Mit Fächer, Finesse und Frechheit – Lagerfelds Leben als Graphic Novel-Feuerwerk
Normalerweise lasse ich Modebiografien links liegen, weil mir das Geschnatter über Seide und Samt auf Dauer die Synapsen verklebt. Doch „Lagerfeld“ von Alfons Kaiser, illustriert von Simon Schwartz, hat ...
Normalerweise lasse ich Modebiografien links liegen, weil mir das Geschnatter über Seide und Samt auf Dauer die Synapsen verklebt. Doch „Lagerfeld“ von Alfons Kaiser, illustriert von Simon Schwartz, hat mich in einen stilvollen Sog gezogen, aus dem ich freiwillig nicht mehr auftauchen wollte. Hier wird nicht einfach Karl Lagerfelds Wikipedia-Eintrag hübsch nacherzählt – das ist eine famos gezeichnete Expedition in das Oberstübchen eines Mannes, der sich selbst zur Marke gemacht hat.
Schwartz' Illustrationen? Eine Wucht! Sie sind so treffsicher wie Lagerfelds berüchtigte Spitzen und haben mich mehr als einmal zum Schmunzeln gebracht. Kaiser gräbt sich dabei durch Lagerfelds Leben wie ein neugieriger, aber respektvoller Mode-Archäologe. Der Autor zieht keine Boulevard-Nummer ab, sondern zeigt einen Lagerfeld, der zwischen Größenwahn, Einsamkeit und preußischer Disziplin eine faszinierende Gratwanderung hinlegt.
Die Szenen auf dem Dachboden seiner Kindheit haben mich genauso gepackt wie das verbissene Duell mit Yves Saint Laurent – und ehrlich, dieses „wer überstrahlt wen“-Drama liest sich wie ein Couture-Western in schwarz-weißem Tuschestil. Auch Lagerfelds Liebe zu Jacques de Bascher bekommt hier Raum, ohne ins Kitschige abzudriften.
Was mich richtig begeistert hat: Man wird nicht mit plumpen Lebensweisheiten beworfen, sondern darf sich selbst ein Bild von diesem exzentrischen Genie machen. Lagerfeld war vieles – Modezar, Bürgerschreck, Genießer und Zitatmaschine – und diese Graphic Novel serviert ihn mit so viel Esprit und Biss, dass selbst der Meister selbst wohl anerkennend „genau so“ geflüstert hätte.
Dieses Buch ist kein Hochglanz-Monument, sondern ein lebendiges Porträt mit Augenzwinkern, das zeigt, wie viel Mensch hinter dem Logo steckte. Fazit: Wer glaubt, Lagerfeld sei nur Chanel und Sonnenbrille, wird hier angenehm eines Besseren belehrt – und zwar mit Stil.