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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.01.2019

Das eigene Leben als Roman

Und du kommst auch drin vor
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Weil ich auch als Erwachsene gerne gelegentlich zu Jugendbüchern greife, bin ich zu diesem Hörbuch gekommen. Der Lesung lässt sich sehr gut folgen. Die Vorleserin Jasna Fritzi Bauer ist aufgrund ihres ...

Weil ich auch als Erwachsene gerne gelegentlich zu Jugendbüchern greife, bin ich zu diesem Hörbuch gekommen. Der Lesung lässt sich sehr gut folgen. Die Vorleserin Jasna Fritzi Bauer ist aufgrund ihres jungen Alters prädestiniert, in die Rolle der jugendlichen Protagonistinnen zu schlüpfen. Inhaltlich ist hat die Geschichte einen pfiffigen Ansatz. Die Jugendliche Kim besucht im Deutschunterricht eine Buchlesung und erkennt in dem vorgestellten Buch sich selbst und ihr Leben wieder. Was ihr allerdings zu schaffen macht, ist, dass ein Klassenkamerad in der Geschichte stirbt. Kim versucht alles, um dieses Ende in der Realität zu verhindern und lässt sich dabei von ihrer besten Freundin helfen. Gefallen hat mir, dass in der Kürze dieses Hörbuchs – 216 Minuten – vielfältige Probleme von Jugendlichen angesprochen werden (Trennung der Eltern, Pubertät, unterschiedliche soziale Hintergründe), so dass sich diese mit den Romanfiguren gut identifizieren können.

Veröffentlicht am 19.01.2019

Eine schöne Urenkelin-Urgroßvater-Beziehung

Fünf Tage im Mai
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Es werden exemplarisch fünf Tage im Mai aus den Jahren 1986 bis 2004 im Leben der Tirolerin Illy geschildert, die für sie und ihren geliebten Urgroßvater „Tat’ka“ = Väterchen von besonderer Bedeutung ...

Es werden exemplarisch fünf Tage im Mai aus den Jahren 1986 bis 2004 im Leben der Tirolerin Illy geschildert, die für sie und ihren geliebten Urgroßvater „Tat’ka“ = Väterchen von besonderer Bedeutung für ihr gesamtes Leben sind. Das geht von der Erstkommunionsfeier über einen hohen Geburtstag von Tat’ka bis hin zu seiner Beerdigungsfeier. Und doch reichen diese einzelnen Tage, um über das gesamte Leben der Romanfiguren informiert zu werden. Von Wichtigkeit ist dabei Illys erste Liebe, die kein gutes Ende nimmt und bei ihr zu schweren Schuldgefühlen führt. Erst durch Tat’ka, einem eigenwilligen Tiroler Urgestein, wird ihr vor Augen geführt, dass jeder für sein eigenes Leben verantwortlich ist.
Die Geschichte umfasst nur 220 Seiten und lässt sich entsprechend schnell lesen. Viel Handlung gibt es nicht. Die besondere Beziehung zwischen Urgroßvater und Enkelin berührt sehr. Gerne hätte ich aber noch mehr über Tat’ka gelesen, der sich in seinen 100 Lebensjahren einige Husarenstücke geleistet hat. Seine Tiroler Mundart in den wörtlichen Reden wirkt sehr authentisch und hat mir ebenso gefallen wie einige Begriffe, die auf die österreichische Herkunft der Autorin deuten (z.B. Hosensack).

Veröffentlicht am 18.01.2019

Persönlicher Rachefeldzug einer starken Frau

Die Farben des Feuers
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Das Buch scheint mir ein Folgeband von „Wir sehen uns da oben“ zu sein, obwohl dies im Klappentext so nicht erwähnt wird.
Wir befinden uns im Jahr 1927 auf der Begräbnisfeier des reichen französischen ...

Das Buch scheint mir ein Folgeband von „Wir sehen uns da oben“ zu sein, obwohl dies im Klappentext so nicht erwähnt wird.
Wir befinden uns im Jahr 1927 auf der Begräbnisfeier des reichen französischen Bankiers Marcel Péricourt. Seine Tochter Madeleine steht nunmehr an der Spitze des Bankimperiums. Schnell wird sie trickreich ausgebootet vom Prokuristen, ihrem im Testament übergangenen Onkel und ihrem im Journalismus ambitionierten Liebhaber und verliert alles. Doch sie nimmt einen gewieften Rachefeldzug auf.
Der Autor beschreibt kraftvoll den Niedergang und Wiederaufstieg einer starken Frau. Ihre Rache ist hinterhältig und bösartig, ihre Gegner hinterlistig, käuflich und korrupt. Das Ganze ist eingebettet in die politisch schwierige Zeit der 30er Jahre. Das Buch ist unbestreitbar große Literatur. Ich allerdings fand es zunehmend schwierig zu lesen. Es hatte zu viele Längen, es gab zu viele Romanfiguren, Madeleines Komplott war zu weit hergeholt.
Angesichts der Meriten des Autors bewerte ich das Buch mit dreieinhalb bis vier Sternen.

Veröffentlicht am 07.01.2019

Sehr poetischer Email-Roman

Schlafen werden wir später
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Wechselseitige Emails zweier Freundinnen aus Kindheitstagen über einen Zeitraum von ca. zweieinviertel Jahren fassen deren bisherige jeweils 44jährige Leben für den Leser so gut zusammen, dass er sich ...

Wechselseitige Emails zweier Freundinnen aus Kindheitstagen über einen Zeitraum von ca. zweieinviertel Jahren fassen deren bisherige jeweils 44jährige Leben für den Leser so gut zusammen, dass er sich quasi hineinversetzt fühlt in das Dorf im Schwarzwald, wo die Deutschlehrerin Johanna lebt, und in die Mietwohnung in Frankfurt, wo die Schriftstellerin Márta mit Familie lebt. Neben den Emails gibt es keine Handlung. Ihre Inhalte drehen sich immer um dieselben Angelpunkte: Johanna verarbeitet eine Brustkrebserkrankung, leidet unter dem verlassen werden von ihrem Partner und will eine Dissertation über die Dichterin Droste-Hülshoff mit Perfektion beenden. Márta ist zerrissen zwischen dem Muttersein für ihre drei Kinder und dem Schreiben eines längeren Romans, der endlich dazu führen soll, dass sie von der Schriftstellerei auskömmlich leben kann.
Die Emails lassen sich nicht unbedingt einfach lesen. Aber wie könnten sie das auch, stammen sie doch von zwei literaturaffinen Frauen. Jeder Deutschlehrer wird an ihnen seine Freude haben, sprühen sie doch nur so über von literarischen Stilmitteln. Sie sind also keinesfalls so geschrieben, wie ein Normalbürger sie mal kurz in die Tasten seines PC’s hauen würde. Die Sprachgewalt ist überwältigend, vor allem die vielen kursiv gedruckten Zitate, die Johanna Mártas Gedichten entnommen hat. Da ist dann etwa die Rede von „kaltgrün eingeschüchterter Sommertag“, „nachtdunkler, regentropfnasser Wald“ oder „Mond und Licht ist vor Schmerzen untergegangen“. Der Grundton ist recht melancholisch, ohne dass dies den Leser aber herunterziehen würde. Beide Protagonistinnen sind groß im Jammern, aber durchaus berechtigt, ereignen sich in ihrem Leben doch so manche tragischen Vorkommnisse wie Krankheit und Tod.
Nachdem ich einige Seiten zum Einlesen brauchte, hat mir der Roman bestens gefallen.

Veröffentlicht am 30.12.2018

Eine Jüdin verrät Juden

Stella
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Dieses Buch zeigt einen fürchterlichen Aspekt aus der Zeit des Nationalsozialismus auf, der mir bislang noch gar nicht bekannt war.
Die Stella aus dem Buchtitel, aus deren Leben im Jahr 1942 in Berlin ...

Dieses Buch zeigt einen fürchterlichen Aspekt aus der Zeit des Nationalsozialismus auf, der mir bislang noch gar nicht bekannt war.
Die Stella aus dem Buchtitel, aus deren Leben im Jahr 1942 in Berlin der Autor erzählt, hat es wirklich gegeben. Stella Goldschlag war eine Jüdin, der man ihre Herkunft äußerlich aufgrund ihres blonden Haars nicht ansah. Nach ihrer Verhaftung und Folter arbeitete sie mit der Gestapo zusammen, um ihre Eltern vor der Deportation zu bewahren. Sie verriet untergetauchte Juden. Diese wahre Geschichte verknüpft der Autor mit dem fiktiven Element, dass ein junger Schweizer – Friedrich - nach Berlin reist, um der Wahrheit über Deutschland auf den Grund zu gehen, ob nämlich etwas dran ist an dem Gerücht, dass Juden aus dem Scheunenviertel in Möbelwagen deportiert werden. Er verliebt sich in Stella. Erst nach und nach erkennt er ihren Hintergrund.
Im Fortgang der Geschichte werden lehrreiche Protokollabschriften des sowjetischen Militärtribunals eingeführt, das den Prozess gegen Stella wegen der Mitwirkung an zahlreichen Tötungen führte. Außerdem werden immer wieder interessante Ereignisse aus der Weltgeschichte aufgezählt, die sich in der Zeit von Stellas Wirken zugetragen haben.
Es ist ein unbedingt lesenswertes Buch, das zum Nachdenken anregt. Gelungen ist dargestellt, wie Stella bis zum Schluss rätselhaft bleibt und wie Friedrich von seinen Zweifeln zwischen Stellas Tun und seiner Liebe zu ihr hin- und hergerissen ist.