Enthüllung der Fereshta Ludin
Enthüllung der Fereshta LudinDas Buch „Enthüllung der Fereshta Ludin: Die mit dem Kopftuch“ habe ich innerhalb weniger Stunden verschlungen und bereits während des Lesens ging mir die Frage "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit! Aber ...
Das Buch „Enthüllung der Fereshta Ludin: Die mit dem Kopftuch“ habe ich innerhalb weniger Stunden verschlungen und bereits während des Lesens ging mir die Frage "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit! Aber wie gelangen wir zu den Tätigkeitswörtern?" von Stanislaw Jerzy Lec durch den Kopf. Wenn man diese Frage etwas abwandelt und fragt „Toleranz, Offenheit, Aktzeptanz! Aber wie gelangen wir zu den Tätigkeitswörtern?“, dann trifft dies meine Gedanken bei der Buchlektüre wie den sprichwörtlichen „Nagel auf den Kopf“.
„Das Kopftuch-Urteil“ ist sicherlich eines von vielen Schlagwörtern, die man mit Fereshta Ludin verbinden kann. Die afghanische Lehrerin klagte sich Anfang der 2000er Jahre durch alle gerichtlichen Instanzen bis vor das Bundesverfassungsgericht, um im staatlichen Schuldienst ein Kopftuch tragen zu dürfen.
Ich gebe zu, dass ich das Urteil und die damit verbundenen gesellschaftlichen Diskussionen seinerzeit eher nebenher zur Kenntnis genommen habe bzw. mich nicht weiter damit beschäftigt habe. Die Frage, ob eine Lehrerin in der Schule ein Kopftuch tragen darf, hätte ich jetzt mal so ganz spontan mit „Ja, warum auch nicht!?“ beantwortet.
Erst durch das Buch habe ich mich nun intensiver mit Frau Ludin und ihrer Entscheidung, die ihr und das Leben unzähliger anderer Menschen nachhaltig beeinflusst hat, beschäftigt.
Frau Ludin erzählt von ihrer Kindheit, Familie, dem Leben in den Ländern Afghanistan, Saudi-Arabien, Amerika und Deutschland und die Vor- wie auch Nachgeschichte des „Kopftuch-Urteils“.
Das Buch hat mich auf ganz verschiedenen Ebenen bewegt und ich spüre, wie sich in mir Fragen formen, ich Dinge zu hinterfragen beginne und mein Blick sich ändert.
Erschreckt und beschämt hat mich bei den Erzählungen von Frau Ludin das hohe Maß an Diskriminierung, dass ihr gerade auch in Deutschland begegnet ist und mir ist vor dem Hintergrund der aktuellen Flüchtlingskrise und den damit verbundenen Diskussionen schmerzlich bewusst geworden, wie dünn unser „Deckmantel der Toleranz für andere Kulturen und Traditionen“ doch in Wahrheit ist. Ein minimaler Ruck an der Decke und eine hochmütige Menschenunfreundlichkeit zeigt ihr hässliches Gesicht. Ich muss mich selbst zukünftig viel mehr in die Pflicht nehmen, meine Meinung deutlicher zu vertreten und Menschenunfreundlichkeit fest ins Gesicht zu schauen und ihr entgegen zu treten. Bisher habe ich – so war mein Empfinden beim Lesen – dies nicht lautstark genug getan.
Vielen Dank Fereshta Ludin, dass Sie ihren Weg mit einer so großen Überzeugung gegangen sind und für so viel mehr als „ein Kopftuch“ stehen!