Das Innviertel der 1950er und 1960er
Dieses Buch spürt den umwälzenden Veränderungen nach, die sich zwischen 1950 und 1970 im Innviertel (das diesbezüglich stellvertretend für jedes ländliche Gebiet in Österreich stehen kann) zugetragen haben ...
Dieses Buch spürt den umwälzenden Veränderungen nach, die sich zwischen 1950 und 1970 im Innviertel (das diesbezüglich stellvertretend für jedes ländliche Gebiet in Österreich stehen kann) zugetragen haben – und zwar anhand von Ausschnitten aus der „Rieder Volkszeitung“, einer Wochenzeitung, welche in diesen Jahren im Innviertel die Monopolstellung innehatte.
„Denn nichts ist so aktuell und aufschlussreich wie eine vorvorgestrige Zeitung“
Wolfgang Marschall, der in jener Zeit in Waldzell aufwuchs, einem „herkömmlichen Dorf, wie alle herkömmlichen Dörfer damals“, hat eine Reihe von Textausschnitten ausgewählt: redaktionelle Beiträge, Kleinanzeigen, Leserbriefe und immer wieder Werbeanzeigen für Produkte aller Art. Gerade letztere demonstrieren sehr gut, wie die Moderne mit Waschmittel, Coca Cola und Packerlsuppe mehr und mehr Einzug hielt.
Insgesamt werden interessante Einblicke darin gegeben, was die Zeitung und ihre Leser bewegte. Da ging es um Themen wie Revolutionen in der Landwirtschaft, Segnungen der Atomkraft, Gefahren von Film und Fernsehen oder die Rolle der Frau. Manche Beiträge hätten auch 1850 geschrieben sein können, an anderen Stellen wollte die Zeitung hypermodern sein. Manches kann nostalgische Gefühle wecken, häufiger sind aber Aussagen, die aus heutiger Sicht eher erschreckend wirken. Sie lassen Zeiten wiederauferstehen, als die Vorschriften der Kirche den Alltag bestimmten, Schädlingsbekämpfungsmittel als harmlos galten und Datenschutz ein Fremdwort war.
Auch die Erklärungen und Kommentare des Autors sind informativ und verfügen über einigen Sprachwitz, der nur manchmal ein bisschen bemüht wirkt. Außerdem wäre es schön gewesen, wenn bei allen (oder jedenfalls bei mehr) Zitaten angeführt wäre, aus welchem Jahr sie stammen.
Fazit: Diese Lektüre ist sicher nicht nur für Innviertler empfehlenswert und regt nebenbei auch dazu an, darüber nachzudenken, wie heutige Medienberichte in 70 Jahren wohl wirken werden.