Cover-Bild Eine Luftmatratze muss her!
24,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Verlag Anton Pustet Salzburg
  • Themenbereich: Gesellschaft und Sozialwissenschaften
  • Genre: keine Angabe / keine Angabe
  • Seitenzahl: 160
  • Ersterscheinung: 10.2020
  • ISBN: 9783702509941
Wolfgang Marschall

Eine Luftmatratze muss her!

Dorfwirtschaftswunder 1950
Ein Zeitdokument, ebenso informativ wie erstaunlich und erheiternd.
Zeitungen sind Momentaufnahmen ihrer Zeit – und ein besonderes Juwel berichtet auf unnachahmliche Weise über das Leben in den 50er- und 60er-Jahren in einer österreichischen Provinz – die Rede ist von der Rieder Volkszeitung im oberösterreichischen Innviertel. Liebevoll "Riada Ratschn" genannt, war sie gleichsam als Zentralorgan der ÖVP und der Katholischen Kirche in allen Haushalten präsent, wurde gelesen und befolgt. Kein Dorf war zu klein, als dass nicht von dort ein "Korrespondent" an die Redaktion berichtet hätte, und kein Vorkommnis war zu unbedeutend, als dass nicht darüber zu lesen war.
Kommuniziert und kommentiert wurde alles: Führerscheinentzug wegen Alkoholisierung, das Erstarken der Raiffeisenbanken, die Verderbnis der Sexfilme, die Segnungen von DDT und Antibiotika für die Landwirtschaft, die Vorteile eines Kernkraftwerkes im Innviertel, der Einfluss des "Amerikanischen" auf die bäuerliche Lebenshaltung oder die Rolle der Frau in Haus und Gesellschaft. Gewürzt wurden die Berichte durch Inserate – von Melkmaschinen bis zu Instantsuppen –, die den Einzug des modernen Lebens im Innviertel oft auf skurrile Weise illustrierten. "Innviertel" wurde dabei überall, "Innviertel" steht stellvertretend für jedes ländliche Gebiet in Österreich, wo das Wirtschaftswunder je nach Region mit mehr oder minder größerer oder kleinerer Intensität oder Verspätung ankam.

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Lesejury-Facts

  • Dieses Buch befindet sich bei Karin1910 in einem Regal.

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.07.2022

Das Innviertel der 1950er und 1960er

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Dieses Buch spürt den umwälzenden Veränderungen nach, die sich zwischen 1950 und 1970 im Innviertel (das diesbezüglich stellvertretend für jedes ländliche Gebiet in Österreich stehen kann) zugetragen haben ...

Dieses Buch spürt den umwälzenden Veränderungen nach, die sich zwischen 1950 und 1970 im Innviertel (das diesbezüglich stellvertretend für jedes ländliche Gebiet in Österreich stehen kann) zugetragen haben – und zwar anhand von Ausschnitten aus der „Rieder Volkszeitung“, einer Wochenzeitung, welche in diesen Jahren im Innviertel die Monopolstellung innehatte.
„Denn nichts ist so aktuell und aufschlussreich wie eine vorvorgestrige Zeitung“
Wolfgang Marschall, der in jener Zeit in Waldzell aufwuchs, einem „herkömmlichen Dorf, wie alle herkömmlichen Dörfer damals“, hat eine Reihe von Textausschnitten ausgewählt: redaktionelle Beiträge, Kleinanzeigen, Leserbriefe und immer wieder Werbeanzeigen für Produkte aller Art. Gerade letztere demonstrieren sehr gut, wie die Moderne mit Waschmittel, Coca Cola und Packerlsuppe mehr und mehr Einzug hielt.

Insgesamt werden interessante Einblicke darin gegeben, was die Zeitung und ihre Leser bewegte. Da ging es um Themen wie Revolutionen in der Landwirtschaft, Segnungen der Atomkraft, Gefahren von Film und Fernsehen oder die Rolle der Frau. Manche Beiträge hätten auch 1850 geschrieben sein können, an anderen Stellen wollte die Zeitung hypermodern sein. Manches kann nostalgische Gefühle wecken, häufiger sind aber Aussagen, die aus heutiger Sicht eher erschreckend wirken. Sie lassen Zeiten wiederauferstehen, als die Vorschriften der Kirche den Alltag bestimmten, Schädlingsbekämpfungsmittel als harmlos galten und Datenschutz ein Fremdwort war.
Auch die Erklärungen und Kommentare des Autors sind informativ und verfügen über einigen Sprachwitz, der nur manchmal ein bisschen bemüht wirkt. Außerdem wäre es schön gewesen, wenn bei allen (oder jedenfalls bei mehr) Zitaten angeführt wäre, aus welchem Jahr sie stammen.

Fazit: Diese Lektüre ist sicher nicht nur für Innviertler empfehlenswert und regt nebenbei auch dazu an, darüber nachzudenken, wie heutige Medienberichte in 70 Jahren wohl wirken werden.