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