Profilbild von tigercat

tigercat

Lesejury Star
offline

tigercat ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit tigercat über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.05.2024

Nebel über Rønne

Nebel über Rønne
0

Lou Bihl erzählt in ihrem Kurzgeschichtenband aus dem Alltag von Ärzten, Pflegern und Patienten. In zehn Geschichten nimmt sie uns mit in die Welt des Gesundheitswesens und zeigt, dass der medizinische ...

Lou Bihl erzählt in ihrem Kurzgeschichtenband aus dem Alltag von Ärzten, Pflegern und Patienten. In zehn Geschichten nimmt sie uns mit in die Welt des Gesundheitswesens und zeigt, dass der medizinische Alltag weit mehr ist als reine Behandlung – er berührt auch persönliche und intime Bereiche des Lebens.

Gleich in der ersten Story wird ein ernstes Thema aufgegriffen: Die ehemalige Kollegin des Gynäkologen Finn Egemann, Frau Krakl, kommt in Begleitung einer jungen Geflüchteten aus der Ukraine in die Praxis. Zunächst scheint es, als würde Krakl die junge Frau nur begleiten, doch es stellt sich heraus, dass sie die Ukrainerin als Leihmutter engagiert hat. Als die junge Frau eines Tages verschwindet, ist Krakl in großer Sorge. Zunächst scheint es, als würde die Geschichte nur von der Enttäuschung einer Frau handeln, die sich verzweifelt ein Kind wünscht. Doch im Laufe der Story wird klar, dass es um mehr geht: um den langen und schwierigen Weg, den Menschen manchmal gehen müssen, um Glück zu finden.

Die Autorin greift auch kontroverse Themen auf, wie in der Story „Viagra, rettet Leben und schützt das Herz“. Als Sofia im Medikamentenschrank ihres Vaters im Altersheim Viagra findet, ist sie entsetzt. Erst durch die behandelnde Ärztin erfährt sie, dass Viagra auch zur Behandlung anderer Erkrankungen verwendet wird und dass ihr Vater zudem eine Beziehung zu einer Mitbewohnerin hat. Die beiden Senioren dürfen sich jedoch nicht erwischen lassen, was auf eine ungesunde Heimkultur hinweist. Diese Geschichte regt zum Nachdenken an und zeigt, wie schwierig es sein kann, in Seniorenheimen ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

Nicht alle Geschichten konnten mich gleichermaßen überzeugen, was bei Kurzgeschichtensammlungen jedoch nicht ungewöhnlich ist. Insgesamt sind die Themen abwechslungsreich und reichen vom Ukraine-Krieg über Stalking bis hin zu selbstbestimmtem Sterben. Die Autorin verwendet trotz ihres leicht verständlichen Stils einige Fachbegriffe, die am Ende jeder Geschichte erklärt werden, was den Lesefluss angenehm macht.

Wer im medizinischen Bereich arbeitet oder sich für den ärztlichen Alltag interessiert, wird an „Ohne Befund“ Gefallen finden. Lou Bihl, erfahrene Ärztin und Autorin, bietet spannende Einblicke und erzählt Geschichten, die zum Nachdenken anregen. Ihr Stil ist flüssig und zugänglich, und ihre Geschichten vermitteln ein authentisches Bild der Herausforderungen des Gesundheitswesens.


  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.04.2024

Intoxikation

INTOXIKATION
0

Kara ist eine Ausnahmekünstlerin, ihre Bilder, die sie auf sehr ungewöhnliche unter zu Hilfenahme von giftigen Chemikalien erschafft, verkaufen sich gut. Doch Kara ist nicht glücklich, das wird schon auf ...

Kara ist eine Ausnahmekünstlerin, ihre Bilder, die sie auf sehr ungewöhnliche unter zu Hilfenahme von giftigen Chemikalien erschafft, verkaufen sich gut. Doch Kara ist nicht glücklich, das wird schon auf den ersten Seiten mehr als deutlich. Kara begibt sich auf einen bewusstseinserweiternden Drogentrip, dieser wird von den Autoren Kristina Schippling und Matthias A. K. Zimmermann, sehr bildgewaltig beschrieben.

Im nachlassenden Drogenrausch, tötet sie ihren Ex-Freund, den sie für einen Einbrecher hält. Da sie eine gewalttätige Vergangenheit mit ihm hat, versucht sie die Leiche loszuwerden, statt die Polizei zu rufen. Was folgt, ist eine sehr ungewöhnliche Story, eine Mischung aus Thriller, Krimi und den Berichten über verstörenden Drogentrips. Als ein Video auftaucht, das sie schwer belastet, gerät Karas Leben mehr und mehr außer Kontrolle, um so mehr als auch noch die verführerische Malina auftaucht.

Dieses Buch liest man nicht gerade mal so zwischendurch, immer wieder verwischen die Grenzen zwischen Realität und Fantasie, ich weiß nicht welches andere Wort ich für die Beschreibungen der Drogentrips nennen soll, da ich persönlich diesen Zustand und auch den Wunsch der Realität auf diese Weise zu entfliehen in keinster Weise nachvollziehen kann.

Der Schreibstil des Autorenduos ist sehr intensiv, er erzeugt eine Atmosphäre der Unruhe und des Unbehagens. Die Sprache sehr bildhaft, die Autoren verwenden viele metaphorische Elemente, die die Gefühle und Erfahrungen der Protagonisten zu beschreiben. Die Intensität ihrer Worte trägt dazu bei, eine surreale und verstörenden Welt zu schaffen, in der die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwimmen. Die Verwendung von kurzen, prägnanten Sätzen verstärkt das Gefühl von Nähe und lässt den Leser direkt in die Gedanken und Empfindungen von Kara eintauchen. Insgesamt vermittelt der Schreibstil eine intensive und verstörende Erfahrung, die den Leser in die psychologische Welt der Hauptfigur eintauchen lässt.

Um sich auf diese ungewöhnliche Story einzulassen, muss man bereit sein, die Grenzen zwischen Realität und Fantasie zu akzeptieren. Der Text enthält mehrere Elemente, die darauf hinweisen, dass die Handlung nicht immer der herkömmlichen Logik folgt: Karas Umgang mit ihren Bildern, die Verwendung von giftigen Chemikalien, ihr Drogentrip und die daraus resultierenden Ereignisse wie der Mord an ihrem Ex-Freund. Diese Elemente erfordern vom Leser eine Bereitschaft, sich auf eine nicht-lineare und manchmal verstörende Erzählweise einzulassen. Die Erzählung wird nicht nur durch die äußeren Ereignisse, sondern auch durch die inneren Konflikte und die psychologische Entwicklung der Hauptfigur vorangetrieben. Es ist wichtig, die surrealen Aspekte der Handlung zu akzeptieren, um die Tiefe der Charaktere und die vielschichtige Atmosphäre des Buches vollständig zu erfassen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 07.04.2024

Verraten

Verraten
0

Was für ein Finale.

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge habe ich auf den 10. Band der Reihe um Carl Mørck und sein Team gewartet. Das lachende Auge, weil ich mich auf das Wiedersehen mit dem ...

Was für ein Finale.

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge habe ich auf den 10. Band der Reihe um Carl Mørck und sein Team gewartet. Das lachende Auge, weil ich mich auf das Wiedersehen mit dem Spezialermittler des Sonderdezernats Q bei der Kopenhagener Polizei gefreut habe, das weinende Auge, weil es ein Abschied sein würde.

Eigentlich kann man »Verraten« nicht als eigenständigen Thriller bewerten, liegt hier doch das Verbrechen, das aufgeklärt werden muss, weit in der Vergangenheit. Der Druckluftnagler-Mord, der zur Gründung des Sonderdezernates führte und immer mal wieder in den vorherigen Bänden Erwähnung fand.

Carl selbst gerät unter Verdacht und kommt in Untersuchungshaft, niemand scheint mehr so recht an seine Unschuld zu glauben. Carls Zeit im Gefängnis ging nicht nur ihm an die Nieren, auch ich musste so manches Mal schlucken. Doch sein Team lässt ihn natürlich nicht im Stich und ermittelt gegen den Willen von Carls Chef Marcus Jakobsson, auf eigene Faust.

Jussi Adler-Olsen lässt in diesem letzten Band noch einmal die Vergangenheit aufleben, viel Charaktere die man als treuer Leser der Reihe schon kennt, tauchen noch einmal auf. Die Ermittlungen führen ins internationale Drogenmilieu und in die eigenen Reihen.

Ich war wie immer begeistert von der Art wie der Autor erzählt. Nicht viele Autoren schaffen es, mich über 600 Seiten konstant am Buch zu halten, ohne das ich denke, »nun könnte es auch zu Ende gehen« besonders Krimis und Thriller haben es da schwer, nicht so bei Jussi Adler-Olsen. Hier gebührt sicher auch dem Übersetzer Hannes Thiess ein Lob.

Mit überraschenden Wendungen, fast immer konstanter Spannung und einem tollen Ende, hat mir »Verraten« einige sehr unterhaltsame Lesestunden bereitet. Und ich bin sehr gespannt, womit uns der aus Dänemark stammende Autor demnächst unterhält.

Wie alle Bücher der Reihe kann man auch »Verraten« unabhängig von den Vorgängerbänden lesen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.04.2024

Kontur eines Lebens

Kontur eines Lebens
0

Jaap Robbens Roman »Kontur eines Lebens« hat mich zunächst durch das wirklich ansprechende Cover angezogen – manchmal bin auch ich ein Opfer des Covers. Doch dann war da auch noch der Klappentext, der ...

Jaap Robbens Roman »Kontur eines Lebens« hat mich zunächst durch das wirklich ansprechende Cover angezogen – manchmal bin auch ich ein Opfer des Covers. Doch dann war da auch noch der Klappentext, der kurz erzählt, worum es eigentlich geht.

Inhalt:

Als die junge Floristin Frieda an einem Winternachmittag auf dem zugefrorenen Waal dem verheirateten Otto begegnet, verändert sich ihr Leben dramatisch. Frieda und Otto genießen ihre gestohlene Zeit miteinander, doch niemand in ihrem katholisch geprägten Umfeld darf von der Affäre erfahren. Als Frieda ungewollt schwanger wird, verliert sie alles: Ihr Zuhause, ihre Arbeit und auch Otto steht nicht wirklich zu ihr.

Die Welt in den 60er Jahren ist geprägt von rigorosen Moralvorstellungen. Nicht nur in den Niederlanden sind ledige Mütter eine Schande für ihre Familien. Ausgestoßen von der Gesellschaft haben sie nur die Möglichkeit, ihr Kind direkt nach der Geburt wegzugeben oder als ledige Mutter ein unwürdiges Dasein zu fristen.

Frida entscheidet sich trotz aller Widrigkeiten dafür, ihr Kind zu behalten, und erlebt ein Martyrium aus Demütigungen, das in einer traumatischen Geburt endet. Sie spricht nie wieder über ihr Kind.

Nach langen Jahren in einer glücklichen oder zumindest zufriedenen Ehe mit Louis zieht Frieda nach dessen Tod im Alter von über 80 Jahren in ein Altenheim. Während ihr Sohn die elterliche Wohnung auflöst und voller Vorfreude auf sein erstes Kind ist, muss Frieda die Abhängigkeit von Fremden ertragen lernen. Als sie wegen einer zunächst unwichtig scheinenden Kleinigkeit einen ihrer Pfleger unabsichtlich schlägt, stellt sie sich ihrer Vergangenheit und öffnet sich ihrem Sohn.

»Kontur eines Lebens« ist eines dieser Bücher, für die ich in der Inhaltsangabe nicht mit wenigen Worten auskomme.

Durch den einfühlsamen Schreibstil gelingt es Robben, die Gefühle und Gedanken von Frieda authentisch und eindrucksvoll darzustellen. Ich fühlte mich eng mit Frieda verbunden und litt mit ihr in den Höhen und Tiefen ihres Lebens. Der Autor beleuchtet die gesellschaftlichen Normen und Zwänge der damaligen sowie der heutigen Zeit kritisch, allerdings ohne moralischen Zeigefinger. Das Ende des Romans ist versöhnlich.

Ein Buch, das lange nachhallt und mich emotional berührte, ohne dabei in Kitsch oder Klischees zu verfallen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.03.2024

UND TÄGLICH GRÜẞT DIE MÖRDERMITZI

Und täglich grüßt die MörderMitzi
0

Im mittlerweile 6. Band der Reihe muss Agnes einen Bogenschützen stoppen, der wahllos auf Wanderer schießt, so hat sie weniger Zeit für Mitzi. Diese plant gemeinsam mit Rudolfo ein Café zu eröffnen, das ...

Im mittlerweile 6. Band der Reihe muss Agnes einen Bogenschützen stoppen, der wahllos auf Wanderer schießt, so hat sie weniger Zeit für Mitzi. Diese plant gemeinsam mit Rudolfo ein Café zu eröffnen, das Café Theres benannt nach ihrer Großmutter. Eigentlich könnte sie rundum glücklich und zufrieden sein, mit ihrer Fernbeziehung zu Rudolfo, ihren Freunden Agnes, Axel und natürlich ihrer entzückenden Patentochter Konstanze, doch etwas trübt die Freude. Sam der Serienmörder ist aus dem Gefängnis geflohen.

"Sam, dem Auftragsmörder hinter Gittern, war langweilig. Das Gefühl mochte er nicht."

Mitzi befürchtet, er könnte sich an ihr rächen. Und dann ist da noch der Mann, der behauptet ihr Bruder Benni zu sein, doch Benni kam ebenso wie ihre Eltern bei dem Unfall ums Leben, für den Mitzi die Verantwortung zugeschoben bekam. (Das Mitzi an dem Unglück schuld gewesen sein soll, glaube ich allerdings immer noch nicht). Gegen jeden gesunden Menschenverstand ist Mitzi bereit, dem Mann zu glauben. Und dann ist da noch der unbekannte Bogenschütze, dem wir Lesende in kurzen Kapiteln folgen können und der Agnes auf Trapp hält.

Ich begleite die "Mördermitzi" und Agnes, die mittlerweile Revierleiterin ist, seit ihrem ersten Zusammentreffen und sie sind mir schon sehr ans Herz gewachsen. Die Autorin schafft es wieder einmal, mit überraschenden Wendungen und falschen Fährten die Spannung im Buch aufrechtzuerhalten und ihre Leserinnen und Leser daran zu hindern, das Buch aus der Hand zu legen, gut für die Unterhaltung, schlecht für genügend Schlaf. Auch der Humor, den Leserinnen und Leser der vorigen Bände schon kennen, kommt auch dieses Mal nicht zu kurz, ohne zu sehr in den Vordergrund zu drängen. Die Autorin hat eine für meinen Geschmack genau richtige Ausgewogenheit zwischen Humor und Spannung getroffen.

Von mir bekommt

"Und täglich grüßt die Mördermitzi" eine absolute Leseempfehlung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere