Profilbild von uli123

uli123

Lesejury Star
offline

uli123 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit uli123 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.01.2023

Sprachgewaltiges Portrait eines Außenseiters

Der Inselmann
0

So dünn das Buch auch ist, so sprachgewaltig bringt der Autor die Lebensgeschichte eines Außenseiters dar. Bei diesem handelt es sich um einen 10jährigen Jungen, der mit seinen Eltern wohl in den 1960er ...

So dünn das Buch auch ist, so sprachgewaltig bringt der Autor die Lebensgeschichte eines Außenseiters dar. Bei diesem handelt es sich um einen 10jährigen Jungen, der mit seinen Eltern wohl in den 1960er Jahren aus der Stadt fort auf eine in einem See gelegene Insel zieht, wo die Familie von Schafzucht lebt. Ungeliebt, wortkarg, armselig beschreibt sein Leben am ehesten. Er aber geht vollkommen in dem Leben in der Natur auf. Als die Behörden ihn zum ungeliebten Schulbesuch anhalten, nimmt sein Leben eine Wende. Lange hält der Außenseiter es nämlich nicht in der Schule aus. Schließlich kommt er in ein Erziehungsheim. Nach seiner Volljährigkeit schlägt er sich durch, bis es ihn irgendwann zurück auf die geliebte Insel zieht. Melancholisch ist die Geschichte, faszinierend die Beschreibungen der Natur und des Innenlebens des Jungen. Da fällt es wenig ins Gewicht dass die eine oder andere Frage auf Beantwortung wartet.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.01.2023

Eine sagenhafte Familiengeschichte

Der Stammhalter
0

Der niederländische Autor und Journalist präsentiert eine faszinierende, nicht alltägliche Saga seiner eigenen Familie.
Ihren Anfang nimmt sie in Lettland, wo sein nach dort immigrierter, niederländischer ...

Der niederländische Autor und Journalist präsentiert eine faszinierende, nicht alltägliche Saga seiner eigenen Familie.
Ihren Anfang nimmt sie in Lettland, wo sein nach dort immigrierter, niederländischer Großvater ein weit verzweigtes Wirtschaftsimperium aufbaut und mit seiner russischen Ehefrau adeliger Herkunft ein flottes Leben führt. Vernetzt ist er auch mit diversen politischen, gesellschaftlichen und kirchlichen Größen verschiedener Nationalität. Nach der russischen Annexion Lettlands im Zweiten Weltkrieg wandert er mit seiner Familie und eines großen Umfangs seines Imperiums in die Niederlande zurück. Einen Makel wirft nur sein erstgeborener Sohn Frans auf die Familie, der der Waffen-SS beitritt und sich gegen den Vater auflehnt. Dessen Sohn Alexander aus der Ehe mit einer Deutschen will der Senior zum Erben und Stammhalter machen, wobei er aber auf Widerstände trifft.

Der Enkel schildert sehr detailliert und ausführlich den Aufstieg und Niedergang seiner Familie, immer vor sehr interessantem und gut recherchiertem geschichtlichen Hintergrund. Die vielen Namen der zahlreichen Romanfiguren und die Vielzahl geschichtlicher Ereignisse erschlagen einen fast beim Lesen und es macht nicht selten Mühe, allem zu folgen. Aber es ist sagenhaft, wie verflochten diese Familie ist.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.01.2023

Eine unübliche Großvater-Enkel-Beziehung

Frankie
0

Von dem besonderen Erzählstil war ich schon ab der ersten Buchseite positiv eingenommen. Der Autor lässt seinen 14jährigen Protagonisten Frank aus dessen Perspektive von einigen Wochen aus seinem Leben ...

Von dem besonderen Erzählstil war ich schon ab der ersten Buchseite positiv eingenommen. Der Autor lässt seinen 14jährigen Protagonisten Frank aus dessen Perspektive von einigen Wochen aus seinem Leben erzählen. Das geordnete Zusammenleben mit seiner allein erziehenden Mutter nimmt nämlich einen Wendepunkt, als seine Großvater nach 18 Jahren Haft aus dem Gefängnis entlassen wird. Bislang hat er ihn nur wenige Male besuchsweise gesehen, vom Grund der Inhaftierung weiß er nichts. Der Großvater ist sehr schroff zu Frank, der sich dennoch zu ihm hingezogen fühlt. Eine Spritztour in einem kurzgeschlossenen Auto endet mit einem Desaster …
Obwohl in Frank am Ende der Geschichte das Böse erwacht, hat man von ihm einen durchweg sympathischen Eindruck. Ein typisch Wiener Jung‘, der recht erwachsen über sein Leben und seine Mitmenschen sinniert. Da gibt es dann auch schon humorvolle Einstreuungen. Leider tut ihm der neue Einfluss seines Großvaters, dem er sich streng genommen freiwillig aussetzt, nicht gut und es kommt in schneller Abfolge zu unschönen Vorkommnissen. Die Frage nach dem Warum bleibt unbeantwortet, was ganz im Einklang mit den philosophisch anmutenden Betrachtungen des Großvaters steht, nach dessen Ansicht man das Wort warum streichen kann und man schlichtweg tut. Ich gehöre nun aber doch zu den Lesern, die alle offenen Fragen beantwortet haben wollen, hier konkret insbesondere: Was hat der Großvater verbrochen? Was ist aus ihm nach dem Vorfall auf dem Parkplatz geworden? Was hat Frank am Ende vor, als er erneut zu der Örtlichkeit fährt? Da das und noch andere Kleinigkeiten der Fantasie des Lesers überlassen bleiben, mache ich von der Höchstbewertung einen Abschlag.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.12.2022

Lehrreiche Familiengeschichte mit ukrainisch-russischem Bezug

Rote Sirenen
0

Es handelt sich um eine wirklich lehrreiche, lesenswerte Familienbiografie der Autorin, die dem Leser den Hintergrund des ukrainisch-russischen Verhältnisses anschaulich und detailliert aufbereitet. Sie ...

Es handelt sich um eine wirklich lehrreiche, lesenswerte Familienbiografie der Autorin, die dem Leser den Hintergrund des ukrainisch-russischen Verhältnisses anschaulich und detailliert aufbereitet. Sie selbst entstammt einer Multi-Kulti-Familie – russischer Vater, ukrainische Mutter, viele Angehörige mit Wurzeln in einer der früheren Sowjetrepubliken. Aufgewachsen in der Ukraine zu Sowjetzeiten, wanderte sie 15jährig 1994 drei Jahre nach Zerfall der Sowjetunion in die USA aus und als Erwachsene nach Brüssel. Der Krim-Konflikt 2014 ist für sie Anlass, zu ihrer Großmutter in die Ukraine zurückzukehren und ihrer Herkunft nachzugehen. Vor allem das Schicksal eines unter Stalin spurlos verschwundenen Urgroßonkels, der fortan in der Familie zum Tabuthema wurde, zieht sie in ihren Bann.

Die Geschichte ist sehr gut recherchiert. Ihr ist anzumerken, dass die Autorin studierte Politikwissenschaftlerin ist. Teilweise liest sie sich nach Art eines Sachbuchs und beleuchtet das historische und aktuelle Verhältnis zwischen Russland und der Ukraine in vielfältigen Facetten. Interessant ist, dass es in der Familie der Autorin auch durchaus Angehörige mit prorussischen Ansichten gibt. Insgesamt schneidet Russland natürlich sehr schlecht ab und es ist schockierend zu lesen, welch grausamer Methoden es sich in der Vergangenheit gegenüber der Ukraine und der Bevölkerung bediente. Das Buch ist ein gelungener Beitrag, um auch den aktuellen Krieg zu verstehen. Für einen deutschen Leser ist nicht auf Anhieb alles verständlich. Die Vielzahl von Ortsnamen, Personennamen, Ereignissen, Instrumenten ist manchmal etwas verwirrend, so dass sich eine wiederholte Lektüre des Buchs empfiehlt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 23.12.2022

Literarisch vorzüglich, aber von düsterer Stimmung

Zur See
0

Es ist inzwischen das dritte Buch, das ich von der Autorin gelesen habe. Ihre „Mittagsstunde“ hat mir deutlich besser gefallen als dieses neue Buch. Ohne Zweifel ist es literarisch gelungen. Die atmosphärische ...

Es ist inzwischen das dritte Buch, das ich von der Autorin gelesen habe. Ihre „Mittagsstunde“ hat mir deutlich besser gefallen als dieses neue Buch. Ohne Zweifel ist es literarisch gelungen. Die atmosphärische Stimmung auf der namenlos bleibenden Nordseeinsel, die den Hintergrund der Geschichte bildet, sowie die Gefühls- und Gedankenwelten der Inselbewohner, vor allem der Protagonistenfamilie Jansen, werden aufgefangen und sprachlich sehr gut dargestellt. Allerdings ist die Geschichte durchweg melancholisch und verbreitet eine düstere Stimmung, so dass sie nicht für jeden Leser geeignet ist. Alle Protagonisten tragen ihr Päckchen und hadern mit sich und der Welt und für einen von ihnen endet es tragisch. Solche geballten traurigen Lebensläufe innerhalb einer Familie sind sicherlich nicht typisch für Inselbewohner, was sich vermuten ließe. Gefallen hat mir die Beschreibung des sich im Laufe der Zeit wandelnden Inseltourismus und dessen Auswirkungen für die Insel.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere