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Veröffentlicht am 01.03.2020

Unbedingt lesenswert! nicht nur für beharrliche Frauen

Unsichtbare Frauen
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Was für ein Buch! Anspruchsvolle Lektüre, bei der es nicht beim einmaligen Lesen bleibt. ‚Für die beharrlichen Frauen - bleibt verdammt noch mal schwierig!‘ steht vorne geschrieben, doch ich finde: JEDER ...

Was für ein Buch! Anspruchsvolle Lektüre, bei der es nicht beim einmaligen Lesen bleibt. ‚Für die beharrlichen Frauen - bleibt verdammt noch mal schwierig!‘ steht vorne geschrieben, doch ich finde: JEDER sollte ‚Unsichtbare Frauen‘ lesen.

Caroline Criado-Perez zeigt auf 346 Seiten eindrücklich auf, dass unser Wissen über die Welt, wie wir sie kennen, auf Daten über Männer basiert. Und zwar global! Das ganze trägt den Titel ‚Gender Data Gap‘, von der ich bis dato noch nie gehört hatte. Verrückt - hat sie schließlich Einfluss auf die verschiedensten Lebensbereiche: Nicht nur im Alltagsleben, der Städteplanung, am Arbeitsplatz.. besonders erschreckend: auch in der Medizin. So bleiben Herzinfarkte bei Frauen wohl häufiger unentdeckt, da sie ‚asymptomisch‘ verlaufen - liegen doch lediglich Daten über Männer vor.

Wir lernen direkt eingangs: man‘ oder ‚Mensch‘ bedeutet tatsächlich wahnsinnig oft eigentlich bloß ‚(weißer) Mann‘, ein Verständnis, das sich in fast jedem Kopf wie selbstverständlich so eingeschlichen hat. Selbst das generische Maskulin, das an die Existenz der Frau erinnern soll, schafft keine Abhilfe: Wir halten die meisten Dinge schlicht und ergreifend für männlich, solange sie nicht explizit als weiblich markiert sind.

Ich könnte so viele für mich spannende, augenöffnende Facetten der Gender Data Gap hier aufzeigen, der Platz würde selbst bei 100 Posts nicht reichen. Mit unendlich vielen Studien belegt zeigt Criado-Perez hier einen dringlichen Missstand auf, sprachlich klar, klug und mitreißend. Ihre Kapitel sind nach Themen sortiert, am Ende mit einer kleinen Zusammenfassung und einer Take-Away Message versehen. Ganz am Ende führt sie auf, was zu tun wäre - was getan werden MUSS, damit die Gender Data Gap nicht noch weitere Kreise zieht. Beziehungsweise überhaupt erstmals aufgelöst wird.

Mich hat ‚Unsichtbare Frauen‘ aufgeweckt, wütend und fassungslos gemacht und ich weiß, ich werde es noch immer wieder lesen (zumindest auszugsweise). Der Markier-Stift war die ganze Zeit fleißig dabei, am liebsten hätte ich JEDES WORT markiert. ABSOLUTE Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 09.02.2020

Berührend, echt, hervorragend geschrieben!

Die Bagage
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Erzählt wird von Josef und Maria Moosbrugger: Das Ehepaar lebt mit seinen Kindern am Rande eines Bergdorfs. Sie leben abseits, sind arm, man nennt sie die titelgebende Bagage. Es beginnt der erste Weltkrieg ...

Erzählt wird von Josef und Maria Moosbrugger: Das Ehepaar lebt mit seinen Kindern am Rande eines Bergdorfs. Sie leben abseits, sind arm, man nennt sie die titelgebende Bagage. Es beginnt der erste Weltkrieg und Josef wird zur Armee einbezogen – so bleiben Maria und die Kinder allein. Der Bürgermeister, der einzige wahre Freund Josefs, wird ihr einziger Schutz. Wäre da nicht Georg aus Hannover, ein wunderschöner Mann, der an die Tür der Bagage klopft. Dazu wird Maria auch noch schwanger, mit Grete: Mit Grete wird Joseph jedoch nie ein Wort wechseln, er wird sie nicht ansehen, nicht berühren – nicht einmal zur Strafe wird er die Hand gegen sie erheben. Grete ist die Mutter der Autorin, die die Geschichte ihrer Herkunft eindrücklich erzählt.

Helfers literarisches Erzählgeschick überzeugte mich schon in der Leseprobe – diese Überzeugung blieb auch die gesamte Erzählung über bestehen. Allerdings hatte ich dann doch meine anfänglichen Schwierigkeiten mit allen Namen der gesamten Familie – Marias Kinder, also Gretes Geschwister, sind in Summe sieben an der Zahl. Dazu kommen schnelle Wechsel zwischen Vergangenheit – insbesondere vor und während, aber auch nach Gretes Geburt - und den Erinnerungen der Autorin an ihre Tanten und Onkel, ihre Mutter, ihre Großmutter… Ich nenne es „jüngere Vergangenheit“. Was ich anfänglich unstrukturiert, gar verwirrend fand, machte spätestens ab S. 55 nach folgenden Zitat Sinn, eingefügt nach einem erneuten Zeitenwechsel: „Eine Ordnung in die Erinnerung zu bringen – wäre das nicht eine Lüge? Eine Lüge insofern, weil ich vorspielen würde, so eine Ordnung existiere.“ Absolut richtig, wie ich finde.
Im Anschluss daran nahm ich diese Zeitsprünge nicht mehr als unstrukturiert, sondern vielmehr als authentisch, ja sogar sehr nahbar wahr. Nach und nach folgt man in der Vergangenheit der Geschichte um Josefs Abwesenheit während des Kriegs, wie Maria mit den bis dato fünf Kindern lebte, wie ihr Bauch mit Grete wuchs und der Ablehnung, die sie diesbezüglich erfahren musste. Die Erinnerungen, die die Autorin an ihre später ja erwachsenen Tanten, Onkel, ihre Mutter einstreut, folgen keinem Zeitstrahl.

In Summe hat mich die Bagage angenehm gefesselt – selbstverständlich handelt es sich bei dieser Erzählung um keine klassische Unterhaltungsliteratur, die mit spannender Story inklusive dramatischem Höhepunkt, Cliffhangern und schockierendem Twist am Ende aufhält. Nichtsdestotrotz sind Helfers Erzählungen eindrücklich, während sie die Geschichte ihrer Herkunft erzählt und sich selbst die Frage stellt – bin ich auch noch Teil der Bagage? Eine spannende Familiengeschichte, die ich gern gelesen habe. Wir werden Zeuge einer anrührenden Erzählung, erleben Anfeindungen ebenso wie engen Familienzusammenhalt. Helfer hat ein großes Drama in einem kleinen Winkel des Weltgeschehens (Martin Oehlem) geschaffen, das man dieses Frühjahr auf jeden Fall gelesen haben sollte!

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Veröffentlicht am 22.01.2020

wahnsinnig gut

Mein Lied geht weiter
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Diesen Gedichtband bekam ich zu Weihnachten geschenkt - nachdem ich mich erst nur mäßig darüber gefreut habe kann ich nun sagen: Was für eine Bereicherung!

"Mein Lied geht weiter" ist eine Sammlung von ...

Diesen Gedichtband bekam ich zu Weihnachten geschenkt - nachdem ich mich erst nur mäßig darüber gefreut habe kann ich nun sagen: Was für eine Bereicherung!

"Mein Lied geht weiter" ist eine Sammlung von Werken, die Mascha Kaléko während ihres Lebens verfasst hat. Im Nachwort ihrer Freundin, die diese Sammlung auch veröffentlicht hat, erfährt man (bzw. derjenige, der noch nie von Mascha Kaléko gehört hat zuvor), ihren Lebens- und Leidensweg. Ihre verschiedenen Lebensabschnitte zeigen sich deutlich in ihren Gedichten: Mal melanchonisch, mal freudig voller Aufbruchsstimmung, mal auf der Suche nach Heimat und schlussendlich im Angesicht des Todes.

Mich konnte jedes Gedicht berühren - Kaléko schreibt so ausdrucksstark, klar, melodisch, wie ich es selten gelesen habe. Zu was Sprache alles fähig ist, welche Kunstform sie sein kann - das habe ich durch diese Lyrik-Sammlung (wieder) entdecken dürfen.

Wunderschön und so verzaubernd wie augenöffnend an anderer Stelle, so ehrlich und klar. Absolute Herzensempfehlung!

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Veröffentlicht am 22.01.2020

Leider schwach

Cinder & Ella
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Auch ich kam nicht um den Hype herum, den die moderne Aschenputtel-Version zwischen Ella und ihrem Chatfreund Cinder entfacht hat. Leider, wirklich leider, konnte mich der New Adult Roman nicht wirklich ...

Auch ich kam nicht um den Hype herum, den die moderne Aschenputtel-Version zwischen Ella und ihrem Chatfreund Cinder entfacht hat. Leider, wirklich leider, konnte mich der New Adult Roman nicht wirklich überzeugen.

Ja, es war spannend geschrieben - Ellas Schicksal durch den Unfall ist selbstverständlich dramatisch, das neue Leben bei ihrem Vater und dessen neuer Familie inklusive böser Stiefschwestern ebenfalls. Und ja, es ist romantisch, dass Cinder sie nie vergessen hat und ja, es ist genau so aufregend, dass er eigentlich ein bekannter Hollywood-Star ist.

Aber - es hat mir an sehr viel gefehlt. Tiefe der Charaktere, eine richtige Entwicklung bei ihnen zu sehen, und bei aller Liebe, ein bisschen mehr Realität täte in meinen Augen auch kitschigen NA/ YA Romanen gut. Ja, die "schüchternes Mädchen und draufgängerischer Bad Boy"-Story funktioniert, aber auch nur bedingt. Die "Maxton-Hall"-Reihe hatte mich ins NA-Genre gelockt und meine Leselust vor einiger Zeit wieder aufflammen lassen, aber mittlerweile denke ich mir leider nur: Irgendwie ist es immer dasselbe.

Demnach konnte mich Cinder&Ella nur bedingt überzeugen. Ich habe es sehr fix durchgelesen, was mir aufgrund des Schreibsstils auch leicht gefallen ist. Wirkliche Emotionen, Kribbeln im Bauch o.Ä. sind leider kaum bis gar nicht aufgekommen. Die Fortsetzung werde ich mir auf jeden Fall schenken.

In Summe also ganz nett, aber flach. Für jüngeres Publikum oder NA-Einsteiger aber sicherlich anders zu bewerten

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Veröffentlicht am 22.01.2020

Im zweiten Anlauf total begeistert!

Tschick
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Ich muss zugeben, Tschick hat bei mir einen zweiten Anlauf gebraucht, um mich zu begeistern. Kennen tut den Roman sicherlich fast jeder, und irgendwie gilt er auchs chon als "moderner Klassiker" - so oft ...

Ich muss zugeben, Tschick hat bei mir einen zweiten Anlauf gebraucht, um mich zu begeistern. Kennen tut den Roman sicherlich fast jeder, und irgendwie gilt er auchs chon als "moderner Klassiker" - so oft wie er als Schullektüre gelesen wird ...

Auch ich wollte mir vor einigen Jahren endlich die Geschichte um Tschick zu Gemüte führen - habe aber nach wenigen Seiten bzw. Kapiteln abgebrochen, da es mich überhaupt nicht fesseln geschweige denn packen konnte.

Nun bin ich vor Kurzem durch einen Online-Buchclub wieder auf Tschick gestoßen und war angesichts der Wahl des Romans nicht allzu begeistert. Trotzdem habe ich meine Ausgabe wieder hervorgekramt und angefangen zu lesen - und was soll ich sagen, diesmal konnte es mich packen und begeistern.

Ja, der Schreibstil ist anders als alles bisherige, das ich gelesen habe, aber das macht es doch gerade so besonders. Dadurch, dass wir Maiks Geschichte in der Ich-Perspektive lesen, wählt er eben auch die Ausdrucksweise, die man von einem 14-Jährigen pubertierenden Jungen erwarten würde. Für mich wahnsinnig authentisch!

Ich habe tatsächlich häufig laut über Maiks Schilderungen gelacht, über seine unverblümte und unschuldige Art, Dinge und Szenen zu beschreiben. Der Roadtrip, zu dem Maik und Tschick aufbrechen, steht ja auch generell sinnbildlich für Aufbruch - auch dieses Gefühl konnte meiner Meinung nach richtig gut vermittelt werden, mich hat beim Lesen auch die Reiselust gepackt. Einfach mal drauf losfahren, das wäre es doch!

Dass die Geschichte bzw. Erzählung mit dem Ende beginnt, fand ich persönlich auch total spannend. Wie kam es dazu? Wie konnte es so enden...?

Prinzipiell kann hier niemand eine reißerische Storyline mit einem Ereignis nach dem Anderen erwarten - vielmehr liegt die Qualität hier im Detail, in der Sprache, zwischen den Zeilen und irgendwie im "Gefühl", dass Tschick vermittelt.

Ich kann nur empfehlen, die kurze Lektüre zu lesen und ihr ggf. auch eine zweite Chance zu geben. Gehört für mich als Abwechslung im Bücherregal absolut dazu!

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