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Veröffentlicht am 24.09.2017

Was wäre gewesen wenn.....

Die Melodie meines Lebens
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Laut Klappentext stellt sich Antoine Laurain in seinem neuen Roman die Frage, wie das Leben der ehemaligen Bandmitglieder der alternativen Achziger New Waveband "Les Hologrammes" gelaufen wäre, wenn die ...

Laut Klappentext stellt sich Antoine Laurain in seinem neuen Roman die Frage, wie das Leben der ehemaligen Bandmitglieder der alternativen Achziger New Waveband "Les Hologrammes" gelaufen wäre, wenn die Post die Zusage der Plattenfirma rechtzeitig und nicht nach 33 Jahren zugestellt hätte. Diese kurze Zusammenfassung fand ich sehr interessant, vor allem weil ich selbst in den Achziger Jahren meine Jugend verbracht und die Musik dieser Epoche liebe. Der Roman entwickelt sich jedoch in eine gänzlich andere Richtung. Der Autor versucht mit seinen Protagonisten, die er nacheinander mehr oder weniger vorstellt, der Gesellschaft von heute einen Spiegel vorzuhalten....

Der eher phlegmatische Alain ist nicht wirklich der Hauptprotagonist der Erzählung, doch dieser Brief, der 33 Jahre zu spät kommt, lässt sein Leben etwas aus den Fugen geraten. Gelangweilt in seinem Arztberuf und in der Ehe mit seiner Frau Véronique, beginnt er zu träumen was gewesen wäre.... Wäre er berühmt geworden, wenn dieser Brief damals pünktlich zugestellt worden wäre? Wie hätte sein Leben ausgesehen? Angetrieben von diesen Fragen versucht der damalige E-Gitarrist seine ehemaligen Bandkollegen zu kontaktieren, zu denen er keinerlei Kontakt mehr hat. Jeder ist nach der Auflösung der Band seine eigenen Wege gegangen. Das Demo-Tape von damals hat Alain vor ein paar Jahren entsorgt. Um die Lieder nochmals hören zu können und den Freunden von damals die Neuigkeit zu erzählen, versucht Alain diese ausfindig zu machen...

Die einzelnen Charaktere werden nun nacheinander und teilweise etwas überspitzt vorgestellt. Keiner der ehemaligen Bandmitglieder ist der Musik treu geblieben. Jeder hat sich in eine andere Richtung entwickelt, wobei einige doch sehr erfolgreich geworden sind.
Da ist zum Beispiel der rechtsradikale Sébastian Vaugan - damals ein begnadeter Bassist und heute Kandidat zur Präsidentschaftswahl. Auch der ehemalige Schlagzeuger Stanislas Lepelle hat Karriere gemacht. Er ist Künstler, exzentrisch und verbittert und genauso unsympathisch, wie sein rechtsradikaler ehemaliger Bandkollege. Wo Bérangère, die damalige Sängerin, in die alle verliebt waren, abgeblieben ist, weiß niemand. Der ehemalige Pianist Frédéric Lejeune lebt in Thailand. Die Brüder Pierre und Jean-Bernard (kurz JBM genannt) Mazart, die für Text und Produktion zuständig waren, sind ein verschrobener Kunsthändler und ein Computergenie. Letzter ist ungewollt zum Präsidentschaftskandidat aufgestiegen und ist gemeinsam mit seiner intelligenten Assistentin das einzige sympathische Gespann.
Alle Charaktere sind nicht wirklich Sympathieträger mit Ausnahme von JBM. Der Autor hat die Bandmitglieder teilweise mit sehr exzentrischen Eigenschaften erschaffen. Während JBM sehr viele Seiten gewidmet sind, werden andere Bandmitglieder nur kurz erwähnt. Das fand ich schade! Leider geht es hier auch kaum um Musik, was ich vermisst habe.

Zu Beginn hatte ich ein paar Probleme die Namen den richtigen Personen zuzuordnen. Wie schon bei "Der Hut des Präsidenten" wechseln die Charaktere und erst am Ende ergibt sich ein Ganzes, auch wenn es sich in Antoine Laurains neuem Roman nicht ganz so anfühlt. Mit jeder Figur, die er vorstellt, vermittelt er ein bestimmtes Thema und ist dabei ziemlich politisch unterwegs. Er wirft dabei immer wieder einen kritischen Blick auf die heutige Gesellschaft. Leider gibt es im Mittelteil einige Längen, auch wenn der Roman nur 256 Seiten.

Im letzten Viertel kommt der Roman ziemlich in Fahrt und das Ende konnte mich wirklich überraschen. Für mich leider zu spät! Zum Thema Brief hat der Autor noch eine sehr interessante Wendung eingebaut, die ich absolut gelungen fand.

Schreibstil:
Antoines Laurains Schreibstil ist charmant und manchmal etwas überspitzt. Französische Autoren schreiben meiner Meinung einfach anders und Laurain ist ein typischer Vertreter des Landes. Seine Figuren haben Ecken und Kanten und wirken trotz seiner Überzeichung lebendig und authentisch. Über jedes Kapitel hat der Autor einen passenden Satz zum nachfolgenden Inhalt gesetzt.

Fazit:
Der Roman lässt mich etwas zwiegespalten zurück. Eigentlich hatte ich mir durch den Klappentext etwas anderes erwartet, aber die Geschichte hat auf ihre eigene Weise trotzdem Charme. Hauptsächlich legte der Autor sein Augenmerk auf die kritische Darstellung an der heutigen Gesellschaft, was mit dem Klappentext nicht wirklich viel zu tun hat. Das enttäuscht natürlich viele Leser und ist schade.....! Schlussendlich kann ich sagen, dass es vom Autor bessere Romane gibt.


Veröffentlicht am 17.09.2017

Zwischen Licht und Schatten

Zwischen Schatten und Licht
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Heike Rommel hat mir ihrem dritten Bielefeld-Krimi nach "Nacht aus Eis" und "Das fremde Grab"einen spannenden Fall vorgelegt. Für mich war es das erste Buch der Autorin.
Anfangs verwirrten mich die vielen ...

Heike Rommel hat mir ihrem dritten Bielefeld-Krimi nach "Nacht aus Eis" und "Das fremde Grab"einen spannenden Fall vorgelegt. Für mich war es das erste Buch der Autorin.
Anfangs verwirrten mich die vielen Namen, da Heike Rommel einmal den Vornamen und dann wieder den Nachnamen derselben Figur verwendet. Da es sich auch um den dritten Band einer Reihe handelt und ich das Ermittlerteam noch nicht kannte, hatte ich anfangs damit einige Probleme. Bis ich die Personen engültig zuordnen konnte, dauerte es etwas. ...

Marleen Seismo und ihre Band treten nach längerer Zeit wieder in ihrer Heimatstadt Bielefeld auf. Beim Konzert im Bunker, einem Jazzkeller, bricht Marleen plötzlich tot auf der Bühne zusammen. Schnell ist klar, dass es sich um einen Giftmord handelt. Kai, der Bruder von Kommissarin Nina Tschöke, der am Down Syndrom leidet, war ebenfalls beim Konzert anwesend. Er saß sogar in der Pause bei der Künstlerin am Tisch und wirkt seitdem etwas verstört. Doch Kai bleibt gegenüber seiner Schwester verschlossen und Nina und ihre Kollegen tappen sehr, sehr lange im Dunkeln, denn Verdächtige gibt es jede Menge....

Der Titel "Zwischen Licht und Schatten" passt wie die Faust aufs Auge für wohl jede Musiker-Karriere. Oft geht es um verpasste Chancen und Neid, die hier die Schattenseiten eines Lebens im Glanz des Scheinwerferlichts aufzeigen.
Der kurzweilige Krimi, dessen Spannungsbogen ab der Hälfte kontinuierlich ansteigt und einen tollen Showdown beinhaltet, konnte mich überzeugen. Das interessante Ermittlerteam, bei dem man auch private Einblicke hat, ist eher atypisch. Mit Kai, dem Bruder von Nina, der am Down-Syndrom leidet, und einem schwulen Ermittler, der sein Geheimnis gegenüber den Kollegen noch nicht offen darlegen möchte, hat die Autorin alleine schon zwei sehr ungewöhnliche Charaktere erschaffen.
Die Zahl der Verdächtigen steigt durch ein Klassentreffen am Vorabend des Konzertes, bei dem Marleen der strahlende Mittelpunkt war. Man rätselt als Leser sehr lange wer hinter dem feigen Giftmord steckt, als es den nächsten Toten gibt.

Auch der Lokalkolorit spielt hier eine große Rolle, wobei aber die Ermittlertätigkeiten keineswegs in den Hintergrund geraten. Das Ende ist schlüssig und lässt einem zufrieden das Buch zuschlagen.

Schreibstil:
Der Schreibstil von Heike Rommel lässt sich flüssig und angenehm lesen. Die Autorin überzeugte mich mit sehr lebendigen Charakteren und einer Prise Humor. Wunderbar beschrieben hat Heike Rommel den Charakter von Kai. Man merkt, dass sie selbst mit Behinderten arbeitet und Kai's Gefühle und sein Verhalten sehr verständnisvoll beschreibt. Auch die Einflüsse der Region werden mit viel Liebe und Lokalkolorit dargestellt.

Fazit:
Ich bin nun neugierig auf die ersten beiden Bände geworden, denn Heike Rommel konnte mich mit "Zwischen Licht und Schatten" für sich gewinnen. Ein guter Krimi aus der Region Bielefeld mit herrlich erfrischenden Ermittlern und einer Menge an Verdächtigen, was das Miträtseln umso spannender macht.

Veröffentlicht am 14.09.2017

Mehr Roman als Krimi

In tiefen Schluchten
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"In tiefen Schluchten" soll der Beginn einer neuen Krimreihe von Anne Chaplet werden. Leider finde ich die Genrebezeichnung "Krimi" für den Roman nicht wirklich gelungen. Es gibt zwar Tote, aber die Geschichte ...

"In tiefen Schluchten" soll der Beginn einer neuen Krimreihe von Anne Chaplet werden. Leider finde ich die Genrebezeichnung "Krimi" für den Roman nicht wirklich gelungen. Es gibt zwar Tote, aber die Geschichte besteht hauptsächlich aus Landschafts- und Charakterbeschreibungen und behandelt die Verfolgung der Hugenotten im 17. Jahrhundert.

Die Cevennen - ein malerischer Landstrich im Südosten von Frankreich. Hier hat sich die deutsche Anwältin Tori Godon mit ihrem Mann Carl niedergelassen. Carl stammt aus der Gegend und möchte seine Familiengeschichte erforschen. Seine Vorfahren sollen eine der letzten Widerstandskämpfer gegen die Katholiken gewesen sein. Doch seine Krankheit lässt ihm nicht viel Zeit und Tori bleibt als 42-jährige Witwe allein zurück. Sie wird von den Einheimischen akzeptiert und gut aufgenommen, bis sie anfängt mehr über das Haus in dem sie wohnt nachzuforschen. Hinter einer Mauer hat sie einen Hohlraum entdeckt, der anscheinend als Versteck für die Hugenotten gedient hat. Außerdem ist seit ein paar Tagen ein holländischer Tourist verschollen, der bei ihrer Freundin Eva im Ferienhaus einquartiert war. Sein Verschwinden scheint niemanden zu interessieren. Adriaan aus Rotterdam hat sich ebenfalls sehr für die Geschichte der Hugenotten interessiert. Als der alte Didier, den Adriaan besucht hat und der am Vortag im Gasthaus kryptische Sätze von sich gibt, die Kellertreppe hinunterstürzt, ist sich Tori sicher, dass hier jemand nachgeholfen hat. Umso mehr Tori fragt, um so unzugänglicher werden die Einwohner von Belleville und bald hat sie eine Mauer aus Schweigen vor sich...

Der Fokus des Romans liegt eindeutig bei der Geschichte der Hugenotten und dem kleinen Dorf, wo sich auch noch heute Fuchs und Henne "Gute Nacht" sagen. Hier gelten noch andere Regeln und die Verschwiegenheit der alteingessenenen Dörfler ist eines der Hauptthemen. Alte Fehden sind allgegenwärtig und weiterhin ein Thema, denn im Laufe der Jahrhunderte hat sich in Belleville jede Familie schuldig gemacht. Die Story ist sehr ruhig, kompakt und greift einige Themen auf. Trotzdem fehlt es an Spannung und durch die Genre-Bezeichung "Krimi" erwartet man sich einfach etwas anderes.
Es überwiegen eindeutig die Beschreibungen der wunderschönen Landschaft und die Eigenheiten der Dorfbewohner, welche absolut gelungen ist. Schon nach den ersten Sätzen des Buches war ich verzaubert vom bildhaften Schreibstil der Autorin. Der Leser hat wunderschöne Bilder der Landschaft im Kopf.
Die Charaktere sind ebenso gelungen und authentisch. Jedoch verliert sich der Spannunsgbogen hin und wieder in den einzelnen Handlungssträngen.
Tori kam mir allerdings in der ganzen Geschichte weit älter vor als ihre 42 Jahre. Sie arbeitet nicht mehr und führt eher das Leben einer Pensionisten, die sich mehr oder weniger langweilt. Sie trauert noch um ihren Mann, jedoch ist auch gegen eine neue Liason nicht abgeneigt. Hier stehen gleich zwei Kandidaten zur Verfügung: Nico, ein ehemaliger Kriminalbeamter der Drogenfahndung und Jan, der deutsche Restaurateur, der die örtliche Kirche restauriert. Außerdem ist mir Tori zu oft alkoholisiert mit dem Auto gefahren! Eindeutiger Liebling der Geschichte war aber July, der Pitbull im Nachbarhaus, den Tori vom lieblosen Herrchen "errettet" hat. Eigentlich ist die Hündin die Heldin des Romans....

Fazit:
Wer einen "richtigen" Krimi mit Ermittlern und Todesfällen samt Aufklärung lesen möchte, der sollte zu einem anderen Buch greifen. Wer aber Frankreich liebt und sich in Romanen wohlfühlt, bei denen es um Geheimnisse und historische Hintergrundinformationen geht, dem kann ich den Roman empfehlen. Schreibstil und Atmosphäre sind in "In tiefen Schluchten" großartig, die Spannung eher lauwarm und einige Handlungsstränge verlaufen leider im Sand.

Veröffentlicht am 14.09.2017

Leider enttäuschend

Die zwei Leben der Florence Grace
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Der zweite Roman von Tracy Rees, deren Debüt "Die Reise der Amy Snow" ein Bestseller wurde, konnte mich leider nicht wirklich überzeugen.

Florrie Buckley wohnt nach dem Tod ihrer Eltern bei ihrer Großmutter ...

Der zweite Roman von Tracy Rees, deren Debüt "Die Reise der Amy Snow" ein Bestseller wurde, konnte mich leider nicht wirklich überzeugen.

Florrie Buckley wohnt nach dem Tod ihrer Eltern bei ihrer Großmutter in einem kleinen Dorf in Cornwall. Das Leben ist bescheiden und man lebt mit der Natur, die Florence liebt. Sie besitzt außerdem eine besondere Gabe: Sie fühlt die Emotionen ihres Gegenübers.
Als ihre Großmutter spürt, dass sie nicht mehr lange zu leben hat, weiht sie Florrie in ein langjähriges Geheimnis ein: Ihre Mutter entstammt einer reichen Familie aus gutem Haus und wurde wegen der Heirat mit ihrem Vater verstoßen. Nach dem Tod der Großmutter soll sie nach London zur Familie ihrer Mutter ziehen, den berühmt berüchtigten Graces.
Florence lebt sich in ihrem neuen Leben nur schwer ein. Sie vermisst die Natur und leidet unter der Missbilligung und Kaltherzigkeit ihrer neuen Familie. Einzig das schwarze Schaf der Graces, Turlington, ist ein ähnlicher Freigeist wie sie. Erst mit der Zeit beginnt sie zu verstehen, dass es für sie besser ist, sich anzupassen. Trotzdem bleibt ihr Herz in Cornwall...

Die Idee und die Geschichte der zwei Leben von Florence, die arm, aber liebevoll aufwächst, aber durch den Tod ihrer Großmutter und ihres Vaters bei der reichen, aber kaltherzigen Familie ihrer Mutter leben soll, ist nicht unbedingt neu, aber unterhält. Vorallem die Wandlung der kleinen lebenslustigen Florrie, die spricht, was sie denkt und sich über die komischen Sitten im Hause Grace wundert, ist öfters amüsant zu lesen. Wie sie sich ändert und gleichzeitig aber fürchtet, ebenso steif und kaltherzig zu werden, lässt einem hingegen nachdenklich werden.
Die Charaktere der Familienmitglieder sind ausführlich beschrieben und lebendig. Trotzdem konnte mich der Roman nicht wirklich überzeugen. Vorallem der Mittelteil war für mich wirklich zäh. Hier musste ich mich manchmal zwingen weiterzulesen und habe schon überlegt abzubrechen. Jedoch nahm der Roman zum Ende hin wieder an Fahrt auf und obwohl es auch einiges für mich vorhersehbar war, fand ich wieder mehr gefallen an der Geschichte.
Beginn und Ende gefielen mir gut und besonders Florries Begabung zu fühlen, was andere Menschen empfinden, war ein sehr interessanter Aspekt in der Geschichte. Trotzdem blieb dieser zweite Roman der Autorin weit hinter meinen Erwartungen zurück.

Schreibstil:
Der Schreibstil von Tracy Rees lässt sich wieder flüssig und angenehm lesen. Allerdings musste ich mich im Mittelteil manchmal wirklich zwingen weiterzulesen. Ich hatte das Gefühl auf der Stelle zu treten, denn mir fehlte gänzlich die Spannung. Auch waren einige Dinge doch sehr vorhersehbar. Mit einigen mystischen Elementen versuchte die Autorin etwas Leben in die Geschichte zu bringen. Die detailreichen Landschaftsbeschreibungen sind gelungen.


Fazit:
Leider hat mich der zweite Roman der Autorin etwas enttäuscht zurückgelassen. Anfang und Ende der Geschichte konnten überzeugen, während der Mittelteil für mich sehr anstrengend und zäh zu lesen war. Hier fehlte mir gänzlich die Spannung. Schade!

Veröffentlicht am 14.09.2017

Roadtrip to Hell

Vintage
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Ein Buch über Musik und ein Musikinstrument - da musste ich mich einfach für den Roman des französischen Autors Grégoire Hervier bei Lovelybooks bewerben. Ich freue mich sehr, dass ich Glück hatte und ...

Ein Buch über Musik und ein Musikinstrument - da musste ich mich einfach für den Roman des französischen Autors Grégoire Hervier bei Lovelybooks bewerben. Ich freue mich sehr, dass ich Glück hatte und einen wirklich tollen Roman kennenlernen durfte!

Thomas ist Musiker und Journalist und leider in beiden Berufen ziemlich erfolglos. Deshalb arbeitet er noch in einem Musikladen, der sich "Prestige Guitars" nennt und sich auf ganz besonder Gitarrenmodelle spezialisiert hat. Als ein anonymer Anrufer das teuerste Modell des Ladens kaufen möchte, sind Alain, der Inhaber, und Thomas außer sich vor Freude. Jedoch fordert der Käufer eine persönliche Lieferung des Instrumentes direkt in sein Landhaus in Schottland. Die Kosten der Reise werden übernommen. Daraufhin schickt Alain Thomas mit der berühmten Gold top, eine Les Paul aus dem Jahre 1954, los. Der geheimnisvolle Anrufer entpuppt sich als ein Lord, der das ehemalige Anwesen von Jimmy Paige, dem Gitarristen von Led Zeppelin, gekauft hat und dort eine erstaunliche Sammlung an wertvollen alten Gitarren sein Eigen nennt. Nur eine ganz bestimmte Gitarre fehlt ihm: die Gibson Moderne. Diese wurde ihm angeblich gestohlen und nun benötigt er für die Versicherung den Beweis, dass es die Moderne tatsächlich gibt. Doch diese Gitarre ist ein Mythos! Niemand weiß, ob es sie je gegeben hat. Es gibt nur den Beweis, dass Gibson Mitte der 50-iger Jahre einige neue Modelle in einem völlig neuem Design entwerfen wollte. Es entstanden die Entwürfe für völlig neuartige Modelle, wie die Explorer, die Moderne und die Flying V. Da die Serie anfangs nicht angenommen wurde, ist bis heute ungeklärt, ob die Moderne überhaupt je gebaut wurde oder es nur den Entwurf und einige Prototypen dazu gab. Für eine äußerst großzügige Belohnung soll sich Thomas auf die Suche nach Beweisen der Existenz der Gibson Moderne machen. Für ihn beginnt eine spannende und abenteuerliche Reise, die ihn von Schottland in den Süden der USA führt - der Geburtsstätte des Blues.

"Vintage" ist eine Geschichte so ganz anders, als ich sie bis jetzt gelesen habe. Eine Mischung aus Musikgeschichte, Roadmovie und Krimi - absolut kultig erzählt. Als Leser begibt man sich gemeinsam mit Thomas auf die Spuren der Gibson Moderne. Man begegnet einigen merkwüdigen Gestalten und erlebt gefährliche Situationen. Denn wer würde schon von sich aus verraten, dass er ein so wertvolles Instrument tatsächlich besitzt? Schreckt man sogar vor Mord nicht zurück, um sein Geheimnis zu wahren?
Bis Thomas schlussendlich auf den geheimnisvollen Musiker Li Grand Zombie Robertson stößt, dauert es einige Zeit. Doch der unbekannte Musiker hat - wie die berühmte Gitarre - kaum Spuren hinterlassen.

Die Charaktere sind facettenreich und sehr interessant gezeichnet. Neben dem äußerst sympathischen Thomas begegnen wir einigen ziemlich merkwürdigen Figuren, wie dem mysteriösen Auftraggeber Lord Winsley oder dem verschlagenen Elvis-Imitator Bruce. Zur interessantesten Figur wird aber schlussendlich der charismatische und geheimnisvolle Li Grand Zombi Robertson....

Der Autor hat hier Fakten (ob es die Moderne je gab oder nicht, ist bis heute nicht geklärt!) und Fiktion zu einer wahnsinnig tollen Geschichte verwoben, die die Musikszene ab den 50er Jahren widerspiegelt. Die Begeisterung für Musik und Vintage Gitarren, die er seinem Protagonisten in die Wiege gelegt hat, ist von Anfang an und in jeder Zeile spürbar. Sie steckt auch augenblicklich an - bei mir hat es auf jeden Fall funktioniert. Grégoire Havier spielt aber auch mit der grundlegenden Frage, wie weit Leidenschaft und Begeisterung gehen können und wo diese ihre Grenzen haben sollten....

Am Ende legt der Autor noch eine Spur Spannung nach und driftet damit fast ein bisschen ins Unglaubliche bzw. ins Action-Genre ab. Dadurch, dass mich allerdings die Geschichte bis dahin wirklich absolut begeistern konnte, bleibe ich den 5 Sternen, die ich bereits im Gedanken vergeben habe, treu.

Schreibstil:
Begeistern konnte mich auch der Schreibstil des Autors. Er ist nicht nur flüssig und punktet mit humorvollen Passagen, sondern Grégoire Harvier hat in seinem Roman Musikgeschichte mit Literatur verbunden.
Auf allen 400 Seiten erfährt man mehr über die Geschichte des Blues, des Rock und auch des Heavy Metal. Man darf auch ein kleines bisschen in die Welt der Gitarrenbaukunst hineinschnuppern und trotzdem ist das Buch auf keiner Seite langweilig. Die vielen Fachbegriffe wurden so grandios in die Handlung eingebaut, dass man sich auch als Laie auskennt.
Seine Geschichte hat der Autor nicht in Kapitel, sondern in Abschnitte gegliedert, die er Intro, erste, zweite und dritte Strophe, Refrain, Bridge, Solo und Outro genannt hat.

Fazit:
Ein musikalischer Leckerbissen, der auch Nichtmusikinteressierte in den Bann ziehen kann. Vielschichtig, kultig und eine Mischung aus Roadmovie und Krimi; eine Musikgeschichte mit Literatur verbunden. Für Musikfans ein Leseempfehlung und für alle anderen Leser ebenso ;)